Parlamentskorrespondenz Nr. 738 vom 01.10.2013

Aktives Altern als Chance nützen

Die Minister Hundstorfer und Mitterlehner bei der Bundesrats-Enquete

Wien (PK) – Es gibt noch viel zu tun, um entsprechende Antworten auf die demografische Entwicklung zu geben. Darin waren sich die beiden Minister Rudolf Hundstorfer und Reinhold Mitterlehner im Rahmen der Enquete des Bundesrates einig, die sich mit den politischen Herausforderungen angesichts des steigenden Anteils älterer Menschen in der Gesellschaft befasste. Sowohl der Sozial- als auch der Wirtschaftsminister sprachen sich für die Anhebung des faktischen Pensionseintritts aus. Die Thematik dürfe jedoch nicht allein auf sozial- und gesundheitspolitische Fragen eingeschränkt werden, strich Mitterlehner hervor und nannte in diesem Zusammenhang auch die Bereiche Tourismus, Wohnen und Bildung.

Hundstorfer: Pensionsantrittsalter muss weiter erhöht werden

Sozialminister Rudolf Hundstorfer beleuchtete in seinem Referat die Auswirkungen des demografischen Wandels vor allem auf die Bereiche Pensionen, Pflege und Beschäftigung. Grundsätzlich sei es natürlich "ganz toll", in einem Land zu leben, in dem die Lebenserwartung der Menschen ständig steigt, sagte er. Durch diese Entwicklung ergäben sich aber eine Reihe von Herausforderungen für die Politik und die Gesellschaft, die man offen ansprechen müsse. Viele wichtige Maßnahmen seien bereits in den letzten Jahren eingeleitet worden – wie z.B. die Einführung des Pensionskontos oder die Abschaffung der befristeten Invaliditätspension, erinnerte Hundstorfer, aber es gebe noch einiges zu tun. Ab dem 1. Jänner 2014 werde zudem die Änderung der Langzeitenversichertenregelung wirksam, die u.a. eine Staffelung des Antrittsalters bringt. Positiv vermerkte der Minister, dass die ÖsterreicherInnen im letzten Jahr erstmals später, und zwar um insgesamt fünf Wochen, in Pension gegangen sind. Auch wenn dieser Fortschritt relativ gering erscheine, so handle es sich dabei um eine echte Trendwende, die dazu geführt habe, dass um 125 Mio. € weniger Bundeszuschuss erforderlich waren.

Als eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft sah Bundesminister Hundstorfer die Verringerung der Invaliditätspensionen an, da sie derzeit ein Drittel der insgesamt 96.000 Pensionsantritte pro Jahr (ohne Beamte und Beamtinnen) ausmachen. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, habe man bereits einige wichtige Projekte – z.B. "Fit to Work", die Gesundheitsstraße oder den Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation – gestartet, zeigte der Minister auf, weitere müssen seiner Meinung nach folgen. Einen wichtigen Schlüssel für ein faires Pensionssystem stelle der Arbeitsmarkt dar, unterstrich Hundstorfer einmal mehr. Es müsse alles getan werden, damit ältere ArbeitnehmerInnen länger in Beschäftigung bleiben. Der Sozialminister schlug in diesem Zusammenhang die Einführung eines Bonus-Malus-Modells sowie – ähnlich wie bei der jungen Generation –  einer Beschäftigungsgarantie für ältere ArbeitnehmerInnen vor. Beim Thema Pflege ging es dem Minister vorrangig darum, weiterhin zu gewährleisten, dass die Menschen möglichst lange selbstbestimmt und selbständig leben können. Österreich sei in diesem Bereich Weltmeister, denn rund 5,1 % der Bevölkerung erhalten Pflegegeld, hob Hundstorfer in diesem Zusammenhang hervor. Angesichts der demografischen Entwicklungen sei es im Sinne des sozialen Friedens umso wichtiger, die einzelnen sozialen Gruppen und Generationen nicht gegeneinander auszuspielen, sondern deren Leistungen anzuerkennen, schloss der Minister.

Mitterlehner: Die Chancen der alternden Gesellschaft sollen genutzt werden

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner dankte dem Bundesrat für die Initiative zur heutigen Veranstaltung, die ein ganz wichtiges Thema aufgreife, dem sich auch die Forschung immer mehr annehme. Derzeit sind 23,7 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre, so sein Hinweis, in rund 30 Jahren werde dieser Anteil aber auf 33 % steigen. Da es sich bei dieser Entwicklung vorrangig um ein europäisches Phänomen handle, müsse man aus wirtschaftlicher Sicht auch bedenken, dass dies Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Nationen haben wird. Er plädiere jedoch dafür, immer beide Seiten einer Medaille zu sehen, denn neben den offensichtlichen Herausforderungen, die sich dadurch ergeben, sollte man immer auch die potentiellen Chancen nutzen. Das Thema "alternde Gesellschaft" betreffe neben den bereits angesprochenen Bereichen Beschäftigung, Pflege oder Pensionen noch zahlreiche andere Gesellschaftsfelder, wie etwa die Mobilität, das Freizeitverhalten, den Tourismus ("barrierefreies Reisen"), den Wohnsektor ("altersgerechtes Wohnen"), die Bildung ("lebenslanges Lernen") oder den Konsum.

Was sein Ressort im konkreten betrifft, so würden im Rahmen der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft eine Reihe von Maßnahmen gefördert, die sich der altersgerechten Gesellschaftsentwicklung widmen, skizzierte der Minister. Als Beispiele nannte er Projekte aus den Bereichen Biotechnologie (Verbesserung der Mobilität), Medizin (neue Diagnosemethoden, Verknüpfung von Datenbanken), Pflege (neue Tools zur besseren Alltagsbewältigung) sowie Wirtschaft (Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte). Mitterlehner wies weiters darauf hin, dass der Pflegebereich ein ständig wachsender Wirtschaftsfaktor sei, zumal von Bund, Ländern und Gemeinden jährlich 4 Mrd. € für die Betreuung älterer Menschen ausgegeben werden. Dadurch steige natürlich auch der Personalbedarf, und zwar um insgesamt 17.000 Personen bis 2020, gab der Minister zu bedenken. Da gerade in dieser Berufssparte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oft sehr schwierig sei, habe sein Ressort ein spezifisches Auditverfahren entwickelt, das auch sehr gut angenommen werde.

Durch die Einführung der Pflegekarenz und der Pflegeteilzeit wollte man zudem Lösungen schaffen, um die Angehörigen besser zu unterstützen und zu entlasten, führte Mitterlehner weiter aus.

Der Minister befasste sich zudem noch generell mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt und stimmte mit Hundstorfer darin überein, dass das faktische Pensionsantrittsalter, das derzeit noch immer unter 60 Jahren liegt, erhöht werden müsse. Als Lösungsansätze dafür konnte er sich eine Abflachung der Gehaltskurven oder die Einführung von flexiblen Arbeits- und Pensionsmodellen vorstellen. Als Familienminister liegt ihm zudem besonders am Herzen, dass vier Jahre als Kindererziehungszeiten voll für die Pension angerechnet werden. Schließlich kam Mitterlehner noch auf das Bundesseniorengesetz zu sprechen, dass vor allem im Hinblick auf den Ausbau der Mitbestimmungsrechte des Seniorenrats weiterentwickelt werden sollte. (Fortsetzung Enquete) sue

HINWEIS: Fotos von dieser Enquete finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at.


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