Parlamentskorrespondenz Nr. 537 vom 05.06.2014

Privatisierung des Dorotheum 2001 wirft immer noch Schatten

RH-Ausschuss: Danninger sieht Finanzministerium außer Verantwortung

Wien (PK) - Mit einiger Zeitverzögerung befasste sich der Rechnungshofausschuss des Nationalrats mit der Privatisierung des Dorotheum. Die Dorotheum GmbH mit ihren drei Geschäftsbereichen Auktionen, Schmuckhandel und Pfandleihe wurde bereits im September 2001 im Auftrag der damaligen schwarz-blauen Regierung von der ÖIAG veräußert, zehn Jahre später, im März 2011, verlangten die Grünen eine Überprüfung des damaligen Privatisierungsprozesses. Der vom Rechnungshof im August 2012 fertig gestellte Prüfbericht (III-10 d.B.) wurde dem Nationalrat auf Wunsch der Abgeordneten in dieser Legislaturperiode neuerlich vorgelegt und stand heute im Ausschuss zur Diskussion.

Die Grünen sehen sich durch den Rechnungshofbericht in ihrer Kritik bestätigt. Staatssekretär Jochen Danninger wies mit Hinweis auf die alleinige Zuständigkeit der ÖIAG allerdings jegliche Verantwortung des Finanzministeriums zurück, was nicht nur bei Rechnungshofpräsident Josef Moser Befremden auslöste. Zur Zukunft der ÖIAG sagte Danninger, man befinde sich auf Regierungsebene "in guten Gesprächen".

Viel Positives konnten die RechnungshofprüferInnen der seinerzeitigen Privatisierung des Dorotheum nicht abgewinnen. Der Verkaufserlös lag mit 70,57 Mio. € um rund 10 bis 20 Mio. € unter der Verkaufspreisempfehlung jener Investmentbank, die die Privatisierung begleitete. Dazu kommen ungewöhnlich hohe Privatisierungskosten (3,03 Mio. €) und ein geschätzter Steuerentgang für den Finanzminister in der Höhe von 16,9 Mio. € durch eine kurz vor der Veräußerung erfolgte Umwandlung des Dorotheum von einer GmbH in eine GmbH & CoKG. Dem Wert der Immobilien im Besitz des Dorotheum wurde nach Meinung der PrüferInnen ein zu geringer Stellenwert beigemessen.

Auch der Ablauf des Privatisierungsprozesses wird vom Rechnungshof beanstandet. So verzichtete das Finanzministerium darauf, der ÖIAG Vorgaben, etwa was den angestrebten Verkaufspreis oder den Umgang mit stillen Reserven betrifft, zu machen. Aufgrund fehlender Dokumentation konnte außerdem nicht mehr eruiert werden, warum im Zuge des Vergabeprozesses einige Bieter ausgeschieden wurden. Bei der Reihung der Anbote erhielt die beigezogene Investmentbank, deren Beauftragung laut Rechnungshof ebenfalls nicht nachvollziehbar war, von der ÖIAG mehr oder weniger freie Hand, die Bewertungsverfahren waren nicht offen gelegt. Verzichtet wurde auch auf die Prüfung der von der Käuferin beigebrachten Bankgarantie, trotz des hohen Fremdfinanzierungsbedarfs von 80 % des Kaufpreises.

Der Rechnungshof macht in seinem Bericht darüber hinaus darauf aufmerksam, dass das Dorotheum in den Jahren 2000 bis 2010 eine äußerst positive wirtschaftliche Entwicklung nahm. Das Betriebsergebnis vervielfachte sich von 1,94 Mio. € im Jahr 2000 auf 18,45 Mio. € im Jahr 2010, der Jahresgewinn kletterte im selben Zeitraum von 3,61 Mio. € auf 9,28 Mio. €, wobei das hohe finanzielle Ertragspotential nach Ansicht der PrüfererInnen bereits im Jahr 2000 zu erkennen war. Im Juli 2002 verkaufte die Käuferin des Dorotheums acht von 13 Immobilien um rund 42,1 Mio. €, weitere Liegenschaftsverkäufe in der ersten Hälfte 2013 erbrachten 12 Mio. € Verkaufserlös.

Opposition kritisiert Verschleuderung von Staatsvermögen

Die Grünen, die die Rechnungshofprüfung initiiert hatten, sehen sich in ihrer Kritik an der Privatisierung des Dorotheum bestätigt. Ausschussvorsitzende Gabriela Moser sprach unter anderem von einer "vollen Pleite" und einer "Verschleuderungsaktion", für die der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Letztverantwortung getragen habe.

Die anderen Oppositionsparteien schlossen sich der Kritik weitgehend an. So wies NEOS-Abgeordneter Rainer Hable etwa auf die Differenz zwischen dem geschätzten Unternehmenswert und dem letztendlich erzielten Verkaufserlös hin. Er fragt sich außerdem, warum eine Investmentbank und nicht eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Kombination mit einer Rechtsanwaltskanzlei zum Verkauf beigezogen wurde und warum entscheidende Dokumente fehlen. Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) meinte, dass es möglicherweise zweckmäßiger gewesen wäre, mit der Privatisierung zu warten und diese erst nach der angepeilten Ertragssteigerung durchzuführen. Team-Stronach-Abgeordnete Martina Schenk stellte überhaupt den Nutzen der ÖIAG in Frage.

Für die SPÖ zog Abgeordneter Johann Hell den Schluss, der Verkauf des Dorotheum sei günstig für den Verkäufer und ungünstig für den Steuerzahler gewesen. ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger zeigte allerdings kein Verständnis für die Kritik. Er machte geltend, dass das gesamte Verfahren professionell und unter Beachtung internationaler Rechtsnormen abgewickelt worden sei und sich der Verkaufserlös im Rahmen der zu erwartenden Bandbreite bewegte. Aufgreifen sollte man seiner Meinung nach die Empfehlung des Rechnungshofs, die Dokumentation zu verbessern.

Danninger: Finanzministerium hatte keinen Einfluss auf Privatisierung

Staatssekretär Jochen Danninger hob hervor, dass es keine Verantwortung von Seiten des Finanzministeriums gebe. Für die Privatisierung seien ausschließlich der Vorstand und der Aufsichtsrat der ÖIAG zuständig gewesen. Auch die Empfehlungen des Rechnungshofs seien allesamt an die ÖIAG gerichtet, daher könne das Finanzministerium keine Schlussfolgerungen aus dem Rechnungshofbericht ziehen.

Bei der Privatisierung des Dorotheum seien im Übrigen alle Vorschriften eingehalten worden, bekräftigte Danninger. Die Umgründung der Gesellschaft, die zu Steuerausfällen in Millionenhöhe geführt hat, ist seiner Ansicht nach notwendig gewesen, da es sonst zu keinem Verkauf gekommen wäre. Beide letztlich verbliebenen Bieter hätten diese gefordert. Zur Frage, ob es inzwischen einen Privatisierungsleitfaden gibt, merkte Danninger an, die ÖIAG habe im Bereich der Dokumentation wesentliche Verbesserungen gegenüber dem damaligen Zeitpunkt vorgenommen.

Danninger wies die Kritik der Grünen auch generell zurück. Dass die ÖIAG Republiksvermögen verschleudere, spiegle sich nicht in den Zahlen wider, betonte er. Durch die vollständige bzw. teilweise Privatisierung von Beteiligungen habe die ÖIAG ab dem Jahr 2000 einen Verkaufserlös von 6,3 Mrd. € erzielt. Damit sei es nicht nur möglich gewesen, die Schulden der ehemaligen verstaatlichten Industrie zu tilgen, sondern der Republik seit dem Jahr 2003 auch Dividenden im Ausmaß von 2,3 Mrd. € zu zahlen.

Was die Zukunft der ÖIAG betrifft, verwies Danninger auf das Regierungsprogramm. Man befinde sich auf Regierungsebene "in guten Gesprächen", sagte er. Eine Auflösung schloss er dezidiert aus.

Rechnungshof bleibt bei harscher Kritik

Auf die Argumentation von Staatssekretär Danninger, wonach das Finanzministerium keinen Einfluss auf die ÖIAG habe, reagierten nicht nur viele Abgeordnete befremdet, sondern auch Rechnungshofpräsident Josef Moser. Es gehe bei Privatisierungen um Staatseigentum, also um Eigentum der StaatsbürgerInnen, da könne man sich nicht auf verantwortliche Organe ausreden, sagte er. Moser forderte in diesem Sinn eindringlich, die Transparenz und die Rechenschaftspflicht bei Privatisierungen zu erhöhen.

Im Falle des Dorotheum habe der Privatisierungsausschuss ein einziges Mal getagt, erinnerte Moser. Auch habe sich der Aufsichtsrat keinerlei Gedanken darüber gemacht, wie hoch das Preisband für den Verkauf sein soll und wie mit stillen Reserven umgegangen wird.

Auch sonst blieb Moser bei der Kritik des Rechnungshofs und wies unter anderem darauf hin, dass durch stille Reserven des Dorotheum in Form von Immobilien innerhalb weniger Monate nach der Privatisierung 57,3 % des Kaufpreises finanziert werden konnten. Für bemerkenswert erachtet er es auch, dass der Aufsichtsrat der ÖIAG das Finanzministerium nicht über den Steuerausfall durch die Umgründung informiert hat und dass die Privatisierungskosten überdurchschnittlich hoch waren.

Staatsekretär Danninger wies in Reaktion nochmals auf die fehlende Einflussmöglichkeit des Finanzministeriums hin und meinte, das Finanzministerium könne keine Kompetenzen wahrnehmen, die das ÖIAG-Gesetz nicht vorsehe.

Der Rechnungshofbericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) gs