Parlamentskorrespondenz Nr. 603 vom 24.06.2014

Ausschuss: Strengere Regeln bei Selbstanzeige von Finanzdelikten

Höherer Ökostrom-Freibetrag für Selbstverbraucher

Wien (PK) – Der Finanzausschuss bereitete heute eine Reihe von wichtigen politischen Entscheidungen für das Nationalratsplenum im Juli vor. Nach dem Beschluss des Sondergesetzes für einen geordneten und budgetschonenden Abbau der Hypo Alpe Adria empfahlen die Ausschussmitglieder dem Plenum die Annahme gesetzlicher Grundlagen zum Zusammenwirken von FMA, OeNB und EZB in der europäischen Bankenaufsicht, die im kommenden November ihre Arbeit aufnimmt.

Mit Mehrheit sprachen sich die Ausschussmitglieder dafür aus, privaten Investoren Zugang zu Alternativen Fonds zu eröffnen, das Finanzstrafrecht bei Selbstanzeigen nachzuschärfen und den Freibetrag für Ökostrom-Selbstverbraucher im Elektrizitätsabgabegesetz auf 25.000 € anzuheben. Internationale Abkommen sollen die Kooperation der Steuerbehörden verbessern und den globalen Tabakschmuggel eindämmen. Die Grünen schlugen vor, die ÖIAG-Aufsichtsräte vom Eigentümer, der Republik Österreich, bestellen zu lassen; dieser Antrag wurde vertagt.

Einheitlicher Aufsichtsmechanismus für europäische Banken

Am 4. November 2014 wird die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Aufgaben im einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism - SSM) aufnehmen. In Österreich besteht die neue Bankenaufsicht aus EZB, Finanzmarktaufsicht (FMA) und Oesterreichischer Nationalbank (OeNB), wobei die EZB für die direkte Aufsicht großer Kreditinstitute zuständig ist. Die Übertragung von Aufgaben der Bankenaufsicht an die Europäische Zentralbank erfordert Anpassungen im Bankwesengesetz (BWG) und in anderen finanzpolitischen Normen, die – in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrags - mit S-V-Mehrheit beschlossen wurden (162 d.B.). Zudem werden Prüfberichte  weiterentwickelt, die Beiträge der Bankprüfer beim Erkennen wirtschaftlicher Fehlentwicklungen verbessert, und der Prüfungsumfang an neue Anforderungen angepasst.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass das Europäische Parlament im Rahmen der Bankenprüfungen zahlreiche neue Mitwirkungsrechte erhalten hat, die er sich für das nationale Parlament auch wünschen würde.

ÖVP-Mandatar Werner Groiß ging auf den S-V-Abänderungsantrag ein. Durch die darin vorgesehen Bestimmungen soll u.a. der Tatsache Rechnung getragen werden, dass auch Bankinstitute, die unterhalb des Schwellenwerts (Bilanzsumme in der Höhe von 5 Mrd. €) liegen, von erheblicher Bedeutung sein können. Mit S-V-Mehrheit angenommen wurde schließlich auch noch eine Ausschussfeststellung, die eine Klarstellung hinsichtlich der gemeinnützigen Bauvereinigungen trifft.

Private erhalten Zugang zu Alternativen Investmentfonds

Erste Erfahrungen mit der Bewilligung Alternativer Investmentfonds seit deren Regulierung im Vorjahr und neue EU-Vorschriften veranlassen die Regierung zu Korrekturen in Gesetzen über Pensionskassen, Investmentfonds, Alternative Investmentfonds (AIF) und Immobilien-Investmentfonds (176 d.B.). Private Equity-Dachfonds und AIF in Unternehmensbeteiligungen werden für Privatkunden zugelassen, wenn sie Informationsvorschriften zum Schutz der Anleger einhalten. Verwalter von Pensionskassen und Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapieren sowie von alternativen Investmentfonds sollen sich künftig weniger auf externe Ratings stützen, sondern Risiken mit Sorgfalt selbst prüfen.

Abgeordneter Rainer Hable (N) sprach von einem anleger- und unternehmerfeindlichen Gesetz, da die in der Vorlage enthaltene Betragsgrenze in der Höhe von 100.000 nur eine kleine Gruppe von Personen begünstige. Finanzminister Michael Spindelegger stellte seinem Vorredner gegenüber fest, dass bei ihm in dieser Frage keine Bank interveniert hätte. Außerdem zeigte er sich bezüglich einer Reduktion der Betragsgrenze gesprächsbereit. – Die Vorlage wurde in der Fassung eines Abänderungsantrags der Koalition mit S-V-Mehrheit angenommen.

Das Finanzstrafrecht wird bei Selbstanzeigen nachgeschärft 

Die von Finanzminister Michael Spindelegger in der Budgetdebatte angekündigte "Nachschärfung" bei Selbstanzeigen mündete in einer Finanzstrafgesetznovelle 2014 (177 d.B.), die im Ausschuss in der Fassung eines Abänderungsantrags, der Verwaltungsvereinfachungen zum Inhalte hatte, mehrheitlich angenommen wurde. Waren erstmalige Selbstanzeigen für vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Finanzdelikte bislang straffrei und führten erst im Wiederholungsfall zu einer Abgabenerhöhung von 25 %, soll künftig bereits die erste Selbstanzeige zu einem Abgabenzuschlag von 5% führen. Eine wiederholte Selbstanzeige bei derselben Abgabe ist künftig ausgeschlossen. Bei Beträgen über 33.000 € soll der Zuschlag 15%, über 100.000 € 20% und über 250.000 € 30% betragen. Der Finanzminister erwartet schon 2014 Mehreinzahlungen von 150 Mio. € für den Bund.

Abgeordneter Hubert Fuchs (F) gab zu bedenken, dass im Rahmen von Jahresumsatzsteuererklärungen oft aus Vorsichtsgründen Selbstanzeigen gemacht werden. Wenn dann allerdings eine zweite Selbstanzeige gemacht werden müsste, sei diese nicht mehr strafbefreit, bemängelte er. Er trat daher dafür ein, dass Strafzuschläge nur bei vorsätzlichen Delikten schlagend werden. Robert Lugar vom Team Stronach war der Auffassung, dass Reue anerkannt werden sollte und befürchtete auf lange Sicht Einnahmensausfälle für die Finanz. G-Mandatar Bruno Rossmann hielt die gewählte Lösung für völlig unzureichend; in Deutschland gebe es deutlich schärfere Konsequenzen. Abgeordneter Christoph Matznetter (S) wiederum begrüßte die Regelung, da es sich um einen guten Mittelweg handle.  

In Österreich gebe es generell ein gut funktionierendes System, meinte Finanzminister Michael Spindelegger, nun werden kleine Veränderungen vorgenommen. Die ÖVP-Abgeordnete Gabriele Tamandl informierte er darüber, dass es pro Jahr zu etwa 200 Strafverfahren kommt; 50 bis 60 enden mit einer gerichtlichen Strafe.

Elektrizitätsabgabe: Höherer Ökostrom-Freibetrag für Selbstverbrauch

Für Ökostrom-Selbstverbraucher wird ein Freibetrag von 25.000 kWh pro Jahr eingeführt, was einer weitgehenden Befreiung nachhaltiger Stromerzeuger von der Elektrizitätsabgabepflicht gleichkommt und Verwaltungsvereinfachungen bringt (163 d.B.). Den Steuerausfall berechnet die Regierung ab 2015 mit 200.000 € pro Jahr für den Gesamtstaat. Eine weitergehende Gesetzesänderung beantragte die Grün-Abgeordnete Christiane Brunner. Sie verlangte, den Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms von der Elektrizitätsabgabe gänzlich zu befreien (342/A). Die Regierungsvorlage erhielt S-V-G-Zustimmung, der Antrag der Grünen galt somit als miterledigt.  

Internationale Kooperation der Finanzbehörden wird verbessert

Eine einstimmig beschlossene Änderung des seit 1995 geltenden multilateralen Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe trägt den neuen OECD-Amtshilfestandards Rechnung und verbessert die internationale Verwaltungszusammenarbeit in Steuersachen (179 d.B.). Dasselbe Ziel verfolgt ein Steuer-Abkommen mit der Vogtei Guernsey (143 d.B.), das mit S-V-F-N-Mehrheit verabschiedet wurde. Das Abkommen gehe zwar in die richtige Richtung, enthalte aber nur sehr eingeschränkte Informationspflichten, beklagte Abgeordneter Bruno Rossmann (G) .

Staaten machen gegen den Tabakschmuggel mobil

Ein mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossenes Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen (135 d.B.) ermöglicht es, den Handel mit Tabakprodukten weltweit zurückzuverfolgen, bringt Aufzeichnungspflichten und Verhaltenskodizes für Unternehmen sowie Kontrollen in Freihandelszonen und Duty Free Shops. Dazu kommen Vorschriften zur Aufdeckung, Ermittlung, Verfolgung und Ahndung von Rechtsbrüchen und Bestimmungen über die Amts- und Rechtshilfe.

Grüne wollen Bestellungsmodus für ÖIAG-Aufsichtsräte ändern  

Die Grün-Abgeordneten Werner Kogler, Gabriela Moser und Ruperta Lichtenecker beantragten eine Novelle des ÖIAG-Gesetzes, wonach die ÖIAG-Aufsichtsräte nicht mehr durch Beschluss im Kreis der Aufsichtsräte, sondern – wie in Aktiengesellschaften auch sonst üblich - durch den Eigentümer bestellt werden. Die von Schwarz-Blau eingeführte Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrates soll beendet werden. Er habe die ÖIAG nicht entpolitisiert, wie ehedem behauptet wurde, sondern zu einem "Klüngel von Verwandten und Bekannten aus dem Umfeld der Industrie" gemacht, in dem "eine Insiderclique das Sagen hat", zitieren die Antragsteller OeNB-Präsidenten Claus Raidl (473/A[E]). Abermals massive Kritik übte Abgeordneter Werner Kogler (G) an den Plänen, den Ex-Magna-Chef Siegfried Wolf als ÖIAG-Aufsichtsratschef zu installieren. - Mit S-V-Mehrheit vertagt. (Schluss) fru/sue