Parlamentskorrespondenz Nr. 147 vom 26.02.2014

Österreich beteiligt sich an internationalen Einsätzen in Afrika

Kritische Stimmen im Hauptausschuss zu Vorgangsweise des Verteidigungsressorts bei Mission in Zentralafrikanischer Republik

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats genehmigte heute Beteiligungen an internationalen Friedensmissionen in Afrika. Verteidigungsminister Gerald Klug betonte, auch von Seiten Österreichs werde man dem Afrikanischen Kontinent im Rahmen internationaler Missionen stärkeres Augenmerk widmen. "Wenn wir die Sicherheit Österreichs stärken wollen, dann müssen wir Europa verteidigen", bekräftigte er. Dabei gehe nicht darum, Mauern um Europa zu ziehen, sondern aktiv am internationalen Krisenmanagement mitzuwirken. Das Hauptinteresse Österreichs liege aber am Balkan sowie im Nahen Osten. In diesem Sinne sei auch geplant, das Heeres-Kontingent im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina aufzustocken.

Derzeit befänden sich rund 830 Soldaten und Soldatinnen im Auslandseinsatz, die angestrebte Größe liege bei rund 1.100 Personen. Klug warnte aber vor einer primär quantitativen Betrachtungsweise, vielmehr berge jedes Auslandsengagement Gefahren in sich und daher seien die konkreten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen wesentlich.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) hatte im Vorfeld kritisch bemerkt, bei den internationalen Einsätzen fehle es an einer humanitären und militärischen Gesamtstrategie. Man brauche die Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilgesellschaft, sagte sie, wichtig wäre es, die Einsätze zu evaluieren, aus Fehlern zu lernen und daraus eine Gesamtstrategie zu entwickeln. Es fehle ihr auch an einer Abstimmung mit der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der österreichischen Sicherheitspolitik.

Debatte um Dienstreise und Entsendung in die Zentralafrikanische Republik

Hinsichtlich der geplanten Beteiligung Österreichs an der EU-Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik kam es zu einer grundsätzlichen Diskussion über das Vorgehen des Verteidigungsministeriums, zumal sich bereits seit 10. Februar 2014 sechs Stabsoffiziere in Larissa im Rahmen einer Dienstreise befinden, woran die Opposition Anstoß nahm. Die Abgeordneten Mario Kunasek (F), Walter Rosenkranz (F), Johannes Hübner (F), Wolfgang Zinggl (G), Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Christoph Vavrik (N) kritisierten, die betreffenden Personen seien schon im Sinn der EU-Mission tätig. Man habe damit den Hauptausschuss umgangen, der aufgrund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG) über Entsendungen entscheide. Die Entsendung habe unter dem Etikett der Dienstreise aber bereits stattgefunden, die Personen hätten schon jetzt den Auftrag, das Hauptquartier zu etablieren und aufzubauen. Jene Personen, die derzeit in Larissa auf Dienstreise sind, gelten ab morgen als entsendet, und das sei eine schiefe Optik, so der kritische Tenor.

Dem widersprach der Verteidigungsminister und unterstrich, dass er und sein Ressort selbstverständlich das Entscheidungsrecht des Hauptausschusses respektieren würden. Man halte daher auch eine Dienstreise und eine Entsendung streng auseinander. Die sechs Stabsoffiziere würden momentan keine Maßnahmen setzen, die im Zusammenhang mit dem Mandat stehen, stellte er dezidiert fest. Es gehe während des jetzigen Aufenthalts lediglich um eine Einschätzung der Lage, um den Beschluss für den konkreten Einsatz inhaltlich vorbereiten zu können. Auch Klubobmann Andreas Schieder (S), Christine Muttonen (S) und Wolfgang Gerstl (V) stellten klar, dass die Entscheidung über Entsendungen nur dem Hauptausschuss obliege. Man müsse aber klar zwischen den Aufgaben einer Dienstreise und einer Entsendung unterscheiden.

Auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die im Ausschuss den Vorsitz führt, hielt unmissverständlich fest, das KSE-BVG müsse "uns heilig sein". Werde die Mission aber vorbereitet, liege der Fall anders. Grundsätzlich aber könne der Hauptausschuss, wenn notwendig, rasch zusammentreten. Der Dritte Präsident Norbert Hofer unterstrich nochmals die Sensibilität der Frage und zweifelte an der Glaubwürdigkeit des vorliegenden Dienstreiseauftrags.

Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik

An der von der EU geführten Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik (EUFOR RCA) wird sich Österreich mit bis zu neun Angehörigen des Bundesheeres als Stabsmitglieder beteiligen. Zusätzlich sollen bis zu fünf Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten entsendet werden. Der Einsatz wird vorerst mit 31. Dezember 2014 begrenzt, Einsatzort ist das Hauptquartier der EU in Larissa in Griechenland. Aus planungs- und einsatzrelevanten Gründen sind aber fallweise auch Aufenthalte in Belgien und der Zentralafrikanischen Republik möglich, informierte Bundesminister Klug nach einer entsprechenden Frage von Abgeordnetem Wolfgang Gerstl (V).

Wie es im Antrag des Außenministers heißt, bekräftigt Österreich mit der Beteiligung seine aktive und solidarische Mitwirkung an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie sein Engagement bei der Umsetzung der vom Europäischen Rat getroffenen Beschlüsse zur Afrika-Strategie der EU. 

Da die entsendeten SoldatInnen dabei Befugnisse ausüben werden, die über die reine Selbstverteidigung hinausgehen und in Rechte Dritter eingreifen, bedarf es einer Rechtsgrundlage, um die Betreffenden vor einer etwaigen Strafverfolgung zu schützen, denn diese handeln im Rahmen ihrer Amts- und Dienstpflichten. Derartige Verordnungen gab es bereits für die Einsätze für die Missionen ALTHEA in Bosnien-Herzegowina, UNFIL im Libanon, KAFOR im Kosovo, ISAF in Afghanistan und EUTM Mali.

Klug: Mission in Zentralafrikanischer Republik ist keine Wiedergutmachung für Abzug aus dem Golan

Die Entsendung wurde von den Ausschussmitgliedern mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Team Stronach und NEOS ebenso mehrheitlich genehmigt wie die genannte Verordnung.

Dass es sich bei dieser Entsendung um eine Wiedergutmachung für den Abzug aus dem Golan handeln könnte, wie dies Tanja Windbüchler- Souschill (G) in den Raum gestellt hatte, wies der Verteidigungsminister mit Entschiedenheit zurück. Wesentliche Voraussetzung für eine Entsendung bzw. eine Verlängerung seien das Mandat sowie die konkreten Rahmenbedingungen vor Ort. Man habe angesichts der Entwicklung am Golan im Vorjahr wochenlang auf das Bürgerkriegsszenario aufmerksam gemacht, sagte er. Schließlich sei die Lage mit dem Mandat nicht mehr vereinbar gewesen. Die politische Verantwortung habe daher geboten, sich aus der Mission am Golan geordnet zurückzuziehen.   

Die Freiheitlichen konnten kein Konzept hinter der Beteiligung an der Mission in der Zentralafrikanischen Republik erkennen und sahen auch keinen Mehrwert für Österreich und das Bundesheer. Wie Abgeordneter Johannes Hübner (F) aus seiner Sicht feststellte, diene das aktuelle Afrika-Engagement Österreichs lediglich den Interessen Frankreichs. Viel sinnvoller hielte er Einsätze etwa in Somalia, Liberia und im Süd-Sudan. Minister Klug widersprach dieser Mutmaßung heftig und unterstrich die humanitäre Dringlichkeit der Mission. Beim gegenständlichen Einsatz handle es sich um eine Überbrückungsmission, die eine weitere Mission vorbereiten soll, erläuterte er. Christoph Vavrik (N) hingegen unterstützte das österreichische Engagement ausdrücklich. Die Mission biete die Chance, einen Flächenbrand in der Region zu vermeiden, meinte er.

Die Operation in der Zentralafrikanischen Republik wurde vom Rat der EU am 10. Februar 2014 beschlossen, nachdem der UNO-Sicherheitsrat in seiner Resolution vom 28. Jänner die Verlängerung und Verstärkung des Mandats des Integrierten Büros der UNO für die Friedenskonsolidierung in dem afrikanischen Land sowie die Etablierung einer von der EU geführten Militärmission verabschiedete.

Die Hauptaufgabe von EUFOR RCA konzentriert sich auf den Raum Bangui, insbesondere soll ein sicheres Umfeld in Zusammenarbeit mit den eingesetzten Kräften Frankreichs und jenen der Afrikanischen Union aufgebaut werden. Dies dient vor allem dem Schutz der Zivilbevölkerung sowie dazu, die Voraussetzungen für eine sichere Rückkehr von intern Vertriebenen zu gewährleisten.

Engagement bei UNOWA in Dakar wird fortgesetzt

Des Weiteren wird die Entsendung eines Angehörigen des Bundesheeres als stellvertretender Militärberater des Büros der Vereinten Nationen für Westafrika (UNOWA) nach Dakar (Senegal) bis 31. Dezember 2015 fortgesetzt.

Die Tätigkeit von UNOWA erstreckt sich auf die Subregion Westafrika. Darüber hinaus sind nach dienstlichem Bedarf Aufenthalte fallweise auch an den UNO-Amtssitzen in Genf und New York vorgesehen. Österreich beteiligt sich an der Mission seit 2006. Die Zustimmung erfolgte mehrheitlich, lediglich die FPÖ war dagegen.

UNOWA soll die Zusammenarbeit der UNO und anderer Partner in der Region fördern. Die Aufgaben des Militärberaters umfassen insbesondere die Beratung des Sonderbeauftragten des UNO-Generalsekretärs hinsichtlich der militärischen Aspekte der Tätigkeit von UNOWA. Er zeichnet auch für die Verbindung zu den UN-Missionen in der Subregion wie UNMIL (Liberia), UNOCI (Cote d'Ivoire) und UNIPSIL (Sierra Leone) sowie zu den Streitkräften der Subregion verantwortlich. Ferner zählen die Beratung der Internationalen Kommission für den Bakassi-Konflikt (Grenzkonflikt um die Halbinsel Bakassi zwischen Kamerun und Nigeria), aber auch Beiträge zur Arbeit der UNOWA im Bereich der Sicherheitsstrukturreform, zum Frühwarnmechanismus und die Beobachtung und Datenaktualisierung zu Terrorismus, Piraterie, Drogen- und Menschenhandel, organisierter Kriminalität, Weiterverbreitung von Klein- und Leichtwaffen in der Subregion inklusive der Sahelzone zu seinem Aufgabengebiet.

Österreicher als Experte bei UNDAC im Nahen Osten

Des Weiteren passierte der Antrag des Außenministers, einen Experten des österreichischen Bundesheeres zur UNDAC Disaster Response Preparedness Mission Palestine vom 20. März bis 5. April 2014 zu entsenden, den Ausschuss mit breiter Mehrheit, aber ohne Zustimmung der FPÖ. Der Einsatzraum erstreckt sich auf Israel, den Gazastreifen, das Westjordanland und Jordanien. Zur Einsatzvorbereitung und Einsatzauswertung kann es auch zu Aufenthalten in Genf kommen.

Ziel dieser Mission, die von dem für Katastrophenhilfemaßnahmen der UNO zuständigen Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN-OCHA – United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) initiiert wurde, ist im Wesentlichen die Evaluierung der Kapazitäten des Katastrophenmanagements in den Palästinensischen Gebieten einschließlich des Gazastreifens. Des Weiteren sollen konkrete Empfehlungen abgegeben werden, wie Gesetzgebung und Politik in diesem Bereich gestärkt werden können.

Übungs- und Ausbildungsplan des Bundesheeres genehmigt

Schließlich stand auch der von Verteidigungsminister Gerald Klug vorgelegte Übungs- und Ausbildungsplan 2014 für Auslandseinsätze des Bundesheers auf dem Programm des heutigen Hauptausschusses. Im kommenden Jahr sollen österreichische Bundesheerangehörige an 24 Übungen und Ausbildungen im Rahmen internationaler Organisationen teilnehmen. Darunter fallen eine Übung im Rahmen internationaler Organisationen wie UNO, OSZE etc., vier Vorhaben im Rahmen der EU und sieben im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (NATO). 12 Entsendungen sind im Zuge bilateraler und multilateraler Kooperationen geplant. Der Plan passierte den Hauptausschuss einstimmig.

Einstimmig genehmigt wurden auch heuer wieder vier Übungen im Rahmen der ABC-Schutz-Ausbildung zum Umgang mit chemischen Schadstoffen in Vyskov, Tschechische Republik. Wie Bundesminister Klug informierte, nehmen daran rund 100 Personen teil, 80 davon sind Grundwehrdiener. Die Übung diene dem Selbstschutz, der sicheren Handhabung der Instrumente und der Dekontamination.

Namensänderung des Außenministeriums in Diplomatenpässen  

Da das Außenressort nach dem neuen Bundesministeriengesetz nicht mehr Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten sondern Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres heißt, werden in den Diplomatenpässen die entsprechenden Änderungen vorgenommen. Damit wird sichergestellt, dass das ausstellende Ressort in den Diplomatenpässen korrekt bezeichnet wird. Die diesbezügliche Novellierung der Passverordnung wurde ebenfalls einstimmig genehmigt. (Schluss Hauptausschuss) jan