Parlamentskorrespondenz Nr. 335 vom 26.04.2013

Nationalrat: Kommt Schutz der öffentlichen Wasserversorgung?

Erste Lesungen von Anträgen und Neuwahl von Ausschüssen

Wien (PK) - Erste Lesungen von Anträgen im Plenum bevor sie den entsprechenden Ausschüssen zugewiesen werden, bildeten gegen Mitternacht den Schlusspunkt der heutigen Nationalratssitzung. Dabei ging es in den Initiativen der Grünen um den Schutz notleidender Menschen vor Delogierungen und kalten Wohnungen im Winter sowie um die Benachrichtigung im Falle der Beendigung der Krankenversicherung. Die FPÖ wiederum macht sich für die öffentliche Wasserversorgung stark, wofür alle anderen Parteien Sympathie signalisierten.

Grüne: Keine Delogierungen im Winter

Mit einer Ersten Lesung wurde die parlamentarische Behandlung eines Antrags der Grünen eingeleitet, der darauf abzielt, durch entsprechende Änderungen im Mietrechtsgesetz die Notlage von MieterInnen bei drohenden Zwangsräumungen zu mildern. Demnach soll eine Delogierung im Zeitraum von 31.10 bis 31.3. grundsätzlich unzulässig sein. Darüber hinaus enthält die Initiative einen gesetzlichen Auftrag an die Gemeinden, im Fall von Zwangsräumungen konkrete Maßnahmen wie etwa die Beschaffung leistbaren Wohnraums zu setzen, um Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) wies auf die steigende Zahl von Delogierungen hin und begründete seine Initiative vor allem mit der sozialen Notlage der Betroffenen.

Seitens der SPÖ signalisierte Abgeordnete Ruth BECHER Sympathie für das Anliegen, ÖVP-Mandatar Bernd SCHÖNEGGER sprach sich seinerseits für ein klares und lesbares Mietrecht aus. Unterstützung fand die Forderung nach einem Exekutionsmoratorium in den Wintermonaten bei den Abgeordnetem Gerhard HUBER (B) und Martina SCHENK (T). Bedenken äußerte hingegen Abgeordneter Bernhard VOCK (F).

Der Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen.

Grüne Initiativen gegen Gas- und Stromabschaltungen im Winter

Erstmals aufgerufen wurde auch ein Antrag der Grünen auf Änderungen im Gaswirtschaftsgesetz, mit dem Abgeordneter Karl Öllinger die Situation jener Menschen anspricht, denen im Gefolge von Zahlungsunfähigkeit der Zugang zum Gas abgeschaltet wird. Auch hier erklärt der Vorstoß zunächst die Abschaltung in den Wintermonaten für unzulässig. Für die restliche Zeit des Jahres wiederum sollte das Energieversorgungsunternehmen verpflichtet werden, die bevorstehende Abschaltung an die Gemeinde zu melden, um dieser dadurch die Möglichkeit zur Einschaltung der Sozialbehörden zu geben. Eine gleichlautende Initiative der Grünen, die ebenfalls in Erste Lesung genommen wurde, betrifft die Notlage bei Stromabschaltungen und verlangt Änderungen im Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz.

Auch bezüglich dieser beiden Initiativen sprach Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) die Misere von Menschen an, denen wegen Zahlungsunfähigkeit der Zugang zum Netz abgeschaltet wird. Auf Verständnis stieß er dabei bei den Abgeordneten Wolfgang Katzian (S), Christoph MATZNETTER (S) und Franz HÖRL (V). Abgeordneter Gerhard HUBER (B) schloss sich dem Antrag vollinhaltlich an, während die Abgeordneten Fritz GRILLITSCH (V) und Erich TADLER (T) vor allem energiepolitische Aspekte ansprachen.

Beide Anträge wurden dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen

Krankenversicherung: Grüne für Benachrichtigung bei Versicherungsende

Ebenfalls einer Ersten Lesung wurde ein Antrag der Grünen auf Änderung des ASVG unterzogen, der eine Verpflichtung der Krankenversicherungsträger vorsieht, die Versicherten über jede An- bzw. Abmeldung zur Krankenversicherung sowie jede maßgebliche Änderung des Beschäftigungsverhältnisses zu informieren. Damit würde man vermeiden, dass Menschen erst bei einem Arztbesuch feststellen, dass sie nicht mehr versichert sind, argumentiert Abgeordneter Karl Öllinger. Zudem könnten die Betroffenen leichter überprüfen, ob ArbeitgeberInnen Fehl- und Falschmeldungen abgegeben haben.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) gab bei der Präsentation seines Antrags zu bedenken, bei Sozialversicherungen werde der Versicherte nicht als Vertragspartner wahrgenommen, und forderte insbesondere Informationspflichten der Versicherungen über Anmeldungen bzw. Abmeldungen. Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) betrachtete ebenso wie ÖVP-Mandatar Johann HÖFINGER (V) die Forderung als zu weitreichend und zu kostspielig und wandte ein, die Information funktioniere in der Praxis gut. Skepsis bezüglich allgemeiner Informationspflichten der Versicherungen äußerte auch Abgeordneter Erich TADLER (T).

Der Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen. 

FPÖ für Schutz der öffentlichen Wasserversorgung

Schließlich diskutierte der Nationalrat in Erster Lesung über einen Antrag der FPÖ, der den Schutz der öffentlichen Wasserversorgung zum Ziel hat. Durch eine Verfassungsbestimmung will die FPÖ einem steigenden Privatisierungsdruck auf Gemeinden durch neue EU-Vorgaben entgegenwirken und sicherstellen, dass die Wasserversorgung nicht zum Spielball wirtschaftlicher Interessen wird.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) zeigte sich in der Debatte überzeugt, dass für das Anliegen seiner Fraktion eine Mehrheit im Nationalrat gefunden wird. Die Wasserversorgung solle nur Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden vorbehalten bleiben, bekräftigte er.

Dass die Hoffnung Stefans auf einen breiten Konsens nicht unberechtigt ist, zeigten die ersten Reaktionen der anderen Fraktionen. Zwar sehen die Abgeordneten Peter WITTMANN (S) und Jochen PACK (V) noch weitreichenden Verhandlungsbedarf über die konkrete Formulierung des Antrags, dessen Grundtendenz gehe aber in die richtige Richtung, meinten sie. Die verfassungsrechtliche Absicherung der öffentlichen Wasserversorgung habe durchaus seine Berechtigung, betonte Wittmann.

Auch die Abgeordneten Christiane BRUNNER (G) und Gerhard HUBER (B) äußerten sich grundsätzlich zustimmend zum Anliegen der FPÖ. Man müsse die öffentliche Wasserversorgung verfassungsrechtlich schützen, sagte Brunner und forderte die Regierungsparteien auf, einen eigenen Antrag vorzulegen. Abgeordneter Huber drängte auf eine geschlossene Allianz aller Fraktionen gegen die EU und äußerte die Befürchtung, dass der Druck auf finanziell angeschlagene Gemeinden so groß werden könnte, dass sie der Versuchung unterliegen, die Wasserversorgung an Private abzutreten.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Neuwahl von Ausschüssen

Abschließend wurden zahlreiche Ausschüsse neu gewählt. Das hängt mit den personellen Veränderungen im Team Stronach und den Mandatsrochaden nach den Landtagswahlen in Kärnten und Niederösterreich zusammen, da auf die frei werdenden Nationalratssitze nur Personen nachrücken können, die auf der gleichen Liste kandidiert haben. So folgte auf den nunmehrigen Kärntner Landesrat Gerhard Köfer (ehemals SPÖ nun Team Stronach) Irene Szep als SPÖ-Abgeordnete. Das Mandat von Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (ehemals BZÖ nun ebenfalls Team Stronach) ging an Gernot Darmann. Er stand bei der Wahl zwar auf der Liste des BZÖ, schloss sich als Mitglied der Kärntner FPK aber der FPÖ-Fraktion an. Damit lautet die aktuelle Mandatsverteilung im Nationalrat nun wie folgt: 57 SPÖ, 51 ÖVP, 38 FPÖ, 20 Grüne, 12 BZÖ, 5 Team Stronach.

Die Neuwahl der Ausschüsse erfolgte einstimmig. Die meisten Ausschüsse werden in Hinkunft 25 Mitglieder statt bisher 26 haben: je 8 SPÖ und ÖVP, 5 FPÖ, 3 Grüne, 1 BZÖ. An der Zusammensetzung der fünf großen Ausschüsse, in denen auch das Team Stronach vertreten ist, ändert sich nichts.

Betroffen von der Neuwahl sind der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Außenpolitische Ausschuss, der Bauten-, Budget- und Familienausschuss; weiters der Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie, der Gesundheits-, Gleichbehandlungs-, und Justizausschuss, der Ausschuss für Konsumentenschutz, der Kultur- und Landesverteidigungsausschuss; auch die Ausschüsse für Land- und Forstwirtschaft, für Menschenrechte, für Petitionen und Bürgerinitiativen sowie für Sportangelegenheiten wurden neu gewählt. Betroffen sind darüber hinaus auch der Tourismus-, Umwelt-, Unterrichts-, Verfassungs-, Verkehr- und Volksanwaltschaftsausschuss sowie der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie und der Wissenschaftsausschuss.

Alle Ausschüsse haben sich unmittelbar nach Ende der Plenarsitzung neu konstituiert. (Schluss Nationalrat) red