Parlamentskorrespondenz Nr. 289 vom 03.04.2014

Rechnungshofausschuss: Politik will Image der LehrerInnen verbessern

Personalmangel in Bundesschulen, ineffiziente Schulverwaltung

Wien (PK) – Zum Schluss seiner Sitzung behandelte der Rechnungshofausschuss anhand von – einhellig akzeptierten - Prüfberichten Probleme bei der Personalplanung der BundeslehrerInnen und bei der Finanzierung von LandeslehrerInnen. "Der Bund kann nicht die Melkkuh der Nation sein", sagte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek" angesichts von Schwierigkeiten, Kosten von den Ländern refundiert zu bekommen, die dort durch die Überschreitung von Planstellen entstehen. Rechnungshofpräsident Josef Moser kritisierte einmal mehr Ineffizienzen in der Schulverwaltung, die er als Ursache dafür bezeichnete, dass Geld aus dem Bildungsbudget nicht bei den SchülerInnen ankomme.      

Bundesschulen – angespannte Personalsituation

Die Personalsituation bei den BundeslehrerInnen ist angespannt, liest man im Bericht des Rechnungshofes aus dem Jahr 2013 (III-18 d.B.). Der Rechnungshof registrierte zunehmenden Einsatz nicht vollgeprüfter Lehrer und fix in die Unterrichtsverteilung eingeplante Überstundenleistungen, letzteres im Ausmaß von 5.200 vollbeschäftigten LehrerInnen. Verschärft wurde die Lage durch die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und die Einführung der Neuen Mittelschule, erfuhren die Abgeordneten. DirektorInnen, AdministratorInnen und IT–BetreuerInnen wurden 2011/2012 im Ausmaß von 2.500 Vollarbeitsplätzen vom Unterricht abgezogen. An dieser Stelle empfahl Rechnungshofpräsident Josef Moser den Einsatz von Verwaltungsbediensteten und beziffern die davon zu erwartenden Einsparungen mit 13 Mio. € jährlich. Den Personalbedarf bis 2025/2026 gab der Rechnungshof mit 19.677 LehrerInnen an, 3.088 davon allein im Schuljahr 2013/2014 wegen der Verschärfung der Hacklerregelung und des Ausbaus der Neuen Mittelschule. Einen Plan des Ressorts für die Deckung des Personalbedarfs vermissten die RH-Prüfer ebenso wie Maßnahmen, um LehrerInnen länger im Aktivstand zu behalten.

An dieser Stelle empfahl der Rechnungshof, die Hacklerregelung für BundeslehrerInnen zu ändern. Konkrete Vorschläge lauteten auf Pensionsabschläge für Geburtsjahrgänge bis 1953 oder einen zusätzlichen Pensionssicherungsbeitrag. Außerdem riet der Rechnunghof zu Restriktionen bei Sabbatical und Karenzierungen. Mit einer Erhöhung der Lehrverpflichtung könnte man Überstunden einsparen, schreibt der Rechnungshof, der auch auf die Senkung der hohen Drop–Out–Rate bei LehramtsstudentInnen drängte. Öffentliche Informationen über den Einstellungsbedarf sollten regional und nach Unterrichtsfächern aufgeschlüsselt werden, insbesondere für am Lehrberuf interessierte SchulabgängerInnen und Studierende.

Der LehrerInnenberuf soll attraktiver werden

In der Debatte plädierte Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) dafür, das Bemühen zur Attraktivierung des Lehrberufs zu verstärken, auf das "Feindbild Lehrer" zu verzichten und die Dropout-Raten in den Lehramtsstudien zu senken. Anders sei der wachsende Bedarf an LehrerInnen nicht decken, zeigte sich Rosenkranz überzeugt. Auch Abgeordneter Harald Walser (G) hielt Überlegungen zur Behebung des zunehmenden Lehrermangels für notwendig, wobei er insbesondere auf den Einsatz von LehrerInnen in der Verwaltung, eine steigende Teilzeitquote und viele Burn-out-Fälle infolge der Doppelbelastung Beruf-Familie hinwies. Walser trat dafür ein, vor allem in Volksschulen und in der neuen Mittelschule mehr männliche Pädagogen einzusetzen.

Eine eigenständigere Schule, die mit ihren LehrerInnen selbständig Verträge abschließen könne, würde viele der vom Rechnungshof aufgezeigten Personal- und Kostenprobleme lösen, weil sie die PädagogInnen effizienter einsetzen würde, sagte Abgeordneter Robert Lugar (T). Abgeordneter Nikolaus Scherak (N) schlug vor, künftig auf den Einsatz von PädagogInnen für administrative Tätigkeiten zu verzichten.

Heinisch-Hosek will Image der LehrerInnen verbessern

Auf Wunsch der Abgeordneten Karin Greiner (S) und Dorothea Schittenhelm (V) informierte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Ausschuss über die Schwerpunkte des neuen Lehrerdienstrechts, von dem man sich insbesondere an den Neuen Mittelschulen eine Entspannung zwischen den verschiedenen Gruppen von PädagogInnen erwarten könne. Die hohen Mehrdienstleistungen führten die Ministerin und Sektionschef Wolfgang Stelzmüller teilweise auch auf die geringe Mobilität der PädagogInnen zurück. Auch Heinisch-Hosek sprach sich für Maßnahmen zur Senkung der Dropout-Rate in Lehramtsstudien aus und brach ihrerseits eine Lanze dafür, das Image des LehrerInnen-Berufs zu verbessern. Sektionschef Stelzmüller informierte die Abgeordneten über die Ursachen der hohen Überstundenleistungen, die teilweise auch im Besoldungssystem liegen. Auch liege es nahe, einen Unterrichtsbedarf von wenigen Stunden an einer Schule durch Mehrdienstleistungen abzugelten. Über den Einsatz von Verwaltungskräften an Stelle von LehrerInnen in der Administration werde gearbeitet, konkret berichtete Stelzmüller über ein Pilotprojekt für IT-BetreuerInnen.

RH-Präsident Moser besorgt wegen Personalproblemen in Bundesschulen 

Rechnungshofpräsident Josef Moser machte auf eine Studie aufmerksam, die zeige, dass österreichische PädagogInnen im internationalen Vergleich relativ wenig Arbeitszeit für den Unterricht aufwenden, aber überdurchschnittlich viel für die Erfüllung administrativer Aufgaben. Aus der Tatsache, dass die LehrerInnen bereit seien, mehr Überstunden zu leisten und viele Überstunden fix in die Unterrichtspläne eingeplant seien, schloss der Rechnungshofpräsident auf die Möglichkeit, die Lehrverpflichtung zu erhöhen. Auch Moser betonte die Notwendigkeit, Verwaltungsbedienstete statt LehrerInnen für administrative Tätigkeiten heranzuziehen. Besorgt zeigte sich der Rechnungshofpräsident, wie man die Personalsituation in dem vorgegeben engen Finanzrahmen der kommenden Jahre entspannen könne.  

Rechnungshof-Kritik an ineffizienter Schulverwaltung

Bei der Besoldung der LandeslehrerInnen an öffentlichen Pflichtschulen (Volksschulen, Hauptschulen, Polytechnische Schulen, Sonderschulen und Berufsschulen) sah sich der Bund in den Schuljahren 2006/07 bis 2009/2010 mit einem Anstieg der Kosten auf 3,35 Mrd. € und Steigerungsraten von 10% bei den allgemein bildenden und 21% bei den berufsbildenden Pflichtschulen konfrontiert. An den allgemein bildenden Pflichtschulen verdoppelte sich die Überschreitung des Stellenplans von 1.039 auf 2.063 Planstellen, während berufsbildende Pflichtschulen die Stellenpläne unterschritten. Die Rückforderungsansprüche des Bundes wegen überplanmäßig beschäftigter LandeslehrerInnen stiegen im Berichtszeitraum um 115,3% auf 77,84 Mio. €. Dieser Anspruch wäre im Schuljahr 2009/2010 sogar um 33 Mio. € höher gewesen, wenn die Länder die tatsächlichen Kosten überplanmäßiger LandeslehrerInnen tragen würden, statt nur die Normkosten für die ersten Dienstjahre, ermittelte der Rechnungshof in seiner diesbezüglichen Prüfung (III-8 d.B.). Da viele Organisationen von Bund und Ländern in die Finanzierung der LandeslehrerInnen an öffentlichen Pflichtschulen einbezogen sind, fehle es an Übereinstimmungen der Aufgaben–, Ausgaben– und Finanzierungsverantwortung, was Ineffizienzen, Doppelgleisigkeiten und einen erhöhten Verwaltungsaufwand verursache, lautet die Kritik des Rechnungshofes.

Für die Finanzierung der Landeslehrer sind Unterrichts- und Finanzressort gemeinsam zuständig. Für Angelegenheiten des Dienstrechts der LehrerInnen an öffentlichen Pflichtschulen ist der Bund für die Gesetzgebung, die Länder für die Vollziehung zuständig. Entscheidungen über die Behördenzuständigkeit obliegen den Ländern in Gesetzgebung und Vollziehung, was zu unterschiedlichen Regelungen der Diensthoheit in den Ländern führt.

Wegen dieser Vielschichtigkeit der Schulverwaltung klaffen die Verantwortungen für Aufgaben, Ausgaben und Finanzierung bei der Erstellung und Genehmigung der Stellenpläne, bei Planung und Vollzug der Budgets, bei Dienstzuteilungen, Mitverwendung und beim Controlling auseinander, kritisiert der Rechnungshofpräsident und schilderte komplexe Verfahren und Verwaltungsabläufe. Unter anderem fehle ein elektronischer Stellenplan bei den berufsbildenden Pflichtschulen, obwohl der EDV-Einsatz bei den Stellenplänen der allgemein bildenden Pflichtschulen einen einfacheren Datenabgleich  ermöglicht.

Im internationalen Vergleich habe Österreich bei der Entwicklung des zahlenmäßigen Schüler/Lehrer–Verhältnisses in den Jahren 2006 bis 2008 überdurchschnittlich gut abgeschnitten, stellte der Rechnungshof fest. In allgemein bildenden Pflichtschulen verbesserte sich die Quote um 8% auf 10 Schüler je Lehrer, in den berufsbildenden Pflichtschulen um 5% auf 26 Schüler je Lehrer.

Die Reaktionen der Abgeordneten

Abgeordneter Johann Hell (S) befasste sich mit den Kosten und deren enormen Steigerungen, die der Bund im Zusammenhang mit Stellenplan-Überschreitungen bei Landes-LehrerInnen übernehmen müsse und drängte darauf, Erkenntnisse aus der Kritik des Rechnungshofs an den Strukturen zu ziehen.

Abgeordnete Claudia Durchschlag (V) reagierte auf die Rechnungshofkritik an ineffizienten Strukturen im Bildungswesen und erkundigte sich nach Fortschritten der diesbezüglichen Arbeitsgruppe im Bildungsministerium.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) schloss sich der Kritik an Mehrgleisigkeiten in der Schulverwaltung an, meinte, jede Lösung des Kompetenzproblems sei besser als die bisherige, hielt es aber nicht für realistisch, mit Lösungen vor den nächsten Verhandlungen zum Finanzausgleich zu rechnen. Bei diesen Verhandlungen seien die Lasten, die die Gemeinden bei der Erhaltung der Pflichtschulen tragen, entsprechend zu berücksichtigen, sagte Rosenkranz.

Abgeordneter Harald Walser (G) forderte die Ministerin auf, den Betrag von 33 Mio. €, die der Bund bei der Überschreitung von Planstellen zu viel beitragen musste, zurückzufordern. Die Berechnung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sollte realistischer vorgenommen werden, sagte Walser.

Die Kompetenzen für den Personaleinsatz an Schulen wollte Abgeordneter Robert Lugar (T) nicht bei Bund und Ländern, sondern bei den Schulen selbst ansiedeln.

Ein  Plädoyer für die Inklusion von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf in die Regelschule hielt Abgeordneter Nikolaus Scherak (N), drängte aber zugleich auf eine realistischere Berechnung der diesbezüglichen Kosten.

LandeslehrerInnen – Bund kann nicht die Melkkuh der Nation sein  

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek führte die hohen Landeslehrer-Kosten in Niederösterreich auf die in diesem Bundesland weit verbreiteten Klein- und Kleinstschulen zurück. Maßnahmen zur Senkung der Personalkosten seien bereits gesetzt worden, etwa durch die Verdoppelung der Supplierverpflichtung. Eine Entspannung bei der Kostenentwicklung erwartet sich die Ministerin durch die Zunahme von Pensionierungen in den kommenden 10 Jahren und durch den Einsatz junger PädagogInnen.

Die Refundierung von Bundeskosten will die Ministerin auf einer LandesbildungsreferentInnen-Konferenz behandeln. Außerdem äußerte Heinisch-Hosek den Wunsch, an den Verhandlungen zum nächsten Finanzausgleich teilzunehmen. Ihre Hoffnung richte sich auch auf die Verabschiedung der Landes-Lehrer-Controlling-Verordnung. "Der Bund kann nicht die Melkkuh der Nation sein", sagte die Unterrichtsministerin.

Rechnungshofpräsident Josef Moser empfahl, die vom Rechnungshof aufgezeigten Effizienzprobleme in der Schulverwaltung zu lösen und die Schulautonomie auszubauen. Denn es sei klar, dass das Geld derzeit nicht bei den SchülerInnen ankommt.  

Zuletzt nahm der Rechnungshofausschuss eine Reihe von RH-Berichten (III-53 d.B., III-55 d.B. und III-57 d.B.) zur Wahrung der geschäftsordnungsmäßig vorgesehenen Frist in Verhandlung, vertagte die Beratungen aber sogleich im Einvernehmen aller Mitglieder. (Schluss) fru


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