Parlamentskorrespondenz Nr. 58 vom 31.01.2013

Quo Vadis Bundesheer? Heftige Debatte im NR nach Volksentscheid

Dringliche Anfrage der FPÖ an Darabos; Misstrauensantrag abgelehnt

Wien (PK) – Die mehrheitliche Ablehnung eines Berufsheers durch die Bevölkerung bei der Wehrpflicht-Volksbefragung hatte heute ein parlamentarisches Nachspiel. Die FPÖ brachte in der heutigen Sitzung des Nationalrats eine Dringliche Anfrage betreffend "Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung" an Verteidigungsminister Norbert Darabos ein und forderte als Konsequenz der Entscheidung der BürgerInnen eine Abdankung des Ministers. Die FPÖ bezweifelt, dass Darabos in der Lage sein wird, die notwendige Reform des Grundwehrdienstes durchzuführen, zudem warf sie dem Verteidigungsminister vor, die private Werbekampagne der Berufsheer-Befürworter unterstützt zu haben. Der entsprechende Misstrauensantrag wurde in namentlicher Abstimmung bei 154 abgegebenen Stimmen mit 52 Ja-Stimmen zu 102 Nein-Stimmen abgelehnt.

Der Entschließungsantrag der Grünen zur Reform des Zivildienstes blieb ebenfalls in der Minderheit.

In 30 detaillierten Fragen verlangen die FPÖ-Abgeordneten nähere Auskunft unter anderem über die in der Vergangenheit gestarteten Berufsheerprojekte, die Kosten der Werbung für ein Berufsheer, die Maßnahmen zur Umsetzung des Ergebnisses der Volksbefragung und die anstehende Besetzung von Spitzenpositionen im Ressort.

Begründet wurde die Dringliche Anfrage von Abgeordnetem Peter FICHTENBAUER (F). Er äußerte die Vermutung, dass Verteidigungsminister Darabos nach dem Ergebnis der Volksbefragung am liebsten zur Tagesordnung übergehen würde. Die FPÖ werde ihm diesen Gefallen aber nicht leisten, meinte er in Richtung Darabos: "Die Sache die Sie angezettelt haben, ist zu ernst."

Fichtenbauer schloss sich der Meinung eines Zeitungskommentares an, wonach Darabos schon längst hätte zurücktreten müssen. Darabos sei es zwar in den vergangenen Monaten vermutlich nicht besonders gut gegangen, hielt er fest, es sei aber Faktum, dass der Verteidigungsminister mit seiner Vorgangsweise für einen tiefen Riss im Bundesheer gesorgt und dem gegenseitigen Misstrauen der Offiziere Vorschub geleistet habe.

Man könne politische Auffassungen durchaus ändern, erklärte Fichtenbauer in Anspielung an das frühere klare Bekenntnis von Darabos zur Wehrpflicht, die Frage sei aber, wie das geschehe. Es gehöre zu den Aufgaben eines Verteidigungsministers, den Schutz der Bevölkerung sicherzustellen, das Bundesheer zu führen und Rückgrat zu zeigen, betonte er. Fichtenbauer warf Darabos außerdem unredliche Propaganda im Vorfeld des Volksbegehrens und eine logistische Unterstützung der Berufsheer-Befürworter vor.

Darabos:

Konzept zur Reform des Grundwehrdienstes bis Sommer

Verteidigungsminister Norbert DARABOS stellte eingangs seiner Wortmeldung fest, die Bevölkerung habe sich klar für die Beibehaltung des jetzigen Systems der Wehrpflicht und damit auch für den Zivildienst als Wehrersatzdienst ausgesprochen. Es sei richtig, dass er für ein anderes Modell gekämpft habe, meinte er, als Demokrat akzeptiere er aber die Entscheidung und werde die notwendigen Reformschritte setzen.

Eines ist für Darabos, wie er sagte, klar: "So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben." Es gebe zu viele Systemerhalter und viele Leerläufe im Heer, die zu Frustrationen führen. Allerdings sei in den letzten Jahren schon einiges erreicht worden, bekräftigte der Minister und verwies etwa darauf, dass die Zahl der Wachsoldaten deutlich reduziert wurde und man für die Verbesserung der Infrastruktur einiges an Geld in die Hand genommen habe. Die laufenden Pilotprojekte zeigten außerdem, dass es möglich sei, Kasernen und Truppenübungsplätze auch ohne Grundwehrdiener zu betreiben. Für die nächsten Monate als vorrangig qualifizierte Darabos die Reform des Grundwehrdienstes und die Beschlussfassung der Sicherheitsstrategie.

In Beantwortung der einzelnen Fragen der Dringlichen Anfrage gab Darabos unter anderem bekannt, dass die drei laufenden Pilotprojekte zur Professionalisierung des Bundesheeres fortgesetzt werden. Es gehe um die Attraktivierung der Freiwilligenmiliz, die Reduzierung von Funktionssoldaten und die Aufstellung eines Musterverbandes. Alle drei Projekte machen seiner Ansicht nach auch bei der Beibehaltung der Wehrpflicht Sinn, die Kosten dafür bezifferte er mit rund drei Millionen Euro.

Wie viel die angestrebte Reduzierung von Systemerhaltern kosten wird, wird laut Darabos derzeit vom Generalstab beurteilt. Außerdem ist ihm zufolge eine ressortinterne Arbeitsgruppe zur Reform des Grundwehrdienstes eingesetzt worden, ein entsprechendes Konzept soll bis zum Sommer dieses Jahres vorliegen.

Für das von der FPÖ angesprochene Werbevideo der Berufsheer-Befürworter sei kein Heeresgerät verwendet worden, versicherte Darabos. Dem Produzententeam wurde eine teilweise Filmerlaubnis auf Heeresgelände erteilt, dadurch sei es aber zu keiner Störung des Dienstbetriebs gekommen. Verteidigt wurde von Darabos auch der Einsatz von Grundwehrdienern bei Skisportveranstaltungen, wenn dies der Ergänzung der Ausbildung bzw. der Übung dient. Einige Spitzenfunktionen im Heer werden ihm zufolge in Kürze ausgeschrieben.

Darabos für FPÖ rücktrittsreif 

FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) zeigte sich von der Antwort des Ministers wenig beeindruckt und übte scharfe Kritik an Darabos. Das Experiment, einen Zivildiener zum Verteidigungsminister zu machen, sei kläglich gescheitert, meinte er. Offenbar sei es das Ziel gewesen, das österreichische Bundesheer gezielt kaputt zu machen. Diesem Ziel habe die Bevölkerung bei der Wehrpflicht-Volksbefragung jedoch eine Abfuhr erteilt.

Strache unterstrich, die Bevölkerung habe, wie Umfragen zeigten, nicht nur für die Beibehaltung des Zivildienstes, sondern bewusst auch für die Beibehaltung der Wehrpflicht gestimmt. Überdies habe sich gezeigt, dass direkte Demokratie der Bevölkerung ein wichtiges Anliegen sei. Dem Verteidigungsminister warf Strache vor, sich an seinem Sessel festzuklammern, obwohl ein Rücktritt angebracht wäre. Jemand, der die Wehrpflicht derart schlecht geredet und das Bundesheer sechs Jahre lang heruntergewirtschaftet habe, könne die notwendige Reform des Grundwehrdienstes nicht umsetzten und sei für das Amt des Verteidigungsministers unbrauchbar, ist er überzeugt. Dass die ÖVP nach wie vor zu Darabos steht, liegt seiner Ansicht nach daran, dass sie ihre eigene Unfähigkeit durch die Unfähigkeit des Ministers kaschieren wolle.

Für die FPÖ sind laut Strache einige Reform-Eckpunkte klar: der Grundwehrdienst sei auf neue Beine zu stellen, im Heer müsse es weniger Häuptlinge und mehr Indianer geben. Das bedinge auch eine Änderung des Dienstrechts.

Koalition vertraut auf Professionalität des Verteidigungsministers

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) stellte fest, dass sich die Bevölkerung für die Beibehaltung der Wehrpflicht entschieden habe, und zeigte sich zuversichtlich, dass Verteidigungsminister Darabos die anstehenden Reformen bewältigen werde. Er werde Darabos jedenfalls unterstützen, betonte Prähauser und appellierte auch an die Wehrsprecher der anderen Fraktionen, konstruktiv an der notwendigen Reform und an der Festlegung der neuen Sicherheitsstrategie mitzuarbeiten.

Zum Vorwurf, das Bundesheer sei während der Amtszeit von Darabos finanziell ausgehungert worden, merkte Prähauser an, das Heer habe schon seit seiner Gründung mit einem knappen Budget zu kämpfen. Probleme habe man stets vor sich hergeschoben. Prähauser gab zudem zu bedenken, dass es in Zeiten, wo es keine realen Bedrohungsszenarien gebe, schwierig sei, Geld für Rüstungsgüter freizubekommen, noch dazu wo auch für Bereiche wie Bildung oder Soziales zu wenig Geld zur Verfügung stehe.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF unterstrich, das Volksbegehren habe ein klares, beeindruckendes Ergebnis gebracht. Mit einer 60-prozentigen Zustimmung zur Wehrpflicht hat die Bevölkerung ihm zufolge demonstriert, dass sie eine solidarische Verantwortungsgesellschaft wolle.  Das Votum ist für ihn Auftrag und Verpflichtung, das bestehende Wehrsystem weiterzuentwickeln und den Grundwehrdienst zu reformieren.

Den von der FPÖ in Aussicht gestellten Misstrauensantrag gegen Darabos werde die ÖVP nicht unterstützen, kündigte Kopf an. Darabos habe glaubhaft versichert, dass er das Ergebnis der Volksbefragung zur Kenntnis nehme und das tun werde, was ihm die Bevölkerung aufgetragen habe, argumentierte er. Er halte Darabos zudem für so professionell in seiner Amtsführung, dass er in der Lage sein werde, die notwendigen Reformen umzusetzen. Als wesentliche Grundlage für die Reformarbeit sieht Kopf die Ergebnisse der Bundesheer-Reformkommission, gänzlich auf Systemerhalter wird man seiner Meinung nach nicht verzichten können.

Das Votum vom 20. Jänner sieht Kopf aber nicht nur als Auftrag an den Minister, sondern auch als Auftrag an das Parlament. Nachdem die Frage des künftigen Wehrsystems geklärt sei, stehe dem Beschluss einer neuen Sicherheitsstrategie nichts mehr im Weg, ist er überzeugt. Was man nicht vergessen dürfe sei, so Kopf, dass an erster Stelle der Aufgaben des Heeres noch immer die Landesverteidigung stehe.

Grüne unterstützen Misstrauensantrag

Abgeordneter Peter PILZ (G) betonte, seine Fraktion nehme das Ergebnis der Volksbefragung zur Kenntnis und gehe davon aus, dass die Reformen nun auch umgesetzt werden. Er bekannte sich zudem zu den Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission, die die Auslandseinsätze und nicht die Landesverteidigung als prioritäre Aufgabe des Bundesheeres bezeichnet hatte. Minister Darabos werde jedenfalls nicht in der Lage sein, das Bundesheer zu reformieren, zumal die ÖVP gänzlich andere Ziele verfolge und darüber hinaus die Eurofighter dem Bundesheer wie ein Stein am Hals hängen, stellte Pilz kritisch fest. Er empfahl der ÖVP, selbst den Verteidigungsminister zu stellen, und kündigte die Unterstützung des Misstrauensantrags durch die Grünen an.  

Kritik an ÖVP durch BZÖ und Team Stronach

Abgeordneter Kurt LIST (B) warf den Regierungsparteien vor, die Volksbefragung als Zwischenwahlkampf und Ablenkungsmanöver missbraucht zu haben, übte Kritik an der Fragestellung und kam zu dem Schluss, die SPÖ habe sich von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen. List äußerte seine Unzufriedenheit über das Reformpapier der ÖVP und meinte, wenn nun wieder alles beim Alten bleibt, dann sei dies eine gefährliche Drohung für die Landesverteidigung. Fest stand für den BZÖ-Sprecher jedenfalls, dass der Verlierer dieser Volksbefragung das Bundesheer sei. List zeigte sich überzeugt, dass das Heer in Zukunft verstärkt Berufssoldaten brauchen werde, und meinte überdies, die Abschaffung der Wehrpflicht wäre ein Sicherheitsgewinn für die Landesverteidigung gewesen.

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) bezichtigte die ÖVP der "Angstmacherei" im Vorfeld der Volksbefragung und bemerkte, das Volk sei schon allein durch die Fragestellung an der Nase herumgeführt worden. In den Reformpunkten der Volkspartei konnte Hagen nun wenig Neues erkennen. Vieles sei bereits heute üblich, sagte er, anderes, wie etwa die Reduzierung der Zahl der Systemerhalter, werde gar nicht möglich sein. Der Redner plädierte mit Nachdruck für ein Freiwilligenheer mit guter Ausbildung und guter Bezahlung und warnte, vor dem Hintergrund des aktuellen Verteidigungsbudgets werde das Heer totgespart und nicht reformiert. Zum Misstrauensantrag merkte Hagen an, Darabos sei als Zivildiener nicht für das Amt des Verteidigungsministers geeignet, für diese Funktion brauche man einen Fachmann. 

Bundesheer braucht mehr Geld und mehr Vertrauen

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) ortete Säumnisse des Ministers bei der Heeresreform und forderte insbesondere eine Abstellung der Pilotprojekte. Darabos habe das Heer nicht reformiert, sondern vielmehr demoliert, durch seine nunmehrige 180-Grad-Wende habe er endgültig jede Glaubwürdigkeit verloren, lautete der kritische Befund Podgorscheks. Der Redner vermisste vor allem Modelle, um auf das Problem der hohen Overhead-Kosten beim Bundesheer zu reagieren, und forderte insbesondere die Schaffung von Berufsalternativen für Heerespersonal. Podgorschek zweifelte allerdings an der Eignung des Ministers, die notwendigen Schritte zu setzen.

Abgeordnete Christine LAPP (S) interpretierte des Ergebnis der Volksbefragung als Auftrag, das Bundesheer zu reformieren, und würdigte die bisher gesetzten Maßnahmen von Minister Darabos. Ziel müsse es sein, das Bundesheer so weiter zu entwickeln, dass Österreich im internationalen Staatenverbund sein Renommee ausbauen kann und andererseits im Rahmen von Katastropheneinsätzen gut aufgestellt bleibt, betonte die Rednerin.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) sah im Ergebnis der Volksbefragung einen Auftrag zu mehr österreichischem Bundesheer und meinte, nun liege es an Darabos, das Heer wieder in das richtige Fahrwasser zu bringen. Klar war für Klikovits dabei, dass der Grundwehrdienst eine wichtige Voraussetzung bleibt und dass das Milizsystem weiter entwickelt werden muss. Die Verpflichtung der jungen Männer zur Leistung des Dienstes an der Republik sei jedenfalls kein Zeitdiebstahl, betonte der Redner mit Nachdruck. Bei den kommenden Reformschritten werde es vor allem auch darum gehen, das Bundesheer entsprechend budgetär auszustatten und mit Vertrauen zu erfüllen. Klikovits appellierte an Darabos, gemeinsam mit der ÖVP den Auftrag des Volkes wahrzunehmen, und bezeichnete die Volkspartei dabei als Garant für die Weiterentwicklung des österreichischen Bundesheers.

Grüne legen Reformkonzept für Zivildienst vor

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) replizierte, in Wirklichkeit sei die Volksbefragung eine Abstimmung über den Zivildienst und nicht über die Wehrpflicht gewesen, und warf der ÖVP vor, die Diskussion mit falschen Behauptungen und "Angstmacherei" in Bezug auf die Zukunft der sozialen Dienste geführt zu haben. Der einzig richtige Schluss aus dem Ergebnis der Volksbefragung könne nur in einer Reform des Zivildienstes liegen, unterstrich die Rednerin. In einem Entschließungsantrag präsentierte sie ein Reformkonzept ihrer Fraktion, dessen Kernpunkte die Erhöhung der Grundvergütung, eine Verkürzung auf sechs Monate mit einer Möglichkeit zur freiwilligen Verlängerung bis zu einem halben Jahr sowie die Möglichkeit eines kollektivvertraglich entlohnten freiwilligen Sozialjahrs sind. Wichtig waren für Windbüchler-Souschill auch die Anrechnung von freiwilligen Tätigkeiten in der Jugendarbeit oder beim Roten Kreuz an die Zivildienstzeit sowie allgemein eine arbeitsrechtliche Gleichstellung der Regelungen des Zivildienstes an jene für die Sozial- und Gesundheitsberufe. 

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) sah das Bundesheer als seit Jahrzehnten für politisches Kleingeld missbraucht an. Minister Darabos könne zudem als ehemaliger Zivildiener niemals die notwendige Akzeptanz bei der Truppe finden. Die Zahlen zeigten, dass die von der BH-Reformkommission gesteckten Ziele nicht erreicht wurden. Die Reduktion der Zahl der Abfangjäger oder der teure Grenzeinsatz im Burgendland seien politisch motiviert gewesen. Darabos habe nichts bei der Behebung der Mängel in Ausstattung und Verwaltungsapparat des Bundesheers vorangebracht. Das Problem sei auch, dass die Politiker der ÖVP, die das Bundesheer reformieren wollten, nicht nur für den Wehrdienst untauglich waren. Sie taugten auch nicht dazu, das Heer zu reformieren. Das Problem der Volksabstimmung war aus der Sicht Widmanns, dass keine echten Konzepte vorlagen, über die man abstimmen hätte können. Vielmehr habe man von Seiten der ÖVP mit falschen Argumenten und Panikmache agiert. Den Schaden daraus habe die Sicherheitspolitik dieses Landes erlitten. Es sei bezeichnend, dass trotz der intensiven Kampagnen mehrerer Parteien gerade einmal die Hälfte der Wahlberechtigten mobilisiert werden konnte. Das Ergebnis der Abstimmung sei sicher nicht in Stein gemeißelt, meinte Widmann. Das BZÖ trete weiterhin für ein starkes Berufsheer mit hoher Freiwilligenkomponente ein.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) meinte, der  Verteidigungsminister sei angesichts der bisherigen Debatte fast zu bedauern. Niemand habe bisher schlüssig begründen können, was gerade für ihn als Verteidigungsminister spreche. Er werde in dieser Position langsam unhaltbar, nachdem nun auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen verschiedener Verdachtslagen ermittle. So habe es etwa den Anschein, dass beim Verkauf von Heeresliegenschaften an SPÖ-nahe Firmen nicht alles in Ordnung war, und dass auch bei Immobilien eine Verschleuderung von Vermögen des Bundes erfolgte. In letzter Zeit habe der Minister nur negative Schlagzeilen produziert, sagte die Abgeordnete und zitierte aus Zeitungsartikeln. Darabos mache alles, was der Wiener Bürgermeister von ihm verlange, das sei der Grund, warum er vom Befürworter zum Gegner der Wehrpflicht geworden sei, nicht etwa ein Meinungswandel. Das Problem des Ministers sei, dass er ohne die Partei nichts sei, meinte Kaufmann-Bruckberger und riet ihm, seinen Posten als Minister abzugeben und sich in seinen Heimatort zurückzuziehen, anstatt zu Schaden der Republik über Millionenbeträge zu bestimmen.     

FPÖ fordert Verbesserung der Infrastruktur

     

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) sagte eingangs seiner Wortmeldung, die Aufforderung, das Ergebnis der Volksbefragung ernst zu nehmen, könne er nur an die SPÖ zurückgeben. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, dem Verteidigungsminister von Seiten des Nationalrats das Vertrauen zu entziehen. Wenn der Minister glaube, Frustration und Leerlauf im Bundesheer konstatieren zu müssen, so habe er diese wesentlich selbst zu verantworten. Kunasek warf ÖVP-Klubobmann Kopf vor, die von der Bundesheer-Reformkommission klar definierten Ziele, wie etwa die Erreichung von 1 % des BIP für das Heer, über Bord geworfen zu haben. Im Bundesheer gebe es angesichts der angespannten Finanzsituation viel Reformbedarf. Gleichzeitig forciere der Minister aber aus rein politischen Gründen teure und wirkungslose Pilotprojekte für ein Berufsheer, wie sich etwa bei der Hochwasserkatastrophe in Kärnten gezeigt habe. Für die Verbesserung der Infrastruktur des Heeres müsse endlich eine Anschubfinanzierung erfolgen, um die desaströsen Zustände in vielen Kasernen zu beheben. Bundesminister Darabos sei, wie kein Verteidigungsminister vor ihm, nur Parteisoldat und daher außerstande, seine Funktion als Ressortchef auszufüllen, schloss Kunasek.

   

Abgeordneter Peter STAUBER (S) wies die Vorwürfe, die in der Debatte gegen den Minister erhoben wurden, als ungerechtfertigt zurück. Der Minister habe sich nie vom Heer distanziert, wie behauptet worden sei. Vielmehr habe er sehr oft die Leistungen der österreichischen Soldaten ausdrücklich gelobt, und sei stets bereit, Reformen durchzusetzen. Es sei zu hoffen, dass nach dieser Debatte wieder die Vernunft einkehren und man daran gehen werde, mit vereinten Kräften ein Reformkonzept für das Bundesheer zu erstellen.

Abgeordneter  Hermann GAHR (V) stellte fest, die Volksbefragung habe ein klares Votum für die Sicherheit in Österreich sowie einen klaren Auftrag zur Reform des Wehrdienstes gebracht. Bewährte Systeme und Dienstleistungen sollen bestehen bleiben, etwa im Katastrophenschutzes. Der Zivildienst habe durch viele Anpassungen und Reformen eine positive Entwicklung genommen, auch der Wehrdienst müsse nun entsprechend reformiert und attraktiv gemacht werden. Der Zivildienst sei weithin akzeptiert, ein ebenso gutes Image würde er sich für den Wehrdienst wünschen. Eine Verkürzung des Zivildienst auf sechs Monate lehnte Gahr ab. Er würde dadurch für die Einrichtungen, die Zivildiener beschäftigen, entwertet. Der Zivildienst sollte auch Frauen auf freiwilliger Basis offen stehen, meinte Gahr. In den nächsten Monaten solle daher die Zukunft von Wehrdienst, Katastrophenhilfe und Zivildienst intensiv diskutiert und die nötigen Reform umgesetzt werden.

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) sah im Misstrauensantrag bloßen Populismus. Der Minister habe das Ressort in einer schwierigen Zeit übernommen, dem österreichischen Staat bei der Anschaffung der Eurofighter durch geschicktes Verhandeln viel Geld erspart und dafür in die Infrastruktur des Heeres investiert. Er habe den Apparat verschlankt, diese Einsparungen seien der Ausstattung mit Material zu Gute gekommen. Gerade die FPÖ, die sich immer verbal für das Bundesheer stark mache, habe bsiher keinen einzigen konkreten Vorschlag für eine Reform vorgelegt. Die österreichische Bevölkerung habe sich für die Wehrpflicht und für den Einsatz von Grundwehrdienern entschieden, das entbinde aber nicht von der Aufgabe, Überlegungen zu einer zeitgemäßen Ausgestaltung des Bundesheeres in einem veränderten Europa anzustellen. Der Minister habe für das Heer unter schwierigen Bedingungen Hervorragendes geleistet, schloss Fazekas.

BZÖ glaubt nicht an schnelle Reformen

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) meinte, es sei in fast drei Stunden Debatte kein einziger Lösungsansatz geboten worden, sondern nur eine gegenseitige parteipolitische Abrechnung erfolgt. Wenn die ÖVP, die selbst alles getan habe, den Wehrdienst durch eine Verkürzung auf sechs Monate militärpolitisch zu entwerten, diesen nun attraktiver machen wolle, sei das völlig unglaubwürdig. Ihr gehe es nur um einen Schlagabtausch mit dem Koalitionspartner SPÖ. Es glaube auch nicht daran, dass der Verteidigungsminister, dem es sechs Jahren lang an der grundlegenden Überzeugung für sein Ressort gefehlt habe, bis zum nahen Ende der Legislaturperiode noch etwas bewegen werde. Ein sechsmonatiger Wehrdienst bringe nichts. Es wäre daher daraus die Konsequenz zu ziehen, ein Berufsheer mit einer starken Milizkomponente zu schaffen. Die nächste Volksabstimmung werde jedenfalls die Abwahl dieser Koalition sein, meinte Grosz.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) sagte, er melde sich zu Wort, um aufklärend wirken. Er schenke daher Abgeordnetem Fazekas, der in seiner Rede gemeint habe, keine Konzepte der FPÖ zum Wehrdienst zu kennen, ein von ihm herausgegebenes Buch mit interessanten Beiträgen zu dieser Frage. Er werde Fazekas auch zusätzliche Konzeptpapiere der FPÖ zur Verfügung stellen, damit es ihm künftig nicht an einschlägigem Lesestoff mangle. (Fortsetzung Nationalrat) jan/hlf