Parlamentskorrespondenz Nr. 144 vom 27.02.2013

Spekulationsverbot auf nächste NR-Sitzung verschoben

Opposition übt scharfe Kritik an Landeshauptleuten

Wien (PK) – Auch wenn die (verfassungs-)gesetzliche Verankerung des Verbots für Bund, Länder und Gemeinden, mit öffentlichen Geldern zu spekulieren, nicht auf der Tagesordnung des heutigen Nationalrats stand, weil die nötige Zweidrittelmehrheit bislang noch nicht gesichert ist, beherrschte das Thema dennoch die Debatte am Vormittag. Die Grünen hatten Einwendung gegen die Tagesordnung erhoben und einmal mehr verlangt, die bereits vom Budgetausschuss –jedoch mit einfacher Mehrheit von SPÖ und ÖVP – verabschiedeten Gesetzesmaterien sowie die 15a-Vereinbarung auf die Tagesordnung zu setzen. Nach einer äußerst heftigen und kontroversen Debatte konnte sich die Oppositionspartei mit ihrem Wunsch nicht durchsetzen.  

Wo spießt es sich? – Gegenseitige Schuldzuweisungen

Abgeordneter Werner KOGLER (G) verlangte seitens seiner Fraktion, den Beschluss des Budgetausschusses, ein Spekulationsverbot einzuführen, im Plenum zu debattieren, auch wenn sich für die von der Regierung vorgelegten Gesetzentwürfe noch keine Zweidrittelmehrheit abzeichne. Auch er halte das von der Regierung vorgeschlagene Spekulationsverbot nicht für ausreichend, merkte er an und kritisierte insbesondere die Vereinbarung mit den Ländern, die es den Landeshauptleuten weiterhin ermöglichen würde, auf Kosten des Steuerzahlers zu zocken. Es sei die Aufgabe des Verfassungsgesetzgebers in den Ländern, für finanzielle Transparenz zu sorgen, sagte Kogler.

Abgeordneter Josef CAP (S) betonte die Entschlossenheit seiner Fraktion, ein Verbot von Spekulationen mit Steuergeld herbeizuführen und Regeln zu schaffen, die für finanzielle Transparenz bei Bund, Ländern und Gemeinden sorgen. Cap sprach von "sehr kreativen" Finanzveranlagungen in Niederösterreich, das für ihn "kein Hort der Transparenz sei" und machte darauf aufmerksam, dass der Rechnungshof den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Lösungen zustimme. Solange die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat nicht gegeben sei, habe es aber auch keinen Sinn, die Vorlagen auf die Tagesordnung zu setzen, sagt der Klubobmann der SPÖ.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) stellte fest, der Opposition sei es gelungen, viele wichtige Details in das Paket zur Verhinderung von Spekulation mit öffentlichen Geldern aufzunehmen. Probleme habe es zuletzt noch beim einheitlichen Rechnungswesen der Länder gegeben. Er nannte die Uneinigkeit der Koalitionsparteien in dieser Frage als Grund dafür, dass man heute zu keiner Beschlussfassung kommen werde. Dahinter stehe der Widerstand der Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich. Ohne die notwendige Zweidrittelmehrheit und Einigkeit der Koalition habe es aber keinen Sinn, das Spekulationsverbot auf die Tagesordnung zu setzen.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF meinte, es gebe einen Konsens darüber, dass man Vorgänge wie in Salzburg künftig verhindern wolle. Es brauche klare Spielregeln für die Veranlagung öffentlicher Gelder und das Haushaltsrecht der Länder. Die Finanzministerin habe richtig gehandelt, als sie die 15a-Vereinbarung mit den Ländern auf den Weg gebracht hat. Sie brauche nun eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Regelungen. Er persönlich bekenne sich dazu, den konstruktiven Weg der 15a-Vereinbarung mit den Ländern zu Ende zu gehen. Man sei nur mehr in wenigen Punkten von einer Einigung entfernt. Insofern verstehe er das taktische Manöver von Staatssekretär Schieder nicht.

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER wiederum bezeichnete das Vorgehen der ÖVP als unverständlich, wenn es tatsächlich nur mehr um wenige Details gehe. Staatssekretär Schieder habe nur die bestehenden Bedenken in einem Papier zusammengefasst, es liege nun an der ÖVP, über ihren Schatten zu springen. Die Lösung könne nur in der einheitlichen Anwendung des Haushaltsrechts des Bundes bestehen, damit die Länder keine Möglichkeiten mehr haben, spekulative Geschäfte zu verschleiern. Das habe auch der Rechnungshof längst festgestellt, sagte Bucher.

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) nannte die Fortführung der Verhandlungen mit den Ländern als Vorbedingung, um zu einem Ergebnis zu kommen. Die Vereinbarung sei noch nicht weit genug gediehen, um in die Tagesordnung aufgenommen zu werden, stellte er fest. Für ein "Spekulationsverbot light" sei das Team Stronach nicht zu haben, es müssten noch eine Reihe von Lücken im Regelwerk zur Verhinderung von Spekulation mit öffentlichen Geldern geschlossen werden, machte Hagen klar.

Gefordert wird transparentes Rechnungswesen auf allen Ebenen

Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G) vertrat ebenfalls die Ansicht, dass der vorliegende Entwurf Spekulation mit Steuergeldern noch nicht ausreichend verhindere, auch wenn es wesentliche Verbesserungen gegeben habe. Ihm fehlen immer noch Regelungen zur Festlegung des Risikolimits sowie zu einem Risikopuffer und Risikomanagement. Auch die Bestimmungen über das Berichtswesen sind seiner Ansicht nach noch höchst mangelhaft. Dass Länder einzelne Finanzgeschäfte melden, sei zu wenig, es müsse eine längerfristige Bewertung möglich sein. Das gehe nur mit einem transparenten Rechnungswesen, forderte Rossmann. Klubobmann Kopf befinde sich leider in der Geiselhaft der Bundesländer, daher komme es zu keiner Regelung, um die Spekulation verlässlich zu verhindern, zeigte der Abgeordnete sein Bedauern.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) hielt fest, dass über die Regeln zur Verhinderung der Spekulation bereits eine weitgehende Einigung erzielt sei. Offen geblieben sei die Frage des Haushaltsrechts für die Gebietskörperschaften. Hier herrsche keine Einigkeit, ob diese der Bund alleine festlegen könne, oder ob es dazu eine 15a-Vereinbarung brauche. Auch die Frage der Fristen zur Umsetzung des einheitlichen Haushaltsrechts sei noch offen. Die SPÖ sei an einer Regelung sehr interessiert, es gelte nun, weiter zu verhandeln. Er sei überzeugt, dass man bis zur nächsten Plenardebatte die offenen Punkte werde klären können.

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) meinte, er habe vor Wochen vorausgesehen, dass beharrende Kräfte in den Koalitionsparteien das einheitliche Haushaltsrecht verhindern würden, und recht behalten. Es seien die Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich, die nicht an Transparenz des Rechnungswesens interessiert seien. Er fürchte daher, dass nach den Landtagswahlen im März die gesamte Gesetzesinitiative ein "Begräbnis erster Klasse" erhalten werde.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) stellte fest, über die Grundsätze des Spekulationsverbotes sei man sich einig. Es gehe nun noch darum, auch die Gemeinden einzubeziehen. Er sei prinzipiell der Meinung, dass dabei das föderalistische Prinzip aufrecht zu halten sei. Jedes "Drüberfahren" über die Bundesländer widerspreche der politischen Kultur Österreichs, die sich bisher immer bewährt habe. Die Verhandlungen seien sicher nicht gescheitert, man werde sie fortsetzen.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) hielt das unterschiedliche Haushaltsrecht der Länder als die Ursache von Milliardenverlusten. Die Opposition habe in die Verhandlungen über das Spekulationsverbot viele Vorschläge eingebracht. Die BürgerInnen würden jedenfalls kein Verständnis mehr für Spekulation mit ihren Steuergeldern haben. Nun liege ein komplexes Regelwerk auf dem Tisch. Es liege an der ÖVP, jetzt ihre unverständliche Blockade aufzugeben, sagte Widmann.

Verhindert Wahlkampf in Niederösterreich eine rasche Einigung?

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) betrachtete den derzeitigen Wahlkampf als Grund für das Ausbleiben einer Einigung. Auch bei Geltung des föderalistischen Prinzips obliege die Beschlussfassung über Verfassungsgesetze dem Parlament, hielt er unmissverständlich fest. Den nachhaltigsten Widerstand gegen die derzeitige Regelung ortete Matznetter in Niederösterreich. Er drängte darauf, die Gunst der Stunde zu nützen, um endlich zu gemeinsamen Regelungen des Haushaltsrechts zu kommen. Die Länder dürften nicht auf den Finanzmärkten mit ihren Finanzmitteln zocken, meinte er, der Spielsucht müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Abgeordneter Peter PILZ (G) meinte, es sei den Grünen immerhin gelungen, die Debatte über das Spekulationsverbot öffentlich und nicht hinter verschlossenen Türen zu führen. Die erhoffte Einigung sei leider nicht zustande gekommen. Der Grund sei das Nein aus Wien und Niederösterreich gewesen. Wien habe nun nachgegeben, Landeshauptmann Pröll sei hingegen nicht an der Transparenz der Finanzen interessiert. Andernfalls würde er die Höhe der Verluste aus der Spekulation mit Wohnbaugeldern oder aus dem Verkauf von Finanzderivaten bekannt machen. Um das zu verhindern, habe sich eine Troika aus Pröll – Fekter – Kopf gebildet, mutmaßte Pilz. Da die Gefahr bestehe, dass das Nein zum Spekulationsverbot nach den Wahlen in Niederösterreich endgültig werde, wäre es das Beste, wenn die vier Parteien, die eine Einigung erzielt haben, einen Beschluss fassen, auch gegen die ÖVP und das Team Stronach, schlug Pilz vor.

In einer kurzen Wortmeldung hielt Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) fest, das Team Stronach sei bei sämtlichen Sitzungen zum Spekulationsverbot anwesend gewesen, man heiße allerdings weitere Verhandlungen gut, da noch offene Punkte auszudiskutieren seien.

Für Abgeordneten Alois GRADAUER (F) manifestiert sich die Ablehnung des Verfassungsgesetzes für ein Spekulationsverbot der Gebietskörperschaften in der Person des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll. Dessen Aussage, die unter ihm getätigten Veranlagungen hätten Niederösterreich einen Gewinn gebracht, sei für die ÖVP Anlass, den Gesetzesbeschluss zu verhindern, analysierte der FPÖ-Mandatar. Er erinnerte an zwei Anträge seiner Fraktion, eingebracht 2008, die sich gegen das Spekulieren mit Steuergeld gerichtet hatten, aber von den Regierungsfraktionen nicht angenommen wurden. Gerade um dem Anstieg an Schulden in Bundesländern und Gemeinden Einhalt zu gebieten, mahne er erneut einen sofortigen Stopp riskanter Finanzgeschäfte der öffentlichen Hand ein, so Gradauer.

An seine Vorrednerin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger gerichtet, meinte Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B), das Team Stronach sei zwar bei den Verhandlungen über das Spekulationsverbot zugegen gewesen, habe sich jedoch von vornherein gegen eine Zustimmung zum Gesetzentwurf ausgesprochen und sich inhaltlich nicht in die Debatte eingebracht. Unklar war für den BZÖ-Mandatar die Regierungslinie, da seitens der SPÖ Zustimmung zur Verfassungsbestimmung geäußert worden sei, die ÖVP diese aber unterbinde. Da es sich bei den verspekulierten Geldern um Bundessteuern handle, liege letztlich die Verantwortung zur Kontrolle über die Finanzgebarung mit Steuergeld beim Bund, betonte Scheibner und befand, wolle man das föderalistische System ernst nehmen, so sollten die Länder ihre eigenen Steuern einheben.  (Schluss Einwendungsdebatte/Fortsetzung Nationalrat) jan/red