Parlamentskorrespondenz Nr. 53 vom 30.01.2013

Die "Fundgrube" Rechnungshofbericht

Nationalrat diskutiert Prüfberichte

Wien (PK) – Eine breit gestreute Themenpalette aus vier Prüfberichten des Rechnungshofs bot den Abgeordneten in der heutigen Plenarsitzung Gelegenheit, über das Arbeitsmarktservice, die elektronische Fußfessel, die medizinische Versorgung von Häftlingen sowie über intransparente Managergehälter zu diskutieren.

In den Prüfberichten es unter anderem um das 2005 eingeführte Pensionskonto sowie um die Kritik an Kursen durch das Arbeitsmarktservice (AMS). Hier plädiert der Rechnungshof auf intensivere Marktbearbeitung. Laut Bericht fehlt es an österreichweiten Preis– und Leistungsvergleichen, auch empfehlen die PrüferInnen dem AMS eine betriebswirtschaftlich ausgerichtete Finanzierung mehrjähriger Kurse (III-277 d.B.). Überdies wurde nach Auftrag von Parlamentspräsidentin Barbara Prammer vom Rechnungshof der Relaunch des Webauftritts des Parlaments durchforstet. Der Bericht kommt dabei zu der Aussage, dass das komplexe Vorhaben der Neugestaltung des Webauftritts insgesamt sehr erfolgreich abgewickelt wurde. Kritische Anmerkungen gab es jedoch zur Projektorganisation und zum Projektmanagement.

Des Weiteren ortete der Rechnungshof bei den Managerverträgen in Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung uneinheitliche und intransparente Gestaltung der überprüften Verträge und Gehaltsbestimmungen (III-261 d.B.).

Auch die Verwendung der höheren Einnahmen aus der Mineralölsteuer war unter die Lupe genommen worden. In diesem Zusammenhang wird angeregt, die zusätzlichen Mittel für Infrastruktur- und Klimaschutzmaßnahmen auszugeben. Die RechnungshofprüferInnen kritisierten insbesondere fehlende Konkretisierungen für die Wirkungsziele sowie ein mangelhaftes Einnahmen-Controlling, was eine Evaluierung der Zielerreichung erschwere (III-161 d.B.).

Schließlich haben die PrüferInnen auch die Beschaffung der elektronischen Fußfessel untersucht und sind der Frage nachgegangen, ob diese dem Bundesvergabegesetz entsprechend durchgeführt wurde. Der Rechnungshof sah es vor allem als problematisch an, dass zum Zeitpunkt der Beschaffung der technischen Ausstattung für den elektronisch überwachten Hausarrest keine gesetzliche Grundlage für dessen Anwendung bestand.

Der Rechnungshof hat weiters die Ausgaben für die medizinische Versorgung von Häftlingen geprüft, die seit dem Jahr 2000 stark angestiegen sind, und zwar von 29,34 Mill. € auf 73,76 Mill. € (2010). Im Durchschnitt betrugen die Ausgaben pro Häftling 2009 8.418 € und waren damit rund dreimal so hoch wie die laufenden öffentlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf in Österreich, ermittelten die PrüferInnen (III-314 d.B.).

Forderungen nach einer besseren budgetären Ausstattung des Rechnungshofs

Abgeordnete Christine LAPPP (S) bezog sich auf den Bericht des Rechnungshofs zur neuen Homepage des Parlaments. Die Homepage erweise sich angesichts der steigenden Zahl der Zugriffe auf sie als Erfolgsgeschichte. Sie mache die Arbeit des Parlaments transparent und leiste damit eine demokratiepolitisch wichtige Vermittlungsarbeit. Zudem handle es sich um ein wichtiges Arbeitsmittel des Parlaments selbst. Der Rechnungshof habe die Abwicklung des Projekts sowie Beschaffungsvorgänge und Vergaben geprüft. Er habe eine erfolgreiche Projektabwicklung konstatiert und verschiedene Vorschläge zur Verbesserung gebracht. Insgesamt sei es die Homepage als ein gelungenes Projekt zu bezeichnen, gab sich Lapp überzeugt.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) leitete aus dem Bericht des Rechnungshofs über die Bezüge in staatsnahen Unternehmungen Handlungsbedarf in Richtung von mehr Transparenz ab und beklagte insbesondere, kaum eine Firma habe sich an die Schablonen-Verordnung gehalten. Auch seien Boni immer wieder ohne Erfolgsnachweis gezahlt worden.

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) sprach kritisch von einer Überfrachtung des Rechnungshofs mit administrativen Aufgaben und äußerte die Befürchtung, dass darunter die Kernaufgaben leiden könnten. In einem Entschließungsantrag forderte der FPÖ-Mandatar deshalb einen budgetären Ausgleich des finanziellen Aufwands bei Sondertätigkeiten des Rechnungshofs. Aufklärungsbedarf ortete Zanger zudem auch angesichts von Medienberichten über Doppelverrechnungen der Diakonie im Zusammenhang mit der Betreuung von Asylsuchenden.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) rief zur Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs auf und drängte in diesem Sinn auf die Verankerung eines Spekulationsverbotes in der Verfassung. Ihre Anliegen betrafen weiters die Ausdehnung der Prüfkompetenz auf sämtliche Gemeinden unabhängig von ihrer Einwohnerzahl sowie eine ausreichende budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) befasste sich mit der Arbeitslosigkeit junger Menschen und schlug eine verpflichtende Berufsinformation an den Schulen sowie Berufsschnuppertage in Betrieben vor. Grundsätzlich positiv äußerte sie sich zum Vorstoß von Sozialminister Hundstorfer in Richtung einer gesetzlichen Ausbildungspflicht aller 15- bis 18jährigen.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) knüpfte an die Ausführungen ihrer Vorrednerin zur Arbeitslosigkeit junger Erwachsener an und führte den Rückgang der Erwerbslosenquote bei den 15- bis 19jährigen vor allem auch auf die duale Ausbildung und die von der Regierung gesetzten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zurück.

Managergehälter, AMS-Kurse und elektronische Fußfessel

Abgeordneter Johann SINGER (V) thematisierte die Feststellungen des Rechnungshofs bezüglich der Kosten von AMS-Kursen, kritisierte dabei unter anderem uneinheitliche Vergaberichtlinien und fehlende Erfolgskontrolle und forderte darüber hinaus auch mehr Transparenz bei den Anbotspreisen.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) übte heftige Kritik an der Höhe der Managerbezüge in öffentlichen Unternehmungen und zeigte kein Verständnis für Wertanpassungen, Sonderregelungen und Prämienauszahlungen im Vorhinein und ohne Begründung. Irritiert reagierte Gradauer aber auch auf die vom Rechnungshof festgestellten Kostensteigerungen bei der medizinischen Versorgung von Häftlingen, wobei er bemerkte, viele würden das System ausnützen und ungebührlich zugreifen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) pflichtete der Kritik Gradauers an der Höhe der Managerbezüge im öffentlichen Bereich bei, bemerkte allerdings, die Forderung nach Begrenzung müsse auch für die Privatwirtschaft gelten, große Einkommensunterschiede sollten durch Steuern ausgeglichen werden. Was die Kosten der AMS-Kurse betrifft, wandte sich Öllinger gegen eine ausschließlich betriebswirtschaftliche Sichtweise und argumentierte, auf Basis von Billigangeboten allein werde man keine gute Qualität erhalten.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) brach eine Lanze für die aktive Arbeitsmarktpolitik und verteidigte die Kursmaßnahmen des AMS als wichtigen Beitrag zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. 

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) thematisierte den Beschaffungsvorgang zur Fußfessel. Der RH habe zwar festgestellt, dass er an sich dem Bundesvergabegesetz entsprochen habe, dass aber nicht nachvollziehbar sei, welche Aufgabe dem Lenkungsausschuss dabei zugedacht war. Auch habe der Zeitdruck, unter dem die Beschaffung erfolgte, es nicht möglich gemacht, das Verfahren völlig korrekt abzuwickeln. Aus dieser Kritik sollte man für Beschaffungsvorgänge des Bundes lernen, meinte die Abgeordnete. Sie widmete sich dann den Kriterien, die für die Zuteilung einer Fußfessel erfüllt sein müssen. Derzeit werde eine Fußfessel von 200 Personen in Österreich getragen. Für Sexualstraftäter müsse die nächste Strafrechtsreform jedenfalls eine Verschärfung der Bestimmungen für den elektronischen Hausarrest bringen, forderte die Abgeordnete.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) bezog sich ebenfalls auf die Feststellung des Rechnungshofs, wonach für die Anschaffung der Fußfessel neben einem Projektteam auch ein Lenkungsausschuss eingerichtet wurde, dessen Wirken und Zielsetzung nicht mehr nachvollzogen werden kann. Er frage sich daher, was hier eigentlich gelenkt werden sollte, denn es sei sehr sonderbar, wenn es keine Aufzeichnungen gebe, meinte er. Auch der Hinweis auf die steigenden medizinischen Kosten im Strafvollzug sollte ernst genommen werden, denn hier werde mit beiden Händen Steuergeld hinausgeworfen. Die eingesetzten Projektteams kämen zu keinem Ergebnis, sagte Lausch und kritisierte, die Justizministerin unternehme zu wenig, um eine Lösung zu finden.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) stellte fest, die Erhebung des Rechnungshofs über Managerverträge in Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung zeige ein unerfreuliches Bild. Die Unternehmen hielten sich nicht an die gesetzlicher Bestimmungen. Zudem gebe es nur in vier Bundesländern analoge Bestimmungen, was dazu führe, dass es keine Transparenz der Gehälter, keine Vergleichbarkeit und eine Reihe von Fehlentwicklungen gebe. Besonders krass seien die Zustände bei den Postmanagern, die überdurchschnittlich hohe Gagen erzielten, während Postzusteller sehr schlecht bezahlt würden. Die Verträge der Post mit Postpartnern bezeichnete Gaßner als reine Knebelverträge. 

Abgeordneter Thomas EINWALLNER (V) wandte sich dem Thema der    Maßnahmen für junge Erwachsene am AMS Steiermark und Tirol zu. Diese seien erfolgreich dabei gewesen, die Jugendlichen ihrer Ausbildung entsprechend zu vermitteln. Der Rechnungshof habe aber auch einige Mängel festgestellt. Nicht in allen Bundesländern werden Jugendliche zielgruppenorientiert betreut, und es gebe kein bundesweit einheitliches Profil für Berater oder Standards für Schulungen, zeigte er auf. Es sei auch bedenklich, dass 43 % der betreuten Jugendlichen nur einen Pflichtschulabschluss haben. Die Quote der Teilnahme von SchülerInnen der 7. und 8. Schulstufen an Berufsberatungen des AMS sei noch nicht zufriedenstellend, führte Einwallner weiter aus. Die Maßnahmen des AMS seien insgesamt gut, in den angesprochenen Punkten sollten aber rasch Verbesserungen erfolgen.

Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) sprach ebenfalls die starke Kostenentwicklung bei der medizinischen Versorgung im Strafvollzug an. Die Gesundheitsausgaben für Häftlinge seien mit durchschnittlich 8.400 € dreimal so hoch wie für die Normalbevölkerung. Auch die Medikamentenkosten würden stark ansteigen, wobei Substitutionstherapien einen hohen Anteil haben. Die Maßnahmen zur Kostenreduktion, die von der Justizministerin angekündigt wurden, müssten die Anregungen des Rechnungshofs berücksichtigen, forderte Kaipel.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) stellte fest, Österreichs Gefängnisse seien bekanntlich überfüllt. Der RH-Bericht zeige aber die Entwicklung der Jahre 2000 bis 2010 auf. In der Zwischenzeit seien einige Maßnahmen bereits umgesetzt worden, betonte Lettenbichler gegenüber seinen VorrednerInnen. So habe man etwa mit der Anstalt in Asten gegengesteuert und eine kostengünstige Behandlung geistig abnormer Rechtsbrecher geschaffen. Eine Sozialversicherung für Häftlinge würde viel zur Kostensenkung beitragen, wie auch die Einführung einer Kosten-Leistungsrechnung, gab er zu bedenken. Lettenbichler sprach die Frage der Heeresspitäler an und appellierte an den Verteidigungsminister, sich mit der Frage zu befassen, wie diese bessere ausgelastet werden könnten.

Auch Abgeordnete Rosemarie SCHÖNPASS (S) widmete sich den Kosten der medizinischen Versorgung für Häftlinge. Der größte Teil der Kosten sei für die Versorgung geistig abnormer Rechtsbrecher angefallen. Sie ersuchte Justizministerin Karl ebenfalls, eine Kostenrechnung einzuführen, um die Kosten in den Griff zu bekommen.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) sprach nochmals die Beschaffung der Fußfessel an. Hier habe man sich selbst jenen Zwang geschaffen, der dann keine ordentliche Abwicklung der Ausschreibung erlaubt habe, und man habe letztlich den teuersten Anbieter gewählt. Die Gesetzgebung sollte in solchen Fällen darauf achten, dass die für die Umsetzung eines Gesetzes notwendigen Ausschreibungen adäquat durchgeführt werden können, mahnte der Abgeordnete.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) griff aus den Berichten die Aussagen zu den Managerverträge der E-Wirtschaft heraus. Der Rechnungshofbericht erlaube es, internationale Vergleiche anzustellen. Nach der Liberalisierung des Strommarkts habe sich gezeigt, dass die Manager der öffentlichen Stromwirtschaft Österreichs mehr verdienen als Manager in vergleichbaren Betrieben des Auslands. Das zeige, dass das früher gern bemühte Argument, es gelte, eine Abwanderung qualifizierter Kräfte ins Ausland zu verhindern, nicht stichhaltig sei. Es sei zudem unglaublich, dass es auch heute noch offenen Postenschacher in der E-Wirtschaft gebe, sagte Kogler. Ein solcher habe vor aller Augen bei der Austrian Power Grid stattgefunden. Hier keime wieder der rot-schwarze Proporz auf, man sei hier "offenbar nicht gescheiter geworden", formulierte der Grüne Abgeordnete und stellte fest, die Koalition verhindere Transparenz im Rechnungshofausschuss. Fragwürdig sei das Vorgehen der Koalition, das gesamte Gesetzespaket zum Spekulationsverbot im Finanzausschuss nur eine halbe Stunde abzuhandeln. Die Opposition werde das nicht hinnehmen, kündigte er an.

Moser fordert mehr Transparenz bei den Managergehältern

Rechnungshofpräsident Josef MOSER bedankte sich für die intensive Behandlung der Berichte des Rechnungshofs im Ausschuss und im Plenum. Zwar setze man etwa 70 % der RH-Empfehlungen um, viele Maßnahmen, die hohe Kosteneinsparungen bedeuten würden, würden aufgrund mangelnder Kooperation jedoch nicht durchgeführt, bedauerte er. Ein solcher Punkt seien tagesklinischen Leistungen oder die medizinische Versorgung von Häftlingen. Diese tagesklinischen Leistungen könnte man kostengünstiger als auch patientenfreundlicher gestalten. Eine Möglichkeit bei der Versorgung von Häftlingen wäre es, die Heeresspitäler mehr in Anspruch zu nehmen. Hier sollte man vor dem Bau neuer Spitäler mögliche Synergien überprüfen.

Was die Kursmaßnahmen beim AMS betreffe, gehe es nicht darum, dass nur die billigsten Anbieter zum Zug kommen, es gehe auch um die Qualität des Angebots. Daher müsse es österreichweite Preis-Leistungsverzeichnisse geben. Derzeit würde ein zu geringes Volumen der Leistungen, die sich insgesamt auf 1,3 Mrd. € belaufen, durch öffentliche Ausschreibungen vergeben. Die immer wieder nicht nachvollziehbaren Einkommenssteigerungen, Abfertigungen und Pensionszahlungen in öffentlichen Unternehmen zeigten, dass hier mehr Transparenz nötig wäre, sagte Moser. Die Grundsätze der Corporate Governance sollten auch hier angewandt werden, es gehe auch um die Stärkung der Glaubwürdigkeit der Unternehmen. Die SteuerzahlerInnen hätten das selbe Anrecht auf Transparenz bei den Managerbezügen in öffentlichen Unternehmen, wie das Aktionäre börsennotierter Unternehmen haben.

Der Rechnungshof unternehme von seiner Seite alles, damit Rohberichte nicht in die Öffentlichkeit gelangen, damit alle Seiten noch eine Stellungnahme abgeben können, bevor eine öffentliche Debatte losbricht. Bei den Salzburger Festspielen sei der Rohbericht leider an die Öffentlichkeit gespielt worden. Es sei auch im Sinne der geprüften Stellen, sich an die Verschwiegenheit zu halten, appellierte er. Der Nationalrat erhalte den selben Bericht wie die geprüfte Stelle, stellte er fest. Es würden vom Rechnungshof keine  Prüfungsergebnisse herausredigiert, außer es handle sich um Informationen, die ausdrücklich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien, wie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.

Der Rechnungshof werde gerne eine Stellungnahme zum geplanten Spekulationsverbot abgeben, kündigte Moser weiters an. Wichtig sei dabei aber, dass der Gesetzgeber dem Rechnungshof eine klare Zielsetzung vorgebe, diese könne er nicht selbst festlegen, hielt Moser fest. Er könne aber beurteilen, ob er in der Lage sein werde, mit den geplanten Gesetzen die vom Gesetzgeber erwartete Aufgabe zu erfüllen. 

Die Berichte des Rechnungshofs wurden einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag von Abgeordnetem Zanger blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) jan