Parlamentskorrespondenz Nr. 57 vom 29.01.2014

Erste Lesungen von Oppositionsanträgen beschließen NR-Tagesordnung

Themen: Umweltschutz, mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung sowie Verkehrssicherheit

Wien (PK) – Auf mehr Energieeffizienz gewerblicher und industrieller Anlagen drängen die Grünen. Auf ihr Verlangen hin wurde ihr Vorstoß zur Umsetzung diesbezüglicher EU-Vorgaben in Erster Lesung in der heutigen Nationalratssitzung behandelt. Die NEOS wiederum thematisierten mit einem Novellenentwurf die verfassungsrechtliche Verankerung der Informationsweitergabe durch alle Gebietskörperschaften. Weitere Initiativen der jüngsten Oppositionspartei im Plenum betrafen den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat und Ministeranklagen als Minderheitsrecht. Die Grünen nahmen schließlich einen neuen Anlauf für ein Demokratiepaket und machten für eine Ausweitung des Führerschein-Vormerksystems mobil. Die Anträge wurden den entsprechenden Fachausschüssen zugewiesen.

Gesetz zu Energieeffizienz soll vor Sommer beschlossen werden

Um gewerbliche oder industrielle Anlagen in Betrieb nehmen zu können, müssten GründerInnen zunächst ein Energieeffizienzkonzept mit allen Energiedaten und Maßnahmen zur Verringerung des Energiebedarfs vorlegen, so eine Forderung der Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner. Energieeffizienz soll somit zum Kriterium einer Betriebsgenehmigung werden, erläuterte sie. Zur Umsetzung des Antrags sind Änderungen in der Gewerbeordnung, dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen, dem Mineralrohstoffgesetz und dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz nötig. Brunner verwies darauf, dass Österreich mit der Umsetzung von EU-Vorgaben zur Energieeffizienz schon lange säumig sei, und forderte die Regierung auf, hier ein ambitioniertes Gesetz bis Juni vorzulegen.

Wolfgang Katzian (S) verwies auf die engagierte Arbeit für ein Energieeffizienzgesetz, die bereits vor den Wahlen geleistet wurde. Er hoffe, dass es bis Sommer umgesetzt werden kann. Auch Werner Groiß (V) erwartete sich eine interessante Diskussion über dieses wichtige Thema, meinte aber, dass aus Sicht der ÖVP nicht zu viel Verwaltungsaufwand für Kleinanlagen entstehen sollte. Gerhard Schmid (F) nahm die Debatte zum Anlass, um auf hinzuweisen, dass bereits durch einfache technische Maßnahmen Umweltschäden durch Öltanks oder Probleme mit Photovoltaikanlagen verhindern werden könnten. – Der Antrag wurde dem Umweltausschuss zugewiesen.

Konsens über die Aufrechterhaltung der Gentechnikfreiheit

An den Landwirtschaftsausschuss ging ein weiteres Anliegen der Grünen. Darin heißt es, Österreich müsse ökologische Landwirtschaft mit einer Änderung im Landwirtschaftsgesetz als Leitbild der heimischen Agrarwirtschaft festschreiben. Antragsteller Wolfgang Pirklhuber wies in der Debatte auf die nachhaltige ökologische und volkswirtschaftliche Schutzwirkung des biologischen Landbaus hin und betonte, dieser sei die Landwirtschaft für das 21. Jahrhundert. Zudem sei der Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut im Landwirtschaftsgesetz zu verankern. Gentechnikfreiheit sei ein Teil des Selbstbestimmungsrechts, argumentierte er.

Abgeordneter Erwin Preiner (S) meinte, Österreichs Landwirtschaft sei bereits gentechnikfrei, und die Stärkung der Bio-Landwirtschaft habe schon in den letzten Jahren stattgefunden. Auch im neuen Regierungsprogramm sei ihre Weiterentwicklung klar verankert. Darauf wies auch Manfred Hofinger (V) hin, der sich für die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrecht der Regionen in Fragen der Gentechnikfreiheit aussprach. Harald Jannach (F) unterstrich ebenfalls den Konsens in Bezug auf die Gentechnikfreiheit. Die Forderung einer zusätzlichen Förderung der Biolandwirtschaft durch eine gesetzliche Vorgabe als Leitbild sah er, wie Hofinger, mit Skepsis. Leopold Steinbichler (T) hingegen hielt die Bestrebungen des Vorstoßes der Grünen für unterstützenswert. Grundnahrungsmittel wie Milch und Fleisch sollten aus dem WTO-Freihandelsabkommen ausgenommen werden, hielt er fest.

NEOS: Informationsfreiheit für BürgerInnen über staatliches Handeln

Staatliches Handeln muss transparent sein, unterstreichen die NEOS in ihrem Vorschlag für ein Verfassungsgesetz, das auf weitgehende Informationsfreiheit abzielt. Ein kostenloses Informationsregister habe dabei die Öffentlichkeit über das Gebaren von Bund, Ländern und Gemeinden zu informieren. Beschränkungen beim Zugang zu Akten und Dokumenten soll es nur geben, wenn Rechte Dritter oder die nationale Sicherheit gefährdet werden bzw. Geschäftsgeheimnisse öffentlicher Unternehmen bedroht sind, so Antragstellerin Beate Meinl-Reisinger (N). Es habe von Seiten der Regierung bereits Versprechungen gegeben, sie erwarte nun bald einen Gesetzesentwurf. Man müsse hier auch bereit sein, "über den föderalen Schatten zu springen", meinte sie.

Peter Wittmann (S) erklärte mit Verweis auf das Regierungsübereinkommen, das Transparenzgesetz werde im Februar in Begutachtung geschickt. Für gewisse militärische Bereiche oder die Privatsphäre müsse es aber unbedingt Ausnahmen geben. Dieser Auffassung schlossen sich Philipp Schrangl (F) und Beatrix Karl (V) an. Karl war zuversichtlich, dass das Vorhaben bald umgesetzt werde. Das Amtsgeheimnis in seiner derzeitigen Form sei zweifellos überholt. Albert Steinhauser (G) zeigte sich erfreut, dass die Verhandlungen über das neue Transparenzgesetz bald beginnen sollen. Wichtig sei es aber, für eine einheitliche Lösung für ganz Österreich die Länder an Bord zu holen. Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Neuer Vorstoß der Grünen zum Demokratiepaket

Das Demokratiepaket, bereits in der letzten Legislaturperiode intensiv diskutiert, wurde heute erneut von den Grünen angestoßen. Verfassungssprecherin Daniela Musiol (G) schlägt in ihrem Gesetzesantrag unter anderem eine verpflichtende Volksbefragung über ein Volksbegehren vor, wenn 4% aller Wahlberechtigten dieses Begehren unterschreiben. Nur falls das Parlament dem Anliegen Rechnung trägt bzw. die ProponentInnen auf eine Volksbefragung verzichten, soll davon Abstand genommen werden. Musiol meinte, es sei zu der Materie alles gesagt, es gehe nun darum, zu entscheiden, ob man die BürgerInnen mehr in die Gesetzgebung involvieren wolle oder ob sie weiterhin nur "alle fünf Jahre ein Kreuzerl machen" dürften.

Josef Cap (S) verwies auf die umfassende Begutachtung des Demokratiepakts, in der viele gewichtige Einwände vorgebracht wurden. Daher müsse man die Ergebnisse der Enquetekommission dazu abwarten, bevor man weiter diskutieren könne. Dem schloss sich Michael Hammer (V) an. Das Bekenntnis der ÖVP zur Weiterentwicklung der Demokratie sei nach wie vor aufrecht, bekräftigte er. Harald Stefan (F) begrüßte die Wiedereinbringung des Antrags, der an sich schon einen Kompromiss darstelle. Von einer echten Einbindung der BürgerInnen in den Gesetzwerdungsprozess und direkter Demokratie erkenne er darin kaum mehr etwas, er lasse sich aber gern eines Besseren belehren, meinte er. Der Antrag liegt nun dem Verfassungsausschuss vor.

NEOS: Transparenz der Parteienfinanzierung und Ministeranklage als Minderheitsrecht

Besser zugänglich sollten die Entscheidungen des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats sein, findet Rainer Hable (N) in seinem Antrag. Derzeit werden gemäß Gesetzeslage nur gegen Parteien verhängte Geldbußen publik gemacht. Ob jemand vom Senat mit einer Geldstrafe belegt wurde, etwa weil er eine unerlaubte Parteispende entgegen genommen hat, bleibt der Öffentlichkeit hingegen verborgen. Aus Gründen des Datenschutzes treten die NEOS einschränkend dafür ein, die persönlichen Daten des Bestraften zu anonymisieren, nicht jedoch die der betroffenen Partei. Wer mehr Transparenz wolle, könne sich dieser Forderung nicht verschließen, meinte er.

Johannes Jarolim (S) hielt das Anliegen für durchaus diskutabel. Auch Elisabeth Pfurtscheller (V) sah die Transparenz der Parteienfinanzierung als wichtige Errungenschaft und zeigte sich dem Vorschlag der NEOS aufgeschlossen. Es sei aber erst noch notwendig, Erfahrungen mit dem Gesetz zu sammeln. Sie regte auch Bestimmungen über die demokratische Binnenstruktur von Parteien an, was etwa auch eine "Oligarchenklausel" umfassen könnte. Dieter Brosz (G) verwies darauf, dass der Transparenz-Senat bereits zum letzten Wahlkampf substanzielle Entscheidungen getroffen habe. Aufgrund einer unklaren Formulierung im Gesetz obliege es derzeit aber den Betroffenen selbst, was sie von den Entscheidungen des Senats veröffentlichen - ein Manko, das behoben werden müsse. Entweder habe man Transparenz, oder man habe sie nicht. Der Antrag wurde ebenfalls dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Ein weiterer Gesetzesentwurf der NEOS zielt darauf ab, einem Drittel der Abgeordneten das Recht einzuräumen, ein Regierungsmitglied wegen einer vermeintlichen Gesetzesverletzung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzuklagen. Derzeit ist für eine Ministeranklage ein Mehrheitsbeschluss des Nationalrats erforderlich. Antragsteller Rainer Hable meinte, die Frage der politischen Verantwortung müsse neu formuliert werden. Haftungen, wie es sie in der Privatwirtschaft gibt, müsste es ihn vergleichbarer Weise auch für PolitikerInnen geben, der Vorschlag sei ein Schritt in diese Richtung.

Angela Lueger (S) argumentierte, zur Ministeranklage bestehe eine eindeutige und bewährte Regelung in der Verfassung, die keiner Änderung bedürfe. Auch Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) merkte kritisch an, die NEOS würden für ihr politisches Anliegen den falschen Paragraphen heranziehen. Ihr Vorschlag könnte auf eine Aushebelung der Gewaltenteilung hinauslaufen. Gernot Darmann (F) sah hingegen dieses Problem nicht, denn das Urteil in einer Ministeranklage fälle letztlich der VfGH, nicht das Parlament. Es sei ein durchaus spannender Zugang zum Ausbau der Minderheitenrechte, der sachlich zu diskutieren sei. Für die Grünen befand Daniela Musiol, dass der Vorschlag in Richtung einer Stärkung der parlamentarischen Demokratie und Kontrolle gehen könnte. Schließlich erfolgte die Zuweisung an den Verfassungsausschuss.

Grüne: Schnellfahren und Handy am Steuer ins Vormerksystem

Maßnahmen zur Verhinderung von Autounfällen standen am Ende des heutigen Sitzungstages. Anlass war ein Antrag der Grünen, der auf Verschärfungen im Führerscheingesetz bei überhöhter Geschwindigkeit sowie bei Handynutzung am Steuer drängt. Derartige Vergehen seien nämlich die Hauptursache für Verkehrsunfälle und sollten daher entsprechend durch Aufnahme in das Führerschein-Vormerksystem geahndet werden. Davon würde eine tatsächlich präventive Wirkung ausgehen, meinte Antragsteller Georg Willi (G).

Johann Hell (S) zeigte sich skeptisch gegenüber dem Vorschlag. Er ortete einen Widerspruch zu den Grundsätzen, auf der die derzeitige Regelung, was in das Vormerksystem aufzunehmen sei, aufbaut. Andreas Ottenschläger (V) sprach sich dafür aus, das Vormerksystem, das an sich gut sein, nicht zu überfrachten. Selbstverständlich sei aber alles, was der Erhöhung der Verkehrssicherheit diene, sachlich zu diskutieren. Der Freiheitliche Abgeordnete Walter Rauch meinte, die Anwendung des Vormerksystems müsse verbessert werden. Der Vorschlag der Grünen enthalte aber die Gefahr einer weiteren Schröpfung der bereits stark belasteten AutofahrerInnen. Der Antrag wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.

Im Anschluss daran fand eine weitere Sitzung des Nationalrats statt, die den geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen diente. (Schluss Nationalrat). sox