Parlamentskorrespondenz Nr. 319 vom 10.04.2014

Gratis-Zahnspange passiert auch den Bundesrat

Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung innerhalb der EU

Wien (PK) – Die Gratis-Zahnspange gab zwar auch im heutigen Bundesratsplenum Anlass zur Diskussion, schließlich erhielt die Gesetzesvorlage dennoch die Stimmeneinhelligkeit in der Länderkammer. Die kostenlose Zahnregulierung für Behandlungen von erheblichen Zahn- oder Kieferfehlstellung bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ist damit ab Juli 2015 möglich. Ferner billigte der Bundesrat, die kostenlosen Zahnregulierung für Minderjährige im Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz einzufügen. Auch die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung erhielt vom Bundesrat grünes Licht. Für Gesundheitsminister Alois Stöger ist das ein Beitrag zur Erhöhung der Freiheit des Menschen innerhalb der Europäischen Union.

Gratis-Zahnspange: Opposition kritisiert Einschränkung

Von der Länderkammer wurde die Gratis-Zahnspange bei erheblichen Zahn- und Kieferfehlstellungen (Schweregrad 4 oder 5) zwar einhellig gebilligt, Kritik äußerte jedoch Heidelinde Reiter (G/S), die sich diese Leistung für alle Kinder und nicht nur für "extreme Fälle" gewünschte habe. Wie die Umsetzung dieser "Miniaturmaßnahme" aussehen werde, wisse niemand, meinte sie und betonte, dass es nun vor allem auf die Verhandlungen zwischen der Zahnärztekammer und den Sozialversicherungsträgern ankomme. Diese seien nun gefordert, sagte sie. Diesen Aspekt unterstrichen in ihren Ausführungen auch Johanna Köberl (S/St), Angela Stöckl (V/N) sowie Gerd Krusche (F/St). "Ich hoffe, dass es in den Verhandlungen mit den Ärzten zu keinem bösen Erwachen kommt", meinte etwa der steirische FPÖ-Bundesrat.

Köberl betitelte das Gesetz als sozial- und gesundheitspolitische Errungenschaft. Damit wirke man sozialer Stigmatisierung entgegen und investiere nachhaltig in die Gesundheit von Kindern, gab sie mit dem Verweis auf mögliche Folgeschäden bei unbehandelten Zahnfehlstellungen zu bedenken. Auf dieses Argument sprang auch Stöckl auf, die über die Spätfolgen bei Nichtregulierung informierte. "Prävention vor Rehabilitation", forderte sie und erinnerte daran, dass Österreich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt habe.

Ein "Wahlkampfgag" sei die Gratis-Zahnspange gewesen, meinte Krusche und kritisierte auch die Einschränkung der kostenlosen Zahnregulierung. Der Zeitraum zwischen dem Wahlkampf und jetzt habe in einem Verwirrspiel geendet, das am Rücken der jungen Menschen und ihren Eltern ausgetragen wurde, sagte er.

"Ich freue mich heute einen richtigen und richtungsweisenden Schritt in der Verbesserung der österreichischen Gesundheitsversorgung machen zu können", meinte Gesundheitsminister Alois Stöger. Das Gesetz entlaste die Eltern, zeigte sich der Minister überzeugt und verwies ferner auf die bisherigen Umsetzungen im Bereich der Zahnmedizin wie etwa die Öffnung des Leistungsspektrums in Zahnambulatorien. Angesprochen von Bundesrätin Reiter zum Thema Jugend- und Gesundheitsstrategie berichtete Stöger, dass man im Rahmen dieses Dialogs viele Maßnahmen zur Verbesserung der Kindergesundheit wie etwa die Erweiterung von Kinderimpfungen umgesetzt habe. Eingeständnisse machte der Minister, was das Angebot für Kinder im Bereich der Psychotherapie betrifft. Diese gehören erweitert, sagte er.

Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung fix

Mehrheitlich gebilligt in der Länderkammer wurde auch das EU-Patientenmobilitätsgesetz (EU-PMG). Das Gesetzespaket zielt darauf ab, Patientenrechte bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung zu stärken. Dabei geht es unter anderem um Fragen der Kostenerstattung oder die leichtere Anerkennung von im EU-Ausland ausgestellten Rezepten. Mit den Regelungen wird eine EU-Richtlinie in innerstaatliches Recht übertragen.

Aufgrund von zwingenden EU-Vorgaben würden heute unter dem Schlagwort Patientenmobilität 21 Gesetze aus dem Gesundheits- und Sozialbereich geändert, bemerkte Gerd Krusche (F/St). Er vertrat die Meinung, dass Österreich zuerst inländische Mobilitätsprobleme lösen sollte und äußerte seine Sorge, dass Österreich zum Zielland von BürgerInnen aller EU-Länder mit einem schlechteren Gesundheitssystem werde. Krusche befürchtete als Folge ein Kosten- und Kapazitätsproblem sowie Probleme für österreichische PatientInnen. Diesen Argumenten erteilte Adelheid Ebner (S/N) eine Absage, in dem sie meinte, dass mit dem Gesetz Patientenrechte bei der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung gestärkt sowie deren Qualität und Sicherheit gewährleistet werde. Begrüßenswert sei zudem die Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten, eine Kontaktstelle einzurichten sowie die Verpflichtung zur Gleichbehandlung ausländischer Patienten.

Es gehe nicht nur um die Umsetzung von EU-Vorhaben, sondern hauptsächlich darum, dass Patientenrechte bei der grenzüberscheitenden Gesundheitsversorgung ausgebaut und abgesichert werden, konstatierte Friedrich Reisinger (V/St). Es sei ein wichtiges Grundprinzip in Europa, dass Landesgrenzen bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen keine Rolle spielen dürfen, meinte er und unterstrich diesen Grundsatz auch für den Bereich der Gesundheit. Als besonders sinnvoll erachtete der Bundesrat das Gesetz im Fall von schweren Erkrankungen, die im Herkunftsland eines Patienten nicht behandelt werden können. Heidemarie Reiter (G/S) hielt die Gefahr, dass es aufgrund des EU-Patientenmobilitätsgesetzes zu einer Aufblähung des Bürokratismus kommt, nicht gegeben. Ganz im Gegenteil komme es dadurch zu einer größeren Klarheit und Rechtssicherheit für PatientInnen, betonte sie.  

Europa sei gegründet worden, um die Freiheit der Menschen zu erhöhen, sagte Gesundheitsminister Alois Stöger und sah dieses Prinzip durch das EU-Patientenmobilitätsgesetz mehr als erfüllt. Auch für seltene Krankheiten spiele es eine große Rolle, meinte Stöger und unterstrich hier die Notwendigkeit der europäischen Zusammenarbeit.

Stöger: Österreich muss mitgestalten und mitwirken

Auch die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Gesundheit auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2014  und des Programms des Europäischen Rates wurde von der Länderkammer mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Generell positive Wortmeldungen erhielten die österreichischen Stellungnahmen zur EU-Vorschau von den BundesrätInnen. Im Namen der FPÖ brachte Gerd Krusche (F/St) seine ablehnende Haltung gegenüber den Positionen der Europäischen Kommission zum Ausdruck und sah die Selbstbestimmung Österreichs etwa bei der Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwandes im Rahmen des Hygiene-Pakets gefährdet. 

Als sehr gut und übersichtlich gestaltet bezeichnete Johanna Köberl (S/St) die Vorschau sowie insbesondere die österreichisch Haltung und brachte das Thema der biologischen Produktion in die Debatte ein. Hier brauche man ein stabiles und sich nicht ständig änderndes Regelwerk mit vertretbaren Kosten, Kontrollen sowie einem vertretbaren Verwaltungsaufwand, zeigte sie sich wie Bundesrätin Heidelinde Reiter (G/S) überzeugt. Dies sei ein Bereich, der für Österreich sehr wichtig sei und in dem sich Österreich auch stark eingebracht habe, meinte Reiter. Positiv erachtete sie hier den umfassenden Konsultationsprozess der Zivilgesellschaft. Reiter stellte ferner die Frage, wie sinnvoll es ist, global mit Lebensmitteln zu handeln und gab zu bedenken, dass man im Bereich der Ernährung einen falschen Weg gehe.

Martin Preineder (V/N) meinte, dass man besonders im Bereich des biologischen Landbaus den österreichischen Erfolgsweg fortsetzen sollte. Man brauche auch in diesem Segment eine kontinuierliche und marktorientierte Weiterentwicklung. Dazu bedürfe es stabiler, verlässlicher sowie EU-weiter Regeln, zeigte sich Preineder überzeugt. Beim Thema Tierseuchenbekämpfung sei es notwendig, kontinuierlich weiterzuarbeiten, forderte Preineder.

"Wir müssen uns in die Europäischen Union mit unseren österreichischen Positionen einbringen", sagte Gesundheitsminister Alois Stöger vor der Länderkammer. Österreich habe wie beim Thema der gentechnisch veränderten Organismen gekämpft und es sei auch gelungen, Ausnahmen zu erreichen. Durch eine Zustimmung zum vorliegenden Vorhabensbericht werde die österreichische Position gestärkt, konstatierte er. "Wir müssen mitgestalten, mitwirken und uns einbringen", zeigte sich der Minister überzeugt. (Fortsetzung Bundesrat) keg


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