Parlamentskorrespondenz Nr. 227 vom 20.03.2014

Bankenrettung auf dem Prüfstand des Rechnungshofausschusses

Hypo im Mittelpunkt, Ladung weiterer Auskunftspersonen abgelehnt

Wien (PK) – Der Rechnungshof hat die Umsetzung des 2008 wegen der Finanzkrise geschnürten Bankenhilfspakets einer eingehenden Prüfung unterzogen (III-11 d.B.). Das Ergebnis dieser Kontrolle nahm der Rechnungshofausschuss heute nach einer mehrstündigen Debatte mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit zur Kenntnis. Ziel der staatlichen Rettungsmaßnahmen war es, das Vertrauen in das Finanzsystem wieder aufzubauen und zu stärken sowie die Interessen der SparerInnen, KreditnehmerInnen und AnlegerInnen zu schützen. Kritik übt der Rechnungshof an einer unzureichenden Auflagenkontrolle durch die vom Bund eingerichtete FIMBAG (Finanzmarktbeteiligung AG) und das Fehlen einer Regelung, durch die der Staat nach Erholung der Kreditinstitute an deren Gewinnen hätte partizipieren können. An der Sitzung nahmen Finanzminister Michael Spindelegger und Rechnungshofpräsident Josef Moser teil. Auskünfte auf zahlreiche Detailfragen erhielten die Abgeordneten – die sich insbesondere auch für die Umstände und Hintergründe der Hypo-Notverstaatlichung im Jahr 2009 interessierten - von FIMBAG-Vorstand Klaus Liebscher, dem Finanzmarktexperten des Finanzministeriums, Alfred Lejsek, und vom Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Mit ihrem Antrag, weitere Auskunftspersonen zum Thema Hypo zu laden, konnte sich die Opposition nicht durchsetzen 

Die Stabilisierung des Finanzmarktes ist gelungen

Abgeordneter Elmar Mayer (S) hielt einleitend fest, dass es im Jahr 2008 richtig gewesen sei, den Finanzmarkt durch ein Gesetzespaket zu schützen und zugleich eine Sonderprüfung der Umsetzung des Bankenhilfspakets durch den Rechnungshof zu beschließen. Daher liegen nun Empfehlungen für ähnliche Maßnahmen in der Zukunft. In die selbe Kerbe schlug Abgeordneter Hermann Gahr (V) der daran erinnerte, dass es mit Hilfe des Bankenpakets gelungen sei, Österreich in der Finanzkrise zu stabilisieren und machte auf die vom Rechnungshof positiv beurteilte Zusammenarbeit mit der EU-Kommission aufmerksam. "Das Bankenhilfspaket war das richtige Instrument zur richtigen Zeit", sagte Gahr.

Abgeordnete und Rechnungshof kritisieren Umsetzung des Bankenpakets   

Demgegenüber zeigte sich Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) skeptisch, dass es gelungen sei, nachhaltige Stabilität zu erreichen. Zanger bezifferte die Umsetzung des Bankenpakets per Saldo mit einem Minusbetrag von 5 Mrd. € und kritisierte die aus seiner Sicht nicht korrekte Umsetzung des Bankenpakets beim Thema Managerboni, "die weiterhin großzügig gewährt wurden". Lob für das Erscheinen von Finanzminister Michael Spindelegger im Ausschuss spendete Abgeordneter Werner Kogler (G), obwohl der Bericht einer Zeit lange vor der Zuständigkeit Spindeleggers gelte. Kogler bekannte sich zu dem einstimmig beschlossenen Bankenhilfspaket, setzte sich aber kritisch mit dessen Umsetzung auseinander, insbesondere bei der Hypo Alpe Adria, deren Notverstaatlichung Koglers besonderes Interesse galt. Für die Hypo sei im Dezember 2008 staatliches Partizipationskapital von 900 Mio. € aufgrund einer Stellungnahme der Nationalbank geleistet worden, die die Bank als "not distressed" qualifiziert hatte und für 2009 von einem Gewinn in der Höhe von 225 Mio. € ausging. Das habe annehmen lassen, diese Beteiligung könnte zu einem Geschäft für die Republik werden. Dieser Darstellung Koglers schlossen sich die Abgeordneten Martina Schenk (T) und Rainer Hable (N) an und setzten sich im Übrigen mit der aktuellen Entwicklung bei den Partizipationen und Haftungen und mit der Kritik an der mangelnden Auflagenkontrolle durch die FIMBAG sowie mit der Empfehlung des Rechnungshofes auseinander, die Organe der Finanzmarktkontrolle zu bündeln. Abgeordnete Gabriela Moser (G) brachte den Verzicht auf eine größere Beteiligung des Staates an den Gewinnen von Banken kritisch zur Sprache.

Spindelegger: Nach wie vor Risiken in Ost- und Südosteuropa

Auf die zahlreichen Detailfragen der Ausschussmitglieder eingehend führte Finanzminister Michael Spindelegger aus, es sei mit Hilfe des Bankenpakets gelungen, die erste Welle der Risiken abzufangen. Aktuell blieben aber Risiken in Ost- und Südosteuropa bestehen, sagte Spindelegger und nannte aktuell die Ukraine-Krise. Spindelegger hielt es für richtig, Managern in Banken ohne Gewinne keine Boni auszuzahlen und informierte über entsprechende Bestimmungen seit Basel III. Die Volksbanken AG gehöre zu 43 % dem Bund und ist auf Abwicklung gestellt, teilte der Ressortleiter mit und informierte den Ausschuss darüber, dass die Summe des bei den Banken aushaftenden Kapitals 5,6 Mrd. € ausmacht. (Hypo: 3,7 Mrd. €, Raiffeisen 1,7 Mrd. €, ÖVAG 549 Mio. €, Kommunalkredit 219 Mio. €, KA-Finanz 383 Mio. €).

Hinsichtlich der Kritik des Rechnungshofs an den vielen Stellen die gleichzeitig Kontrollaufgaben wahrnehmen, stimmte der Finanzminister zu und schloss sich der Empfehlung auf eine Konzentration an. Beim Thema Partizipationen räumte Spindelegger gegenüber Moser ein, dass es gescheiter gewesen wäre, sich seitens den Bundes an den Banken zu beteiligen, statt Partizipationskapital zur Verfügung zu stellen. Bei der ÖFAG habe man dieser Erkenntnis bereits Rechnung getragen.

Die Kosten der FIMBAG bezifferte der Finanzminister bislang mit 12,6 Mio. €. Künftig sollten Auflagen für unterstützte Banken konkreter formulierte werden, räumte der Ressortleiter ein. Abgeordnetem Axel Kasegger (F) sicherte Spindelegger zu, er werde der Hypo erst dann weiteres Partizipationskapital genehmigen, wenn ihm valide Zahlen aus dem Institut vorliegen. Den aktuellen Stand der Haftungen bezifferte Spindelegger mit 4,305 Mrd. €.

Klaus Liebscher: Die FIMBAG erfüllt ihre Aufgaben ordnungsgemäß   

FIMBAG-Vorstand Klaus Liebscher stellte fest, dass die FIMBAG nicht in die Verhandlungen über das Partizipationskapital von 900 Mio. € für die Hypo im Dezember 2008 eingebunden war. Der Bericht der OeNB mit der Qualifikation "not disdressed" sei der FIMBAG zur Kenntnis gebracht worden. Gegenüber der Kritik des Rechnungshofs, die FIMBAG hätte ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, konstatierte Liebscher, die FIMBAG sei keine Aufsichtsbehörde, sondern habe ihre Aufgaben nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu erfüllen. Daher habe sie auf Vorortprüfungen verzichtet, wenn es möglich war, Unklarheiten durch Gespräche abzuklären. Wo die FIMBAG Erklärungsbedarf sah, habe sie Vorortprüfungen vorgenommen, insgesamt vier an der Zahl, berichtete Liebscher. Für das Jahr 2008 seien Bankmanagern keine Bonis bezahlt worden. In der Folge sei es darum gegangen, die Angemessenheit von Vergütungen zu prüfen, wobei auf Initiative der FIMBAG Korrekturen vorgenommen wurden. Die von Abgeordnetem Werner Kogler angesprochene  Stellungnahme der Nationalbank zur Hypo habe er als Faktum zur Kenntnis genommen. Im Rahmen seiner Kontrollaufgabe gegenüber der Bank sei es wiederholt dazu gekommen, dass Berichte, die die FIMBAG kritisch sah, der Bank zur Korrektur zurückgesandt wurden.

EZB und OeNB stuften die Hypo 2009 als systemrelevant ein

Der Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn informierte die Abgeordneten darüber, dass es bei der Spaltung der Kommunalkredit in eine Good Bank und in eine Bad Bank beabsichtigt war, die Kommunalkredit zu verkaufen. Da dies mangels eines akzeptablen Offerts nicht möglich war, werden nun beide Banken abgewickelt. Bei der Bewältigung der Finanzmarktkrise sei es Aufgabe der Finanzprokuratur gewesen, Gesetz- und Vertragsentwürfe zu formulieren und die Bundesregierung zu beraten. An den finalen Verhandlungen zur Notverstaatlichung der Hypo habe die Finanzprokuratur nicht teilgenommen, erfuhr Abgeordneter Werner Kogler (G) auf seine diesbezügliche Frage.

Der Finanzmarktexperte des Finanzministeriums Alfred Lejsek informierte die Abgeordneten darüber, dass zwar die USA aus der Beteiligung an Kreditinstituten im guten Bankenjahr 2001 Vorteile gezogen habe, Österreich habe sich aber dazu entschlossen, Gewinn aus Partizipationen mittels Vorzugdividenden zu lukrieren, was durchaus vorteilhaft gewesen sei.

Alfred Lejsek teilte Abgeordnetem Johann Singer (V) mit, dass die Summe der Haftungsentgelte für den Bund mittlerweile 1,2 Mrd. € betrage, 2014 werden alle Haftungen ohne Verlust beendet werden, sagte Lejsek. Haftungen für die Hypo seien 2010 übernommen worden, um die Wertberichtigung notleidender Kredite zu vermeiden, erfuhr Abgeordneter Johann Hell (S). Abgeordnetem Kogler (G) sagte der Finanzmarktexperte, die Zeichnung von 700 Mio. € an Partizipationskapital der BayernLB im Jahr 2009 habe für die Regierung eine Grundlage für die Entscheidung dargestellt, Partizipationskapital für die Hypo zu zeichnen. Expertisen der OeNB gehörten bei der Feststellung der Systemrelevanz von Banken und bei der Festlegung der Konditionen zum vorgesehenen Procedere. Den Vorwurf Koglers, die Nationalbankstellungnahme zur Hypo – Stichwort "not distressed" – sei eine schludrige Stellungnahme gewesen, wies Lejsek zurück. Eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria im Jahr 2009 sei auch deshalb nicht in Frage gekommen, weil die Bank von der EZB als systemrelevant eingestuft wurde, eine Einschätzung, die auch die OeNB teilte.

Rechnungshof-Kritik an der FIMBAG   

Rechnungshofpräsident Josef Moser informierte die Abgeordneten, dass aus der Umsetzung des Bankenhilfspakets bislang Einzahlungen von 3,793 Mrd. € bei Auszahlungen von 12,610 Mrd. €, also ein Minusbetrag von 8,817 Mrd. € resultiert. Die Entscheidung, die FIMBAG als ÖIAG-Tochter zu gründen, bezeichnete der Rechnungshofpräsident als nicht nachvollziehbar. Ein kostenmäßiger Vergleich dieser Entscheidung mit Alternativen sei nicht erfolgt. Moser wies darauf hin, dass der Personalaufwand von 2009 auf 2010 um 60 % stieg und merkte an, dass man aus seiner Sicht Ressourcen der Finanzmarktaufsicht und der ÖNB besser hätte nutzen sollen. Auch habe die FIMBAG ihre Aufgabe der Auflagenkontrolle beim Partizipationskapital nur unzureichend wahrgenommen, sagt der RH-Präsident und konkretisierte seinen Vorwurf mit dem Hinweis auf nicht ausgeübte Buch-, Betriebsprüfungs- und Einsichtsrechte. Die FIMBAG kontrollierte anhand von Meldungen der Kreditinstitute, statt Vorort-Prüfungen durchzuführen. Kritik übte Moser auch an der Überwachung der Kreditvergabe, der Kreditkonditionen, der Vergütungssysteme und der Einhaltung der Vertragsschablonenverordnung. Jene Vorortkontrollen, über die FIMBAG-Vorstand Liebscher berichtete, begrüßte Moser ausdrücklich. Da "zu viele Köche den Brei verderben", empfahl Moser die Bündelung von Kontrollaufgaben.  

Breiten Raum nahm auch die Frage ein, inwieweit alternative Möglichkeiten der Abwicklung der Hypo ins Auge gefasst wurden. Alfred Lejsek erklärte gegenüber den Abgeordneten Rainer Hable (N) und Werner Kogler (G), es habe Dokumente über die potentiellen Kosten einer Insolvenz gegeben, aus denen jedoch geschlossen wurde, dass die Notverstaatlichung der ressourcenschonendste Weg sei. Hinsichtlich der Ablehnung einer Insolvenz seien keinerlei unterschiedliche Positionen vertreten worden, bestätigte auch Wolfgang Peschorn. Darüber hinaus habe die BayernLB wenige Tage vor der Entscheidung 600 Mill. € von der Hypo Alpe Adria abgezogen, gab Lejsek zu bedenken. Damit sei klar gewesen, dass die Bayern die Hypo nicht weiter unterstützen werden.

Schließlich beantragte Abgeordneter Werner Kogler (G) die Ladung von Josef Pröll, Andreas Schieder, Ewald Nowotny und Andreas Ittner und Kurt Pribil. Dieser Antrag blieb aber in der Minderheit der Opposition. (Schluss) fru/hof/sox