Parlamentskorrespondenz Nr. 792 vom 06.11.2013

Vorlagen: Soziales

Grüne fordern höheres Arbeitslosengeld, Verbot von All-In-Verträgen und Abschaffung von Volontariaten

Wien (PK) – Die Grünen haben eine Reihe sozialpolitischer Anliegen, mit denen sie sich in der vergangenen Legislaturperiode nicht durchsetzen konnten, neuerlich in Antragsform eingebracht.

So fordert Abgeordnete Judith Schwentner in einem Gesetzesantrag, gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitslosen ohne Berufsschutz den Zugang zu Rehabilitationsprogrammen bzw. zur Invaliditätspension zu erleichtern (19/A). Es sei menschenverachtend, zynisch und absurd, dass diese Personengruppe nur dann Anspruch auf berufliche bzw. gesundheitliche Rehabilitation und in weiterer Folge auf Invaliditätspension hat, wenn der Gesundheitszustand so schlecht ist, dass der bzw. die Betroffene nicht in der Lage ist, mehr als rund 450 € netto monatlich zu verdienen, macht sie geltend. Schwentner fordert, die maßgebliche Einkommensgrenze auf zumindest Ausgleichszulagenhöhe (derzeit rund 815 €) anzuheben.

Mindestsicherung: Grüne gegen Anrechnung der Familienbeihilfe

In einem weiteren Gesetzesantrag drängt Abgeordnete Judith Schwentner auf eine Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes (20/A). Es soll gesetzlich klargestellt werden, dass der Fortbezug der Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauerhaft außerstande sein werden, sich selbst Unterhalt zu verschaffen, nicht als Einkommen gilt. Hintergrund für die Initiative ist der Umstand, dass einige Bundesländer, darunter Niederösterreich, in bestimmten Fällen die bedarfsorientierte Mindestsicherung um die Höhe der Familienbeihilfe reduzieren, obwohl dies den Grünen zufolge gemäß der zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossenen Vereinbarung zur Mindestsicherung nicht zulässig wäre.

Arbeitslosengeld: Grüne wollen Nettoersatzrate auf 70 % erhöhen

Ein Antrag der Grünen auf Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zielt darauf ab, den Grundbetrag des Arbeitslosengeldes von derzeit 55 % des Nettoeinkommens auf 70 % zu erhöhen (21/A). Begründet wird die Initiative von Abgeordneter Judith Schwentner damit, dass Österreich die niedrigste Ersatzrate vergleichbarer europäischer Staaten hat und das Arbeitslosengeld häufig nicht existenzsichernd ist.

Darüber hinaus wollen die Grünen erreichen, dass das Partnereinkommen bei der Festsetzung der Notstandshilfe künftig unberücksichtigt bleibt (22/A). Die Anrechnung des Partnereinkommens führe regelmäßig zu unfairen, unverständlichen und unsachlichen Resultaten, kritisiert Schwentner, ihrer Meinung nach braucht es einen Rechtsanspruch auf soziale Sicherungsleistungen im Fall der Arbeitslosigkeit.

Volontariate und Praktika: Grüne drängen auf gesetzliche Änderungen

Zum Themenkomplex Praktika und Volontariate hat Grün-Abgeordnete Birgit Schatz gleich drei Entschließungsanträge eingebracht. Zum einen geht es Schatz darum, in die Lohntabellen sämtlicher Kollektivverträge auch die Verwendungsgruppen "PraktikantInnen aus Fachhochschulen und Universitäten" sowie "PraktikantInnen aus berufsbildenden Schulen" aufzunehmen, um eine faire Bezahlung aller PraktikantInnen zu gewährleisten (28/A[E]). Gleichzeitig verlangt Schatz einen gesetzlichen Rahmen für Praktika, der unter anderem eine genaue Definition und Abgrenzung zu anderen Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnissen umfassen und einen sozialrechtlichen Schutz garantieren soll (29/A[E]). Die Maximaldauer von Praktika will Schatz mit drei bzw. in Ausnahmefällen mit sechs Monaten festlegen. Volontariate, also gänzlich unbezahlte Arbeitsverhältnisse, möchte Schatz komplett abschaffen (30/A[E]).

Grüne gegen All-In-Verträge und überlange Arbeitszeiten

Schließlich spricht sich Abgeordnete Birgit Schatz auch für ein Maßnahmenbündel zur Eindämmung überlanger Arbeitszeiten (31/A[E]) und für ein Verbot von All-In-Verträgen (32/A[E]) aus. Österreich liege mit durchschnittlich 41 bis 42 Stunden geleisteter Wochenarbeitszeit an der europäischen Spitze, im Schnitt würden 8 Überstunden pro Woche geleistet, kritisiert sie mit Verweis auf negative gesundheitliche Folgen. Schatz fordert in diesem Sinn u.a. eine Verteuerung von Mehr- und Überstunden für Unternehmen durch Anhebung der Zuschläge um 50 % bei gleichzeitiger Streichung der steuerlichen Begünstigung sowie eine klare gesetzliche Begrenzung von Durchrechnungszeiträumen zum Abbau von Zeitguthaben und für die Auszahlung von Überstunden. All-Inklusive-Klauseln in Arbeitsverträgen sollen für ArbeitnehmerInnen, die dem Arbeitszeitgesetz unterliegen, generell nicht mehr zulässig sein. (Schluss) gs