Parlamentskorrespondenz Nr. 118 vom 19.02.2014

Der lange Weg zur Finanztransaktionssteuer

EU-Unterausschuss zu aktuellem Diskussionsstand auf EU-Ebene

Wien (PK) – Die Einführung der Finanztransaktionssteuer in Europa wird wohl noch etwas länger auf sich warten lassen. Wie Finanzminister Michael Spindelegger im heutigen EU-Unterausschuss des Nationalrats erklärte, gibt es unter den elf Staaten, die die Steuer einführen wollen, noch einigen Diskussionsbedarf. So tritt Österreich beispielsweise dafür ein, dass sofort alle Produkte von der Steuer erfasst werden. Eine Mehrheit der Länder habe sich jedoch beim kürzlich stattgefundenen Treffen dafür ausgesprochen, die Steuer schrittweise umzusetzen. In diesem Fall werde er darauf drängen, dass auch die nächsten Schritte mit einem genauen Zeitplan vorgezeichnet werden, sagt er. Was die von vielen Seiten und auch vom Europäischen Parlament gewünschten Ausnahmen betrifft, so müsse man darauf achten, dass nicht zu wenig übrig bleibt, warnte der Finanzminister.

Einig seien sich die Länder darin, dass man die Steuer aufgrund eines Mischsystems von Ansässigkeitsprinzip und Emissionsprinzip einführen sollte, so wie es auch die Kommission vorschlägt, um eine möglichst breite Erfassung zu gewährleisten. Auf jeden Fall sei es notwendig, nun rasch zu einem Ergebnis zu gelangen, bekräftigte der Minister, man könne die Frage nicht mehr auf die lange Bank schieben. Er werde die kommenden Treffen gut vorbereiten und Alternativvorschläge auf den Tisch legen, um zügig vorankommen zu können. Sollte eine Einigung noch dieses Jahr gelingen, dann könnte die Finanztransaktionssteuer im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit 2016 eingeführt werden.

Die Einnahmen würden in die nationalen Budgets fließen, zu einer EU-Steuer könne diese erst dann werden, wenn sie Gemeinschaftsrecht ist, erläuterte Spindelegger nach einer Wortmeldung von Abgeordneter Angelika Rosa Mlinar (N), die sich dezidiert dafür ausgesprochen hatte, die Finanztransaktionssteuer dem EU-Budget zukommen zu lassen.   

An der Diskussion beteiligten sich ferner die Abgeordneten Petra Bayr (S), Wolfgang Gerstl (V), Franz Leonhard Eßl (V), Reinhard Eugen Bösch (F), Werner Kogler (G) und Bruno Rossmann (G).

Höhlt steter Tropfen den Stein?

Ginge es nach Österreich, dann gäbe es die Finanztransaktionssteuer, zu der ein innerstaatlicher Konsens aller im Parlament vertretenen Parteien vorliegt, schon längst in Europa. Die Überzeugungsarbeit, die österreichische PolitikerInnen bei den anderen Mitgliedsländern seit Jahren leisten, gestaltet sich jedoch zäh. Intention einer solchen Steuer ist es, den Finanzsektor, der einen wesentlichen Faktor für die Auslösung der Finanz- und Wirtschaftskrise dargestellt hat, auch an den Kosten der Krisenbewältigung zu beteiligen. Bislang sind in erster Linie die europäischen BürgerInnen mit ihren Steuerleistungen dafür aufgekommen.

Ein erster Durchbruch in der Frage erfolgte durch die Kommission selbst, die im September 2011 dazu einen Vorschlag vorlegte. Dieser erwies sich jedoch nicht als konsensfähig, insbesondere gab es heftigen Widerstand von Schweden und Großbritannien. Dennoch konnten sich 11 Staaten – neben Österreich auch Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal, Slowenien, Slowakei - auf eine Verstärkte Zusammenarbeit auf diesem Gebiet verständigen. Dazu erteilte der Rat Anfang 2013 eine Ermächtigung, aufgrund dessen die Kommission Anfang 2013 einen neuerlichen Richtlinienentwurf präsentierte. Seither laufen die Verhandlungen, wobei es sich im Detail spießt, wie es den Ausführungen des Finanzministers zu entnehmen war.

Würde die Steuer kommen, dann könnten sich die teilnehmenden elf Staaten laut Berechnungen der EU-Kommission über zusätzliche Einnahmen in der Höhe von rund 34 Mrd. € freuen.

Im EU-Unterausschuss war die Vorlage schon im 9.April des Vorjahres Thema.

Kombination von Ansässigkeits- und Ausgabeprinzip soll Steuerumgehung ausschließen

Der auf dem Tisch liegende Vorschlag der Kommission zielt nicht nur darauf ab, den Finanzsektor mit einem angemessenen und substantiellen Beitrag an den Kosten der jüngsten Krise zu beteiligen, es geht auch darum, die wachsende Zahl an unkoordinierten Maßnahmen der EU-Staaten einzudämmen, da diese zu einer Fragmentierung der steuerlichen Behandlung im Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen und damit zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Außerdem, so die Kommission, ist die gegenwärtige Steuerpolitik nicht geeignet, regulatorische Maßnahmen und Kontrollinstrumente zur Vermeidung zukünftiger Krisen zu unterstützen. Auch würden der Realwirtschaft zugunsten der Finanzinstitute noch immer zu viele Mittel entzogen.

Der Anwendungsbereich der geplanten Finanztransaktionssteuer ist weit gefasst, sie betrifft alle Finanzprodukte sowie alle Derivatkontrakte. Die Steuersätze betragen 0,01% des Nominalbetrags bei Derivatkontrakten bzw. 0,1% des Kauf- oder  Marktpreises bei allen anderen Finanztransaktionen. Die Steuer ist sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer zu entrichten, d.h. die Steuerbelastung der Transaktion beträgt somit 0,2% bzw. 0,02%.

Ausgenommen von der Finanztransaktionssteuer sind laut Entwurf Transaktionen mit der Europäischen Zentralbank sowie Transaktionen der Nationalbanken, des EFSF und des ESM. Ebenso ist der Primärmarkt davon ausgenommen. Die meisten für BürgerInnen oder Unternehmen wichtigen laufenden Finanztätigkeiten (wie z.B. Versicherungsverträge, Hypothekardarlehen, Verbraucherkredite etc.) fallen ebenfalls nicht darunter. Auch Devisenspottransaktionen unterliegen nach jetzigem Stand nicht der Finanztransaktionssteuer, um die Freiheit des Kapitalverkehrs zu gewährleisten, heißt es in der Unterlage des Finanzressorts.

Die  Steuerpflicht entsteht, sobald nur eine Partei der Transaktion im Gebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig ist (Ansässigkeitsprinzip) bzw. ergänzend, wenn es sich um ein Finanzprodukt handelt, welches im Gebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten emittiert wurde (Emissionsprinzip). Damit soll die Verlagerung von Tätigkeiten und Einrichtungen aus den Steuergebieten der Finanztransaktionssteuer verhindert werden. Der Steueranspruch entsteht zum Zeitpunkt, zu dem die Finanztransaktion durchgeführt wird.

Wie die Erläuterungen des Finanzministeriums ausführen, ist die Regelung so zu verstehen, das bei einer Transaktion etwa zwischen einem deutschen und einem österreichischem Finanzinstitut Deutschland 0,1% (bzw. bei Derivaten 0,01%) und Österreich 0,1% (bzw. bei Derivaten 0,01%) erhält. Findet die Transaktion etwa zwischen einem britischen und einem österreichischen Finanzinstitut statt, so erhält Österreich 0,2% bzw. (0,02% bei Derivaten).

Die Mitgliedstaaten sollen zudem nach Ansicht der Kommission verpflichtet werden, Maßnahmen zur Verhinderung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu ergreifen. Im Interesse der Harmonisierung soll die Kommission die Befugnis erhalten, weitere Festlegungen hinsichtlich der Registrierungs-, Rechnungslegungs-, Berichtspflichten und Erhebungsverfahren vornehmen zu können. (Fortsetzung EU-Unterausschuss) jan