Parlamentskorrespondenz Nr. 557 vom 18.06.2013

Auf dem Weg zu einer neuen Reifeprüfung in Österreich

Bericht des Unterrichtsressorts informiert über Stand der Umsetzung

Wien (PK) – Einen Überblick über den Stand der Entwicklungs- und Implementierungsarbeiten zur neuen Reife- und Diplomprüfung, die ab 2014/2015 an den Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und ab 2015/2016 an den Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) flächendeckend zur Anwendung kommen soll, gibt ein ausführlicher Bericht des Unterrichtsministeriums (III-422 d.B.). Zudem enthält er noch einen umfangreichen Anhang, wo u.a. zahlreiche exemplarische Aufgabenstellungen in den einzelnen Klausurfächern angeführt werden, zusammengestellt vom Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE).

Was ist das Neue an der Reifeprüfung?

Die neue Reife- und Diplomprüfung wird aus einer verpflichtenden vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) in der AHS bzw. aus einer Diplomarbeit in den BHS mit Präsentation und Diskussion, aus drei oder vier schriftlichen Klausurarbeiten und aus drei oder zwei mündlichen Prüfungen bestehen (in Summe sind also immer sieben Prüfungsteile zu absolvieren). Die Prüfung ist modular aufgebaut, dies bedeutet, dass KandidatInnen trotz schriftlicher negativer Leistung(en) zu den mündlichen Prüfungen antreten dürfen. Ziel dieser Reform, die das bisherige Unterrichtsgeschehen von Grund auf neu gestalten wird, ist vor allem die Kompetenzorientierung.

Die österreichische Reife- und Diplomprüfung ist keine vollständige Zentralmatura wie es sie etwa in Frankreich gibt, denn es werden nicht alle Fächer standardisiert und zentral erstellt. Die Lehrpläne der Oberstufe sind zu erfüllen und sind die Grundlage für die standardisierten Prüfungsgebiete. Trotzdem lassen sie sehr viel Spielraum für autonomes Lehrerhandeln und Schwerpunktsetzungen an den Schulen.

Übergeordnetes Ziel der Entwicklung standardisierter kompetenzorientierter Prüfungsformen und -formate sind die langfristige und dauerhafte Qualitätssteigerung und -sicherung an Österreichs allgemein- und berufsbildenden höheren Schulen, heißt es von Seiten des Unterrichtsressorts. Wie bei den Bildungsstandards sollen standardisierte Aufgabenstellungen bei den abschließenden Prüfungen zu einer stärkeren und nachhaltigeren Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht führen. Die den Aufgaben zugrunde liegende Kompetenzorientierung führt dabei konsequent jene Entwicklung fort, die mit der Neukonzeption der Lehrpläne begonnen wurde: Der nachhaltige Erwerb variabel anwendbarer Kompetenzen rückt ins Zentrum der Lehrtätigkeit, der Lernerfolg der SchülerInnen bemisst sich weniger am Ausmaß des von ihnen kurzfristig abrufbaren Wissens, als vielmehr an der Fähigkeit, dieses Wissen situativ ein- und umzusetzen.

Die weiteren Implementierungsschritte im Jahr 2012

Um die Schulen sowie die Lehrer und Lehrerinn bestmöglich auf die standardisierte Reife- und Diplomprüfung vorzubereiten, wurde das bereits bestehende Implementierungsprogramm beträchtlich erweitert, führen die Autoren des Berichts an. Es umfasst nun neben Probeklausuren, Kompetenzchecks und Train-the-Trainer-Lehrgängen auch zahlreiche Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen auf allen Systemebenen (mehr als 100 im Berichtszeitraum). Den Lehrkräften wurden – und werden weiterhin – diese vielfältigen Möglichkeiten geboten, um eine optimale Vorbereitung sowohl für die Schulversuche zur neuen Reife- und Diplomprüfung als auch die flächendeckende Umsetzung der standardisierten Abschlussprüfungen 2015 bzw. 2016 zu gewährleisten.

Im Berichtszeitraum wurden österreichweit an 382 Schulen und unter Beteiligung von mehr als 14.000 Schülerinnen und Schülern Feldtestungen von potenziellen Klausuraufgaben durchgeführt, um die Einhaltung der festgelegten Qualitäts- und Anforderungskriterien sicherzustellen. Außerdem wurden an insgesamt 299 Standorten Schulversuche zur standardisierten Reifeprüfung planmäßig und erfolgreich durchgeführt, wobei in Summe von knapp 16.000 Kandidatinnen und Kandidaten in allen Bundesländern standardisierte kompetenzorientierte Klausuraufgaben bearbeitet wurden. Neben den lebenden Fremdsprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch wurde erstmals auch ein Schulversuch in Mathematik an AHS durchgeführt. Im organisatorischen Bereich stellte die planmäßige und reibungslose elektronische Übermittlung der Klausuraufgaben für den ersten Nebentermin der Reifeprüfung im September 2012 eine Neuerung dar, die wertvolle Erkenntnisse für die weiteren Planungs- und Entwicklungsschritte liefern konnte.

Sehr zufriedenstellende Ergebnisse bezüglich Maturaniveau

Zusammenfassend kann berichtet werden, dass die Ergebnisse in den standardisierten Bereichen

der Überprüfung in den AHS des Haupttermins 2012 sehr zufriedenstellend waren. Es könne behauptet werden, dass der Großteil der österreichischen Maturantinnen und Maturanten das Zielniveau des Lehrplans erreicht.

Um die qualitative Weiterentwicklung der Klausuraufgaben und Begleitmaterialien, aber auch die Optimierung der praktischen Durchführung der schriftlichen Reife- und Diplomprüfung an den Schulstandorten fortsetzen zu können, wurden umfangreiche Befragungen von an den Schulversuchten teilnehmenden Lehrer und Schüler. Die Auswertung der eingegangenen Daten spiegelt eine hohe bis sehr hohe Vertrautheit mit den zum Einsatz kommenden Testmethoden und sehr hohe Zufriedenheit mit dem Layout der Testhefte wider. Das Schwierigkeitsniveau der eingesetzten Aufgaben wird von den Lehrerinnen und Lehrern überwiegend als angemessen bewertet.

Bis zum Haupttermin 2012 fanden Schulversuche ausschließlich im Bereich der AHS statt. Ab dem Haupttermin 2013 werden Schulversuche in den lebenden Fremdsprachen und in Deutsch an AHS und BHS, in Latein und Griechisch an AHS sowie in Angewandter Mathematik an BHS stattfinden. (Schluss) sue


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