Parlamentskorrespondenz Nr. 339 vom 26.04.2013

Ärztliche Hausapotheken gerettet

Nationalrat nimmt Anpassungen bei Gesundheitsgesetzen einstimmig an

Wien (PK) - Das neue System der zweistufen Verwaltungsgerichtsbarkeit betrifft auch zahlreiche Bereiche des Gesundheitsressorts. Zu den Regelungen für Apotheken hat die Regierung heute im Nationalrat noch einen Antrag eingebracht, der den Fortbestand vieler Hausapotheken im ländlichen Raum sichert. Gerade kleine Gemeinden hatten um ihre lokale medizinische Versorgung gefürchtet.

Beim 1. Verwaltungs­gerichtsbar­keits-Anpassungsgesetz, durch das i nsgesamt 24 Gesetze novelliert werden, geht es vor allem um den Entfall des administrativen Instanzenzugs sowie den Ersatz der Unabhängigen Verwaltungsbehörden durch Landesverwaltungsgerichte. Das 2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz sieht in Hinkunft einen Instanzenzug von den Schiedskommissionen und vom Hauptverband zum Bundesverwaltungsgericht vor. Beide Vorlagen und die Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum fanden die einhellige Zustimmung aller Fraktionen.

Mitverhandelt mit diesen beiden Gesetzesentwürfen wurden drei Entschließungsanträge der Opposition. Das BZÖ trat u.a. dafür ein, dass Kommunikations­hilfs­mittel für Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen in den Leistungskatalog der Sozialversicherungen aufgenommen werden. Ein weiteres Anliegen des BZÖ betraf die Reform des Schularzt- und Schulpsychologenwesens. Die Grünen sprachen sich für das Verbot des Klonens von Nutztieren zur Lebensmittelerzeugung aus. STRONACH forderte in einem weiteren Entschließungsantrag eine Verpflichtung zur Einholung einer zweiten Meinung vor nicht akuten Operationen. Alle Oppositionsanträge wurden abgelehnt.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) zeigte sich im Wesentlichen zufrieden mit den beiden Anpassungsgesetzen und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Positiv vermerkte er insbesondere, dass im Zuge des Begutachtungsverfahrens noch einzelne Kritikpunkte beseitigt werden konnten.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) listete die durch die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit notwendigen gewordenen Anpassungen auf und hob insbesondere den Wegfall des administrativen Instanzenzugs, die Beschwerdemöglichkeit an das Verwaltungsgericht des Landes bei Disziplinarangelegenheiten sowie den Wegfall des Ausschlusses eines ordentlichen Rechtsmittels hervor. Er erwartete sich von den vorliegenden Gesetzen eine modernere und einfachere Verwaltungsgerichtsbarkeit im Gesundheitsbereich und begrüßte in diesem Zusammenhang auch, dass die sozialpartnerschaftliche Mitwirkung sichergestellt bleibt.

In einem Entschließungsantrag von SPÖ und ÖVP rief Hechtl den Gesundheitsminister zu Gesprächen mit den Interessensvertretungen der betroffenen Berufsgruppen und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger auf, um ein neues Modell zur Sicherstellung und zum Ausbau der Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum zu entwickeln.

Abgeordnete Helene JARMER (G) brachte das Thema der Barrierefreiheit im Gesundheitsbereich zur Sprache und forderte insbesondere eine kostenlose Bereitstellung von Kommunikationshilfen für gehörlose Menschen. Rückenwind erhoffte sich die Grün-Mandatarin dabei von einer diesbezüglichen UN-Konvention, die jedem Menschen das Recht auf Barrierefreiheit und Kommunikation einräumt.

Abgeordneter Erwin RASINGER (V) rückte die Arbeitsbedingungen in der Medizin in den Mittelpunkt seiner Ausführungen und wies vor allem auf die Überlastung von ÄrztInnen und Krankenschwestern hin. Das beste Gesetz nütze nichts, wenn die anwendenden Personen nicht ausreichend Zeit für ihre Patienten haben, gab Rasinger zu bedenken.

BZÖ will Reformen bei SchulärztInnen und SchulpsychologInnen

Auf eine Reform des Schularztwesens drängte Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B), dem es dabei vor allem um die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten im Kompetenzbereich zwischen Bund und Ländern ging. Im Sinne einer höheren Effizienz sollte insbesondere die Trennung zwischen Schulgesundheitspflege und Gesundheitsvorsorge aufgehoben werden. Spadiut erinnerte in diesem Zusammenhang, dass seine Forderungen auf einer Empfehlung des Rechnungshofs basieren.

Abgeordneter Dieter KECK (S) nahm zum Antrag der Grünen betreffend ein Verbot des Klonens von Tieren Stellung und wandte ein, die Initiative sei durch eine Verordnung der EU bereits weitgehend erfüllt. Wichtig waren für Keck die darin enthaltenen Rückverfolgbarkeitsnachweise sowie die freiwillige Kennzeichnung von Lebensmitteln aus geklonten Tieren.

Ein Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen betrifft Klarstellungen hinsichtlich der Zulassung von ärztlichen Gruppenpraxen.

Abgeordnete Martina SCHENK (T) warnte vor der Gefahr von Falschdiagnosen und verlangte in einem Entschließungsantrag die Einführung einer Verpflichtung zur Einholung einer zweiten Meinung vor nicht akuten Operationen. Ausdrücklich unterstützte Schenk die BZÖ-Initiative in Richtung von Kommunikationshilfen für gehörlose Menschen sowie den Vorstoß der Grünen auf ein Verbot des Klonens von Tieren.

Abgeordneter Franz-Josef HUAINIGG (V) machte auf die Bedeutung von assistierenden Technologien für die Kommunikation behinderter Menschen aufmerksam und meinte, den Betroffenen sei letztlich die Art der Finanzierung gleichgültig. Er schlug ein One-Desk-Prinzip für die Hilfsmittelfinanzierung vor und erklärte, die Betroffenen würden dabei bei einer einzigen Stelle ihren Antrag einreichen, während die Behörden dann über die jeweilige Finanzierung entscheiden.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) schloss sich den Initiativen des BZÖ und der Grünen an und beklagte, diese sinnvollen Anträge würden nur deshalb abgelehnt, weil sie nicht von den Regierungsparteien stammten. Positiv äußerte sich Strutz zu den beiden vorliegenden Anpassungsgesetzen, die seiner Meinung nach in Richtung Straffung und Vereinfachung der Verwaltung gehen.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) brachte einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien ein, der im Wesentlichen darauf hinaus läuft, Probleme im Zusammenhang mit ärztlichen Hausapotheken im ländlichen Raum zu reparieren.

Unterstützung für den Antrag des BZÖ bezüglich Reformen im Schulärztewesen signalisierte Abgeordneter Harald WALSER (G), der vor allem vor Defiziten bei der schulpsychologischen Versorgung warnte und in diesem Bereich dringenden Handlungsbedarf ortete.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) plädierte für Maßnahmen zur Verbesserung der Medikamentenversorgung im ländlichen Raum und stellte fest, es gelte dabei vor allem, dem ständigen Spiel zwischen Apotheken und Hausärzten bezüglich ihrer jeweiligen Befugnisse ein Ende zu setzen. Klar war der Rednerin auch, dass es in Zukunft Verbesserungen im Bereich der Barrierefreiheit geben müsse.

BZÖ tritt für Barrierefreiheit für gehörlose Menschen ein

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) untermauerte ihre Forderung nach Barrierefreiheit für gehörlose Menschen und drängte auf einen Rechtsanspruch auf Kommunikationshilfsmittel. Das derzeitige Splitting in der Finanzierung qualifizierte sie dabei als menschenunwürdig.

Abgeordneter Josef RIEMER(F) sagte dem Antrag des BZÖ auf Kommunikationshilfen die Unterstützung seiner Fraktion zu und unterstrich die Brisanz des Problems vor allem durch den Hinweis auf die Notlage von Menschen, die am ALS-Syndrom leiden und durch Muskellähmung sukzessive die Herrschaft über ihren Körper, aber auch die Möglichkeit zur Kommunikation verlieren.

Grüne fordern Verbot von Klonfleisch

Einen bereits 2010 im Gesundheitsausschuss eingebrachten und nun mitverhandelten Entschließungsantrag der Grünen nahm Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) zum Anlass, erneut ein gesetzliches Verbot des Imports und der Produktion von Klonfleisch einzufordern. Konkreter Anlass für das neuerliche Vorbringen dieses Anliegens seien die im Juni beginnenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen USA und EU, wodurch geklontes amerikanisches Tierfleisch auch auf heimischen Tellern landen könnte, erläuterte Pirklhuber. Das zu verhindern sei zum Schutz der KonsumentInnen und der heimischen Landwirtschaft unbedingt notwendig. Nicht gelten ließ er zum Grünen-Antrag geäußerte Bedenken der Koalitionsparteien, dessen Vorschläge gingen nicht weit genug, immerhin wäre im Gesundheitsausschuss ausreichend Zeit für erweiternde Abänderungen gewesen.

Eine generell ablehnende Haltung von SPÖ und ÖVP gegenüber Anträgen der Opposition warf Abgeordneter Bernhard VOCK (F) den Regierungsparteien vor. Ein Mittragen von Oppositionsanträgen durch die Koalitionsfraktionen, wenn inhaltliche Übereinstimmung herrsche, würde nicht zuletzt die Verhandlungsposition des Bundesministers auf EU-Ebene stärken, könne dieser dann doch mit dem Rückhalt des gesamten Nationalrats rechnen, befand der FPÖ-Mandatar. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass seitens der Oppositionsparteien durchaus auch SPÖ-ÖVP-Anträgen zugestimmt werde, wenn über den Inhalt Konsens bestehe.

Die beiden Verwaltungsgerichts-Anpassungsgesetze zum Gesundheitsbereich befürwortete das Plenum in zweiter und dritter Lesung ebenso einhellig wie zwei zur ersten Novelle eingebrachte SPÖ-ÖVP-Abänderungs- bzw. Zusatzanträge für redaktionelle Richtigstellungen. Einstimmig angenommen wurde weiters ein Entschließungsantrag der Regierungsparteien zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung im ländlichen Raum. Mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit abgelehnt wurden die mitverhandelten BZÖ-Anträge zu Kommunikationshilfsmitteln für Menschen mit sprachlichen Beeinträchtigungen und auf Reform des Schularztwesens sowie der Grünen-Antrag zum Verbot von Klonfleisch. In der Minderheit blieb ebenfalls der Entschließungsantrag des Team Stronach auf verpflichtende Einholung einer zweiten Meinung bei nicht akuten Operationen. (Fortsetzung Nationalrat) red