Parlamentskorrespondenz Nr. 461 vom 21.05.2014

Nationalrat: Heftiger Streit über das Doppelbudget

Regierung verteidigt ihre Vorgangsweise, NEOS wechseln den Raum

Wien (PK) – Nach der nächtlichen Entscheidung der Mehrheit von SPÖ und ÖVP, dem Verlangen der Opposition auf Änderung der Tagesordnung nicht beizutreten, sondern das Doppelbudget 2014 und 2015 sowie den Bundesfinanzrahmen 2015 bis 2018 wie geplant zu debattieren und am kommenden Freitag zu beschließen, startete der Nationalrat die Plenardebatte über die Budgetentwürfe für die Obersten Organe – Bundespräsident, Parlament, Bundeskanzleramt, Höchstgerichte, Rechnungshof und Volksanwaltschaft - sowie über Kunst und Kultur programmgemäß. Die Abgeordneten hielten bei der Beratung über die Budgets der Obersten Organe eine Generaldebatte zur Budgetpolitik ab. Die Ankündigung von NEOS-Klubobmann Matthias Strolz, seine Fraktion werde zwar weiter an der Budgetdebatte teilhaben, aber den Raum wechseln, veranlasste Nationalratspräsidenten Barbara Prammer, ihn daran zu erinnern, dass jeder Abgeordnete verpflichtet sei, an den Sitzungen des Nationalrats teilzunehmen. Im Mittelpunkt der erwartungsgemäß sehr kontroversiellen Debatte zwischen der  Opposition einerseits und der Regierung beziehungsweise den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP andererseits stand die Qualität der von der Regierung vorgelegten Zahlenwerke.

Strache: Die Zahlen dieser Budgets hielten nicht einmal eine Woche

"Dilettantismus und Zahlentrickserei" warf FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache dem Finanzminister vor und hielt es für peinlich, Budgetentwürfe vorzulegen, deren Zahlen nicht einmal eine Woche halten. Das Doppelbudget sei nicht ehrlich und nicht transparent, kritisierte Strache weiter. Der Finanzminister informiere nur die EU über das Budget, nicht aber die Mitglieder des Budgetausschusses. Die Priorität dieser Regierung liege nicht im Österreichischen Parlament. Damit werte die Regierung den Parlamentarismus ab, sie verhöhne den Nationalrat offen, formulierte Strache drastisch. Er sei bestürzt darüber, wie bereitwillig sich die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP als "Abstimmungsmaschinen" einsetzen lassen, sagte Strache und mahnte die Selbstachtung der Parlamentarier ein, nicht zuletzt auch bei der aus seiner Sicht notwendigen Einsetzung eines Hypo-Untersuchungsausschusses.

Es wäre vernünftig gewesen, die vorliegenden Budgetentwürfe noch einmal dem Budgetausschuss zuzuweisen und dem Nationalrat korrekte Budgetentwürfe vorzulegen. Inhaltlich vermisste der FPÖ-Klubobmann die schon lange versprochene Steuerreform. "Wo bleiben die Offensivprogramme und die Erfüllung der Wahlversprechen, etwa die Entfesselung der Wirtschaft", fragte der FPÖ-Klubobmann, kritisierte das Weitersteigen der Staatsverschuldung, wies auf die höchste Abgabenquote bei gleichzeitiger Rekordarbeitslosigkeit hin und vermisste jeden Willen der Regierung gegenzusteuern. Die Regierung erhöhe Steuern, verzichte aber auf Ausgabensenkungen. "So wird der Wirtschaftsmotor abgewürgt", konstatierte Strache und forderte vehement eine Entlastung der Betriebe, der ArbeitnehmerInnen und der SteuerzahlerInnen. Denn trotz aller Tricks steige die Schuldenquote auf 80 % und trotz aller Steuererhöhungen müsse der Finanzminister zusätzliche Maßnahmen ankündigen, um 600 Mio. € oder 700 Mio. € oder eine zusätzliche Milliarde hereinzubringen.

"Wo aber bleiben die Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und die Einkommen der ArbeitnehmerInnen, der Familien und der PensionistInnen zu sichern?" lautete Straches Frage. Rot und Schwarz seien aufgefordert, bei der Verwaltung zu sparen. Während die Lohnsteuereinnahmen um 18 % steigen, weil die ÖsterreicherInnen fleißig arbeiten, nehmen die Insolvenzen bei den KMU zu und große Industriebetriebe kündigen an, in den kommenden Jahren nicht in Österreich, sondern in Übersee zu investieren. Für diese Politik sah Strache die ÖsterreicherInnen dazu aufgerufen, einen Denkzettel zu verpassen.

Schieder: Österreich betreibt eine sehr erfolgreiche Budgetpolitik

Demgegenüber rief SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zu einer seriösen Budgetdebatte auf, was nicht bedeuten könne, einzelne Punkte aus den Voranschlägen herauszugreifen und da oder dort mehr Auszahlungen oder weniger Steuern zu verlangen. Budgetpolitik verlange, die Rahmenbedingungen eines Budgets zu beachten. Österreich habe in den letzten Jahren eine überaus erfolgreiche Budgetpolitik betrieben, erinnerte Schieder und wies darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich nach wie vor geringer sei als in der EU. Daher werde auch 2014 und 2015 der Schwerpunkt auf Maßnahmen für Arbeitsmarkt, Jugendbeschäftigung und Soziales gelegt. Diese Politik mache sich auch auf der Einnahmenseite bezahlt, weil sie für entsprechende Steuereinnahmen sorge: Die Budgets der letzten Jahre wurden immer besser vollzogen, als sie veranschlagt waren, stellte Schieder fest.

Budgetpolitik sei auch dynamisch zu betrachten. Sie müsse in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für Stabilität sorgen und auch hier beurteilte Schieder die Politik der Bundesregierung positiv, denn die Zinssätze für die Staatsschuld seien so günstig wie nie zuvor. Zur Kritik der FPÖ an der hohen Steuer- und Abgabenquote gab Schieder zu bedenken, diese Quote sei zu Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung höher gewesen.  

Aus Sicht seiner Fraktion begrüßte Schieder die Schwerpunkte des vorgelegten Doppelbudgets für Wachstum, Beschäftigung, Jugend und Familien. 550 Mio. € stehen zusätzlich für ältere ArbeitnehmerInnen, 400 Mio. € zusätzlich für die schulische Nachmittagsbetreuung, 180 Mio. € mehr für den Wohnbau und 310 Mio. € für die Pflege zur Verfügung.

Als Herausforderungen für die Zukunft sah es der SPÖ-Klubobmann mit Bezug auf die aktuelle ökonomische Diskussion in der EU für wichtig an, das europäische Sozialmodell abzusichern, weil es Europa  wettbewerbsfähig mache. Angesichts zunehmender Kapitaleinkommen dürfe man die Verteilungsfrage nicht aus dem Auge verlieren. An dieser Stelle zitierte Schieder Experten, die sich für Vermögenssteuern aussprechen und zeigte sich erfreut darüber, dass die Regierung auch diesbezügliche Schritte in die richtige Richtung setze: verstärkte Betrugsbekämpfung, Maßnahmen gegen Luxuspensionen sowie gegen das Profit-Shifting, also die Verschiebung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen. Da die Lohnsteuereinnahmen stärker steigen als die Konsumsteuern sei eine Steuerreform notwendig, die Entlastungen für die ArbeitnehmerInnen bringe. "Jetzt gilt es, die vorliegenden Budgetentwürfe zu diskutieren und zu beschließen", sagte der SPÖ-Klubobmann. 

Glawischnig-Piesczek: Das Doppelbudget ist Makulatur

Die Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek erklärte die heftige Reaktion ihrer Fraktion auf die Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Vorlage des Doppelbudgets damit, dass die Regierung die Kosten der Hypo-Abwicklung den ÖsterreicherInnen zu 100 % aufbürde. Dieser Bank-Skandal gehe auf die korrupte Politik der Haider-FPÖ in Kärnten zurück, erinnerte die Rednerin, SPÖ und ÖVP hätten die Bank nach dem Verlauf an die Bayern aber  verstaatlicht und das Problem durch Verschleppung vergrößert. Die Grünen werden weiter für eine geordnete Insolvenz eintreten, sagte Klubobfrau Glawischnig-Piesczek und bezifferte den Nutzen für die SteuerzahlerInnen mit 3 bis 4 Mrd. €. Auch werden die Grünen weiterhin verlangen, den Hypo-Skandal aufzuklären. SPÖ und ÖVP aber haben die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestern zum 19. Mal abgelehnt, kritisierte die Rednerin.

Das vorliegende Doppelbudget bezeichnete Glawischnig-Piesczek als "Makulatur" und die vorgelegten Zahlen zum Großteil als nicht mehr gültig. So könne die Regierung mit dem Parlament nicht umgehen: Innerhalb weniger Tage sei die Einnahmenschätzung bei der Lohnsteuer um 300 Mio. € "verbessert" worden, ohne den Budgetausschuss darüber zu informieren. "Warum haben Sie die Probleme beim strukturellen Defizit im Ausschuss nicht offensiv behandelt?", fragte die Klubobfrau den Finanzminister. Einige seiner Vorschläge seien durchaus brauchbar, räumte Glawischnig ein, etwa jene zur verstärkten Betrugsbekämpfung. Problematisch sah Klubobfrau Glawischnig-Piesczek aber die Ankündigung, zusätzlich 350 Mio. € bei den Ermessensausgaben einzusparen, weil dies den Bildungssektor und die Universitäten unmittelbar treffe. Kritik übte die Rednerin auch an Kürzungen von 200 Mio. € im Umweltbereich und insbesondere auch bei Kontrolleinrichtungen wie dem Rechnungshof, der sich bekanntermaßen jeden Cent verdiene, den man für in ausgebe.

Lopatka: Wir brauchen große Reformen und wir machen große Reformen

Die Aussage der Grünen Klubobfrau, Österreich kürze bei der internationalen Katastrophenhilfe gerade zu dem Augenblick, in dem am Balkan die Häuser unter Wasser stehen, wies ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka eingangs seiner Rede vehement zurück und warnte davor, Österreich schlecht zu reden. "Wir sind bereits in Serbien, Österreich hilft den Menschen dort", stellte Lopatka vorweg klar. Die Doppelbudgets für 2014 und 2015 beurteilte der ÖVP-Klubobmann als gut für die Familien, gut für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort und gut für die jungen Menschen. "Wir wollen das Schuldenmachen beenden und an der Spitze Europas bleiben." Dass dies möglich sei, habe ausdrücklich auch die Europäische Kommission bestätigt. Dieses Doppelbudget ziele darauf ab, es den Menschen künftig besser gehen zu lassen. Der Abbau der Schulden sei wichtig, weil die Schulden von heute die Steuern von morgen sind, formulierte Lopatka. Beim Thema "Hypo" wies Lopatka die Aussage zurück, der Finanzminister würde die SteuerzahlerInnen zu 100 % belasten. Auch Anteilseigner und Gläubiger des Instituts sollen an den Kosten beteilig werden.

Das Ziel eines strukturellen Defizits im Jahr 2016 gelte, bedauerlicherweise lasse die Opposition ihre Unterstützung vermissen. Kritik übte Lopatka insbesondere an der Arbeitsverweigerung der NEOS, die er ausdrücklich an die Verpflichtung jedes Abgeordneten erinnerte, an den Sitzungen des Nationalrats und an den Ausschüssen, denen sie angehörten, teilzunehmen. "Sie sind als Abgeordnete gewählt und nicht als Wanderprediger", formulierte Lopatka pointiert.

Über seine Absicht, das Budget 2014 strikt zu vollziehen, habe der Finanzminister die Abgeordneten ebenso informiert wie über den Brief an die EU-Kommission. Den FPÖ-Klubobmann erinnerte Lopatka daran, er habe jeden der Budgetentwürfe der letzten Jahre als falsch kritisiert. Jedes Jahr habe sich herausgestellt, dass die Budgets nicht nur gehalten haben, sondern sogar übertroffen werden konnten. Aktuell könne sich Österreich mit Anleihezinsen unter 1 % finanzieren, teilte Lopatka mit.

"Wir brauchen große Reformen und wir machen große Reformen", sagte der ÖVP-Klubobmann und kündigte sowohl eine Reform des Förderwesens als auch eine engagierte Vorgangsweise bei den Pensionen an. Diese Strukturreformen werden gelingen und es wir werden es wie bisher schaffen, wachstumsschonend vorzugehen. Die große Aufgabe nach dem bevorstehenden Budgetbeschluss sieht der ÖVP-Klubobmann in einer ordentlichen Steuerreform.

Nachbaur: Die Luftballon-Ökonomie der Bundesregierung  

Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur leitete ihre Ausführungen zum Doppelbudget mit dem Vorwurf an die SPÖ ein, seit Jahrzehnten Schuldenmacherei zu betreiben, unterstützt werde sie dabei von der ÖVP, fügte die Rednerin hinzu. "Machterhalt auf Kredit" laute das Motto dieser Regierung, die Schulden mache, um sich damit Stimmen zu kaufen. Diese Praxis stehe im Widerspruch zur Tatsache, dass niemand auf Dauer mehr Geld ausgeben könne als er einnehme. Als "Luftballon-Ökonomie" nahm Nachbaur die wiederkehrenden Diskussionen über Budgetlöcher und das Bemühen wahr, sie wieder kleinzureden – so verliere die Bundesregierung immer mehr von ihrer Glaubwürdigkeit.

Demgegenüber trete das Team Stronach für Leistungsgerechtigkeit sowie dafür ein, die fleißigen Menschen in Österreich zu entlasten. Wer gearbeitet und sich etwas erspart hat, soll vor der Einführung von Vermögenssteuern geschützt werden. Auch sollen Menschen, die arbeiten, von ihrem Einkommen leben können, verlangte Kathrin Nachbaur. Der Sozialstaat sei notwendig, aber nur für jene, die ihn tatsächlich brauchen. SPÖ und ÖVP wollten aber möglichst viele Menschen in die Abhängigkeit des Sozialstaates treiben, lautete die Kritik von Klubobfrau Nachbaur. Stattdessen sollte der Verwaltungsapparat abgebaut, die Rekordsteuerquote reduziert und die Arbeitslosigkeit vermindert werden. "Wir müssen zurück zur sozialen Marktwirtschaft", sagte Nachbaur und zog Parallelen zwischen dem Untergang des Römischen Reichs und dem aktuellen Wirtschaftssystem, in dem eine immer größere Bürokratie und ein immer größerer Sozialstaat den Menschen immer höhere Steuern aufzwinge.

Strolz verlangt Budgetentwürfe mit korrekten Zahlen  

Der Klubobmann der NEOS, Matthias Strolz, hielt es für unverzichtbar, die Budgetdebatte auf der Grundlage korrekter Zahlen zu führen, wies den Vorwurf zurück, die Opposition habe beim Thema "Brief nach Brüssel" geschlafen und stellte fest, dass nur wenige Abgeordnete rechtzeitig über den Inhalt dieses Briefes Bescheid gewusst hätten. "Das ist nicht fair", kritisierte Strolz und erinnerte an die Probleme der Abgeordneten und ihrer MitarbeiterInnen, innerhalb weniger Tage ein Zahlenwerk mit 5.000 Seiten, das mehr als 19 Kilogramm wiegt, durchzuarbeiten und zu beurteilen. Dann aber Mängel und fehlende Informationen feststellen zu müssen, können die NEOS nicht akzeptieren. "Das ist kein aufrichtiger Umgang miteinander". Daher wollten wir die Debatte um eine Woche verschieben und zurück in den Ausschuss gehen, sagte Strolz. Da dies nicht möglich ist, beschrieb Strolz die weitere Vorgangsweise seiner Fraktion wie folgt: "Unser Plenardienst wird durchgehend anwesend sein, wir werden unsere Anträge und unsere Anliegen einbringen. Wir werden an der Budgetdebatte weiter teilhaben, wir wechseln nur den Raum. Wir gehen zu den BürgerInnen und erzählen ihnen, dass wir seit 52 Jahren Schulden machen und das es so nicht weitergehen kann". Die Budgetdebatte einfach fortzusetzen und das Budget am kommenden Freitag zu beschließen, verglich der NEOS Klubobmann mit der Zumutung, einem Vertragspartner einen Vertrag vorzulegen, der vor der Unterzeichnung geändert wurde, ohne den Vertragspartner über die Änderungen zu informieren. Ein Budget vorzulegen, das die Schulden um 3,6 Mrd. € erhöhe und zugleich über zusätzliche Maßnahmen von bis zu 1 Mrd. € nachzudenken - das könne man als Abgeordneter nicht akzeptieren, sagte Strolz und erinnerte dran, dass der Nationalrat Sondersitzungen über Beträge von 57 Mio. € abhält.

Es sei schwierig, gute Budgets zu erstellen, räumte der NEOS-Klubobmann bei der inhaltlichen Beurteilung der Entwürfe ein. Er würde versuchen, ein enkelfittes und zugleich generationengerechtes Budget zu konzipieren, sagte Strolz und warf der ÖVP vor, sie kündige zwar seit 1987 Jahr für Jahr an, keine neuen Schulden mehr zu machen, verfehle dieses Ziel aber auch in wirtschaftlich guten Zeiten Jahr für Jahr. Die Schuldenpolitik der großen Koalition gehe zu Lasten kommender Generationen. Was fehle, seien eine Föderalismusreform, eine Gesundheitsreform und eine Pensionsreform. Eine Budgetdebatte setze klare Zahlen voraus. "Wir werden die Debatte fortsetzen, aber in einem anderem Raum."

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer erinnerte den Klubobmann der NEOS daran, dass jeder Nationalratsabgeordnete verpflichtet sei, an den Sitzungen des Nationalrats und an den Ausschüssen, an denen er oder sie Mitglied sei, teilzunehmen.

Faymann hält am strukturellen Nulldefizit 2016 fest

Bundeskanzler Werner Faymann wehrte sich vehement gegen die Vorwürfe, die Regierung habe beim Budgetentwurf gelogen oder getrickst. Die Opposition wisse genau, dass sich die Prognosen hinsichtlich des voraussichtlichen strukturellen Defizits für das Jahr 2013 zunächst auf 1,6 % belaufen haben. Mit diesen Zahlen sei man auch in den Wahlkampf gegangen, erinnerte er mit Nachdruck. Nun habe sich aber heuer im April bzw. Mai herausgestellt, dass aufgrund eines sehr guten Vollzugs sogar 1,1 % erreicht wurden. Deshalb habe er auch gesagt, es sei ein Luxusproblem, darüber zu diskutieren; diese Werte hätten viele europäische Länder gerne. Eine ähnliche positive Entwicklung gab es bei den Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer im ersten Quartal 2014; auch diese fielen höher aus, als man kalkuliert hatte.

Da die Europäische Kommission nun gesehen habe, dass Österreich besser abschneidet als erwartet, habe sie die Empfehlung ausgesprochen, das Nulldefizit noch früher anzustreben, und zwar schon im Jahr 2015, erklärte Faymann. Die Bundesregierung wolle jedoch weiter am ursprünglichen Ziel festhalten, betonte Faymann, da es die Befürchtung gibt, dass dies entweder nicht gelinge oder dann kurzfristige Maßnahmen notwendig seien, die nachteilige Auswirkungen haben könnten. Er habe gehofft, dass es in dieser Frage einen Schulterschluss im Hohen Haus gibt, da neben dem Sparkurs auch noch immer Investitionen möglich sein sollen. Diese seien seiner Ansicht nach Voraussetzung dafür, um gut aus der Krise zu kommen und einen hohen Beschäftigtenstand zu gewährleisten. Faymann versicherte gegenüber den OppositionsrednerInnen, dass sehr wohl auch Strukturreformen angegangen werden, diese dürfen jedoch keine Schnellschüsse sein, sondern müssen gut vorbereitet werden. Er glaube, dass die guten wirtschaftlichen Eckdaten Österreich beweisen, dass der eingeschlagene konsequente Weg in Richtung qualitatives Wachstum und Beschäftigung der richtige sei.

Spindelegger pocht auf ehrliche Darstellung der Fakten und Zahlen

Finanzminister Michael Spindelegger war überzeugt davon, dass die Budgets und der Finanzrahmen ein solides Zahlenwerk für 2014 und 2015 und für die Jahre bis 2018 enthalten. Ebenso wie der Bundeskanzler vertrete er die Ansicht, dass es neben den Einsparungen noch ausreichend Spielräume für Investitionen, wie etwa in die Familie, Kinderbetreuung oder den Hochwasserschutz, geben müsse, um die Wirtschaft zu beleben. Der Finanzminister räumte ein, dass es Auffassungsunterschiede mit der EU-Kommission gebe, da sich die Regierung dazu entschlossen habe, ein strukturelles Nulldefizit erst im Jahr 2016 zu erreichen. Spindelegger betonte in diesem Zusammenhang, dass sowohl der Europäischen Union als auch dem Hohen Haus natürlich dieselben Zahlen vorgelegt wurden. Die Kommission habe rasch reagiert und am 5. Mai über die Euro-Gruppe mitteilen lassen, dass in Österreich eine signifikante Abweichung vom Budgetkonsolidierungspfad drohe. Schon drei Tage später habe er im Hearing des Budgetausschusses ausführlich dazu Stellung genommen, erinnerte der Finanzminister. Nach intensiven Verhandlungen sei dann eine Antwort an den zuständigen Kommissar geschickt worden. Es sei daher nicht richtig, wenn manche OppositionspolitikerInnen jetzt behaupten, erst diese Woche davon erfahren zu haben. Auch was die Budgetdaten angeht, sei es ihm ein großes Anliegen, die BürgerInnen richtig zu informieren, führte Spindelegger weiter aus. So liege der Grund für die höchste Staatsverschuldung in der Hypo Alpe Adria, unterstrich der Finanzminister in Richtung der Freiheitlichen. Auch wenn Wahlen vor der Tür stehen, würde er sich wünschen, dass die Diskussionen sachlich geführt werden und am Freitag die Grundlage für zwei weitere gute Jahre beschlossen werden kann, appellierte der Vizekanzler abschließend. (Fortsetzung Nationalrat) fru/sue