Parlamentskorrespondenz Nr. 652 vom 02.07.2014

Maximal 0,1 Promille beim Lenken von Schülertransporten

Noch keine Entscheidung des Verkehrsausschusses über länderübergreifende Ausnahmen von Nachtfahrverboten

Wien (PK) – Mehrere Gesetzesänderungen für den Straßenverkehr brachte der Verkehrsausschuss heute auf den Weg ins Plenum. Dazu gehört eine Öffnung der Durchführung von Schüler- und Krankentransporten für das Taxi-Gewerbe, verbunden mit einer Absenkung der Promillegrenze für LenkerInnen solcher Transporte auf 0,1 Promille. Zivile Führerscheinbehörden sollen künftig die Untersuchungen von Militärärzten anerkennen. Eine gesetzliche Grundlage für eine vereinfachte Bundesländer übergreifende Erteilung von Ausnahmen von Nachtfahrverboten für LKW wurde hingegen vorerst in die Warteschleife geschickt, nachdem Verfassungsexperten darauf hingewiesen hatten, dass die derzeitige Formulierung des Initiativantrags neue rechtliche Unklarheiten schaffen würde.

Der Ausschuss nahm auch den Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen einstimmig zur Kenntnis und äußerte seine Zufriedenheit darüber, dass hier ein wichtiger Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet wird.

Abgelehnt wurde hingegen der Antrag der Grünen nach einer Aufnahme der Delikte Geschwindigkeitsübertretung und Handy am Steuer ins Führerschein-Vormerksystem. Die FPÖ-Anträge betreffend Regelungen für Rechtsabbiegen bei Rot und eine Mindesthöhe für Verkehrszeichen wurden vertagt, wie auch die Forderung der Grünen nach einer Mitfinanzierung des Bundes beim Ausbau des Nahverkehrs. Vertagt wurden schließlich auch die Anträge der NEOS über eine Vignettenlösung für Wohnmobile und die Evaluierung von Bahnprojekten.

Mehr Verkehrssicherheit durch Fahrzeugüberprüfungen auf den Straßen

Durchwegs zufrieden zeigten sich die Abgeordneten mit dem heurigen Bericht der Bundesanstalt für Verkehr (BAV) über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2013 (III-88 d.B.), den Verkehrsministerin Doris Bures dem Nationalrat vorgelegt hat. Die technischen Unterwegskontrollen von Nutzfahrzeugen werden auf den österreichischen Straßen regelmäßig von technischen Sachverständigen der Länder und der BAV gemeinsam mit der Polizei durchgeführt. Sie seien nur eine von vielen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, hielt die Ministerin fest. Man verringere dadurch die Zahl technisch mangelhafter Fahrzeuge mit potentieller Unfallgefährdung im Straßenverkehr. Es sei auch heuer trotz des budgetären Sparzwangs gelungen, das Budget für diese Kontrollen bei 2,5 Mio. € zu halten.

Nachdem die Abgeordneten Georg Willi (G), Gerhard Deimek (F) und Christoph Hagen (T) die Frage der Kontrolldichte angesprochen hatten, erklärte der Experte der BAV, dass diese sich nicht beliebig steigern lasse. Es gebe ein bewährtes System der Kontrollpunkte. Im April 2014 ist eine neue EU-Richtlinie über die Kontrolle von Nutzfahrzeugen auf Europas Straßen in Kraft getreten. Art und Umfang der Fahrzeugkontrollen in Österreich befänden sich bereits auf hohem Niveau und würden durch die Richtlinie voraussichtlich keine wesentlichen gesetzlichen Anpassungen erfordern, wie der Experte anmerkte. Technische Unterwegskontrolle bedeute, dass gezielt Fahrzeuge, bei denen der Verdacht technischer Mängel besteht, von speziell geschulten Polizeiorganen angehalten und einer ersten Überprüfung durch technische Fachverständige zugeführt werden, erläuterte er. Bestätigt sich der Verdacht auf technische Mängel, erfolgt eine ausführliche Überprüfung an einem mobilen Prüfzug oder in einer Prüfhalle. 2013 wurden 2.946 solcher Kontrolleinsätze durchgeführt. Die Zahl der beanstandeten Fahrzeuge zeige, dass es wichtig sei, die bestehende hohe Kontrolldichte aufrecht zu erhalten.

Schüler- und Krankentransporte: Öffnung für Taxi-Gewerbe und Senkung der Promillegrenze

Die Abgeordneten Anton Heinzl (S) und Andreas Ottenschläger (V) haben einen Initiativantrag zur Novellierung des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 (464/A) eingebracht, um zu regeln, dass Schülerbeförderungen und gewisse Krankentransporte auch im Rahmen des Taxi-Gewerbes durchgeführt werden können. Gleichzeitig wird damit für das Lenken von Schülertransporten auch die 0,1-Promillegrenze festgelegt.

Abgeordneter Gerhard Deimek (F) meinte, das Anliegen sei begrüßenswert, da die formale Umsetzung aber mangelhaft sei, werde die FPÖ vorerst nicht zustimmen. Auch Grüne und NEOS kritisierten das formale Vorgehen, ließen sich aber letztlich inhaltlich überzeugen, nachdem auch Bedenken von Abgeordnetem Willi ausgeräumt werden konnten, dass die Durchführung von Krankentransporten durch Taxi-Unternehmen zulasten des Rettungswesens gehe. Johann Rädler (V) wies darauf hin, es gehe um einen rechtlichen Rahmen für jene Patiententransporte, die heute schon aufgrund mangelnder Kapazitäten von den Rettungsorganisationen nicht durchgeführt werden. Verkehrsministerin Bures erläuterte, die rasche Umsetzung sei wichtig, damit die Bestimmung bereits mit Beginn des neuen Schuljahres in Kraft treten kann.

Der Antrag wurde in der Fassung eines von ÖVP-Abgeordneten Johann Rädler eingebrachten Abänderungsantrags mit Stimmenmehrheit, ohne FPÖ, angenommen.

Führerscheinuntersuchungen von Militärärzten allgemein gültig

Allgemeine Zustimmung im Ausschuss fand hingegen der Initiativantrag der Abgeordneten Anton Heinzl (S) und Andreas Ottenschläger (V). Dieser zielt darauf ab, im Führerscheingesetz ausdrücklich zu verankern, dass militärärztliche Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges auch von den zivilen Führerscheinbehörden anerkannt werden (463/A). Die Gültigkeit der Gutachten beträgt 18 Monate.

Schnellfahren und Handy am Steuer sollen nicht im Führerschein-Vormerksystem berücksichtigt werden

Auf breite Ablehnung stieß die Forderung von Abgeordnetem Georg Willi (G), Schnellfahren und Handy am Steuer im Führerschein-Vormerksystem zu berücksichtigen (16/A). Seine Forderung nach einer dementsprechenden Novellierung des Führerscheingesetzes wurde nur von seiner Fraktion unterstützt. Willi sprach sich vehement für die Änderung aus. Schnellfahren sei die häufigste Unfallursache in Österreich, werde aber im Führerschein-Vormerksystem ausgeklammert. Besonders unverständlich sei, warum die Benützung des Handy am Steuer nicht berücksichtigt wird, obwohl diese Form der Ablenkung immer häufiger zur Unfällen führe, kritisiert er. Früher oder später werde man hier schärfere Maßnahmen ergreifen müssen, war er überzeugt.

Die anderen Fraktionen waren hingegen fast durchwegs der Meinung, dass man beim Problem Handy am Steuer vor allem auf Bewusstseinsbildung setzen sollte. Einzig Abgeordneter Christoph Hagen (T) meinte, er würde einen Antrag zu diesem Punkt unterstützen, da Handy am Steuer ganz offensichtlich ein Problem im Straßenverkehr darstellt. Eva-Maria Himmelbauer (V) meinte, Schnellfahren werde bereits streng bestraft, eine Aufnahme ins Vormerksystem würde hingegen auf eine schwächere Regelung als die bestehende hinauslaufen, was nicht im Sinn des Antragstellers sein könne. Auch ihr Fraktionskollege Andreas Ottenschläger sowie Gerhard Deimek (F), Harry Buchmayr (S) und Michael Pock (N) argumentierten mit den bereits bestehenden hohen Strafen für Raserei. Jede Form der Ablenkung beim Fahren stellt eine Gefahr dar, müsse man allgemein mehr Bewusstsein durch Kampagnen schaffen. Verkehrsministerin Doris Bures meinte, die Strafen für Handy am Steuer seien bereits angehoben worden. Es sei auch nicht statistisch feststellbar, dass das Problem sich verschärfe. Sie hoffe, dass die technische Entwicklung der Freisprechanlagen das Problem bald verringern werde, ohne dass man zusätzliche Regelungen braucht.

Bundesländerübergreifende Ausnahmen bei Nachtfahrverboten

Eine von den Abgeordneten Andreas Ottenschläger (V) und Anton Heinzl (S) initiierte Novelle der Straßenverkehrsordnung 1960 zielt darauf ab, dass sich eine von einer Landesregierung erteilte Ausnahme vom Nachtfahrverbot auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken kann (295/A), wenn darüber zwischen den Bundesländern Einvernehmen erzielt wird.

Der Antrag sieht auch eine Wiederaufnahme des 2012 im Zuge der Novellierung des Bundeserfassungsgesetzes ersatzlos gestrichenen Absatz 7 in Artikel 15 in leicht abgeändert Form vor. Damit soll festgehalten werden, dass Akte der Vollziehung in diesem Bereich auch für mehrere Länder wirksam werden können. Da es sich um einen komplexen verfassungsrechtlichen Sachverhalt handelt, wurden vom Ausschuss Experten zur Beurteilung des Antrags eingeladen. Gerhard Hesse vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und Universitätsprofessor Ewald Wiederin äußerten sich zwar positiv zum Inhalt der Novelle selbst, hatten aber Bedenken betreffend der verfassungsrechtlichen Bestimmung, die mehr Probleme schaffen würde, als sie löse. Es sei sicher besser, eine einfachgesetzliche Regelung zu finden.

Alexander Klacska erläuterte als Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich das Interesse der Transportunternehmen an der StVO-Novelle. Die bundesländerübergreifende Ausnahme von Nachtfahrverboten bringe derzeit viel Verwaltungsaufwand und hohen Kosten mit sich, sagte er und brachte Beispiele aus der Praxis. Zulieferfahrten zu Baustellen oder die Behebung plötzlich auftretender Versorgungsengpässe an Wochenenden würden durch die derzeitige Gesetzeslage sehr erschwert, was zu Lasten der KundInnen gehe, sagte er.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (V) beantragte nach den Ausführungen der Experten die Vertagung des Antrags. Es gelte, rasch eine Lösung des Problems finden, welche dem Anliegen der Wirtschaft Rechnung trage und die aufgezeigten Probleme vermeide. Der Vertagungsantrag wurde einstimmig angenommen.

Rechtsabbiegen bei Rot, Mindesthöhe für Verkehrszeichen: FPÖ-Anträge werden vertagt

FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek stellte den Vorschlag (228/A(E)) zur Diskussion, ein regional begrenztes Pilotprojekt "Rechtsabbiegen bei Rot" zu starten. An neuralgischen Kreuzungen sollte das Rechtsabbiegen bei Rot mittels Grünpfeil ermöglicht werden, meinte der Verkehrssprecher der Freiheitlichen und verwies auf positive Erfahrungen in Deutschland.

Eine Mindesthöhe für die Anbringung von Verkehrszeichen forderte wiederum Deimeks Fraktionskollege Norbert Hofer, der in seiner Initiative (484/A(E)) vor allem vor der Gefährdung für blinde und stark sehbehinderte Menschen durch zu niedrige Schilder warnt.

Beide Anträge wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, nachdem SPÖ-Abgeordneter Johann Hell auf noch bestehenden weiteren Diskussionsbedarf hingewiesen hatte. Seitens der Volkspartei äußerte Elisabeth Pfurtscheller Bedenken gegen Rechtsabbiegen bei Rot und warnte vor allem vor einer Verunsicherung der VerkehrsteilnehmerInnen und einer Gefährdung für die FußgängerInnen.  Ähnlich kritisch sah auch Verkehrsministerin Doris Bures den Antrag Deimeks. Rechtsabbiegen bei Rot würde zu einem Ansteigen der Konfliktfelder führen, das klare Signal "Rot ist Halt" könnte an Deutlichkeit einbüßen, argumentierte sie. Grundsätzlich positiv beurteilte Bures hingegen die Initiative betreffend Mindesthöhe von Verkehrsschildern und kündigte Gespräche mit dem Präsidenten des Blindenverbandes über eine sachgerechte Lösung an.

NEOS verlangen Vignettenlösung für Wohnmobile

In die Warteschleife verwiesen wurden auch die NEOS mit ihrer Forderung (493/A(E)) nach einer eigenen Vignette für Wohnmobile. Ihr Verkehrssprecher Michael Pock kritisierte, dass privat genutzte Wohnmobile ab 3,5 t der LKW-Maut unterliegen, und plädierte dafür, bei Kraftfahrzeugen, die diese Gewichtsgrenze überschreiten, eine Unterscheidung zwischen gewerblich genutzten Fahrzeugen und privatem Individualverkehr zu treffen. Mauterleichterungen für Wohnmobile wären allein schon aus Sicht des Tourismus wünschenswert, meinte Pock, dem die Oppositionsabgeordneten Walter Rauch (F), Georg Willi (G) und Christoph Hagen (T) beipflichteten.

"Noch einmal nachdenken" wollen hingegen die Regierungsparteien ebenso wie Verkehrsministerin Bures. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger wandte sich grundsätzlich gegen eine Aufweichung des heimischen Mautsystems und sprach überdies von der Gefahr der Zweckentfremdung von Wohnmobilen für den Gütertransport bei Einführung der von den NEOS geforderten Sonderregelung. Die letztlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS beschlossene Vertagung der Initiative begründete Ottenschläger mit der Notwendigkeit, noch weitere Diskussionen mit den beteiligten Stakeholdern zu führen.

Grüne wollen Mitfinanzierung des Bundes für Nahverkehr

Nach dem Vorbild der Regelung für den Wiener U-Bahn-Ausbau drängen die Grünen auf eine generelle Mitfinanzierungsverantwortung des Bundes bei Netzausbauten von Straßenbahn, O-Bus und E-Bus sowie StadtRegionalBahn-Projekten auch in Ballungszentren außerhalb der Bundeshauptstadt. Ein diesbezüglicher Antrag (321/A(E)) des Abgeordneten Georg Willi wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, zumal SPÖ-Mandatar Johann Hell an die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden für den Nahverkehr erinnerte und gemeinsame Verhandlungen mit den Ländern über entsprechende Art. 15a-Vereinbarungen anregte. Dem Einwand Willis, was für Wien gut ist, sollte auch für die anderen Länder und Ballungsräume gut sein, hielt Johann Singer von der ÖVP entgegen, man dürfe nicht den U-Bahn-Ausbau in der Bundeshauptstadt gegen andere Verkehrsprojekte in den Ländern ausspielen. Die Kompetenzlage war auch für die Skepsis der Ressortleiterin ausschlaggeben. Der Bund sollte grundsätzlich nicht für Dinge zahlen, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, gab Bures zu bedenken.

NEOS fordern Evaluierung von Bahnprojekten

Ihre grundsätzlich kritische Haltung zu einigen der im ÖBB-Rahmenplan 2014 bis 2019 enthaltenen Bahnprojekten brachten die NEOS in einem Antrag (455/A(E)) zum Ausdruck, in dem Michael Pock eine Evaluierung durch eine unabhängige Stelle fordert. Bewertet sollte dabei die verkehrspolitische, wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Sinnhaftigkeit werden, prüfen wollen die NEOS aber auch Alternativmaßnahmen zur Verkürzung der Fahrzeiten.

Pock, aber auch die Abgeordneten Christian Hafenecker (F), Harald Walser (G) und Christoph Hagen (T) führten zudem ins Treffen, bei der Planung von Großprojekten wie etwa dem Brenner Basistunnel sei man von Einschätzungen ausgegangen, die nun aufgrund der Wirtschaftskrise nicht eintreten. Dieser Ansicht widersprach Verkehrsministerin Bures mit Nachdruck und unterstrich, der Brenner Basistunnel habe sehr wohl großen volkswirtschaftlichen Nutzen und werde laufend auf seine Kosten-Nutzen-Effekte geprüft. Für eine Evaluierung plädierte namens der ÖVP Andreas Ottenschläger, der der Initiative der NEOS, wie er sagte, einiges abgewinnen konnte. Er wies allerdings auf die bereits im Regierungsprogramm enthaltene Forderung nach Überprüfung der Projekte hin und wollte darüber hinaus auch das Finanzministerium in die Diskussion einbeziehen. Der Antrag wurde daraufhin mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt. (Schluss Verkehrsausschuss) sox/hof