Parlamentskorrespondenz Nr. 657 vom 05.07.2013

US-Spionage-Affäre: Heftige Debatte im Nationalrat

Dringliche Anfrage der FPÖ

Wien (PK) – "Das Ausmaß des Spionage-Angriffs aus den USA auf Europa scheint noch nicht komplett ans Licht der Öffentlichkeit gekommen zu sein, doch eines ist jetzt schon klar: Der Umfang der Spionage-Aktivitäten der Amerikaner in Europa ist ungeheuerlich groß und zerstört jegliches Vertrauen in die angeblich freundschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und den USA". Mit diesen Worten leiten FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache und Abgeordneter Johannes Hübner ihre Dringliche Anfrage zur Spionage-Affäre an den Bundeskanzler in der heutigen Sitzung des Nationalrats ein.

Unter dem Titel "US-Totalangriff auf die Privatsphäre des 'Angriffsziels' Europa" verlangen sie volle Aufklärung über die Spionagemaßnahmen gegen die EU sowie gegen einzelne europäische Staaten und thematisieren in 18 Fragen unter anderem das Datenaustauschabkommen und das geplante Freihandelsabkommen mit den USA. Vielfach wurde für den Aufdecker Snowden Asyl in Österreich gefordert. Ein diesbezüglicher Entschließungsantrag wurde jedoch abgelehnt. Harsche Kritik hagelte es auch hinsichtlich der in vielen Augen zu laschen Haltung Europas.

Strache: Schrankenlose Daten- und Internetdiktatur droht

"Die Freiheit der BürgerInnen auf dem Spiel" stellte FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE in seiner Begründung der Anfrage fest. Der jetzt stattfindende Cyberwar sei ein Totalangriff auf die Privatsphäre, unter völliger Missachtung des Völkerrechts, sagte er. Strache sah die Gefahr einer Daten- und Internetdiktatur, die keine gesetzlichen Schranken kenne. Er erinnerte daran, dass die Freiheitlichen sich von Anfang an gegen das Datenaustauschabkommen mit den USA ausgesprochen und auf Missbrauchsgefahren hingewiesen hätten. Es sei offenkundig geworden, dass die Bedenken berechtigt waren.

Strache erwartete angemessene Reaktionen der österreichischen Regierung und der EU auf den digitalen Spionagekrieg, man könne hier nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dass der Aufdecker des ungeheuren Skandals vor Friedensnobelpreisträger Obama fliehen müsse, stelle eine besondere historische Ironie dar, meinte Strache und forderte, dass Edward Snowden in Österreich Asyl erhalten soll.

Das nun bekannt gewordene Projekt Prism sei ein Überwachungsprojekt, bei dem unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung offenbar die Überwachung aller gerechtfertigt werde. Die Bundesregierung dürfe da nicht mitspielen, forderte er, die logische Konsequenz daraus sei die Aussetzung des automatischen Datenaustausches und der TAFTA-Verhandlungen. "Spionage unter Freunden", wie Präsident Obama es genannt hat, sei nicht akzeptabel. Hier arbeite die USA selbst mit all den Methoden gegen das "Angriffsziel Europa", die sie anderen zum Vorwurf mache.

Europa müsse bereit sein, die Bürgerrechte gegenüber den USA zu verteidigen, statt devotes Verhalten an den Tag zu legen, meinte Strache. Friedensnobelpreisträger Obama sah Strache seines Nimbus beraubt, Snowden hätte für seinen Mut und festen Charakter den Nobelpreis viel eher verdient. Er habe einen konkreten Beitrag zu Frieden und Freiheit geleistet. Die USA zeigten bedenkliche Tendenzen in Richtung einer totalen Überwachungsgesellschaft. Noch viel schockierender finde er aber die geringen Reaktionen der österreichischen Regierung und der EU. Strache warf ihnen vor, sich devot und kriecherisch gegenüber den USA zu verhalten.

Es sei ein Skandal, wie versucht werde, Druck auf die Staaten aufzubauen und wie wenig Europa sich gegen offenkundige Erpressungen wehre, wie im der Fall des bolivianischen Präsidenten, dem man auf Wunsch der USA die Überfluggenehmigung verwehrt habe. Die EU habe sich hier als Handlanger der USA gebärdet. Abschließend forderte Strache nochmals Asyl für Edward Snowden.

Faymann: Expertenkommission wird prüfen

Bundekanzler Werner FAYMANN hielt in Beantwortung der Dringlichen Anfrage fest, er setze sich für umfassende Aufklärung der Abhörvorwürfe ein. Es brauche aber eine sachliche Diskussion und eine einheitliche europäische Vorgangsweise. Er sei sicher, dass die europäischen Staaten in diesen Fragen eine einheitliche Haltung hätten, sagte Faymann.

Vor allem erwarte er sich eine vollständige Aufklärung der Vorwürfe von Seiten der US-Behörden. Sollten sie sich als richtig erweisen, sei diese Spionage natürlich sofort abzustellen. Es liege auch im Interesse der USA, für Transparenz zu sorgen und die Vorgänge aufzuklären.

Eine Kündigung des Datenaustauschabkommens sei seiner Ansicht nach nicht zweckmäßig, das Abkommen habe ja genau den Zweck, diesen Austausch auf eine rechtliche Grundlage zu stellen und Verstöße auch einklagen zu können. Es sei die Einrichtung einer Expertenkommission vereinbart worden, die am 8. Juli eine Sitzung abhalten wird, teilte der Bundeskanzler mit. Dort werde geprüft, inwieweit österreichische BürgerInnen und Unternehmen von einem Missbrauch ihrer Daten betroffen sind und in enger Abstimmung mit europäischen Partnern das weitere Vorgehen festgelegt.

Das Freihandelsabkommen TAFTA sei seiner Ansicht nach unabhängig von den Vorfällen zu beurteilen, teilte der Kanzler FPÖ-Klubobmann Strache mit. Es gebe dort noch einige offene Fragen, etwa in Bezug auf gentechnisch veränderten Lebensmittel. Geltende europäische Standards dürften durch das Freihandelsabkommen nicht gefährdet werden, unterstrich Faymann.

Was die Aufklärung der Vorwürfe betrifft, habe Außenminister Spindelegger sofort nach deren Bekanntwerden mit der US-Botschaft Kontakt aufgenommen und Aufklärung gefordert. Nachdem immer mehr Details medial bekannt wurden, habe der Vizekanzler den US-Botschafter zu einem Gespräch bestellt und darin völlige Aufklärung gefordert, inwieweit auch personenbezogene Daten österreichischer BürgerInnen erhoben wurden. Die Antwort sei noch ausständig, der Botschafter der USA in Österreich habe aber zugesagt, in Washington nochmals auf das österreichische Anliegen hinzuweisen.

Die Bundesregierung werde Betroffenen Hilfestellung bei der Verfolgung von Rechtsansprüchen bieten, sicherte der Bundeskanzler zu. Zur Frage des Asyls für Snowden hielt der Kanzler fest, es gebe in Österreich ein geregeltes Verfahren, das ohne Ausnahme gelte. Jeder Fall müsse zuerst nach österreichischem Recht geprüft werden.

Überflugrechte liegen in der Zuständigkeit der Einzelstaaten und sind stets bilateral zu klären, teilte Faymann mit des Weiteren mit. Im Fall des bolivianischen Präsidenten hätten alle österreichischen Stellen rasch und professionell reagiert.

Hinsichtlich des Fliegerhorsts Zeltweg, wo Strache einen Zusammenhang des Aufenthalts von zwei US-Amerikanern mit der derzeitigen Spionageskandal in den Raum gestellt hatte, teilte Faymann mit, dass der Verteidigungsminister versichert habe, dass hier keinerlei Zusammenhang bestehe.

Diskussion über angemessene Vorgangsweise der EU und Österreichs

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) kritisierte die Antwort des Bundeskanzlers mit scharfen Worten als ausweichend und nichtssagend. Der Fall Snowden sei seit einem Monat bekannt, und noch immer müssten die Gremien der EU beraten, wie man reagieren solle. Offenbar nehme man die Angelegenheit nicht ernst genug, sagte er. Dazu passe ins Bild, dass der Außenminister es heute nicht der Mühe wert finde, sich zu äußern. Die Anfragebeantwortung des Bundeskanzler zeige, dass sich die Bundesregierung mit einer einfachen Anfrage des amerikanischen Botschafters in Washington zufrieden gebe. Während auch "Spionage unter Freunden" von den USA streng geahndet werde, er erinnere an den Fall Jonathan Pollard, habe Europa in der Frage des Abhörskandals bisher gegen niemanden Untersuchungen eingeleitet oder rechtliche Schritte ergriffen, kritisierte er. Hübner sah sich an die Zeit der Zensur unter Metternich erinnert, die von vielen ebenfalls einfach hingenommen wurde. Statt alle Möglichkeiten zu nützen, die bedenklichen Praktiken abzustellen, kooperierten die Europäer vollständig mit den USA. Das sei schändlich und feige, die Rechte der eigenen BürgerInnen würden nicht vertreten, meinte Hübner.

Selbstverständlich handle es sich um eine ernste Angelegenheit, die viele Menschen beschäftige und Sorgen bereite, konstatierte SPÖ-Klubchef Josef CAP (S). In den Reden der FPÖ habe er aber nur eine sehr einseitige Sicht des Problems erkennen können. Der Fall des britischen Geheimdienstes sei ausgespart geblieben und der Fokus allein auf die NSA gerichtet worden. Die FPÖ, die selbst immer für stärkere Handhaben für die Polizei in der Verfolgung von Verbrechen eingetreten sei, zeige nun keinerlei Verständnis für die Notwendigkeiten der Terrorbekämpfung. Diese müssten selbstverständlich im Rahmen des Rechtsstaates bleiben. Sollten die Vorwürfe betreffend die Bespitzelung von EU-Behörden oder der Wirtschaftsspionage zutreffend sein, sei die EU gefordert, von den USA globale Regelungen über legitime Datenerhebung einzufordern. Die österreichische Regierung und die EU würden an die USA die richtigen Fragen stellen und auf die entsprechenden Abkommen zur Regelung der verständlichen Interessen drängen. Das sei der richtige Weg, war Cap überzeugt.

Für Abgeordneten Werner AMON (V) enthielt die Anfrage der FPÖ den unterschwelligen Vorwurf, als würde der Bundeskanzler oder andere Regierungsvertreter in der EU es gutheißen, ausgespitzelt zu werden. Das sei eine haltlose Unterstellung, sagte er. Zur Abwesenheit von Regierungsmitgliedern, die Strache beanstandet hatte, meinte Amon, diese hätten in den zuständigen Unterausschüssen bereits alle Frage der Abgeordneten ausführlich beantwortet. Die Reaktion der österreichischen Regierung sei höchst korrekt erfolgt. Der US-Botschaft sei ein Fragenkatalog übergeben worden und man warte nun auf Antworten. Auch die Landung des bolivianischen Präsidenten sei korrekt und richtig gehandhabt worden, stellte Amon fest und warf Strache vor, mit unangebrachten antiamerikanischen Stereotypen zu arbeiten. Selbstverständlich müssten die Vorfälle untersucht werden, denn das Verhältnis zu dem USA sei stark belastet. Internationale Regeln für Geheimdienste zu vereinbaren, wie Abgeordneter Cap gefordert habe, sei vielleicht etwas optimistisch gedacht. Die EU biete zumindest die Gelegenheit, zu Übereinkommen zu finden.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCEK (G) zeigte sich über das Ausmaß der Datensammlung überrascht und erschüttert. Was hier geschehe, greife in die Grundrechte ein. Sie wundere sich deshalb darüber, dass der Bundeskanzler so wenig emotional auf wichtige Fragen, die das Recht auf Privat- und Familienleben berühren, reagiert habe. Man frage sich, welchen Zweck diese systematische Überwachung und ausufernde Datensammlung habe. Jedenfalls müsse das abgestellt werden. Edward Snowden habe in der Verteidigung der demokratischen Rechte sehr viel aufs Spiel gesetzt, meinte Glawischnig. Die österreichische Bundesregierung solle sich nicht auf formale bürokratische Argumente zurückziehen, denn es sei offenkundig, dass hier ein Fall politischer Verfolgung vorliege. Ein Weiterverhandeln über das Freihandelsabkommen TAFTA sei in der derzeitigen Situation aus ihrer Sicht nicht möglich. Glawischnig verlangte vom Bundeskanzler Auskunft, seit wann die österreichische Regierung über das Projekt Prism informiert ist, und wollte wissen, ob eine Zusammenarbeit österreichischer Stellen ausgeschlossen werden könne.

Kritik an zu weicher Reaktion der EU

Irritiert reagierte Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) auf die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Bundeskanzler und forderte Faymann auf, in der EU für eine angemessene Reaktion zu sorgen. Er wies zudem auf das Spannungsverhältnis zwischen den Sicherheitsinteressen auf der einen und dem Datenschutz auf der anderen Seite hin, betrachtete das Verhalten der USA aber als überschießend und übte heftige Kritik am US-Präsidenten Obama. Scheibner ging aber auch scharf mit Ashton, der Außenpolitischen Vertreterin der EU, ins Gericht, der er vorwarf, jegliche Äußerung zu dem Skandal verweigert zu haben. Der BZÖ-Sprecher drängte zudem auf eine aktivere Rolle der Union in nachrichtendienstlichen Angelegenheiten. Es gehe nicht an, dass die Informationstechnologie, aber auch die GPS-Daten fast ausschließlich in US-amerikanischer Hand verbleiben, während in der EU jahrelang über die Finanzierung von GALILEO gestritten wird, empörte sich Scheibner.

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) fühlte sich durch den NSA-Skandal an George Orwells "1984" erinnert und stellte zudem fest, die Enthüllungen würden nun zeigen, was die USA von den Europäern hält. Kritische Worte fand der Abgeordnete des Team Stronach auch für die Rolle Österreichs im Zusammenhang mit dem erzwungenen Zwischenstopp des bolivianischen Präsidenten Morales in Wien, wobei er den Behörden vorwarf, den "Bückling" der USA gespielt zu haben. Er forderte die Regierung auf, Rückgrat zu zeigen, die Fakten auf den Tisch zu legen und die Bevölkerung aufzuklären, inwieweit Österreich von dem Spionagefall betroffen ist.

Als völlig überschießend qualifizierte Abgeordneter Harald STEFAN (F) das Vorgehen Washingtons und konstatierte, die USA würden Europa wie Feindesland behandeln. Der Regierung warf er vor, bei sämtlichen Wünschen und Forderungen der USA, so etwa beim Zugriff auf Daten, immer wieder "einzuknicken" und unter Hinweis auf die wirtschaftlichen Beziehungen dem Druck nachzugeben. Stefan forderte eine Protestnote Österreichs, aber auch Aufklärung der BürgerInnen sowie die Entwicklung einer Cyber-Abwehr. Handlungsbedarf ortete er auch bei der Sicherheit im Internet. In einem Entschließungsantrag verlangte er zudem politisches Asyl für Snowden in Österreich.       

Abgeordneter Otto PENDL (S) machte auf den schmalen Grat zwischen Sicherheit und Datenschutz aufmerksam, richtete seinen Blick insbesondere auf die Organisation der polizeilichen Dienste und sprach von der Notwendigkeit, rechtsstaatliche, saubere Lösungen auf europäischer Ebene für die durch die Vorfälle aufgeworfenen Probleme zu finden.

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) sah die Notwendigkeit von Diensten aufgrund der Sicherheitsinteressen der einzelnen Staaten als eindeutig gegeben, unterstrich aber in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Kontrolle der Dienste und erinnerte dabei an das österreichische Militärbefugnisgesetz mit seinem Rechtsschutzbeauftragten. Klar war für Gerstl, dass bei den Eingriffen in die Grundrechte das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu gelten habe. In Österreich wären aufgrund der geltenden Datenschutzstandards derartige Fälle nicht möglich, versicherte er.

Er appellierte an die Bundesregierung, bei allen Datenschutzabkommen mit den USA auf die Einhaltung und die Einklagbarkeit der Persönlichkeitsrechte achten.

Festhalten von Morales in Wien-Schwechat: Ist Österreich vor Amerika eingeknickt?

Abgeordneter Peter PILZ (G) warf den USA vor, Snowden politisch zu verfolgen, stellte aber auch fest, zahlreiche europäische Regierungen, so auch die österreichische, seien zu feig gewesen, um für Menschenrechte einzustehen. Scharf kritisierte der Grünen-Sprecher überdies das Verhalten Österreichs im Zusammenhang mit der Landung des bolivianischen Präsidenten in Wien, wobei er betonte, der österreichische Verfassungsschutz habe illegal mit dem CIA zusammengearbeitet. Es habe keinen Haftbefehl und keinerlei Rechtstitel gegen Snowden gegeben, sondern bloß eine Aufforderung der USA. Österreich habe ohne Rechtsgrundlage amerikanische Interessen in Wien exekutiert, zeigte sich Pilz empört. Er kritisierte vor allem auch das bilaterale Abkommen mit den USA über den Austausch von Polizeidaten und bezeichnete Österreich als das Trojanische Pferd der USA in Europa.

Das Argument der Terrorismusbekämpfung wollte Abgeordneter Gerald GROSZ (B) für das Ausspionieren privater Daten nicht gelten und unterstrich, die BürgerInnen hätten ein Recht darauf, dass ihre Daten geheim bleiben und nicht an die USA ausgeliefert werden. Der österreichischen Regierung warf er vor, sich wie das Kaninchen vor der Schlange verhalten zu haben. Während jeder tschetschenische Terrorist eingebürgert werde, verweigere man einem Edward Snowden, der für unsere Grundrechte kämpft, Asyl, meinte der BZÖ-Mandatar und stellte fest, die österreichischen Behörden seien zu Handlangern des US-Geheimdienstes geworden, die Koalitionsparteien hätten in Sachen Grund- und Freiheitsrechte längst geistig abgedankt.

Abgeordnete Christine LAPP (S) hielt es für unverantwortlich, Reden zum Thema dieser Dringlichen im Stil von Agentenkrimis aus den 50er Jahren zu halten und die Bevölkerung aufzuhetzen. Es bestehe ein Spannungsgefüge zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Staaten und der Einhaltung der Grundrechte, wobei für Lapp die Wahrung der Grundrechte oberste Priorität hat und der Kampf gegen den Terrorismus keine Rechtfertigung für die Verletzung von Grundrechten liefern könne. Aktuell gehe es auch um die Aufklärung aller Vorkommnisse. Für notwendig hielt Lapp auch die Aufklärung der Internetuser und die Ausarbeitung europäischer Datenschutzstandards.

Angesichts der obskuren Verschwörungstheorien des Abgeordneten Pilz vermisste Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) die notwendige Ernsthaftigkeit in der Diskussion. Die österreichischen Nachrichtendienste betrieben lückenlose Aufklärung, berichtete der Redner und meinte, die Sicherheitsstrategie erlaube einen wirksamen Kampf gegen die Cyberkriminalität, wobei die parlamentarischen Unterausschüsse als demokratische Kontrollorgane gegenüber den Nachrichtendiensten fungierten. Man sollte die BürgerInnen darüber aufklären, dass "Exhibitionismus im Internet" unangenehme Folgen haben könne. Die Geheimdienste müssen überwacht und für die Nutzung des Internets ein Rechtsrahmen geschaffen werden. "Staatliche Einrichtungen brauchen Schutz, aber auch Kontrolle", sagte der Parlamentarier.

Asyl für Snowden in Österreich?

Abgeordnete Alev KORUN (G) wies den Eindruck zurück, den Klikovits zu erwecken versuchte, BürgerInnen, die private Fotos ins Internet stellen, wären an der Verletzung der Grundrechte von Millionen Menschen durch Geheimdienste schuld. Auch so könne man an einem Thema vorbeireden, sagte Korun. Für unerträglich hielt Korun die gute Miene, die die Bundesregierung zum bösen Spiel eines befreundeten Staates mache. Da Edward Snowden sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, um unsere Freiheitsrechte zu schützen, verdiene dieser junge Mann unseren Schutz, sagte sie. Dafür habe es dem Bundeskanzler an politischem Mut gefehlt, kritisierte die Rednerin.

Schockiert zeigte sich Abgeordneter Stefan PETZNER (B) über Wortmeldungen von Seiten der Regierungsparteien. Er unterstrich die Unantastbarkeit der Freiheitsrechte und wies die Eingriffe von Seiten der USA klar zurück. Der Kampf gegen den Terrorismus liefere keinerlei Rechtfertigung für die Verletzung von Grundrechten, sagte auch Abgeordneter Petzner. Angst vor Bespitzelung könne eine ganze Gesellschaft zersetzen und selbst das Vertrauen der Familienmitglieder untereinander gefährden, warnte der Redner mit Hinweis auf die Erfahrungen in der DDR. Gesetzlichen Regelungsbedarf ortete Petzner beim Thema "Netzneutralität", denn es sei bedenklich, dass alle Internetkonzerne in amerikanischer Hand seien. Auch we3nn man die Rolle von Edward Snowden nicht unkritisch betrachte, ändere das nichts daran, dass er im neutralen Österreich Asyl finden sollte.

Abgeordneter Johann MAIER (S) erinnerte an den seit mehr als 10 Jahren bestehenden Vorwurf, die USA überwachten europäische Staaten. Maier sah Defizite bei der Kontrolle der Geheimdienste und beim Schutz der Grundrechte. Der Internetverkehr werde unter Mitwirkung der großen US-Internetkonzerne systematisch überwacht, was die meisten Menschen als illegal ansehen. Maier setzte auf eine europäische Lösung des Problems. Die Bundesregierung verhalte sich mit ihrer Forderung nach vollständiger Aufklärung richtig. Es gehe darum, den Datenverkehr mit Geheimdiensten auf europäischer Ebene inklusive Schutz von Whistleblowern zu regeln.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) gab den Eindruck wieder, der Umgang der Bundesregierung mit dem Fall Snowden sei eine einzige Pannenserie. Wonach suchte die Polizei im Flugzeug des bolivianischen Staatspräsidenten, fragte Steinhauser. Gegenüber den USA habe sich der Außenminister lediglich zu einem Fragenkatalog durchgerungen. Ins Außenamt sei der Botschafter der USA erst zitiert worden, als bekannt wurde, dass EU Institutionen bespitzelt wurden. Auch die Passivität der EU sei zu kritisieren, offenbar sind die europäischen Geheimdienste nicht besser als die amerikanischen. "Die Terroristen sind ihrem Ziel, die Grundfreiheiten einzuschränken, gefährlich nahe gekommen", sagte Steinhauser pointiert.

Abgeordneter Hans-Jörg JENEWEIN (F) kritisierte einen außenpolitischen Offenbarungseid der Bundesregierung. Diese Regierung gehe in die Knie, wenn ein Anruf aus Moskau oder aus Washington komme. Es reiche für AußenpolitikerInnen nicht aus, mit russischen und amerikanischen Diplomaten zu champagnisieren, kritisierte Jenewein und erinnerte an die aktive Außenpolitik zu Zeiten Kreiskys oder Waldheims.

Bei der Abstimmung wurde der FPÖ-Entschließungsantrag betreffend Asyl für Edward Snowden mehrheitlich abgelehnt. (Schluss Dringliche Anfrage/Fortsetzung Nationalrat) sox/hof/fru/jan