Parlamentskorrespondenz Nr. 855 vom 04.12.2013

Abgeordnete begrüßen EU-Initiative zur Vermeidung von Plastiksackerln

Skepsis gegenüber generellem Sackerlverbot

Wien (PK) – Die Bemühungen der EU-Kommission, den Verbrauch von dünnen Einweg-Plastiksackerln drastisch zu reduzieren, stoßen in der österreichischen Politik auf breite Zustimmung. Nachdem sich bereits gestern die Miglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats weitgehend positiv zum Vorstoß von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik geäußert hatten, erntete die Initiative heute auch im EU-Unterausschuss des Nationalrats viel Lob. Ein generelles Plastiksackerlverbot wird von vielen Abgeordneten allerdings abgelehnt, vor allem ÖVP und Team Stronach wollen mehr auf Bewusstseinsbildung als auf eine Verbotspolitik setzen.

Seitens der FPÖ kritisierte Harald Vilimsky die Prioritätensetzung der EU und des EU-Unterausschusses: Er hält die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in Europa für wesentlicher als das Thema Plastikmüll.

Anlass für die von EU-Umweltkommissar Potocnik vorgeschlagene neue Verpackungsrichtlinie sind die enormen Umweltschäden, die durch weggeworfene Kunststoffverpackungen entstehen. Insbesondere die Meere leiden unter dem Plastikmüll, dort haben sich bereits Unmengen an kaum verrottbarem Abfall angesammelt.

Die vorgeschlagene Richtlinie soll in Hinkunft die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten eröffnen, für dünne Einweg-Plastiksackerl mit einer Wandstärke unter 50 Mikron - das sind 0,05 mm - Handelshemmnisse zu erlassen. Diese Kunststoffsackerl werden seltener wiederverwendet als Kunststofftaschen aus stärkerem Material. Den Mitgliedstaaten wird dabei freigestellt, welche Maßnahmen sie ergreifen. Möglich sind etwa Verbote, Beschränkungen, Abgaben oder spezielle Kennzeichnungen. Die Schritte müssen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Richtlinie gesetzt werden, in zwei Jahren ist darüber zu berichten. Der Umweltkommissar verbindet mit dieser Rechtsgrundlage die Hoffnung, eine Reduktion beim Verbrauch der dünnen Kunststoffsackerl um 80% zu erreichen.

Berlakovich für europaweites Deponieverbot von Plastiksackerln

Ausdrücklich begrüßt wurde die Initiative der EU heute von Umweltminister Nikolaus Berlakovich. In Österreich seien Plastiksackerln zwar kein großes Problem, er hält EU-einheitliche Zielvorgaben aber für sinnvoll. Gerade in den Mittelmeerländern gibt es ihm zufolge großen Handlungsbedarf, auch das von Italien – in Verletzung von EU-Recht – verhängte Plastiksackerl-Verbot greife nicht.

In Österreich liegt der Anteil von Plastiksackerl am gesamten Müllaufkommen laut Berlakovich bei 0,01%. Jährlich fallen 5.000 bis 7.000 Tonnen Plastiksackerlmüll an. Es besteht ein Deponieverbot, die Hälfte der Sackerl wird recycelt, die andere Hälfte thermisch verwertet, also verbrannt.

Bereits vor 2 Jahren ist in Österreich eine Debatte über ein Verbot von Plastiksackerln geführt worden. Damals sei ein Verbot EU-rechtlich unzulässig gewesen, machte Berlakovich geltend, er habe die Diskussion aber zum Anlass genommen, ein Fünf-Punkte-Programm in die Wege zu leiten und auf EU-Ebene aktiv zu werden. Unter anderem wurde mit dem Handel ein Pilotprojekt zum verstärktem Einsatz von abbaubaren Verpackungsmaterialien gestartet und zum Thema Abfallvermeidung gezielt Bewusstseinsarbeit geleistet.

Im EU-Vergleich steht Österreich laut Berlakovich gut da: durchschnittlich entfallen auf eine Person 51 Plastiksackerln pro Jahr, während es etwa in Deutschland 75 und in Polen sogar fast 500 sind. Er hält vor allem eine Sensibilisierung der Bevölkerung für wichtig: Man müsse den KonsumentInnen klar machen, dass sie es in der Hand haben, auf Alternativen zu Plastiksackerln zurückzugreifen bzw. Sackerl mehrmals zu verwenden.

Was den vorliegenden Richtlinienvorschlag betrifft, setzt sich Österreich auf EU-Ebene für weitergehende Vorgaben ein, teilte Berlakovich den Abgeordneten mit. Er kann sich unter anderem vorstellen, die Regelungen auf alle Plastiksackerln auszudehnen und nicht nur "Knotenbeutel" zu erfassen sowie ein allgemeines Deponieverbot zu verankern. Außerdem drängt er auf einen verstärkten Kampf gegen "Littering" und will nationale Vorleistungen zur Vermeidung von Plastiksackerln anerkannt wissen.

Weniger Platiksackerl ja, generelles Verbot nein

Von Seiten der Abgeordneten sprach sich unter anderem Hannes Weninger (S) dafür aus, forcierte Anstrengungen zu unternehmen, um die Verwendung von Plastiksackerln in Österreich weiter zu reduzieren. Österreich dürfe sich nicht damit zufrieden geben, dass im EU-Vergleich relativ wenig Sackerl im Umlauf seien, schließlich habe man den Zielwert der EU noch nicht erreicht. Was konkrete Maßnahmen betrifft, regte er eine offensive Informationsstrategie an, um sowohl den Handel als auch die KonsumentInnen weiter für das Problem zu sensibilisieren.

Auf konsequentere Schritte drängte Weningers Fraktionskollegin Elisabeth Grossmann. Das Bewusstsein der ÖsterreicherInnen, was das Problem Plastikmüll betrifft, sei bereits sehr ausgeprägt, hielt sie fest. Im Alltagsstress würden KonsumentInnen aber zum am leichtesten verfügbaren und billigsten Produkt greifen. Sie forderte in diesem Sinn konkrete Vorgaben, wenn freiwillige Vereinbarungen nicht zum Ziel führen.

Für ÖVP-Abgeordneten Franz Eßl ist Österreich bei der Müllvermeidung auf einem guten Weg. Allgemein hält er Bewusstseinsbildung für sinnvoller, als auf Verbote zu setzen. Abgeordnete Angelia Winzig (V) erklärte, eine EU-weit einheitliche Regelung sei begrüßenswert, man müsse sich die Ökobilanz verschiedener Materialien aber genau anschauen.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) übte Kritik an der seiner Ansicht nach falschen Prioritätensetzung der EU, hält jedoch Maßnahmen gegen Plastiksackerln nichtsdestotrotz für begrüßenswert. Ein generelles Plastiksackerlverbot stieß bei seinem Fraktionskollegen Reinhard Eugen Bösch (F) auf Skepsis.

Abgeordnete Christiane Brunner (G) räumte ein, dass der Anteil von Plastiksackerln am Gesamtmüll in Österreich niedrig sei. Man dürfe das Thema aber nicht gering schätzen, mahnte sie. Schließlich bedeuten 51 Sackerln pro Einwohner 400 Millionen Sackerln im Jahr. Im Bereich der Bewusstseinsbildung muss man nach Meinung von Brunner nicht mehr viel tun, vielmehr gehe es nun darum, konkrete Maßnahmen zu setzen. Sie trat etwa dafür ein, die kostenlose Abgabe von Einwegpackungen generell zu verbieten.

Abgeordneter Robert Lugar (T) wertete ein Verbot von Plastiksackerln als dezidiert falschen Ansatz. Es stünden nicht in jedem Fall Alternativen zur Verfügung, gab er zu bedenken. Für zielführender erachtet er es, jenen EU-Ländern zu helfen, wo Verwertung und Sammelsysteme nicht funktionierten. Es gebe, so Lugar, Staaten, die es nicht einmal schafften, Müll ordentlich zu sammeln.

Namens der NEOS unterstützte Abgeordneter Rainer Hable die Initiative der Europäischen Union. Was das österreichische Fünf-Punkte-Programm betrifft, drängte Hable in Übereinstimmung mit Abgeordneter Brunner auf eine Evaluierung. Er fragt sich zudem, welche weiteren Schritte angedacht sind, sollte Österreich das EU-Ziel von 35 Sackerln pro Einwohner und Jahr mit dem Programm nicht erreichen.

Weitere Themen in der heutigen Sitzung des EU-Unterausschusses waren ein Verordnungsentwurf der EU betreffend delegierte Rechtsakte und die Zulassung einer neuen Genmaissorte. (Fortsetzung EU-Unterausschuss)gs