Parlamentskorrespondenz Nr. 564 vom 18.06.2013

Wissenschaftsausschuss stimmt Änderung des Universitätsgesetzes zu

Töchterle sieht Verbesserungen der Situation an den Hochschulen

Wien (PK) – Er stehe der Errichtung einer Medizinuniversität oder einer medizinischen Fakultät in Linz aufgeschlossen gegenüber, sofern die Rahmenbedingungen stimmen, sagte Bundesminister Karlheinz Töchterle im Rahmen Aktuellen Aussprache zu Beginn der heutigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses. Die Finanzierung müsse gesichert und das Projekt Teil einer Gesamtstrategie für den tertiären Bildungssektor sein.

Das Thema hatte besondere Aktualität, da der Wissenschaftsausschuss mit einer Adaptierung des Universitätsgesetzes befasst war, welche die gesetzliche Grundlage für den Zusammenschluss von Universitäten sowie für eine künftige Errichtung von medizinischen Fakultäten an Universitäten legt. Die Novelle erhielt mehrheitliche Zustimmung von SPÖ, ÖVP und FPÖ. Durch einen Staatsvertrag Österreichs mit Brasilien, dem der Ausschuss einhellige Zustimmung gab, wird der Rahmen für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und höhere Bildung geschaffen.

Eine Bürgerinitiative, die sich für freie Studienwahl einsetzt, wurde vom Wissenschaftsausschuss ebenso vertagt wie zwei Entschließungsanträge der Grünen, die neue gesetzliche Grundlagen für die biomedizinische Forschung fordern. Ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen zur Stärkung von Deutsch als Wissenschaftssprache wurde vom Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.

Töchterle zieht positive Bilanz der Wissenschaftspolitik

Zu Beginn der Sitzung nahm Bundesminister Töchterle die Aktuelle Aussprache mit den Abgeordneten zum Anlass, um Bilanz über die vergangene Legislaturperiode zu ziehen. Was den Hochschulplan betreffe, für dessen aktuellen Stand sich die Abgeordneten Rainer Widmann (B) und Katharina Cortolezis-Schlager (V) interessierten, so erfahre er eine ständige Weiterentwicklung. Es seien mehrere Arbeitsgruppen der Hochschulkonferenz aktiv. Sie befassen sich mit den Themen wie etwa Profilbildung, Durchlässigkeit des tertiären Bildungssektors und der sozialen Lage der Studierenden.

Er sei auch zufrieden mit der Entwicklung der Studienplatzfinanzierung, teilte Töchterle den Abgeordneten Widmann (B) und Andrea Kuntzl (S) mit. Diese sei in fünf besonders nachgefragten Fächern eingeführt worden, wobei man selbstverständlich keine Einschränkung der Studienplätze wolle. Die Universitäten hätten daher sehr hohe Obergrenzen definiert, die nur in wenigen Fällen so weit überschritten wurden, dass Eingangsprüfungen notwendig waren. Die Registrierung für ein Studium sei in zumutbarer Weise gestaltet worden und habe eine bewusstere Auswahl der Studien gefördert. Die Studierenden verteilen sich damit besser auf das Studienangebot, stellte Töchterle fest. Das System habe sich also bewährt.

Was die Erfolge bei der Schaffung zusätzlicher ProfessorenInnenstellen betreffe, werden aussagekräftige Zahlen im Herbst vorliegen, teilte Töchterle Abgeordneter Kuntzl mit.

Bei der Finanzierung des tertiären Sektors liege Österreich über dem OECD und EU-Schnitt, hielt der Minister gegenüber den Abgeordneten fest. Eine Besonderheit sei dabei der hohe Anteil der öffentlichen Finanzierung. Wolle man den angestrebten BIP-Anteil der Finanzierung des tertiären Sektors von 2 % des BIP erreichen, müsse das vor allem über die Steigerung des Privatanteils erfolgen. Die Universitäten seien gefordert, neue Finanzierungsquellen zu finden. Er halte die Einhebung von Studiengebühren von ausländischen Studierenden, für eine gerechtfertigte Forderung, betonte Töchterle.

Bei den Studienabschlüssen habe sich das Bologna-System positiv ausgewirkt, seit 2001 hätten sich die Abschlüsse verdoppelt. Es sei wesentliche Verbesserungen der Betreuungsverhältnisse für die Studierenden erreicht worden. Was die Akademikerquote betreffe, so sei diese sicher kein Allheilmittel für die Beschäftigungsquote. Man sehe das in anderen Ländern deutlich. Der allgemeinen "Akademisierungswut" stehe er eher skeptisch gegenüber, sagte der Wissenschaftsminister. Österreich habe einen guten Mix an Ausbildungsangeboten und fahre damit sehr gut.

Zur Frage der asymmetrischen Mobilität der Studierenden vor allem aus Deutschland, die Abgeordneter Harry Buchmayr (S) angesprochen hatte, meinte Töchterle, es sei gelungen, eine Diskussion auf europäischer Ebene zu erreichen. Weitere Maßnahmen, die über die derzeitigen Lösungen zur Lenkung des Zustroms von Studierenden hinausgehen, seien geplant.

Von Abgeordnetem Karlsböck (F) auf die Pläne der Errichtung einer Medizinuniversität Linz angesprochen meinte Töchterle, dass er den drohenden Ärztemangel, der als Argument für deren Einrichtung angeführt wurde, angesichts der hohen Ärztedichte Österreichs für kein wahrscheinliches Szenario halte. Allerdings stelle sich die ernste Frage, wie man MedizinerInnen im Land halten könne. Vor allem sei die Besetzung von Landpraxen ein Problem. Das sei zwar in erster Linie eine Frage für das Gesundheitsministerium, betreffe aber auch sein Ressort, wenn es um AbsolventInnen von Universitäten und ihre Zukunftschancen gehe. Eine Abwanderung von JungärztInnen von 25 % sei schlicht katastrophal, meinte Töchterle.

Er stehe der Initiative des Landes Oberösterreichs zur Errichtung einer Medizinuniversität oder einer medizinischen Fakultät in Linz aufgeschlossen gegenüber, sofern die Rahmenbedingungen stimmen, sagte der Wissenschaftsminister. Allerdings müssten die finanziellen Rahmenbedingungen gesichert sein und das Projekt sich als Teil einer Gesamtstrategie für den tertiären Bildungssektor darstellen. Es sei auch eine Stellungnahme der Hochschulkonferenz notwendig. Bei einem entsprechenden Engagement des Landes Oberösterreich halte er das Projekt für durchführbar.

Auf die ausstehenden Ratifizierung der Biomedizinkonvention angesprochen verwies Töchterle Abgeordneten Kurt Grünewald (G) auf die anstehende Ausarbeitung eines Humanforschungsgesetzes hin. Es gebe auch kein Budgetminus im Wissenschaftsbereich bis 2017, wie Grünewald gemeint habe. Vielmehr werde am Beginn der Leistungsvereinbarungsperioden stärker investiert, in den Jahren darauf stagniere das Budget "auf hohem Niveau", unterstrich Töchterle. Zu den Ausgaben seines Ressorts für Informationen oder Medienkooperationen hielt er gegenüber Ausschussobmann Martin Graf (F) fest, er erwarte im dritten Quartal ein Sinken dieser Ausgaben.

Fusionierung von Universitäten wird ermöglicht

Mehrheitliche Zustimmung erhielt eine von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle vorgelegte Novelle des Universitätsgesetzes 2002 (2435 d.B.). Diese sieht die Möglichkeit zur Fusion von Universitäten vor, für die dann ein eigenes Bundesgesetz erforderlich sein wird. Die Initiative dazu kann sowohl vom Wissenschaftsminister als auch von den beteiligten Unis selbst kommen. Das Gesetz schafft auch den gesetzlichen Rahmen für eine künftige Errichtung einer Medizinischen Fakultät an einer Universität.

Abgeordnete Heidemarie Unterreiner und Ausschussobmann Martin Graf (beide F) äußerten ihre Zustimmung zu der Regierungsvorlage mit Vorbehalten. Beide unterstrichen, man werde der Gesetzesinitiative einen Vertrauensvorschuss geben, betonten aber gleichzeitig, dass die FPÖ die Kostenfrage im Auge behalten werde.

Skepsis äußerte hingegen Abgeordneter Rainer Widmann (B), er sah die Vorteile von Fusionierungen nicht und befürchtete Eingriffe in die Universitätsautonomie. Kritik kam auch von Seiten der Grünen. Abgeordneter Kurt Grünewald sah einige "juristische Stolpersteine" in den Regelungen. So stelle die Bestimmung, dass an einer Universität mit Medizin-Fakultät ein Vizerektor für den medizinischen Bereich bestellt werden solle, der gleichzeitig als Dekan der Medizin-Fakultät fungiert, keine saubere Lösung dar.

Freude über die Möglichkeit, eine Medizinische Universität Linz einzurichten, äußerte hingegen Abgeordneter Johann Singer (V). Er hob das finanzielle Engagement des Landes Oberösterreich hervor und meinte, man brauche Maßnahmen gegen die Abwanderung von MedizinerInnen ins Ausland. Abgeordneter Andrea Kuntzl (S) war es wichtig, dass durch das Rahmengesetz der Gesetzgeber die Entscheidung über so wichtige Fragen wie Universitätszusammenschlüsse in der Hand halte. Ausschussobmann Martin Graf (F) verwies darauf, dass das Gesetz nicht nur Rahmenbedingungen für Linz und Graz schaffe, sondern dass auch Wien zwei Kunstuniversitäten besitze, bei denen Synergien zu heben wären.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle stellte fest, die Novelle erfülle einen Punkt des Regierungsprogramms. Die zentrale Herausforderung werde die Schaffung von Synergien sein, etwa in der Forschung, die der Profilbildung und Standortstärkung von Universitäten zugutekommen. Was den klinischen Mehraufwand betreffe, den Ausschussobmann Graf angesprochen hatte, so habe der Rechnungshof diesen für das AKH bereits überprüft und Empfehlungen ausgearbeitet, die sein Ressort umsetzen werde, sagte Töchterle. – Die Änderung des Universitätsgesetzes wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ angenommen.

Österreichische und Brasilianische Unis sollen stärker kooperieren

Ein Abkommen Österreichs mit Brasilien über die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und höhere Bildung (2304 d.B.) genehmigte derAusschuss dagegen einstimmig. Mit diesem Rahmenabkommen können Österreichische Hochschulen in das brasilianische Stipendienprogramm "Science without Borders" eingebunden werden und brasilianische Studierende bzw. WissenschafterInnen in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik aufnehmen. Vereinbart werden darin auch ein verstärkter ExpertInnenaustausch und Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Deutsch als Fremdsprache.

FPÖ für Wissenschaftssprache Deutsch, Grüne für Biomedizin-Recht

Keine Mehrheit bei den anderen Fraktionen fand das Anliegen der FPÖ-Abgeordneten Martin Graf und Heidemarie Unterreiner, Deutsch als Wissenschaftssprache stärker zu fördern, etwa mittels einer verpflichtenden deutschen Fassung von in anderen Sprachen erstellten Abschlussarbeiten an Universitäten und Fachhochschulen (2312/A[E]). Eine Umsetzung dieser Forderung würde eine Abkapselung Österreichs von der internationalen Wissenschafts-Community bedeuten und diene in keiner Weise der Unterstützung junger österreichischer WissenschafterInnen, erklärten die Abgeordneten Andrea Kuntzl (S), Katharina Cortolezis-Schlager (V) und Rainer Widmann (B) ihre Ablehnung. Bundesminister Töchterle meinte dazu, er sei zwar sehr wohl auf ein sorgsames Umgehen mit der deutschen Sprache und die Förderung von Mehrsprachigkeit in der Forschung bedacht. Man dürfe jedoch nicht übersehen, dass heute Englisch die Rolle der Lingua Franca in der Wissenschaft einnehme, gab der Wissenschaftsminister zu bedenken.

Erneut drängte Abgeordneter Kurt Grünewald (G) auf einen Beschluss über seine bereits mehrmals vertagten Entschließungsanträge. Er fordert, das Wissenschaftsressort solle die Tätigkeit der interministeriellen Arbeitsgruppe "Neue Rechtsgrundlagen für biomedizinische Forschung in Österreich" wieder aufnehmen (1563/A[E]) und sich für die Ratifizierung der Biomedizinkonvention des Europarats durch Österreich einsetzen (1564/A[E]).

Österreich benötige unbedingt eine bundesweite Rechtsgrundlage in der Biomedizin, um Rechtssicherheit für Bevölkerung und Forschung zu schaffen, fasste Grünewald sein Anliegen zusammen. Mit der Erklärung, das Thema erfordere noch eine eingehende parlamentarische Auseinandersetzung, vertagten die Regierungsparteien beide Anträge auch heute gegen den Protest aller Oppositionsparteien. Ihrer Kritik an der Vertagung schlossen die Abgeordneten Andreas Karlsböck (F) und Rainer Widmann (B) den Ruf nach einer Bioethik-Enquete im Parlament an.

Bürgerinitiative: freie Studienwahl muss erhalten bleiben

Vertagt wurde schließlich mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit auch eine Bürgerinitiative gegen Beschränkungen bei der freien Studienwahl (51/BI). Die Abgeordneten Rainer Widmann (B) und Wolfgang Zinggl (G) wandten sich mit dem Argument, der Gesetzgeber sei den UnterstützerInnen eine Antwort schuldig, gegen die Vertagung, SPÖ-Mandatar Erwin Preiner machte jedoch geltend, eine Evaluation der diesbezüglichen UG-Novelle 2013 liege noch nicht vor. (Schluss) sox/rei