Parlamentskorrespondenz Nr. 381 vom 07.05.2013

EU-Ausschuss des Bundesrats zieht Bremse bei Gigalinern

Einstimmige Mitteilung gegen Zulassung von Riesen-LKWs in der EU

Wien (PK) – Einstimmig beschloss der EU-Ausschuss des Bundesrats heute eine Mitteilung an die EU, in der die Einführung von Riesen-LKWs im grenzüberschreitenden Verkehr entschieden abgelehnt wird. Auslöser dafür war ein Richtlinienvorschlag, wonach die Zulassung von Fahrzeugen des Güter- und Personenverkehrs mit einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen bzw. einer Länge von bis zu 25 Metern – sogenannte Gigaliner - erleichtert werden sollte.

Mit der Ausweitung von Gewichts- und Abmessungsvorschriften für LKWs möchte die EU-Kommission die Regelungen dem neuesten Stand der Technik anpassen und den Warenverkehr in einem integrierten europäischen Verkehrsnetz forcieren. Fraktionsübergreifend meinten die BundesrätInnen dazu, das heimische Straßennetz sei nicht für Riesen-LKWs ausgerichtet, und Österreich hätte faktisch kaum eine Möglichkeit, sich als Transitland gegen die Durchfahrt von Gigalinern auszusprechen.

Kritik an EU-Vorstoß für Aufweichung von LKW-Vorschriften 

Fahrzeuge des Schwerverkehrs müssen laut geltender EU-Richtlinie bestimmte Vorschriften zu Gewicht und Abmessung einhalten, um grenzüberschreitend in zumindest zwei benachbarten Mitgliedsländern zum Einsatz kommen zu dürfen. Seit Inkrafttreten der Richtlinie 1996 hat sich die Fahrzeugtechnik rapide weiterentwickelt, merkt die Kommission in ihrem diesbezüglichen Legislativvorschlag (COM(2013) 195 final) an, die derzeitigen Bestimmungen würden jedoch die Nutzung neuer technischer Möglichkeiten – vor allem jene zur Treibstoffeinsparung - behindern. So übersteige etwa das Gewicht von Elektro- oder Hybridantrieb die zugelassenen Grenzen. Modulare Fahrzeugkombinationen innerhalb eines Transports, etwa mittels Großcontainer, seien ebenso schwer realisierbar.

Die vorgeschlagenen Neuregelungen zur Fahrzeugausgestaltung sollen daher unter effizienzsteigernden Auflagen das zulässige Gesamtgewicht bzw. die erlaubte Maximallänge von LKWs erhöhen, zwecks Energieersparnis eine verbesserte Aerodynamik der Fahrzeuge ermöglichen, und für mehr Straßenverkehrssicherheit sorgen, da etwa Einschränkungen des Fahrersichtfelds behoben werden.

Gigaliner würden das österreichische Straßennetz schlicht überfordern, fasste Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) die ablehnende Haltung der Ausschussmitglieder zum gegenständlichen Kommissionsvorschlag zusammen. Selbst wenn es den Nationalstaaten überlassen bleibe, die Nutzung derartiger Riesen-LKWs im eigenen Land zu erlauben, bestehe immer noch die Gefahr, dass es vor dem Hintergrund des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs in der EU zu einer unionsweit bindenden Lösung kommen könnte. Eine Expertin des Verkehrsministeriums fügte an, Gigaliner-Befürworter könnten tatsächlich auf Grundlage des Diskriminierungsverbots Druck ausüben, um die Zulassung von Riesen-LKWs auf heimischen Straßen für lange Transporte quer durch Europa generell durchzusetzen. Das wäre kontraproduktiv bei der verkehrspolitischen Anstrengung Österreichs, den Schienentransport zu forcieren, außerdem würden anvisierte Tunnelprojekte damit in Frage gestellt. Aus einer dem EU-Ausschuss zugeleiteten Stellungnahme des Landes Vorarlberg geht ebenfalls die Befürchtung hervor, mit den Kommissionsplänen zur Aufweichung von Vorschriften für den Schwerverkehr würde sich eine erneute Verlagerung der Transporte von der Schiene zurück auf die Straße ergeben.

EU-Ausschuss: Österreich soll Schienenverkehr stärken

In einer schwierigen Situation befinde sich Österreich auf Grund seiner geographischen Lage inmitten des Binnenmarkts, bekräftigte Bundesrat Stefan Schennach (S/W) die Bedenken, das Land könne durch den Transitverkehr ungefragt mit Gigalinern konfrontiert werden. Zudem, unterstrich er, würde der Einsatz überdimensionierter Fahrzeuge klar der Alpenschutzkonvention widersprechen. Schon deswegen habe die Bevorzugung der Schiene in der Verkehrspolitik Österreichs Priorität. Das Bedauern Schennachs, der Schienenverkehr werde in der Mitteilung des Ausschusses an die EU zu wenig betont, teilten die Bundesräte Marco Schreuder (G/W), Ewald Lindinger (S/O) und Günther Novak (S/K). Lindinger befand weiters, die effizienzsteigernden Adaptierungen, wie sie die Kommission vorschlägt, könnten durchaus auch an bereits zugelassenen LKWs durchgeführt werden.

Die Bahn verstärkt als Transportmittel einzusetzen hieß Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) grundsätzlich gut, allerdings fehle es dazu an einem ausgewogenen verkehrspolitischen Konzept in Österreich, wie sie bekrittelte. Für einen Ausbau des heimischen Schienennetzes machte sich Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) ebenso stark, sei doch auf Grund mangelnder Verbindungen in vielen Regionen oftmals immer noch der LKW das schnellere Transportmittel.

Besonders die Vor- und Nachlaufstrecken bei modularen Transporten – etwa zwischen zwei Seehäfen – seien im Richtlinienvorschlag kritisch zu bewerten, merkten Vertreter der Arbeiterkammer und des Verkehrsministeriums an, da hier jedenfalls die Verpflichtung von Mitgliedsstaaten besteht, auch national nicht genehmigte Riesenfahrzeuge passieren zu lassen. Seitens der Wirtschaftskammer wurde im Ausschuss eine grundsätzlich neutrale Haltung zur angedachten Richtlinienänderung geltend gemacht, denn bereits jetzt sehe das heimische Kraftfahrgesetz Nutzungsmöglichkeiten österreichischer Verkehrswege durch überschwere LKWs bei Gütertransporten zum nächsten Umschlagplatz vor, obwohl etwa die Leitplanken heimischer Straßen nicht auf derartige Gewichte ausgelegt sind. Bundesrat Schennach (W/S) brachte in der Debatte noch die sozialrechtliche Lage der Fahrer von Riesen-LKWs zur Sprache, da diesen zwecks Gewinnmaximierung unhaltbare Arbeitsbedingungen zugemutet würden, so der SPÖ-Mandatar. (Fortsetzung EU-Ausschuss Bundesrat) rei


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