Parlamentskorrespondenz Nr. 284 vom 02.04.2014

Justizausschuss: Mehr Rechtsschutz bei Haustürgeschäften

Unterhaltsforderungen mit Auslandsbezug sollen vereinfacht, das Strafgesetzbuch reformiert werden

Wien (PK) - Haustürgeschäfte, Werbefahrten, Internetversand – der Konsumentenschutz in diesen Bereichen gehöre gestärkt, bestand grundsätzlich Einigkeit im heutigen Justizausschuss des Nationalrats. Mehrheitlich billigte daher der Ausschuss den Regierungsvorschlag zur Umsetzung der EU-Verbraucherschutz-Richtlinie. Mit den neuen Bestimmungen sollen KundInnen mehr Rechte bei Vertragsabschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen erhalten. Team Stronach und NEOS befürchten allerdings, die aktuellen Vorschläge würden zu überbordenden Belastungen für Unternehmen führen und verweigerten ihre Zustimmung. Ein Abänderungsantrag sowie ein Antrag auf Ausschussfeststellung der NEOS zur Gesetzesvorlage blieben in der Minderheit.

Wie Unterhaltsstreitigkeiten grenzübergreifend besser zu regeln sind, erörterten die Abgeordneten zudem. Diskussionsgrundlage war ein Entwurf für das Auslandsunterhaltsgesetz zur leichteren Durchsetzbarkeit von Unterhaltsforderungen über Staatsgrenzen hinweg. Die Vorlage passierte den Ausschuss einstimmig.

Mit der Strafgesetzbuch-Reform, über die eine Expertengruppe derzeit berät, befassten sich zwei Anträge der Opposition. Den Antrag von Grünen und NEOS auf Streichung einer Regelung im Strafgesetzbuch (StGB), durch die Gesellschaftskritik gerichtlich geahndet werden kann, vertagte die Ausschussmehrheit mit Verweis auf die laufenden Reformarbeiten. Als Abänderungsantrag einhellig angenommen wurde dagegen eine Forderung der FPÖ nach Berichterstattung über die Tätigkeit der Reformgruppe zur Modernisierung des StGB.

Besserer Konsumentenschutz bei "Haustürgeschäften"

Eine Regierungsvorlage zum verbesserten Rechtsschutz von KonsumentInnen, die bei sogenannten Haustürgeschäften oder auf Werbefahrten bzw. über den Fernabsatz Verträge abschließen, beschloss der Justizausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen mehrheitlich. Der Gesetzesentwurf verankert die EU-Verbraucherschutzrichtlinie im österreichischen Recht; konkret im Konsumentenschutzgesetz und in einem neuen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz. Justizminister Wolfgang Brandstetter erinnerte, auf Grund eines drohenden EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich habe die Zeit zur Richtlinienumsetzung gedrängt. Nun sei ein gutes Ergebnis im Sinne des Konsumentenschutzes zustande gekommen, sagte Brandstetter und nannte die verpflichtende Einverständniserklärungen von KonsumentInnen, auch bei Geschäftsabschlüssen via Telefon oder Internet, als Beispiel.

Festgehalten wird im Gesetzesentwurf die Verpflichtung der Unternehmen, beim Abschluss von "Außer-Geschäftsraum-Verträgen" die KundInnen umfassend zu informieren, beispielsweise über Lieferkosten, Laufzeit des Vertrags sowie über Beschwerde- und Reklamationsmöglichkeiten. Das Rücktrittsrecht von VerbraucherInnen soll erleichtert und verlängert werden. Zusätzliche Kosten für beschwerdeführende KonsumentInnen sind laut Entwurf zu vermeiden. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ergäben sich keine substantiellen neuen Informationspflichten für Wirtschaftstreibende, heißt es darin überdies.

Die jetzt angestoßenen Verbesserungen im Konsumentenschutz seien jedenfalls zu begrüßen und böten den bestmöglichen Schutz, gerade für rechtlich nicht ausreichend informierte Personen, befürworteten die SPÖ-Abgeordneten Elisabeth Grossmann und Johannes Jarolim die Regierungsvorlage. Auch wenn, wie Grossmann bedauernd anfügte, ein einheitliches und übersichtliches Konsumentenschutzgesetz damit noch nicht vorliege. Die Zersplitterung im Verbraucherschutz war für Beate Meinl-Reisinger (N) ebenfalls problematisch. Denn damit erfülle die Richtlinie kaum ihren Zweck, beanstandete sie, sondern konterkariere vielmehr den Schutz von KonsumentInnen. Ihren Unmut weckte auch die Tatsache, dass UnternehmerInnen bis zum geplanten Inkrafttreten der neuen Vorgaben am 30. Juni 2014 nur mehr relativ wenig Zeit für notwendige Anpassungen haben. Georg Vetter (T) schloss sich dieser Kritik an und appellierte, BürgerInnen nicht mit überbordenden Regelungen für unmündig zu erklären.

Im Detail stoßen sich die NEOS an einer Bestimmung zum Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz (FAGG), wonach im Fernabsatz telefonisch ausgehandelte Verträge erst dann als geschlossen gelten, wenn das Unternehmen dem Kunden das Anbot elektronisch übermittelt und der/die Kunde/in die Annahme schriftlich erklärt hat. Beate Meinl-Reisinger (N) brachte dazu einen Abänderungsantrag ihrer Fraktion ein, durch den die Regelung auf die gemäß Telekommunikationsgesetz verbotenen "Cold Calling" –Anrufe eingeschränkt wird. Außerdem beantragte Meinl-Reisinger eine Ausschussfeststellung zur Sicherstellung, dass nach Tarifen abgerechnete Beratungsleistungen, beispielsweise durch RechtsanwältInnen oder SteuerprüferInnen, nicht von den Bestimmungen im FAGG betroffen sind, die untersagen, Telefonate als Einzelleistungen zu verrechnen. Für beide Anträge erhielten die NEOS allerdings nur Rückhalt beim Team Stronach und blieben somit in der Minderheit.

Hilfe bei Unterhaltsforderungen mit Auslandsbezug

Zuspruch von allen Fraktionen fand hingegen das Vorhaben der Regierung, BürgerInnen bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gegenüber Unterhaltspflichtigen im Ausland zu unterstützen. Den Vorschlag für das Auslandsunterhaltsgesetz verabschiedete der Ausschuss einstimmig. Zur Beschleunigung der Verfahren sollen demnach einheitliche Durchführungsbestimmungen für alle unions- und völkerrechtlichen Rechtsinstrumente zur Unterhaltsdurchsetzung geschaffen werden. Gleichzeitig bevollmächtigt der Entwurf jene öffentlichen Stellen, die Unterhaltsvorschuss leisten, den/die Unterhaltspflichtige/n in Regress zu nehmen. Die Zwischenschaltung der Gerichtsvorsteher in der Behördenkommunikation wiederum soll eingespart werden. Darüber hinaus will man zukünftig auch ermöglichen, das Justizministerium direkt einzuschalten.

Positiv zu der Initiative äußerten sich Bernd Schönegger (V), Gisela Wurm (S), Albert Steinhauser (G) und Harald Stefan (F), Letzterer jedoch mit der Anmerkung, staatliche Unterhaltvorschussleistungen sollten wenn nötig automatisch erfolgen, damit Unterhaltsberechtigte nicht zu BittstellerInnen werden. Justizminister Brandstetter versicherte, das Unterhaltsvorschussgesetz sehe derartige Leistungen beim Ausbleiben von Unterhaltsleistungen vor. Das Auslandsunterhaltsgesetz, dem ein auf europäischer Ebene geschlossenes Übereinkommen zugrunde liegt, werde Unterhaltszahlungen jetzt auch über nationale Grenzen hinweg erleichtern, skizzierte der Minister die Zielsetzung des Entwurfs.

Für eine generelle Reform des Unterhaltsrechts, von Wurm und Steinhauser als gesellschaftlich bedeutend aufgeworfen, liefen in seinem Ressort gerade Vorarbeiten, informierte Brandstetter. Er erwartete aber vor 2017 keinen Abschluss dieses Projekts.

Grüne und NEOS: Gesellschaftskritik muss erlaubt sein

Als Reaktion auf die kürzlich erfolgte Anklage des Obmanns von Asyl-in-Not wegen seines gesellschaftskritischen Kommentars zum derzeitigen Tatbestand "Schlepperei" drängen Grüne und NEOS auf eine Änderung im Strafgesetzbuch (StGB). Kritik an bestehenden Strafgesetzen sei nicht gleich zu ahnden, so der Kern des Initiativantrags, besonders wenn damit gesellschaftliche Missstände aufgezeigt werden. Alev Korun (G) und Nikolaus Scherak (N) pochen folglich auf die Streichung des in § 282 Abs. 2 StGB normierten Tatbestands der "Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlung". Mehrheitlich vertagten SPÖ, ÖVP und FPÖ den Antrag, da eine eigens beauftragte Reformgruppe sich schon mit zeitgemäßen Änderungen im StGB beschäftige. Auf breiter Basis würden derartige Fragen derzeit von diesen StGB-ExpertInnen beraten, bestätigte Justizminister Brandstetter die Ausschussentscheidung.

Die fragliche Bestimmung im StGB bediene sich relativ unbestimmter Gesetzesbegriffe wie "Empörung des allgemeinen Rechtsempfindens" oder "Aufreizen" und biete dadurch den Behörden und Gerichten einen weiten Interpretations- und Ermessensspielraum, so der Vorwurf im Oppositionsantrag. Außerdem stehe die Bestimmung im offenen Konflikt zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 10 Menschenrechtskonvention (MRK). Sie verstehe zwar, räumte Korun ein, dass mit dem Einsatz der Expertengruppe zur StGB-Reform eine Vertagung des Antrags gerechtfertigt wird. Dessen ungeachtet solle das Parlament seinen Willen zur StGB-Änderung aber klar artikulieren, meinte die Grünen-Mandatarin. Grundsätzlich machten sich SPÖ, NEOS und Team Stronach ebenso stark dafür, eine offene politische Diskussion über den Sinn bestimmter Strafbestimmungen zu führen, besonders im Lichte der Meinungsfreiheit, wie Meinl-Reisinger (N) und Georg Vetter (T) betonten. Dezidiert zurück wiesen Meinl-Reisinger und Alev Korun die Zweifel des FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner, ob den AntragstellerInnen Meinungsfreiheit in jeder Richtung wirklich ein Anliegen ist.

Informationen zur Reformgruppe Strafgesetzbuch eingefordert

Einstimmig in Form eines Abänderungsantrags nahm der Ausschuss die Forderung der FPÖ an, der Justizminister solle dem Nationalrat umfassend über die Arbeiten der Reformgruppe zum Strafgesetzbuch berichten. Im Abänderungsantrag von SPÖ und ÖVP wird auf das absehbare Ende der Expertenberatungen verwiesen und bis Ende Oktober um einen Schlussbericht darüber ersucht. In seinem ursprünglichen Entschließungsantrag urgierte Philipp Schrangl (F) eine vierteljährliche Berichterstattung über das Fortschreiten der StGB-Reform, bei der das Strafgesetzbuch auf seinen Modernisierungsbedarf überprüft wird. (Schluss Justizausschuss) rei