Parlamentskorrespondenz Nr. 345 vom 24.04.2014

Entwicklungsbank des Europarats - ein wichtiger sozialer Anker

Gouverneur Rolf Wenzel wirbt im EU-Ausschuss des Bundesrats für eine Mitgliedschaft Österreichs bei der Bank

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats unter seinem Vorsitzenden Edgar Mayer (V/V) sorgte heute für eine Premiere. Im Rahmen einer Aktuellen Aussprache war der Gouverneur der Entwicklungsbank der Europarats (CEB) Rolf Wenzel zu Gast, um die Bundesrätinnen und Bundesräte über die Tätigkeit seines Instituts zu informieren.

Die Bank hat ihren Sitz in Paris. Rolf Wenzel steht ihr seit Dezember 2011 als Gouverneur vor. Heute gehören der 1956 gegründeten Bank 41 Mitgliedstaaten an, wobei Österreich als einziger EU-Mitgliedstaat nicht dazu zählt. Gouverneur Wenzel nahm die Diskussion daher auch zum Anlass, eindringlich für den Beitritt Österreichs zur CEB zu werben.

CEB einzige multilaterale Entwicklungsbank mit explizit sozialem Mandat

Die Entwicklungsbank des Europarats (Council of Europe Development Bank – CEB) ist das Instrument der Sozialpolitik des Europarats und die älteste internationale Finanzinstitution in Europa. Sie ist die einzige multilaterale Entwicklungsbank mit einem explizit sozialen Mandat und ist eng mit den Zielen des Europarats verbunden. Vorrangiger Auftrag ist die Unterstützung europäischer Staaten bei der Lösung sozialer Probleme, mit denen die Länder durch die Anwesenheit von Flüchtlingen, Vertriebenen und Zuwanderern konfrontiert sind oder möglicherweise sein werden. Einen Schwerpunkt der Tätigkeit bilden auch soziale Probleme, denen sich Opfer von Natur- oder Umweltkatastrophen gegenübersehen. In den letzten Jahren haben der Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Vorhaben zur Modernisierung des Ländlichen Raums an Bedeutung gewonnen. Als wichtiges Thema hat sich laut Wenzel auch die Vergabe von Mikrokrediten herauskristallisiert, da in den osteuropäischen Ländern viele Kleinstbetriebe tätig sind, die zu einem großen Ausmaß von Frauen geführt werden. Die CEB hat daher laut Wenzel einen neuen Entwicklungsplan für Mikrokredite erarbeitet.

Die Bank arbeitet eng mit der Europäischen Kommission und mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wie der Weltbank, der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zusammen.

Sie gewährt flexible, langfristige Kredite für die Finanzierung von Projekten mit hohem sozialen Mehrwert, wobei man sich auf vier Sektoren konzentriert: Die Stärkung der sozialen Integration, die Unterstützung bei der Bewältigung von Umwelt- und Naturkatastrophen, den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen für sozial benachteiligte Menschen in Klein- und Mittelbetrieben und die Förderung lokaler Infrastruktur. Als Beispiele dafür präsentierte Gouverneur Wenzel ein regionales Wohnungsbauprogramm für Flüchtlinge des Jugoslawienkriegs und die Schaffung von menschenwürdigen Bedingungen in Justizvollzugsanstalten.

CEB genießt hohe Bonität und hat keine Kreditausfälle

Wie Wenzel unterstrich, erhält die CEB von ihren Mitgliedstaaten weder Hilfen, noch Zuschüsse, noch finanzielle Beiträge zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten. Die erforderlichen Mittel werden auf den internationalen Kapitalmärkten aufgenommen, auf denen die Bank hervorragende Bonität genieße. Mit Zufriedenheit konnte der Bankenchef berichten, dass sich die solide Finanzlage auch während der Wirtschaftskrise nicht verschlechtert hat. Das liege zum einen an der umsichtigen Kredit- und Risikopolitik aber auch daran, dass die Bankkredite nur an Mitgliedstaaten vergeben würden und diese ein hohes Eigeninteresse daran hätten, dass die Bonität der Bank intakt bleibe. Die Rückzahlungsmoral sei sehr groß, die CEB habe daher auch keine Kreditausfälle. Sie zahle keine Dividenden aus, sondern belasse die Gewinne in der Bank.

Wenzel: Mitgliedschaft würde Österreichs Position stärken

Ein Beitritt Österreichs zu CEB wäre für beide Seiten von Vorteil, zeigte sich Wenzel überzeugt und wies dabei auf die starke Präsenz Österreichs im Europarat seit 1956 hin, was auch aus der Tatsache ersichtlich sei, dass Österreich drei Mal mit Lujo Toncic-Sorini, Franz Karasek und Walter Schwimmer den Generalsekretär des Europarats gestellt hat. Der Gouverneur betonte zudem das hohe Engagement Österreichs im Sozial- und Umweltbereich und dessen Unterstützung der Länder in Mittel- und Osteuropa. Durch die Mitgliedschaft bei der CEB würde das Land eine noch aktivere Rolle bei der Stärkung des sozialen Zusammenhalts auf dem Europäischen Kontinent spielen, meinte Wenzel, außerdem würde es seine Position in den östlichen Nachbarländern als Garant für gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilität in der Region stärken.

Da nur Projekte in den Mitgliedsländern gefördert werden, könnte Österreich nach einem Beitritt die Finanzierung von Projekten im eigenen Land zu guten Bedingungen nützen. Dabei könnte man auf die langjährigen Erfahrungen der großen Banken wie Raiffeisen Bank International, Erste Bank und Bank Austria zurückgreifen, die seit Jahren davon profitieren, günstige CEB-Kredite an ausgewählte Endbegünstigte in unterschiedlichen europäischen Saaten weiterzuleiten – Wenzel sprach in diesem Zusammenhang von einem Volumen im Ausmaß von rund 1 Mrd. € in den letzten Jahren. Da zunehmend nun auch Banken anderer Staaten in den Ländern Mittel- und Osteuropas Platz greifen, werde der Widerstand immer größer, mit den österreichischen Banken zusammenzuarbeiten, warnte Wenzel. Außerdem hätte Österreich als Mitglied ein Mitspracherecht bei der Festlegung der Geschäftspolitik der CEB und automatisch einen Sitz in deren Entscheidungsorganen. Das Beitrittsverfahren sei unkompliziert, führte er aus. Auf der Grundlage des Anteils Österreichs am Haushalt des Europarats läge die Kapitalbeteiligung an der Bank bei etwa 2,3 %. Der fällige Gesamtbetrag zum Gesamtkapital belaufe sich auf 56,5 Mio. € und könne in mehreren jährlichen Raten eingebracht werden.

Die Ausführungen von Gouverneur Wenzel stießen auf großes Interesse der Ausschussmitglieder. Es sei beeindruckend, was die CEB leiste und wie schlank das Institut geführt werde, bemerkte Edgar Mayer (V/V). Stefan Schennach (S/W) erinnerte daran, dass die CEB die einzige Bank darstelle, die einem parlamentarischen Gremium, nämlich dem Sozialausschusses des Europarats, Bericht erstatten müsse. An der Diskussion beteiligten sich ferner die BundesrätInnen Ingrid Winkler (S/N), Werner Stadler (S/O), Monika Mühlwerth (F/W) und Franz Perhab (V/St). (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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