Parlamentskorrespondenz Nr. 787 vom 06.11.2013

Telekommunikation: Subsidiaritätsrüge des Bundesrats gegen EU-Pläne

EU-Ausschuss warnt vor Erhöhung der Telekommunikationskosten

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats bekräftigte in seiner heutigen Sitzung seine massiven Bedenken gegen den Verordnungsentwurf von EU-Kommissarin Neelie Kroes zu einem europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und fasste seine Kritik in einer Begründeten Stellungnahme (Subsidiaritätsrüge) zusammen, die von den Bundesräten Edgar Mayer (V/V) und Stefan Schennach (S/W) eingebracht und dann einstimmig beschlossen wurde. Darin halten die Bundesrätinnen und Bundesräte unmissverständlich fest, dass sie den Vorschlag ablehnen, weil er in ihren Augen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität verletzt. Bereits in der Sitzung vom 8. Oktober 2013 hatten sich die Ausschussmitglieder mit großer Skepsis zum Detailvorschlag der EU-Kommission geäußert.

Ziel des Kommissionspapiers ist der unbeschränkte Zugang aller BürgerInnen und Unternehmen zu elektronischen Kommunikationsdiensten, unabhängig davon, wo die Betreffenden ihren Sitz haben. Auch sollen ungerechtfertigte Zusatzkosten vermieden werden. Gleichermaßen sollen Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und –dienste anbieten, diese überall betreiben und bereitstellen können.

Die Kritikpunkte des Bundesrats

Sowohl Mayer als auch Schennach ziehen die Notwendigkeit einer europäischen Regelung des Telekommunikationsbereichs nicht in Zweifel. Sie kritisieren jedoch, dass angesichts einer derart wichtigen Regelung, die noch dazu als Verordnung direkt in den Mitgliedstaaten wirksam wird, im Vorfeld keine öffentliche Konsultation stattgefunden hat. Das sei eine "neue Form des Umgangs miteinander", stellte Ausschussvorsitzender Mayer kritisch fest.

Der EU-Ausschuss warnt in der Begründeten Stellungnahme insbesondere vor einer massiven Erhöhung der nationalen Kommunikationskosten, weil grenzüberschreitende Dienste zum gleichen Preis angeboten werden müssen. Darüber hinaus befürchten die Bundesrätinnen und Bundesräte nicht nur Nachteile für die KonsumentInnen, sondern auch für die Unternehmen der Branche. Von diesen würden unionsseitig massive Investitionen in hochwertige Infrastruktur gefordert, während die EU weitere regulatorische Bürden vorsieht, die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit erheblich einschränken, halten sie fest.

Ferner wird die Notwendigkeit unterstrichen, die Netzneutralität zu wahren, was vor allem Bundesrat Marco Schreuder (G/W) ein besonderes Anliegen ist. Die Textierung des Vorschlags lasse jedoch ungerechtfertigte Eingriffsmöglichkeiten zu. Ebenso stoßen sich die Ausschussmitglieder an den geplanten stärkeren Eingriffsmöglichkeiten der EU-Kommission bei der Frequenzvergabe, was die Mitgliedstaaten schwächen würde. Die damit notwendige Koordination würde einen hohen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen, so ihr weiterer Kritikpunkt.

Die Verhandlungen auf EU-Ebene werden noch länger dauern

Seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie wies der zuständige Beamte darauf hin, dass sich die EU-Kommission nun aufgrund der weitverbreiteten Kritik aus den Mitgliedstaaten der Sensibilität dieser Materie bewusst sei. Vor allem habe man die Notwendigkeit einer gewissen Flexibilität erkannt, um das hohe Schutzniveau in einigen Ländern nicht zu gefährden. Der Experte geht von längeren Verhandlungen aus, zumal in der Ratsarbeitsgruppe, wo man sich zunächst mit der Folgenabschätzung befasst hat, die Widerstände in den einzelnen Ländern und die große Zahl an offenen Fragen deutlich wurde. Es werde daher noch mehrmals über die Folgenabschätzung zu reden sein.

Ablehnende Worte zum vorliegenden Entwurf kamen auch vom Vertreter der Wirtschaftskammer. Er sah darin eine Trendwende, da die Kommission offensichtlich anstelle der bisherigen Zielsetzung, mehr Wettbewerb zu ermöglichen, nun danach strebe, die Anbieterlandschaft in der Telekommunikation auf ein paar große Player zu reduzieren. Außerdem seien viele Bestimmungen unklar, in einigen Bereichen werde über das Ziel hinausgeschossen, was zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen führe, so sein Fazit. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


Format