Parlamentskorrespondenz Nr. 101 vom 13.02.2014

Bundesrat: Novel Food wichtiges Thema bei Freihandelsabkommen mit USA

EU-Ausschuss drängt auf Klärung offener Fragen bei Verordnungsentwurf zu Novel Food

Wien (PK) – Den EU-Ausschuss des Bundesrats beschäftigte heute ein weiteres wichtiges Thema der Ernährungssicherheit und des Konsumentenschutzes - die sogenannten neuartigen Lebensmittel (Novel Food). Darunter sind nach EU-Recht jene Lebensmittel und Lebensmittelzutaten zu verstehen, die vor dem Inkrafttreten der geltenden Verordnung am 15. Mai 1997 "noch nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurden", das sind etwa Lebensmittel aus anderen Kulturkreisen oder Designer Food. Nicht von der Verordnung erfasst sind Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelaromen, Functional Food, also Nahrungsmittel, die mit zusätzlichen Inhaltsstoffen angereichert sind und mit positivem Effekt auf die Gesundheit beworben werden. Auch gentechnisch veränderte Lebensmittel fallen nicht darunter, da für sie eigene gesetzliche Regelungen gelten. Was Nahrungsergänzungsmittel betrifft, so bilden diese eine eigene Gruppe, die dem Lebensmittelrecht zugeordnet ist. Sobald ihnen jedoch neue, exotische Inhaltsstoffe beigemengt werden, müssen auch sie sich einem Genehmigungsverfahren nach der gegenständlichen Verordnung unterziehen.

Ein neuartiges Lebensmittel muss, bevor es im Handel angeboten werden darf, ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Nach einem nun vorliegenden Verordnungsvorschlag der EU-Kommission soll in Hinkunft ein zentralisiertes Verfahren zur Bewertung und Zulassung neuartiger Lebensmittel zu einer Verkürzung der Verfahren von derzeit durchschnittlich drei Jahren auf 18 Monate führen. Die bisherigen vorgelagerten Bewertungsverfahren in den Nationalstaaten entfallen, sämtliche Zulassungsanträge müssen laut Entwurf an die Kommission gerichtet werden. Das Risikomanagement wird von der Risikobewertung getrennt. Die Kommission kann eine wissenschaftliche Stellungnahme von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) anfordern, auf deren Grundlage über die Zulassung entschieden wird. Dabei wird die Kommission vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit unterstützt. Den Marktzugang traditioneller Lebensmittel aus Drittländern, die dort seit 25 Jahren unbedenklich verwendet werden, will man erleichtern, die Kommission plant dazu, eine Sicherheitsbewertung und ein Risikomanagement einzuführen.

Der Entwurf sieht zudem eine genauere Definition des Begriffs "neuartiges Lebensmittel" vor, wobei auch neue Technologien, die für Lebensmittel relevant sind, berücksichtigt werden.

Grundlegende Voraussetzung für die Zulassung von Novel Food ist, dass die Lebensmittel keine Gesundheitsgefahr darstellen und die VerbraucherInnen nicht irreführen. Den Ausschussmitgliedern, insbesondere den Bundesräten Stefan Schennach S/W) und Marco Schreuder (G/W), war es in diesem Zusammenhang wichtig, die Frage von Novel Food auch in die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen mit den USA miteinzubeziehen. Im Vordergrund stehe der Konsumentenschutz sowie der Schutz des eigenen Markts an natürlichen Lebensmittelprodukten, sagte Schennach.

Die Verhandlungen über die Vorlage stehen in den EU-Gremien noch ganz am Beginn. Angesichts der kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament sowie der Neubestellung der Kommission werde das Verfahren noch länger dauern, zeigten sich die ExpertInnen des Ministeriums überzeugt.

Dient zentrales Zulassungsverfahren bei Novel Food dem Konsumentenschutz?

Die VertreterInnen der Landwirtschaftskammer und der Wirtschaftskammer bezweifelten, ob es trotz der Zentralisierung tatsächlich zu einer Verkürzung des Verfahrens kommt. Skepsis gegenüber einem zentralisierten Zulassungsverfahren kam sowohl von Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) als auch von Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W). Tiefnig sprach sich dafür aus, die Zulassung auf nationaler Ebene beizubehalten und wies in diesem Zusammenhang auf die Frage der Gentechnik hin, die von Österreich und der Kommission unterschiedlich bewertet werde. Mühlwerth zweifelte insbesondere die Entscheidungen der EFSA an, da diese Organisation stark von Lobbyisten und ehemaligen MitarbeiterInnen von Pharmakonzernen durchsetzt sei. Sie erinnerte daran, dass die EFSA zuletzt auch den Genmais als unbedenklich eingestuft hat. Dazu erläuterte die Vertreterin des Gesundheitsministeriums, die EFSA erfülle lediglich eine Expertenfunktion, auf deren Grundlage dann die Mitgliedsstaaten entscheiden. Das Mitbestimmungsrecht der Nationalstaaten bleibe daher erhalten.

Seitens der im Ausschuss anwesenden InteressensvertreterInnen drängt man auch auf klarere Definitionen, welche Produkte unter die gegenständliche Verordnung fallen sollen. Außerdem wiesen die beiden ExpertInnen darauf hin, dass sich die Zulassung nun nicht mehr allein auf den Antragsteller beziehen soll. Die Daten des neuen Produkts sind jedoch nur mehr 5 Jahre geschützt, was als zu kurz erscheint, da die Unternehmen für die Neuentwicklung eines Produkts hohe Kosten zu tragen haben. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) ersuchte das Gesundheitsministerium, diese Bedenken auch in den Ratsarbeitsgruppen vorzubringen. Ein weiterer offener Punkt bleibt die Definition, was unter Nanomaterialien zu verstehen ist.

Auf Vorschlag von Bundesrat Stefan Schennach kam der Ausschuss schließlich überein, die Vorlage nach der nächsten Sitzung der Ratsarbeitsgruppe nochmals zu diskutieren. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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