Parlamentskorrespondenz Nr. 563 vom 18.06.2013

Österreich entsendet bis zu 5 PolizistInnen nach Libyen

Hauptausschuss genehmigt Beteiligung an EU-Grenzverwaltungsmission EUBAM

Wien (PK) – Österreich wird sich weiter an der Rechtsstaatlichkeitsmission der EU im Kosovo (EULEX Kosovo) beteiligen und darüber hinaus bis zu 5 PolizistInnen nach Libyen entsenden, um die neue EU-Grenzverwaltungsmission EUBAM Libyen zu unterstützen. Der Hauptausschuss des Nationalrats genehmigte heute mit Stimmenmehrheit zwei entsprechende Anträge von Außenminister Michael Spindelegger. Das Mandat für Libyen ist vorerst bis zum 31. Dezember 2014 befristet, der Kosovo-Einsatz wird bis zum 30. Juni 2014 verlängert.

Staatssekretär Reinhold Lopatka hob in der Debatte die Bedeutung österreichischer Auslandseinsätze für die Sicherheit in Österreich hervor und verteidigte neuerlich den Rückzug des Bundesheers von den Golanhöhen. Auch nach dem Golan-Abzug stelle Österreich beinahe 900 SoldatInnen für UN-Einsätze, bekräftigte er.

EU unterstützt Libyen beim Aufbau einer effizienten Grenzsicherung

EUBAM Libyen ist eine Mission im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU-Länder. Sie soll in Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft die libysche Regierung kurzfristig bei der Verwaltung und Überwachung der libyschen Staatsgrenze und darüber hinaus bei der Entwicklung und Umsetzung einer kohärenten und umfassenden Strategie für ein integriertes Grenzmanagement unterstützen. Ziel ist es, die Fähigkeit der libyschen Regierung soweit zu stärken, dass die Grenzsicherheit eigenständig gewährleistet werden kann. Laut Antrag soll die im Mai vom Rat beschlossene Mission zunächst mit Ausbildungsaktivitäten in Tripolis beginnen und ihre Tätigkeiten nach und nach auf alle Landesteile ausweiten.

Österreich wird im Rahmen der Grenzverwaltungsmission bis zu 5 Polizistinnen und Polizisten nach Libyen entsenden. Bis zu vier Angehörige des Innenministeriums können darüber hinaus vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten übernehmen. Insgesamt sollen über 82 Expertinnen und Experten aus der EU bzw. allenfalls auch aus Drittstaaten, 28 internationale Kräfte und 54 örtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Mission teilnehmen.

Der Antrag des Außenministers passierte den Hauptausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ. Die FPÖ lehnte die Beteiligung Österreichs sowohl an der EU-Mission in Libyen als auch an der Mission im Kosovo mit der Begründung ab, dass die österreichischen PolizistInnen dringend in Österreich selbst benötigt würden. Bei aller Wertschätzung für Auslandseinsätze Österreichs könne die FPÖ aufgrund des drohenden "Personalnotstands" in der österreichischen Exekutive den Entsendungen nicht zustimmen, sagte Abgeordneter Werner Herbert (F). Dem schlossen sich auch seine Fraktionskollegen Christian Lausch und Andreas Karlsböck an.

Seitens der Grünen merkte Abgeordnete Alev Korun an, ihre Fraktion stehe der Entsendung österreichischer PolizistInnen ins Ausland grundsätzlich positiv gegenüber. Beim gegenständlichen Einsatz sieht sie aber etliche Probleme. So kommt die Entsendung ihrer Ansicht nach nicht nur zu spät, sie gehe auch großteils an den Bedürfnissen von Libyen vorbei. Überdies verwies Korun auf die prekäre Sicherheitslage. BZÖ-Abgeordneter Gerhard Huber machte allgemein geltend, dass nach der Euphorie über den arabischen Frühling nun eine gewisse Ernüchterung eingekehrt sei.

Staatssekretär Reinhold Lopatka räumte ein gewisses Sicherheitsrisiko ein, wies aber darauf hin, dass die Mission deshalb in Tripolis beginne und die Polizisten gut vorbereitet seien. Generell hielt Lopatka fest, die Sicherheit Österreichs beginne nicht an den Landesgrenzen, auch Auslandseinsätze und die Zusammenarbeit mit Nachbarländern würden einen wichtigen Beitrag zu mehr Sicherheit in Österreich leisten.

EULEX Kosovo: Weiter bis zu 29 ÖsterreicherInnen im Einsatz

Im Kosovo leistet Österreich bereits seit 1999 Beiträge zu internationalen Missionen. Aufgrund des nunmehr verlängerten Mandats können weiter bis zu 22 Polizistinnen und Polizisten, bis zu fünf Angehörige des Justizministeriums und bis zu zwei weitere Zivilpersonen vor Ort im Einsatz bleiben. Von letzteren soll eine Person über spezielle Fachkenntnisse im Bereich Menschenrechte, insbesondere Gender, verfügen.

Der Beschluss im Ausschuss zur Mandatsverlängerung fiel mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ. Namens der FPÖ verwiesen wie bereits oben erwähnt die Abgeordneten Werner Herbert, Christian Lausch und Andreas Karlsböck auf die ihrer Meinung nach prekäre Personalsituation der Exekutive in Österreich. Abgeordneter Lausch gab zudem zu bedenken, dass Österreich dem Kosovo schon jahrelang helfe, irgendwann müsse einmal Schluss sein.

Abgeordnete Alev Korun (G) drängte darauf, auch RichterInnen und StaatsanwältInnen in den Kosovo zu entsenden, diese würden dringend zur Korruptionsbekämpfung benötigt.

Wenig Verständnis für die Argumentation der FPÖ äußerte Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V). Der Einsatz von ÖsterreicherInnen im Kosovo trage nicht zuletzt dazu bei, dass Straftäter ihrer gerechten Strafe zugeführt würden und sorge damit auch für mehr Sicherheit in Österreich, unterstrich er. Er sei froh, dass das Mandat verlängert werde. Gerstl wies zudem darauf hin, dass auch die Politiker im Kosovo an der Herstellung der vollen Rechtsstaatlichkeit interessiert und "äußerst dankbar" für die EU-Mission seien. Abgeordneter Gerhard Huber (B) gab zu bedenken, dass ein sicherer Kosovo Österreich vor Zuwanderung schütze.

Staatssekretär Reinhold Lopatka betonte, die österreichische Regierung halte die Beteiligung an EULEX für notwendig und sinnvoll. Es gebe im Kosovo nach wie vor Sicherheitsprobleme, auch wenn Fortschritte zu verzeichnen seien. Derzeit sind laut Lopatka 13 Österreicher im Kosovo im Einsatz, der "Chief of staff" und 12 PolizistInnen.

Was den Annäherungsprozess zwischen Serbien und dem Kosovo betrifft, zeigte sich Lopatka zuversichtlich, dass dieser "eine gute Fortsetzung findet". Lopatka geht vor diesem Hintergrund auch davon aus, dass die EU in absehbarer Zeit ein Datum für den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien festlegen und ein Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen mit dem Kosovo abschließen wird.

EULEX Kosovo hat nach einem längeren Übergangsprozess im Dezember 2008 von der UNMIK (United Nations Interim Administration in Kosovo) Aufgaben im Bereich der Rechtsstaatlichkeit übernommen. Hauptaufgabe der Mission ist die Unterstützung der kosovarischen Behörden beim Aufbau eines modernen, internationalen Standards entsprechenden Polizei-, Justiz- und Zollwesens. Darüber hinaus verfügt die Mission über begrenzte exekutive Zuständigkeiten, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen und interethnischen Gewalttaten sowie bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Fall von Unruhen.

Insgesamt ist EULEX KOSOVO mit rund 2.100 MitarbeiterInnen, darunter 1.150 ExpertInnen aus den EU-Mitgliedstaaten die bislang größte zivile Mission im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).

Lopatka: Modus für Golan-Rückzug wird im Einvernehmen mit der UNO festgelegt

Neuerlich verteidigt wurde von Lopatka im Ausschuss der Abzug Österreichs von den Golanhöhen. Die UN-Mission sei nicht mehr zu erfüllen gewesen, bekräftigte er. Nun gehe es darum, den Modus für den Abzug einvernehmlich mit der UNO festzulegen. Die Vereinten Nationen pochten nicht darauf, dass Österreich seine vertragliche Verpflichtung erfülle und bis Anfang September am Golan bleibe, betonte der Staatssekretär, sie habe aber unter anderem den Wunsch geäußert, Gerätschaft des Heeres den nachrückenden Bataillonen zu überlassen. Generell betonte Lopatka, Österreich habe auch nach dem Golan-Rückzug noch beinahe 900 SoldatInnen im Auslandseinsatz.

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) hatte zuvor kritisiert, dass der Abzug Österreichs vom Golan nicht sehr professionell verlaufe, wenn man Zeitungsberichten Glauben schenken dürfe. Abgeordneter Gerhard Huber (B) sieht die Skepsis des BZÖ gegenüber dem Golan-Abzug bestätigt. Dem gegenüber stellte sich SPÖ-Klubobmann Josef Cap ausdrücklich hinter die Entscheidung der Regierung.

Eine weitere Sitzung des Hauptausschusses ist für Donnerstag anberaumt: Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Festsetzung des Wahltags für die kommenden Nationalratswahlen. (Schluss) gs/jan