Parlamentskorrespondenz Nr. 674 vom 08.07.2014

Nationalrat spricht sich gegen weltweiten Sklavenhandel aus

Regierung soll sich auch für KleinbäuerInnen einsetzen

Wien (PK) – Ein eindeutiges Signal gegen Sklaverei und Menschenhandel setzte der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung. Einig war sich das Plenum darin, dass sich die Regierung zukünftig innerhalb der internationalen Zusammenarbeit vermehrt gegen den weltweiten Sklavenhandel, insbesondere am Garnelenmarkt, einsetzen soll. Zwei inhaltlich in diesem Zusammenhang stehende eingebrachte 6-Parteien-Anträge, die die Bundesregierung auffordern, gegen sexuelle Gewalt an Frauen in Indien sowie gegen moderne Formen der Sklaverei wie sexuelle Ausbeutung und Zwangsverheiratung vorzugehen, wurden ebenfalls einstimmig angenommen. Reagieren wollen die sechs Fraktionen damit gemeinsam etwa auf die tödlichen Gruppenvergewaltigungen in Indien sowie auf die Entführung der Schulmädchen in Nigeria durch die radikal-islamistische Gruppe Boko-Haram im April. Ferner soll die Regierung für die Rechte von KleinbäuerInnen in ländlichen Gebieten einstehen, geht es nach dem Nationalrat.

Rechte von KleinbäuerInnen fördern

Einstimmig angenommen wurde der Antrag der SPÖ und ÖVP mit der Aufforderung an die Bundesregierung, sich im Rahmen der Europäischen Union und den Vereinten Nationen für die Förderung und den Schutz der Rechte von in ländlichen Regionen arbeitenden KleinbäuerInnen und bäuerlichen Familienbetrieben einzusetzen.

In der Debatte verwiesen neben Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auch die Grünen sowie die ÖVP auf die zentrale Rolle der ländlichen KleinbäuerInnen für die weltweite Nahrungsmittelproduktion. "Für uns SozialdemokratInnen ist das Eintreten für Menschenrechte Grundpfeiler der Politik", sagte Franz Kirchgatterer (S) und nannte Deutschland als Vorbild, wo konkrete Maßnahmen gegen prekäre Zustände in diesem Bereich ausgearbeitet wurden. Auch Österreich würde es gut anstehen, gegen prekäre Zustände vorzugehen, denn in der Nahrungsmittelproduktion seien soziale Mindeststandards dringend notwendig. Das internationale Jahr der ländlichen KleinbäuerInnen sollte man zum Anlass nehmen, um auf die Rechte dieser bäuerlichen Familienbetriebe hinzuweisen, appellierte Nikolaus Berlakovich (V). Das sei in Österreich notwendig, aber insbesondere auch weltweit, sagte er. In Österreich wurde eine umfassendere Unterstützung von KleinbäuerInnen erreicht, hob er positiv hervor, KleinbäuerInnen in anderen Ländern seien jedoch etwa mit Land Grabbing konfrontiert. Dagegen vehement aufzutreten, müsse ein Anliegen der Vereinten Nationen werden, zeigte sich Berlakovich überzeugt. Harry Buchmayr (S) machte auf "Fairtrade" aufmerksam, das er als positives Beispiel, besonders für die Schaffung fairer Bedingungen für KakaobäuerInnen in Afrika, nannte. Eine Möglichkeit, die Schule machen sollte, wie Buchmayr meinte, denn so könne man auch als ProduzentIn die Misere für KleinbäuerInnen positiv umgestalten. Franz Leonhard Eßl (V) erinnerte daran, dass die bäuerlichen Familienbetriebe die Hauptform der Landwirtschaft in der Nahrungsmittelproduktion darstellen. Investitionen in Kleinbäuerinnen seien deshalb Investitionen in eine nachhaltige und sichere Zukunft, was den Lebensmittelsektor betrifft, führte er aus. Eßl appellierte zudem an die Handelsketten, der Billigpreisstrategie eine Absage zu erteilen. Strukturen, durch die Menschen schlichtweg ausgebeutet werden, seien ein großes internationales Problem, wo Globalisierung in der Landwirtschaft Fuß gefasst habe, sagte Josef Muchitsch (S). Es handle sich hierbei aber auch um ein nationales Problem, da es auch in Österreich kleinstrukturierte landwirtschaftliche Betriebe zunehmend schwieriger haben, zu überleben.

"Kleinbäuerinnen sind weltweit die Stütze der landwirtschaftlichen Produktion", strich Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die Bedeutung dieser Gruppe hervor, die überdies einen nachhaltigen Beitrag zur Biodiversität leisten würden. Die globalen Probleme seien aber vielfältig, sagte er und nannte als Beispiele Urbanisierung, Land Grabbing oder etwa fehlende Bildung. Am gravierendsten empfand der Minister aber, dass vermehrt weibliche KleinbäuerInnen von Armut betroffen sind. Innerhalb der UN-Debatte sei die Haltung Österreichs sehr klar, sagte Rupprechter und berichtete über die Mitarbeit für eine UN-Erklärung im Sinne des Antrags. "In meinem Wirkungsbereich werde ich immer Fürsprecher für Kleinbäuerinnen, egal wo sie leben, sein", versicherte der Minister.

Wolfgang Pirklhuber (G) empfand den von allen Fraktionen unterstützten Antrag als "echte Rückenstärkung durch das Parlament" für Landwirtschaftsminister Rupprechter. Die Lösung der Hungerfrage sei keine Frage der Gentechnik, sondern eine der Unterstützung der KleinbäuerInnen weltweit, zitierte Pirklhuber aus dem Welt-Agrarbericht 2008 und sprach sich für die Stärkung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit mit dem Fokus auf Initiativen für KleinbäuerInnen aus. Innerhalb der EU könne man hier eine Vorreiterrolle einnehmen, meinte Pirklhuber.  

Durch die TTIP-Diskussion sei der Zeitpunkt ideal, auch darauf hinzuweisen, dass es sich hier nicht nur um ein Dritte-Welt-Thema handle, warf Leopold Steinbichler vom Team Stronach ein. Man müsse auch darauf achten, welche Maßnahmen in Österreich gesetzt werden können.

Eher kritisch äußerte sich Josef A. Riemer (F), der über die Absicht des Antrags von einem "Fleckerlteppich" sprach. Er bezweifle, ob dieser angesichts der Realität auch hilft, zeigte sich Riemer skeptisch, denn BäuerInnen führten rund um den gesamten Globus Existenzkämpfe. Hinzu komme, dass 80 % der Weltbevölkerung, die an Hunger leiden, vom Land kommt, berichtete er und ortete heuchlerisches Verhalten von den westlichen Ländern. "Im Großen müssen wir es anpacken", sagte Riemer.

Rupprechter: Menschenhandel eine der schwerwiegendsten Verletzungen der Menschenrechte

Mit Nachdruck forderte der Nationalrat schließlich, Maßnahmen gegen den weltweiten Sklavenhandel und all seinen Ausformungen zu setzen. So sprach sich das Plenum einstimmig für die Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit gegen den Menschenhandel, insbesondere im Zuge des weltweiten Geschäfts mit Garnelen, aus. Eingebracht wurden ferner zwei Allparteien-Anträge, in denen die Bundesregierung ersucht wird, sich für eine Intensivierung der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene gegen sexuelle Gewalt an Frauen in Indien sowie gegen moderne Formen der Sklaverei, darunter Menschenhandel zum Zweck der sexuellen oder jeglicher Ausbeutung sowie Zwangsarbeit und Zwangsverheiratung, vorzugehen.

Ulrike Königsberger-Ludwig (S) ging auf die "unfassbaren Zustände" im Garnelenhandel in Thailand ein. Der billige Preis, den die KonsumentInnen bezahlen, beruhe zum Großteil auf Sklavenarbeit auf Geisterschiffen. Die Menschen auf diesen Schiffen müssten bis zu 22 Stunden am Tag arbeiten, würden angekettet und gefoltert. Aus diesem Grund sei es so wichtig, diesen Antrag auch gemeinsam zu beschließen, denn es handle sich hier um Tatsachen, so die Mandatarin. Weltweit seien rund 21 Millionen Menschen zu Zwangsarbeit gezwungen, darunter zirka 5,5 Millionen Kinder, berichtete Elisabeth Pfurtscheller (V) und wertete Menschenhandel als eines der schlimmsten Verbrechen moderner Zeit. Dabei sei auch Europa kein glanzvoller Vorreiter, als das es sich gerne sehen würde, denn die Hausaufgaben müssten auch hier erledigt werden, sagte sie und trat dafür ein, Menschenhandel nicht nur innerhalb der nationalen Grenzen zu bekämpfen. Menschenhandel sollte in erster Linie auf internationaler Ebene bekämpft werden, betonte auch Andrea Gessl-Ranftl (S). Deswegen müsse die internationale Zusammenarbeit, besonders im weltweiten Geschäft mit Garnelen, ausgeweitet werden. Es stelle sich aber überdies die Frage, was jeder Einzelne in der Gesellschaft dagegen tun könne, meinte sie und plädierte für die Schärfung des Bewusstseins, was regionale und saisonale Produkte betrifft. Egal in welcher Ausprägung Menschenhandel stattfindet, jede Art ist abscheulich und strikt abzulehnen, sagte Maria Theresia Fekter (V) mit Nachdruck und zeigte sich erfreut über den gemeinsamen Vorstoß bezüglich der entführten Mädchen in Nigeria durch Boko-Haram. Es gehe nicht an, darüber hinwegzusehen, dass hunderte Mädchen entführt werden und die Entführer ausrichten lassen, dass man diese benutze wie eine Ware. Das dürfe der Westen und auch Österreich nicht goutieren, mahnte Fekter. Außerdem dürfe Sklaverei, Prostitution und Vergewaltigung, wie etwa auch in Indien, nicht auf der Tagesordnung stehen. "Mensch ist Mensch, egal in welchem Kulturkreis", so Fekter.

Es sei traurig, was auf den Weltmeeren passiert, gefordert sei hier vor allem aber auch die internationale Staatengemeinschaft, zeigte sich Philipp Schrangl (F) überzeugt. Der FPÖ-Mandatar sprach sich überdies für die Schaffung einer Lebensmittelkennzeichnung aus, die für KonsumentInnen sichtbar macht, ob es sich um ein sklavenfreies oder nicht sklavenfreies Produkt handelt. Überhaupt sollte man das Bewusstsein für regionale und saisonale Produkte schaffen. Oft kaufe man mit einem niedrigen Preis das Leid von Menschen mit. "Geiz ist eben nicht immer geil", so Schrangl.

Wolfgang Pirklhuber (G) wertete den Antrag als eine wichtige Botschaft sowie die Möglichkeit, auch zwingende und notwendige Schritte über die Implementierung ökosozialer Standards am weltweiten Markt zu diskutieren. Es gehe darum, Lohn-Dumping zu vermeiden, sagte der Grünen-Mandatar und erinnerte an die Dokumentarfilme Michael Glawoggers wie "Workingman’s Death", durch die für diese Themen ein öffentliches Bewusstsein geschaffen wurde.  "Wir brauchen mehr fairen Handel anstatt Dumping auf den Weltmärkten", forderte er.  

Menschenhandel sei eine der schwerwiegendsten Verletzungen der Menschenwürde und Menschenrechte, betonte Minister Andrä Rupprechter und versicherte seine "nachdrückliche Unterstützung" gegenüber der Initiative zur Bekämpfung von Menschenhandel und Sklaverei. Menschenhandel entwickle sich leider immer mehr zu einer gewinnbringenden Form des Verbrechens, wobei Österreich als Transit- und Zielland ganz besonders betroffen sei. Im Kampf gegen den Menschenhandel komme der globalen und internationalen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zu, sagte Rupprechter. Österreich setze sich nachhaltig für einen internationalen Rechtsrahmen gegen Menschenhandel und Sklaverei ein, versicherte er und verwies etwa auf die Arbeit der ADA, insbesondere in der Schwerpunktregion Osteuropa.

Josef A. Riemer (F) empfand den Konsens im Menschenrechtsausschuss als heuchlerisch. Man werde auch in Zukunft genau das tun, wovon die großen Konzerne leben. In der Diskussion müsse man auch von Spanien reden, wo Gemüse in Monokulturen produziert werden und sogenannte Landarbeiter, ein moderner Ausdruck für Sklaven, beschäftigt sind. (Schluss Nationalrat) keg