Parlamentskorrespondenz Nr. 328 vom 25.04.2013

Bundesweites Spekulationsverbot: Beschluss noch vor dem Sommer?

BZÖ will Spekulationsverbot auf Tagesordnung des Nationalrats setzen

Wien (PK) – Eine Neuauflage der Diskussion um die verfassungsrechtliche Verankerung des Spekulationsverbots gab es heute im Nationalrat, nachdem BZÖ-Klubobmann Josef Bucher Einwendungen gegen die Tagesordnung erhoben hatte. Die Verhandlungen über ein bundesweites Verbot, mit öffentlichen Geldern zu spekulieren, seien bereits weit gediehen, argumentierte er. Sein diesbezüglicher Antrag blieb jedoch in der Minderheit.

Der Beschluss über das Spekulationsverbot, so wie es jetzt auf dem Tisch liegt, bedarf einer Zweidrittelmehrheit im Plenum des Nationalrats, die nach derzeitigem Stand jedoch noch nicht gegeben ist. Konkret handelt es sich dabei unter anderem um Änderungen des Finanz-Verfassungsgesetzes, des Bundeshaushaltsgesetzes, des Bundesfinanzierungsgesetzes und der 15a-Vereinbarung mit den Ländern.

Sind Landtagswahlen an Verzögerung schuld?

Die Menschen in Salzburg und Tirol könnten nicht verstehen, dass es der Nationalrat auch nach den bekannt gewordenen Zockereien mit Steuergeld nicht zustande bringt, öffentlichen Händen das Spekulieren zu verbieten, begründete BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER seine Einwendung gegen die Tagesordnung. Voraussetzung dafür sei ein einheitliches Rechnungswesen für alle Bundesländer, um das man sich seit 40 Jahren bemühe, weil dies erst die Kontrolle durch den Rechnungshof ermögliche. Bucher will das aktuelle Zeitfenster nutzen, "Schattenbudgets" der Bundesländer künftig auszuschließen und klar zu   definieren, was Spekulation sei und was nicht.     

Auch Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) meinte, es stelle sich allmählich die Frage, warum es nicht gelinge, ein klares Spekulationsverbot herbeizuführen. Seiner Vermutung nach sind die bevorstehenden Landtagswahlen der Grund dafür. An der SPÖ sei ein Spekulationsverbot jedenfalls nicht gescheitert, sagte Krainer, der an die positive Reaktion des Rechnungshofs für die ausverhandelte Lösung erinnerte und den Grünen sowie der FPÖ vorwarf, dennoch nicht zuzustimmen. Spätestens nach den Landtagswahlen werde es darum gehen, klare Kriterien für die Einrichtung eines einheitliches Rechnungswesen bei allen öffentlichen Händen zu beschließen. 

Man sei man in der Frage des Spekulationsverbots einander bereits sehr nahe gekommen, berichtete Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) und schlug ebenfalls vor, die Tagesordnung zu ergänzen und jene Punkte des Maßnahmenpakets bereits heute zu beschließen, auf die man sich geeinigt habe, nämlich jene, die ein einheitliches Rechnungswesen für alle Gebietskörperschaften betreffen. Die noch offene Frage der Definition des Begriffs "Spekulation" könnte der Nationalrat auch noch später, notfalls im September beschließen, sagte Podgorschek.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) warf dem BZÖ vor, mit der Einwendungsdebatte ein billiges politisches Manöver zu starten, weil klar sei, dass das Spekulationsverbot vor dem Sommer beschlossen werde, allenfalls mit einfacher Mehrheit. Da er eine umfassende Lösung, die auch die Gemeinden umfasse, herbeiführen wolle, werde er  seine Bemühungen fortsetzen, eine Zweidrittelmehrheit für jene Lösung zu finden, die vom Rechnungshof ausdrücklich als ein "gangbarer Weg" bezeichnet wurde, bekräftigte der Obmann des Finanzausschusses. 

Ebenso betonte Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G) das Interesse aller Abgeordneten an einem Spekulationsverbot. Eine Einigung sei bislang nicht möglich, weil die vorgeschlagenen Regelungen lückenhaft seien. Eine risikoaverse Finanzgebarung sei nicht zu erreichen, wenn man die Umsetzung in Form von 15a-Verträgen den neun Bundesländern überlasse, kritisierte er. Das wäre auch verwaltungsökonomisch nicht sinnvoll. Dasselbe gelte für die Einführung eines modernen Rechnungswesens in allen Gebietskörperschaften, sagte Rossmann und verlangte, den Föderalismus endlich zu modernisieren und ein wasserdichtes Spekulationsverbot für Bund, Länder und Gemeinden einzuführen.

Alle wollen ein Spekulationsverbot – es spießt sich im Detail

Als "unrühmlicher Vorreiter" im Zusammenhang mit seinem Finanzskandal setze Salzburg jetzt alles daran, klare Regeln zu schaffen, umriss Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) die Anstrengungen für eine transparente Finanzgebarung in seinem Heimatbundesland. Ungeachtet der Verankerung des Spekulationsverbots in der Landesverfassung durch den Salzburger Landtag gelte es, dazu auch bundeseinheitliche Regelungen zu schaffen. Jedenfalls, so hielt der SPÖ-Mandatar fest, habe es keine persönlichen Bereicherungen durch die Spekulationen gegeben, deren Ziel lediglich Mehreinnahmen und Zinsersparnisse zum Wohle der SalzburgerInnen gewesen seien. Fraglich war für Prähauser allerdings, ob Salzburgs Landeshauptmann-Stellvertreter tatsächlich keine Kenntnis von den Verlustgeschäften hatte.

Die Republik müsse mit dem Schuldenmachen aufhören und die Bundesländer in die Schranken weisen, befand Abgeordneter Robert LUGAR (T). Angedachte Absprachen mit den Ländern mittels 15a-Vereinbarungen seien dafür jedoch keinesfalls der richtige Weg. Außerdem hielt Lugar Formulierungen wie "risikoaverse Veranlagungen" als zu ungenau für ein klares Spekulationsverbot in der Bundesverfassung und er berief sich dabei auf eine diesbezügliche Kritik des Rechnungshofs. Der Stronach-Politiker regte zudem an, den Bundesländern über den Finanzausgleich die nötigen Mittel zukommen zu lassen, um ihre Schuldenpraxis zu unterbinden.

Mit Fakten werde er die Genesis des Salzburger Spekulationsskandals umreißen, so Abgeordneter Konrad STEINDL (V), wobei er unterstrich, die Absicherung von Zinsgeschäften sei in ihrer Anfangsphase 2001 noch äußerst kontrolliert erfolgt. Bis 2007 habe man dadurch einen Überschuss von 500 Mio. € erwirtschaftet, doch leider hätten dann die Salzburger Landeshauptfrau und ihr Finanzreferent diese Mittel nicht zur Schuldentilgung herangezogen, sondern weitere Spekulationen zugelassen. 2008, mit einem Minus von 388 Mio. €, sei das Risiko bei den Spekulationsgeschäften gar noch erhöht und der Wohnbaufonds miteinbezogen worden, was letztendlich zu dem großen Finanzdesaster geführt habe, zeigte sich Steindl entrüstet.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) bezog klar Position für weitere Ausschussverhandlungen über das Spekulationsverbot in der Bundesverfassung. Immerhin hätten bereits einige Bundesländer Richtlinien gegen Spekulationen in ihren Landesverfassungen beschlossen, daher dürfe die Thematik im Parlament nicht auf Eis gelegt werden, nur weil dazu noch keine verfassungsmäßige Mehrheit besteht. Der Nationalrat sei den SteuerzahlerInnen verpflichtet, einen sorgsamen Umgang mit ihrem Geld zu gewährleisten, unter anderem mit einem modernen, bundeseinheitlichen Haushaltsrecht, erklärte Scheibner nochmals das Bemühen seiner Fraktion, die Debatte zum Spekulationsverbot auf die heutige Tagesordnung zu setzen.

Ein "rot-schwarzes Spekulationssystem" sei die eigentliche Ursache für die nun zu Tage tretenden Finanzskandale, meinte Abgeordneter Harald VILIMSKY (F). Nicht nur die Vorkommnisse im Bundesland Salzburg zog er als Untermauerung seiner Darstellung heran, er nannte auch unter der Wiener SPÖ-Regierung getätigte Cross-Border Leasinggeschäfte, Frankenkredite des Landes Wien und Verpachtungen des Wiener Wassers. Damit, resümierte Vilimsky, sei die SPÖ zum "Oberspekulanten der Republik" geworden und die ÖVP sei Teil dieses Systems, wie sich dies etwa beim Bankenhilfspaket gezeigt habe. Wie sein Vorredner appellierte der FPÖ-Mandatar, den Entwurf eines Spekulationsverbotes in der Verfassung im zuständigen Ausschuss weiter zu verhandeln, denn der derzeitige Vorschlag gewähre den Landeshauptleuten noch zu viel Einflussmöglichkeit.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) begrüßte zwar, dass mehrere Bundesländer bereits den Beschluss gefasst haben, Spekulationen in ihren jeweiligen Verfassungen zu untersagen. Auch habe der Salzburger Untersuchungsausschuss zu den Derivatgeschäften gute Wirkung gezeigt. Dennoch formulierte Lichtenecker deutlich, im Bund bestehe nun Handlungsbedarf, nicht nur in Bezug auf ein österreichweites Spekulationsverbot. Eine neue Finanzmarktarchitektur, die Finanztransaktionssteuer, eine Regulierung der Finanzmärkte und ein Bankeninsolvenzrecht seien ebenso höchst notwendig, so die Grün-Mandatarin.

Dem BZÖ-Antrag, die Diskussion über eine bundesweite Regelung über Spekulationsverbote auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen, stimmten am Ende der Einwendungsdebatte lediglich die Oppositionsparteien zu. Er blieb damit in der Minderheit. (Schluss Einwendungsdebatte/Fortsetzung Nationalrat) red