Parlamentskorrespondenz Nr. 412 vom 16.05.2013

Hungert die Regierung den Rechnungshof aus?

Josef Moser: Rechnungshofprüfungen nützen viel mehr als sie kosten

Wien (PK) – Die budgetäre Situation des Rechnungshofes und die weitere Vorgangsweise bei der Behandlung der Rechnungshofberichte zum Thema Bankenpaket bildeten die Themen einer aktuellen Aussprache des Rechnungshofausschusses, in der Rechnungshofpräsident Josef Moser den Abgeordneten ausführlich die negativen Folgen darlegte, die es für die Kontrolltätigkeit des Parlaments hätte, wenn es nicht gelinge, die Finanzierungslücke von mehr als 7 Mio. € im RH-Budget bis 2017 zu schließen. Während Abgeordnete der Koalitionsparteien meinten, auch der Rechnungshof müsse seinen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten, unterstützten Sprecher aller Oppositionsparteien den Rechnungshofpräsidenten in seiner Auffassung, man sollte bei Einsparungen die Kosten-Nutzen-Relationen beachten und berücksichtigen, dass der Nutzen der Kontrolltätigkeit des Rechnungshofs nachweisbar ein Vielfaches der Kosten betrage, die der Staat für das Prüforgan des Parlaments ausgebe.

Die aktuelle Aussprache über die budgetäre Situation des Rechnungshofs in den nächsten vier Jahren begründete Ausschussobmann Werner Kogler (G) einleitend mit dem Hinweis darauf, dass es bei der Debatte über den Finanzrahmen im Budgetausschuss nicht gelungen sei, die Frage realer Einschnitte im RH-Budget zu behandeln. Der Grund für die Debatte über die Vorgangsweise bei der Behandlung des Bankenpakets samt Notverstaatlichung der Kommunalkredit sei die exorbitante Höhe der Beträge, um die es bei diesem Thema gehe, nämlich um eine möglicherweise zweistellige Milliardensumme, wie sie in der Geschichte Österreichs noch niemals zu diskutieren war.   

Gerald Grosz: Regierung soll Rechnungshof nicht aushungern können

Abgeordneter Gerald Grosz (B) sah beim Thema Rechnungshofbudget auch das Selbstverständnis des Rechnungshofausschusses berührt, weil die Frage der Kontrolle wesentlich für Demokratie und Parlamentarismus sei. "Der Rechnungshof ist ein wertvolles Instrument des Nationalrates bei der Kontrolle der Regierung. Daher ist es unerträglich, wenn die Bundesregierung den Rechnungshof mit dem Budget, das sie ihm zugesteht, aushungert", sagte Grosz. "Der Rechnungshof wird von der Bevölkerung als eine unabhängige Einrichtung wahrgenommen und genießt das besondere Vertrauen der Menschen. Daher überträgt der Nationalrat dem Rechnungshof immer mehr Aufgaben und kann es daher nicht zulassen, dass der Rechnungshof finanziell ausgehungert wird".

Die Rechnungshofberichte stellen wichtige Instrumente der Kontrolle dar, sagte Grosz und wies darauf hin, dass der Rechnungshof, der dem Steuerzahler sehr viel Geld erspare, in den nächsten Jahre gezwungen sein werde, Rücklagen aufzulösen, um seine Kernaufgaben erfüllen zu können. "Die Politik der Regierungsparteien gegenüber dem Rechnungshof ist eine Schande für Kontrolle und Vollziehung", sagte Grosz und hielt es für "brandgefährlich", auf die Kontrolle des Rechnungshofes zu verzichten. "Der Rechnungshof verdient sich mit jedem einzelnen seiner größeren Berichte seine Kosten selbst".

"Zu viel heiße Luft von SPÖ und ÖVP" – FPÖ verlässt Ausschussdebatte

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) unterstrich das Verlangen der FPÖ, bei der Behandlung der Rechnungshofberichte über das Bankenpaket und die Kommunalkredit jene Personen zu laden, die im Berichtszeitraum Verantwortung trugen. Es gelte Licht ins Dunkel zu bringen, wo SPÖ und ÖVP keinerlei Interesse an Kontrolle zeigten und sich einer Politik der Vertuschung und Verschleierung verschrieben hätten. Mit scharfen Worten kritisierte Zanger auch die Absicht der Regierungsparteien, den Rechnungshof mundtot zu machen, ortete Druck von Seiten der Regierung gegenüber dem Rechnungshofpräsidenten und begründete den neuerlichen Auszug seiner Fraktion aus der Sitzung des Rechnungshofausschusses mit dem Protest gegen die "heiße Luft", die von den Regierungsparteien bei den Themen "Rechnungshofbudget" und "Bankenpaket" produziert werde.

Tamandl: Auch Rechnungshof muss zur Konsolidierung beitragen  

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) zeigte sich erschüttert über das Verhalten der FPÖ und erinnerte daran, dass auch des Auszug der Opposition aus dem jüngsten Budgetausschuss nicht gerechtfertigt gewesen sei, weil RH-Präsident Moser dort ausführlich auf alle Fragen antworten konnte. Klar sei aber, dass Österreich seinen Haushalt konsolidieren müsse, um aus der Staatsverschuldung herauszukommen. "Wir schätzen die Arbeit des Rechnungshofes sehr hoch, wenn aber alle – Junge, PensionistInnen, Bäuerinnen – Beiträge zur Budgetkonsolidierung leisten müssen, müssen auch die Obersten Organe und der Rechnungshof ihre Beiträge leisten", hielt Tamandl fest und sprach die Möglichkeit finanzieller Verbesserungen für den Rechnungshof nach 2016 an.

Lapp: Rücklagenauflösungen auch beim Rechnungshof

Abgeordnete Christine Lapp (S) konzedierte dem Rechnungshof, er gehe sparsam mit seinen Mitteln um. Merkte aber an, dass auch in anderen Ressorts in den kommenden Jahren Rücklagen aufgelöst werden müssen. "Die Konsolidierungspolitik trifft auch andere Oberste Organe", sagte Lapp, räumte aber ein, dass der Rechnungshof in den Jahren 2015 und 2016 vor großen budgetären Herausforderungen stehe.

Bei der Behandlung der Rechnungshofberichte über das Bankenpaket und die Kommunalkredit habe man sich mit der Opposition nicht über die Zahl der Auskunftspersonen einigen können, teile Lapp mit und regte an, diesbezüglich einen Kompromiss zu finden, um die Behandlung der Berichte in den noch ausstehenden Ausschusssitzungen zu ermöglichen.   

Hagen: Josef Pröll muss beim Thema Bankenpaket Auskunft geben

Abgeordneter Christoph Hagen (T) plädierte ebenfalls für einen Kompromiss in der Frage der Auskunftspersonen zum Thema Bankenpaket schlug vor sich auf fünf wichtige Schlüsselpersonen zu beschränken, zu denen aus seiner Sicht aber der ehemalige Finanzminister Pröll zähle.

Kogler: RH-Beamte verdienen für den Staat mehr Geld als sie kosten

Abgeordneter Werner Kogler (G) erklärten den Auszug der Oppositionsparteien aus dem Budgetausschuss mit der Weigerung der Regierungsparteien, dem Rechnungshofpräsidenten Moser das Rederecht in der Frage des Rechnungshofbudgets einzuräumen. Gegenüber der Auffassung, der Rechnungshof müsse sparen wie alle anderen auch wandte Kogler ein, dass bei den Bundesländern wesentlich größere Einsparungspotentiale zu heben wären. Der Rechnungshof zähle zu den Institutionen, bei denen der volkswirtschaftliche Grenznutzen zusätzlicher Personalausgaben sehr hoch wäre. Kogler nannte dabei auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie die Großbetriebsprüfung und die Betrugsbekämpfung im Finanzressort.

Die prophylaktische Wirkung der Tätigkeit des Rechnungshofs sei mit neuen Nachweismethoden zweifelsfrei zu belegen. Jeder Beamte, der im Rechnungshof zusätzlich zum Einsatz komme, verdiene dem Staat mehr Geld als er koste. An die Ausführungen des Abgeordneten Grosz anknüpfend sagte Kogler daher, man dürfe nicht zulassen, dass jene, die vom Rechnungshof kontrolliert werden, diesem vorschreiben können, was dort geschehe. Mit Bezug auf Pressemeldungen des Finanzressorts hielt es Kogler für "unerträglich", dass sich der Rechnungshof von jenen maßregeln lassen müsse, die von ihm kontrolliert werden.

Josef Moser: Der Nutzen der Kontrolle ist weit höher als ihre Kosten   

Rechnungshofpräsident Josef Moser dankte für die Wertschätzung, die dem Rechnungshof von Vertretern aller Fraktionen ausgedrückt werde und hielt fest, dass die Arbeit des Rechnungshofes die Basis für die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben des Parlaments darstelle. Gebe man dem Rechnungshof weniger Mittel und gleichzeitig mehr Aufgaben, bedeutet dies, dass der Rechnungshof weniger prüfen könne, womit sich das Parlament in seiner Kontrolltätigkeit selbst beschränke. Der Rechnungshof habe nichts zu fordern, sagte Präsident Moser, er unterbreitet den Abgeordneten aber Grundlagen für deren Entscheidungen. Moser erinnerte daran, dass der Rechnungshof seit 2007 etwa auf Reformen im Bildungssystem, in der Verwaltung und im Gesundheitswesen hinweise, die dazu dienen, Ausgaben dort einzusparen, wo sie nicht notwendig seien, um Mittel für die Finanzierung staatlicher Kernaufgaben zu gewinnen. Sparen in diesem Sinne bedeute auch die Kosten-Nutzen-Relationen bei Einsparungen zu berücksichtigen. Dabei machte Präsident Moser die Abgeordneten auf den hohen Nutzen der Rechnungshof-Prüfungen aufmerksam.

Der RH-Präsident legte den Abgeordneten auch ausführliche Daten vor, aus denen hervorging, dass der Rechnungshof die ihm zur Verfügung stehenden Mittel äußerst sparsam einsetze, seinen Output wesentlich gesteigert habe und eine Vielzahl neuer Aufgaben wahrnehmen müsse. Der Personalstand des Rechnungshofs habe von 2005 bis 2012 von 310 nur auf 311 zugenommen, während die Zahl der vorgelegten Berichte von 53 auf 99 zunahm und die Seitenzahlen von 2.951 auf 16.444 angestiegen seien. Der Aufbau der genannten Rücklage war nur möglich, weil der Rechnungshof Personalabgänge nur verzögert nachbesetzte, Dienstreisen einschränkte und jede Gelegenheit nutzte, Betriebskosten einzusparen.

Einmal mehr erinnerte Moser an die Ausweitung der Prüfkompetenz bei den Gemeinden, an die Begutachtung des Stabilitätspakts, die Kontrolle der Transparenz bei Medien und Parteien, umfangreiche Prüfungsaufgaben aufgrund der Haushaltsrechtsreform und neue Verantwortungen auf europäischer Ebene. Dennoch entwickle sich das Budget des Rechnungshofs im Vergleich zu den anderen obersten Organen unterdurchschnittlich. Bis 2015 sei die Wahrnehmung der Rechnungshofaufgaben mit der in den letzten Jahr angesparten Rücklage von 5,4 Mio. € finanzierbar, teilte Moser mit.

Die durch die Rücklage nicht bedeckte Finanzlücke betrage bis 2016 3,6 Mio. € und bis 2017 7,06 Mio. €, rechnete Moser den Abgeordneten vor. Moser erinnerte die Abgeordneten auch daran, dass 80 % seiner Empfehlungen umgesetzt werden, was zu hohen Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung führe. Würde man die Harmonisierungslücke bei den Pensionen der Sozialversicherungen schließen, könnte man 1,4 Mrd. € einsparen und damit 38 Jahresbudgets des Rechnungshofes finanzieren, fügte der RH-Präsident pointiert hinzu.

Der Rechnungshofpräsident informierte die Abgeordneten auch über die Auswirkungen der Verbuchung von Dienstgeberbeiträgen im Budget des Rechnungshofs und appellierte an die Abgeordneten, die Finanzierungslücke zu schließen, um zu gewährleisten, dass der Rechnungshof seine Prüftätigkeit über 2016 hinaus aufrechterhalten könne.

Schließlich erinnerte RH-Präsident Moser an das große internationale Ansehen, das sich der österreichische Rechnungshof im Rahmen der INTOSAI erworben habe, an das überaus positive Ergebnis einer internationalen Peer-Review zur Reform des Rechnungshofs sowie an den Vorschlag des Deutschen Rechnungshofpräsidenten, den Österreichischen Rechnungshof in den Kreis der Kandidaten für den Jörg Kandutsch-Preis aufzunehmen.    

Abgeordneter Franz Hörl (V) drängte auf Effizienzsteigerungen in der öffentlichen Finanzkontrolle durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Bundesrechnungshof und den Landesrechnungshöfen. Auf diese Anregung reagierte der Rechnungshofpräsident mit dem Hinweis auf die ausgezeichnete und effiziente Kooperation des Rechnungshofes mit den Landesrechnungshöfen. Zugleich unterstrich Moser aber die Notwendigkeit, von Seiten des Bundesrechnungshofes für eine Gesamtsicht der Finanzströme zu sorgen, die im Rahmen des Finanzausgleichs ständig zunehmen.  

Abgeordneter Christoph Hagen (T) bezeichnete die Budgetsituation des Rechnungshofs als sehr bedenklich, erneuerte den Vorschlag seiner Fraktion, die Sozialversicherungsanstalten zusammenzulegen und beharrte auf der Forderung, den ehemaligen Finanzminister Pröll beim Thema Bankenpaket als Auskunftsperson zu laden.

Demgegenüber meinte Abgeordneter Hermann Gahr (V), zum Thema Bankenpaket sollte Finanzministerin Fekter Auskunft geben. Es sei nicht sinnvoll, alle Verantwortungsträger aus der Vergangenheit zu laden; seine Fraktion habe großes Interesse daran, diesen Bericht aufzuarbeiten, betonte Gahr.

Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) lobte die Arbeit des Rechnungshofes und schlug vor die Ressourcen der Landesrechnungshöfe und des Bundesrechnungshofes zu bündeln.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) verlangte die Ladung der ehemaligen Finanzminister Pröll und Molterer beim Thema Bankenpaket und schlug vor, Rechnungshofberichte bei den Plenarsitzungen an prominenterer Stelle auf der Tagesordnung zu platzieren.  

Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte, der überaus kritische Bericht des Rechnungshofes über die Umsetzung des Bankenpakets rechtfertige eine besondere Behandlung im Rechnungshofausschuss, weil zu befürchten sei, dass die Notverstaatlichung von Banken zu Kosten für den Steuerzahler in der Höhe zweistelliger Milliardenbeträge führen könnte. Das Thema "Bankenhilfe" stelle einen Gegenstand dar, der mit keinem anderen in der Geschichte Österreichs vergleichbar sei. (Schluss) fru/sue