Parlamentskorrespondenz Nr. 707 vom 11.09.2013

Die Bankenunion nimmt allmählich Gestalt an

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert Vorschläge zur Bankenabwicklung und zu Zahlungsdiensten

Wien (PK) – Entgegen sonst kritischer Töne zu so manchen EU-Vorhaben zeigten sich die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats heute grundsätzlich zufrieden mit den Vorschlägen der Kommission zur Bankenabwicklung sowie zu Verbesserungen für KonsumentInnen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr.

Vor allem unterstrichen die Bundesrätinnen und Bundesräte die Notwendigkeit, durch eine geordnete Bankenabwicklung den Teufelskreis zwischen Banken und Staat zu durchbrechen (Bundesrat Stefan Schennach – S/W) und das Grundprinzip durchzusetzen, dass Gläubiger und Aktionäre für Verluste aufkommen und nicht mehr die SteuerzahlerInnen (Ausschussvorsitzender Edgar Mayer - V/V). Die Bundesräte Stefan Schennach (S/W) und Marco Schreuder (G/W) hoben zudem die Unerlässlichkeit einer parlamentarischen Kontrolle der Entscheidungen der EU-Kommission in diesem Bereich hervor.

Marode Banken: "Too big to fail" soll der Vergangenheit angehören

Nachdem sich im März 2013 alle 17 Mitgliedstaaten der Euro-Zone über die Etablierung einer zentralen Bankenaufsicht (Single Supervisory Mechanism, SSM) bei der Europäischen Zentralbank (EZB) verständigt hatten und nun auch eine Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament zustande gekommen ist, legte die EU-Kommission im Juli dieses Jahres nun den Vorschlag für die zweite zentrale Säule der geplanten Bankenunion vor: Die Abwicklung von ins Trudeln geratenen Banken soll in Zukunft nach einem einheitlichen Mechanismus (Single Resolution Mechanism SRM) ablaufen. Der gegenständliche Verordnungsentwurf sieht sowohl eine bei der Kommission angesiedelte Einrichtung zur Bankenabwicklung (Single Resolution Board) als auch einen europäischen Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund) vor.

Wie die Vertreterin des Finanzministeriums betonte, strebt man den Abschluss der Verhandlungen darüber für Ende nächsten Jahres an, sodass die gegenständliche Verordnung mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten kann. Nachdem die EZB voraussichtlich im Oktober 2014 aktiv die zentrale Bankenaufsicht in Gang setzt, würde das eine zeitnahe Umsetzung dieser beiden wesentlichen Elemente der Bankenunion bedeuten.

Intention des Gesetzesvorhabens ist es, die von der zentralen Bankenaufsicht observierten, maroden Banken effizient abzuwickeln bzw. zu restrukturieren, ohne dabei auf staatliche Budgetmittel zurückgreifen zu müssen. Das Geld der SteuerzahlerInnen soll damit nicht mehr, oder nur mehr in äußersten Ausnahmefällen, zur Stabilisierung und/oder Rettung von Pleitebanken herangezogen werden können. "Too big to fail" soll es demzufolge nicht mehr geben.

Dass die Haftung für Gläubiger und Aktionäre erst 2018 in Kraft treten soll, wurde von Bundesrat Marco Schreuder (G/W) kritisch kommentiert. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) hingegen zeigte insofern Verständnis dafür, da die geplante Bankenabgabe den Fonds zunächst speichern muss und erst ab 2018 ein erster nennwerter Betrag vorhanden sein werde. Für die restliche Übergangszeit springe dann ohnehin der ESM ein. Die Einlagensicherung ist von der Vorlage nicht betroffen, erfuhr Bundesrat Franz Perhab (V/St) von der Vertreterin des Finanzministeriums. Sie betonte darüber hinaus, dass die EU-Kommission über ihre Entscheidungen sowohl dem Europäischen Parlament, etwa durch Jahresberichte, regelmäßige Aussprachen und andere Kontrollrechte, als auch den nationalen Parlamenten Rechenschaft ablegen müsse.

Die vorgesehene Abwicklung folgt dabei einem vorgegebenen Ablauf. Zunächst muss die EZB in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde feststellen, dass sich eine Bank in massiven Schwierigkeiten befindet und abgewickelt werden sollte. Ein noch zu gründender Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board), bestehend aus VertreterInnen der EZB, der Europäischen Kommission und der für diese Bank auch zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde, prüft, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung vorliegen und richtet eine Empfehlung an die EU-Kommission. Dieses Gremium hat umfassende Befugnisse im Hinblick auf die Analysen und die Festlegung des Abwicklungskonzeptes, wobei die nationalen Behörden eng einbezogen werden. Auf Grundlage dieses Konzeptes beschließt dann die Kommission darüber und legt fest, wie die Abwicklungsinstrumente und der Abwicklungsfonds konkret eingesetzt werden. Unter Aufsicht des Abwicklungsausschusses führt dann die jeweilige nationale Aufsichtsbehörde die Abwicklung der Bank durch.

Der Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund) dient der Finanzierung der Abwicklung. Dieser soll in den kommenden 10 Jahren sukzessive von den Banken nach Risikogesichtspunkten gespeist werden. In Summe soll der Fonds über Mittel in der Höhe von 1% der gesicherten Einlagen verfügen, das entspricht rund 60 bis 70 Mrd. €. Dabei handelt es sich nicht um Steuern, sondern mehr oder weniger um einen Sonderfonds, der ein Haftungs- und Versicherungsprinzip zwischen den Kreditinstituten installiert, um das Risiko für die Allgemeinheit möglichst zu minimieren. Die bisher im europäischen Gefüge vorgesehenen nationalen Abwicklungsfonds der Mitgliedsstaaten sollen dadurch auch vereinheitlicht und zentralisiert werden.

Geht es nach den Vorstellungen der Kommission, werden alle Banken und bestimmte Wertpapierfirmen derjenigen Mitgliedstaaten dem neuen Mechanismus unterliegen, die der zentralen Bankenaufsicht entweder direkt oder im Rahmen einer engen Kooperation angehören.

Gebühren für Transaktionen mit Kreditkarten sollen gedeckelt werden

Die Ausschussmitglieder befassten sich zudem mit zwei Vorschlägen, die einerseits auf eine Preisregulierung bei Transaktionen mit Kreditkarten sowie auf mehr Sicherheit in Zusammenhang mit Zahlungsdiensten abzielen. Beide Materien sind Teil eines größeren Pakets im Interesse des Konsumentenschutzes, zu dem auch die Idee eines Basiskontos gehört. Wie die Bundesrätinnen und Bundesräte erfuhren, wurden jedoch die Verhandlungen darüber in den Ratsarbeitsgruppen noch nicht aufgenommen.

In einem Geschäft mit Karte zu bezahlen, ist praktisch, im Preis enthalten sind aber Interbankenentgelte. Diese werden nämlich als Teil der Gebühr von Zahlungsdienstleistern bei den Händlern eingehoben ("Merchant Service Charges") und sind damit in den Kosten, die den Händlern durch die Entgegennahme von Kartenzahlungen entstehen, enthalten. Sie werden über höhere Einzelhandelspreise letztendlich von den KonsumentInnen getragen.

Die Höhe der Interbankenentgelte ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich und stellt laut EU-Kommission ein großes Hindernis zwischen den nationalen Zahlungsverkehrsmärkten dar. Eine EU-einheitliche Regulierung der Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge gibt es derzeit nicht.  

Der nun vorliegende Vorschlag der EU-Kommission sieht unter anderem vor, EU-weit eine einheitliche Begrenzung von Interbankenentgelten bei kartengestützten Zahlungsvorgängen im stationären Handel sowie bei Telefon und Internettransaktionen festzulegen. Bei Zahlungen mit Debitkarten soll die Obergrenze mit 0,2 % des Transaktionswertes begrenzt werden, bei Kreditkarten 0,3%, zusätzliche Gebühren will man untersagen. Weiters werden einheitliche Anforderungen für Zahlungskartentransaktionen festgelegt. Die Kommission erwartet sich darüber hinaus eine Senkung der Gebühren, die Einzelhändler an ihre Banken entrichten, was nicht nur den HändlerInnen sondern auch den VerbraucherInnen durch niedrigere Einzelhandelspreise zugutekommt.

Unter die Verordnung fallen keine Transaktionen mit Firmenkarten, Barabhebungen von Geldautomaten und Transaktionen mit Karten von Drei-Parteien-Systemen, bei denen die Kartenausgabe und Acquirierung durch ein und denselben Zahlungsdienstleister erfolgt. Das betrifft z. B. American Express oder Diners.

Die EU will damit für Zahlungsdienstleister gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten und neuen, innovativen Dienstleistern den Markteintritt ermöglichen. Das ist auch das Argument der EU-Kommission, hier, ähnlich wie bei den Roaminggebühren, preisregulierend einzugreifen, wie der Experte des Finanzministeriums gegenüber Bundesrat Friedrich Reisinger (V/St) betonte. Bundesrat Stefan Schennach (S/W) pflichtete dem bei und meinte, es gehe um die Durchsetzung des Binnenmarkts und die Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Entgegen der Kritik von Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V), dass es für nationale Transaktionen eine Übergangszeit von 2 Jahres geben soll, während die Bestimmungen für grenzüberschreitende Transaktionen sehr bald nach Inkrafttreten gelten sollen, ging er davon aus, dass aus Gründen des Wettbewerbs auch innerstaatlich von den Firmen rasch die Preise gesenkt werden. Auch Bundesrat Marco Schreuder (G/W) beklagte den derzeit mangelnden Wettbewerb in diesem Bereich.

Mehr Sicherheit bei Internet-Zahlungen

Gleichzeitig beabsichtigt die EU-Kommission, Internet-Zahlungen für Einzelhändler und VerbraucherInnen billiger und sicherer zu machen und so den digitalen Binnenmarkt zu fördern. Der Vorschlag für eine geänderte Zahlungsdienste-Richtlinie bringt daher für den Zahlungsverkehrsmarkt der EU eine Reihe wesentlicher Neuerungen mit sich.

So soll die Nutzung kostengünstiger Internet-Zahlungsdienste erleichtert und deren Sicherheit erhöht werden, indem die neuen, so genannten Zahlungsauslösedienste in den Anwendungsbereich der Richtlinie aufgenommen werden. Dabei handelt es sich um Dienste, die zwischen dem Händler und der Bank des Käufers angesiedelt sind und kostengünstige und effiziente elektronische Zahlungen ohne Kreditkarte ermöglichen. Diese Dienstleister werden nun den gleichen hohen Transparenz- und Informationspflichten unterliegen wie alle anderen Zahlungsinstitute. Die Informationspflicht besteht gegenüber den KonsumentInnen. Damit trägt man auch datenschutzrechtlichen Standards Rechnung. Gleichzeitig werden die Banken und alle anderen Zahlungsdienstleister die Sicherheit von Online-Transaktionen erhöhen und zu diesem Zweck bei Zahlungen für eine sichere Authentifizierung ihrer Kunden sorgen müssen.

Des Weiteren ist ein besserer Schutz von KonsumentInnen vor Betrug, Missbrauch und sonstigen Problemen vorgesehen, bei nicht autorisierten Kartenzahlungen sollen sich die Verluste der KonsumentInnen in Grenzen halten und nicht über 50 € hinausgehen (gegenüber derzeit 150 €). Die Ausnahmen für die so genannten "Begrenzten Netze" (die Abrechnung erfolgt durch den Telekom-Betreiber) wird laut Vorschlag enger gefasst, die Ausnahme für digitale Inhalte wird so definiert, dass sie künftig nur noch auf Nebendienstleistungen von Telekom-Betrieben, die einen Schwellenwert von 50 € pro Transaktion bzw. 200 € innerhalb eines Rechnungsmonats nicht überschreiten, Anwendung findet.

Derzeit werden beispielsweise Tankkarten nicht nur zur Bezahlung für Treibstoff verwendet, sondern auch für andere Produkte, was missbrauchsanfällig ist. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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