Parlamentskorrespondenz Nr. 367 vom 29.04.2014

Nationalrat für mehr Einsatz gegen Gewalt an Frauen

Unterschiedliche Zugänge zur Frage des Gender Pay Gap

Wien (PK) – Zwei Themen aus dem Bereich Gleichbehandlung standen auf der Tagesordnung der heutigen Nationalratssitzung. Einstimmig angenommen wurde eine Entschließung der Abgeordneten Gisela Wurm (S) und Dorothea Schittenhelm (V), wonach die Regierung umgehend eine Reihe von Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen ergreifen soll. Ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F), die eine differenziertere Analyse und statistische Darstellung der Einkommen von Frauen und Männern in Österreich forderte, um das Ausmaß des so genannten Gender Pay Gap besser einschätzen zu können, wurde hingegen nur von FPÖ und Team Stronach unterstützt und damit abgelehnt.

Einstimmigkeit für Ausbau des Angebots im Bereich Gewaltschutz

Gisela Wurm (S) hielt fest, dass eine Studie der EU-Grundrechte-Agentur Erschreckendes ergeben habe und daher Anlass für die Entschließung des Gleichbehandlungsausschusses war. Europaweit gebe ein Drittel der Frauen an, bereits von Gewalt betroffen gewesen zu sein. Das Anliegen des gemeinsamen Antrags von SPÖ und ÖVP sei es daher, die Regierung aufzufordern, mehr Information für Gewaltopfer bereitzustellen, diese dadurch zu ermutigen, Übergriffe anzuzeigen und ihnen den Weg zu Hilfseinrichtungen zu erleichtern.

Fraktionskollege Johann Hell (S) verwies auf ein bereits dichtes Netz von Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen und Kinder in Österreich und eine vorbildliche Präventivpolitik. Trotzdem brauche es weitere Maßnahmen in Form von klaren Gesetzen und zusätzlichen Informationsangeboten. Hell meinte auch, Gewalt an Kindern und Jugendlichen dürfe nicht erst bei schweren Fällen thematisiert werden. Hier könne die Schule eine wichtige Rolle in der Sensibilisierung spielen. Wolfgang Knes (S) meinte, man müsse fragen, warum viele Opfer keine Hilfe suchten. Er sah Bedarf an zwei Informationskampagnen: eine, die den Opfern die Scheu vor den Hilfsinstitutionen nehme und eine weitere, die auf Sensibilisierung der Burschen und Männer in Fragen der Gewalt setze.

Diesen Forderungen schloss sich auch Dorothea Schittenhelm (V) an. Gewalt gegen Frauen sei leider auch in Österreich eine Realität und gehe quer durch alle Schichten. Sie wies darauf hin, dass Gewalt viele Gesichter habe, auch Mobbing sei eine Form davon. Es müsse daher Bewusstsein geweckt werden, dass Gewalt gegen Frauen kein Kavaliersdelikt darstellt. Österreich habe bereits einige vorbildliche Einrichtungen und Maßnahmen vorzuweisen. Auch Martina Diesner-Wais (V) meinte, Österreich schneide in der EU-Studie aufgrund vieler gesetzlicher Maßnahmen positiv ab. So gebe es ein Recht der Opfer auf psychologische Betreuung, die Verlängerungen der Verjährungsfristen und das Wegweiserecht. Vor allem bei der Frage von Gewalt im häuslichen Bereich müsse noch eine Sensibilisierung jener Stellen, die mit Opfer zu tun haben, erfolgen.

Carmen Gartelgruber (F) stimmte dem Antrag zwar zu, da das Thema wichtig sei. Es müsse auch das Problem der Belästigung in sozialen Medien ernster genommen werden, meinte sie. Die FPÖ-Abgeordnete fragte jedoch auch, ob die Entschließung nicht indirekt als Misstrauensantrag gegen die Frauenministerin in Bezug auf die mangelhafte Umsetzung des Regierungsprogramms zu werten sei. SPÖ und ÖVP, die einen niederschwelligen Zugang zu Gewaltschutzzentren forderen, wolle sie daran erinnern, dass derzeit österreichweit 80 Plätze in Frauenhäusern fehlen und diese Einrichtungen stets um ihre Finanzierung bangen müssen, sagte Gartelgruber.

Die Grüne Abgeordnete Aygül Berivan Aslan (G) stellte fest, die erwähnte EU-Studie zeige auf, dass nur jede fünfte Frau in Österreich wisse, wo sie vor Gewalt Schutz finden könne. Der Antrag sei sicher positiv zu werten, bleibe aber bedeutungslos, wenn er nur Forderungen des Regierungsprogramms wiederhole, ohne dass ihm Taten folgten. Der FPÖ warf sie deren widersprüchliche Haltung in Fragen der Frauenhäuser vor.

Martina Schenk vom Team Stronach hielt fest, dass dem Antrag inhaltlich sicher zuzustimmen sei, kritisierte aber grundsätzlich den Umgang mit Anträgen der Opposition. Die Abgeordnete wies zudem auf die Bedeutung von Gewaltprävention hin. Eine wichtige Rolle spiele auch die berufliche Selbständigkeit von Frauen, sie verringere deren Risiko, Opfer von Gewalt zu werden.

NEOS-Abgeordnete Angelika Rosa Mlinar meinte, Österreich sei zwar vorbildlich, was den Schutz vor Gewalt in Partnerschaften betreffe, trotzdem gebe es auch hier noch "offene Baustellen". Der Antrag sei an sich zu begrüßen, doch zu wenig konkret. Vor allem das Angebot für Frauen mit Migrationshintergrund, mit Behinderungen und im ländlichen Raum im Gewaltschutz sei noch mangelhaft. Der Budgetentwurf lasse leider nicht erkennen, dass die nötigen Mittel für einen Ausbau zur Verfügung gestellt werden.

Gartelgruber: Gender Pay Gap statistisch richtig erfassen

Carmen Gartelgruber (F) stellte fest, dass je nach Statistik die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen in Österreich bei 25 % oder auch nur bei 12 % anzusetzen sei. Bekanntlich seien Gehaltsunterschiede auf viele Faktoren zurückzuführen. Eine tatsächliche Vergleichbarkeit der Zahlen, die auch politische Schlussfolgerungen erlaube, brauche eine statistische Bereinigung und richtige Auswertung des Datenmaterials, dies sei Inhalt ihres Antrags. Der Equal Pay Day besitze jedenfalls keine Aussagekraft, er diene nur als "Waffe im Geschlechterkampf", formulierte sie.

SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm (S) hielt Gartelgruber entgegen, dass man keine weitere Statistik brauche. Es gebe genug differenzierte Daten, die es erlaubten, die richtigen Schlüsse zu ziehen, begründete sie die Ablehnung des Antrag. Ihre Fraktion unterstütze alle Maßnahmen zur Verringerung der Einkommensunterschiede und gehe den Weg dabei konsequent weiter. Ihr Fraktionskollegin Sabine Oberhauser (S) schloss sich mit Kritik an der Haltung der FPÖ in Fragen der Gendergerechtigkeit an und befand den Antrag für gänzlich unnötig.

Auf Seite der ÖVP befand Gertrude Aubauer, dass eine neue Statistik nur neuen bürokratischen Aufwand bedeuten würde. Die Regierung setze bereits eine Reihe konkreter Maßnahmen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Zur Schließung der Pensionsschere könne das Angebot der Aufschubpension und des damit verbundenen Bonus einen gewissen Beitrag leisten, meinte sie. Elisabeth Pfurtscheller (V) war es ein Anliegen, einen neuen Denkansatz in der Gehaltsfrage einzubringen. Es sei wichtig, dass Frauen lernen, konsequent und selbstbewusst über ihre Gehaltsforderungen zu verhandeln. Ihnen die notwendige Kommunikationskompetenz zu geben wäre ein kleiner Baustein zur Lösung der Frage der Gehaltsunterschiede.

Man brauche sicher keine zusätzliche Statistik, es gehe im Antrag um die Vergleichbarkeit der bestehenden Erhebungen, konterte Martina Schenk (T). Diese Vergleichbarkeit sei derzeit nicht gegeben, es gebe vielmehr ein Wirrwarr von Aussagen zum Gender Pay Gap. Daher unterstütze das Team Stronach den Antrag und werde das Anliegen weiter verfolgen.

Judith Schwentner (G) stellte in Richtung von Abgeordneter Gartelgruber fest, der statistische Einkommensunterschied von Frauen und Männern sei nicht in einer einzigen Zahl fassbar, sondern hänge von Berechnungsmethoden unterschiedlicher Aussagekraft ab. Die Energie, die für eine nutzlose Diskussionen über Statistiken aufgewandt werde, sollte besser in die Umsetzung von Maßnahmen zur Beseitigung des unbestrittenen Faktums der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt gelenkt werden, meinte sie. (Fortsetzung Nationalrat) sox