Parlamentskorrespondenz Nr. 360 vom 29.04.2014

Spindelegger: Mit Budgets 2014/15 wird Trendwende eingeleitet

Finanzminister Spindelegger hält seine erste Budgetrede im Nationalrat und will mit Schuldenberg Schluss machen

Wien (PK) – Mit den Budgets 2014 und 2015 will Finanzminister Michael Spindelegger eine Trendwende herbeiführen und damit den Weg für einen ausgeglichenen Haushalt 2016 ebnen, wie es der Finanzrahmen 2014 bis 2018 vorsieht. Mit der Schuldenpolitik werde dann Schluss gemacht, betonte Spindelegger in seiner ersten Budgetrede, die er vor dem Nationalrat hielt, denn die Schulden von heute seien die neuen Steuern von morgen. Im Gegensatz dazu wolle die Bundesregierung einen Spielraum für eine substantielle Steuerreform schaffen. Man müsse auch für die Bewältigung unvorhergesehener Krisen vorsorgen, fügte er im Hinblick auf die aktuelle beunruhigende Lage in der Ukraine hinzu. Der Vizekanzler räumte ein, dass die Hypo-Alpe-Adria die Staatsschulden rasant in die Höhe getrieben hat, trotzdem habe man ein Belastungspaket für die Bevölkerung vermeiden können, stellte er fest. "Wir schnüren den Menschen nicht die Luft ab", so Spindelegger.

Spindelegger: Das Land nicht kaputt, sondern den Staat schlank sparen

Das strukturelle Nulldefizit – damit ist ein Defizit, bereinigt um Einmaleffekte sowie befristete Maßnahmen und Konjunkturschwankungen gemeint – soll im Jahr 2014 1% und 2015 0,9% betragen, um schließlich 2016 den angepeilten Wert von 0,45% zu erreichen. 2018 soll die Lücke der Einnahmen und Ausgaben dann vollkommen geschlossen werden. Der Pfad dahin ist jedoch steinig, das Hypo-Desaster zwingt den Budgetplanern große Anstrengungen auf, die hohen Hürden auch bewältigen zu können. 2014 müssen 500 Mio. € eingespart werden, 2015 300 Mio. €. Das trifft in erster Linie die Ermessensausgaben der Ressorts, auch strebt die Bundesregierung nur maßvolle Gehaltserhöhungen für die Bundesbediensteten in diesem und im kommenden Jahr an. Ferner gilt ein grundsätzlicher Aufnahmestopp, nur die Hälfte der natürlichen Personalabgänge werden 2016 bis 2018 nachbesetzt. Der rigorose Sparkurs trifft aber nicht alle Bereiche. Die Bundesregierung will Schwerpunkte setzen und klug investieren, nämlich dort, wo Österreich Impulse brauche, bemerkte Spindelegger.

Ausgenommen von den Personaleinsparungen sind die Bereiche Bildung, Exekutive – hier soll es bis 2018 1.000 PolizistInnen mehr geben – Justiz, Arbeitsinspektorat und Finanzpolizei. Offensivmaßnahmen gibt es für Familien, für die Forschung und den Wirtschaftsstandort sowie für den ländlichen Raum. Die Devise heiße, sinnvoll sparen und klug investieren, damit man in Richtung Wirtschaftswachstum, Arbeit und Wohlstand gehe, betonte der Minister. Deshalb habe man auch ein Paket geschnürt und bis 2018 etwa 828 Mio. € für die Erhöhung der Familienbeihilfe bereitgestellt. Zusätzliches Geld gebe es auch für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und der schulischen Tagesbetreuung. Der Staat gebe auch mehr Geld für den Wohnbau und für die Förderung der ländlichen Entwicklung aus. Ein wesentliches gesellschaftspolitisches Anliegen sei die Finanzierung des Pflegegelds und der 24-Stundenpflege. Auch für Hochwasserschutzmaßnahmen sei vorgesorgt. Der Finanzminister nannte in diesem Zusammenhang auch den Handwerkerbonus und die Dotierung des Zahngesundheitsfonds. Mit Zusatzmitteln für die Grundlagenforschung stelle der Staat für diese Schwerpunkte zusätzlich 3,591 Mrd. € bis 2018 zur Verfügung.

Gleichzeitig betonte Spindelegger, dass im Bildungsbereich trotz sinkender Schülerzahlen steigende Ausgabe geplant seien und die Universitäten bis 2015 eine Milliarde € zusätzlich in der laufenden Leistungsvereinbarung erhalten. Auch in der Forschung seien substantielle Steigerungen vorgesehen. Im Bereich Kunst und Kultur werde es bei den Ermessensausgaben keine Kürzungen geben, kündigte Spindelegger an, auch die Bundestheater und Bundesmuseen seien finanziell abgesichert. Diese Kulturinstitutionen stellten einen wesentlicher Teil des österreichischen Selbstverständnisses und einen wichtiger Impulsgeber für die Wirtschaft dar. Aufhorchen ließ der Minister mit seiner Hervorhebung der ÖBB als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel für Menschen und Güter, weshalb man in den Schienenverkehr weiter investieren werde. Die Bahn sei teuer, sie müsse uns auch teuer sein, sagte Spindelegger. Er legte in diesem Zusammenhang des Weiteren ein Bekenntnis zum Einsatz erneuerbarer Energie und zum Klimaschutz durch die Reduktion der Treibhausgase ab.   

Man spare das Land nicht kaputt, fasste Spindelegger zusammen, sondern wolle den Staat schlank sparen. Gleichzeitig warb der Finanzminister für Verständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern, dass man durch das bereits beschlossene Abgabenänderungsgesetz auch von ihnen einen Beitrag abverlangt habe, wobei man insbesondere um eine gerechtere Verteilung bemüht gewesen sei.

Staat bleibt weiter auf Reformkurs

Spindelegger erinnerte an bereits erfolgte Schritte zur Verwaltungsreform, deren Auswirkungen sich in den Budgetzahlen niederschlagen werden. Von der Pensionsreform, die seit Beginn 2014 wirksam geworden ist, erwartet sich die Regierung eine Kostendämpfung, insbesondere auch durch das Ansteigen des faktischen Pensionsantrittsalters auf 60,1 Jahre für 2018. Der Vizekanzler warnte gleichzeitig davor, die Generationen gegeneinander auszuspielen. Reformen seien notwendig, aber das bisherige System der Altersversorgung auf den Kopf zu stellen, wäre unverantwortlich.

Man habe auch bereits mit der Reform der Verwaltungsgerichte und der Strukturreform bei der Polizei, ferner bei den Bezirksgerichten, im Asylwesen und bei der Pflege wichtige Verwaltungsreformen eingeleitet, erinnerte der Finanzminister. Trotz Deckelung der Gesundheitskosten werde die gute Gesundheitsversorgung nicht gefährdet, zeigte er sich überzeugt.

Die Bürokratie werde weiter zurückgedrängt, kündigte Spindelegger an, vor allem sollen bei den Förderungen Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden, dabei soll die Transparenzdatenbank eine wichtige Hilfestellung leisten. Geplant seien Vereinfachungen bei der Lohnverrechnung, insbesondere durch Harmonisierungen zwischen Steuergesetzen und Sozialversicherung, auch sollen Unternehmen ab 2018 alles auf elektronischem Weg über das Unternehmensserviceportal abwickeln können. Alle Ministerien müssten sich den Veränderungsprozessen stellen, Ziel sei es, dass sich der Staat wieder auf seine Kernaufgaben beschränkt, deshalb halte er eine Aufgabenreform für den öffentlichen Sektor für notwendig.

Eckdaten den Budgets

Konkret beträgt der Nettofinanzierungsbedarf 2014, also der negative Saldo aus Einzahlungen und Auszahlungen, 3,565 Mrd. € (2,7%) und 2015 3,162 Mrd. € (1,4%). Die Staatsschulden klettern heuer durch die Belastungen der Hypo einmalig von 74,5 % auf 79,2 % hinauf, im kommenden Jahr sollen sie auf 77,6 % sinken. 2018 will man die Marke von 71,5% erreichen. Damit liegt Österreich beim Nettofinanzierungsbedarf solide im Rahmen der Maastrichtkriterien von 3%. Bei der Gesamtstaatsverschuldung wird die Grenze von 60% weit überschritten. Spindelegger wies darauf hin, dass Österreich damit weit besser dastehe als der EU-Durchschnitt und die USA. Innerhalb der EU liegen die Gesamtschulden bei 89,7%, in den USA sogar bei 105,7%. Auch bei den anderen Eckdaten schneiden die heimischen Budgetzahlen besser ab. Das sei ein gutes Zeugnis dafür, dass Österreich die Krise gut bewältigt habe.

Der Budgetkurs spiegle sich auch in der Glaubwürdigkeit Österreichs bei den Ratingagenturen wider, unterstrich der Finanzminister, bei Moody's und Fitch verfüge man über das höchste Ranking, Standard& Poor's habe die zweitbeste Note vergeben. Die Zinsen seien für 10-jährige Bundesanleihen mit 1,75% so niedrig wie nie zuvor.

Wirtschaftswachstum – vorsichtiger Optimismus ist angesagt

Es gebe auch Anzeichen für eine Erholung der Wirtschaft, versuchte Spindelegger vorsichtigen Optimismus zu verbreiten. Man rechne heuer und im kommenden Jahr mit einem realen Wirtschaftswachstum von 1,7%. Dennoch seien die Signale zwiespältig. Österreich habe zwar im EU-Vergleich die geringste Arbeitslosigkeit und so viele Beschäftigte wie noch nie, dennoch könne man mit 319.000 Menschen ohne Job und 83.000 in Schulungen nicht unbesorgt bleiben. Daher werde man weiterhin verstärkt in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren, insbesondere auch im Hinblick auf ältere ArbeitnehmerInnen.

Auch dürfe man die Augen nicht davor verschließen, dass der Wirtschaftsstandort Österreich in internationalen Rankings zurückgefallen ist. Um gegenzusteuern und den vorhandenen Optimismus in der Wirtschaft zu stärken, kündigte der Finanzminister neben der Senkung der Lohnnebenkosten auch die Abschaffung der Gesellschaftssteuer und einen Abbau der Bürokratien für Unternehmen an. Zur Entlastung der Unternehmen zähle auch der Handwerkerbonus und die Vereinfachung der Lohnverrechnung. Mit Hinblick auf das Problem Hypo Alpe Adria unterstrich der Finanzminister, mit 4,4 Mrd. € habe man auch den Finanzplatz stabilisiert, und zeigte sich zufrieden über die Einigung in der EU zu einem gemeinsamen Mechanismus für die Bankenabwicklung, wodurch für derartige Schäden künftig der Finanzsektor selbst und nicht mehr die BürgerInnen aufkommen müssen.

Der oberste Finanzchef der Republik ließ keinen Zweifel daran, dass es die Regierung mit der Budgetkonsolidierung ernst nimmt. Man werde für einen strengen Budgetvollzug sorgen, sagte Spindelegger, eine Überprüfung erfolge bereits Mitte des laufenden Jahres. Abweichungen vom Budgetpfad werde man rechtzeitig identifizieren, die Erfolge laufend überprüfen und den sorgsamen Umgang mit dem Steuergeld sicherstellen.

Nach Trendwende ist substantielle Steuerreform möglich

Eine Steuerreform zum jetzigen Zeitpunkt sei nur durch neue Schulden machbar, warnte Spindelegger und mahnte Seriosität der Politik ein. Vorerst gehe es darum, den Haushalt zu sanieren. Die vorliegenden Budgets seien aber ein Fundament für eine substantielle Steuerreform, die durch Einfachheit und Transparenz gekennzeichnet sein soll. Der Eingangssteuersatz von 36% sei eindeutig zu hoch und müsse gesenkt werden, sagte Spindelegger, der darüber hinaus Ausnahmen auf das notwendige Minimum begrenzen will. Auch seien Subventionierungen mittels Steuerbefreiungen zu hinterfragen. Einen Schwerpunkt wolle er auch zur Entlastung der Familien setzen.    

Der Wortlaut der Rede des Finanzministers ist nach Fertigstellung der Stenografischen Protokolle auf der Website der Parlamentsdirektion unter http://www.parlament.gv.at/PAKT/STPROT/ abrufbar.

Informationsmaterialen zur Budgetrede sind auf der Homepage des Finanzministeriums www.bmf.gv.at verfügbar.

HINWEIS: Fotos von der Budgetrede finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at. (Schluss Budgetrede/Fortsetzung Nationalrat) jan