Parlamentskorrespondenz Nr. 678 vom 09.07.2014

Nationalrat: Konsens über Änderung des Bundesbehindertengesetzes

Bei Arbeitslosenversicherung wird noch nach Lösung gesucht

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung der heutigen Nationalratssitzung standen auch zahlreiche Sozialvorlagen. Die Abgeordneten verabschiedeten unter anderem eine Novelle zum Bundesbehindertengesetz und stimmen einer Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes und des Bauarbeiter-Schlechtwettergesetzes zu. Zudem wird im ASVG klargestellt, dass grundsätzlich nicht selbsterhaltungsfähige behinderte Menschen nach einem gescheiterten Arbeitsversuch am offenen Arbeitsmarkt automatisch wieder Anspruch auf eine Waisenrente haben.

Hinsichtlich der umstrittenen Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wird noch nach einer Lösung gesucht. Eine vorläufige Gesetzesreparatur stellt sicher, dass es in Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs für Lehrlinge, ältere ArbeitnehmerInnen und selbstversicherte Selbständige zu keinen Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld kommt. Allerdings wären Wochengeld- und KrankengeldbezieherInnen sowie Präsenz- und Zivildiener schlechter als bisher gestellt, sollte es bei der vorgenommenen Reparatur bleiben, was besonders die Grünen empört.

Von den vielen Initiativen der Opposition wurde lediglich ein Entschließungsantrag des Team Stronach angenommen, der auf eine rasche Ratifizierung des "Vertrags von Marrakesch" abzielt. Der Vertrag erleichtert blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zu Literatur und räumt unter anderem urheberrechtliche Hindernisse für Bücher in Braille-Schrift und in Großdruck aus dem Weg, tritt aber erst dann in Kraft, wenn er von mindestens 20 Staaten ratifiziert wurde.

Ausschreibungsverfahren für Behindertenanwalt wird transparenter

Mit der einstimmig beschlossenen Änderung des Bundesbehindertengesetzes werden unter anderem die Begriffe "Assistenzhund" und "Therapiehund" gesetzlich definiert, das Ausschreibungsverfahren zur Bestellung des Behindertenanwalts transparenter gestaltet und die Mitgliederzahl des Bundesbehindertenbeirats erhöht. Damit erhalten auch Menschen mit Lernbeeinträchtigung die Möglichkeit, ihre Interessen im Beirat selbst wahrzunehmen. Der Behindertenpass hat künftig Bescheidcharakter, was Beschwerden behinderter Menschen gegen die Einschätzung ihres Behindertengrades erleichtert.

Eine neue zentrale Kontaktdatenbank beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, in der unter anderem Menschen mit Behinderung, DienstgeberInnen und Betreuungskräfte im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung erfasst werden, soll wesentliche Verwaltungsvereinfachungen bringen.

Mit einem von Abgeordnetem Dietmar Keck (S) eingebrachten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten S-V-G-Abänderungsantrag wurde die gesetzliche Definition des Begriffs "Therapiehund" nochmals präzisiert. Um Qualität sicherzustellen und das Risiko bei Einsätzen von Therapiehunden zu minimieren, ist vorgesehen, dass Therapiehunde und ihre HalterInnen gemeinsam eine Ausbildung absolvieren und sich einer abschließenden Beurteilung durch Sachverständige unterziehen müssen. Gemäß Definition ist ein Therapiehund ein speziell für die therapeutische Arbeit ausgebildeter Hund, der durch gezielten Einsatz positive Auswirkungen auf das Erleben und das Verhalten von Menschen mit Behinderung erzielen soll.

Mitverhandelt mit der Novelle wurde die erwähnte Änderung des ASVG und anderer Sozialversicherungsgesetze zum Thema Waisenrente, die unter Berücksichtigung eines rein technischen S-V-Abänderungsantrags ebenfalls mit Stimmeneinhelligkeit angenommen wurde. Weiters standen der Entschließungsantrag des Team Stronach zum Vertrag von Marrakesch und weitere Oppositionsanträge mit zur Diskussion. So hat die FPÖ ihre schon in der letzten Legislaturperiode erhobene Forderung nach Einführung einer Pflegelehre neuerlich in Form eines Entschließungsantrags bekräftigt. Die Grünen fordern sowohl einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit als auch einen Rechtsanspruch auf die Finanzierung von Ersatzpflege, um pflegende Angehörige temporär zu entlasten. Überdies drängen sie darauf, die österreichischen Gesetze zu durchforsten, um bestehende Hürden für die Verwendung der Österreichischen Gebärdensprache zu beseitigen.

Breite Zustimmung zur Änderung des Bundesbehindertengesetzes

Im Rahmen der Debatte wurde die Novelle des Bundesbehindertengesetzes unter anderem von den Abgeordneten Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F), Ulrike Königsberger-Ludwig (S), Helene Jarmer (G), Dietmar Keck (S), Franz-Joseph Huainigg (V) und Gertrude Aubauer (V) ausdrücklich begrüßt. Das Gesetz bringe eine Fülle von Verbesserungen für Menschen mit Behinderung, hob etwa Königsberger-Ludwig hervor. Besonders erfreut zeigte sie sich auch darüber, dass Menschen, die in Tageswerkstätten arbeiten, künftig Arbeitsversuche am offenen Arbeitsmarkt unternehmen können, ohne die Angst haben zu müssen, dass sie die Waisenrente verlieren.

Abgeordneter Keck wies darauf hin, dass er lange für eine gesetzliche Regelung für Assistenz- und Therapiehunde gekämpft habe. Nunmehr werde klar festgelegt, welche Kriterien für den Erhalt öffentlicher Förderungen zu erfüllen seien, sagte er. Abgeordnete Jarmer zeigte sich darüber erfreut, dass dafür ein Vorschlag der Grünen übernommen wurde.

Nicht mit allen Punkten des Gesetzes zufrieden zeigte sich NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker (N). Er brachte zur Frage der Kontaktdatenbank einen Abänderungsantrag ein, der letztendlich aber in der Minderheit blieb. Loacker bezweifelt, dass dabei der Datensicherheit ausreichend Augenmerk geschenkt wird, und forderte überdies eine eindeutige Klarstellung, dass in der Datenbank keine sensiblen Gesundheitsdaten erfasst werden dürfen.

Loacker unterstützte darüber hinaus einen von Grün-Abgeordneter Jarmer eingebrachten Entschließungsantrag. Jarmer fordert darin eine Weiterentwicklung des Bundesbehindertenbeirats. Dieser soll ihr zufolge nicht nur das Sozialministerium, sondern alle Bundesministerien beraten. Zudem will sie die Vertretung der Bundesländer im Beirat stärken und ihn um zusätzliche ExpertInnen in eigener Sache erweitern. Derzeit setze sich der Beirat nur zu einem Drittel aus BehindertenvertreterInnen zusammen, skizzierte Jarmer. Der Entschließungsantrag fand allerdings keine Mehrheit.

Bedauern äußerte Jarmer auch darüber, dass ihr Antrag zur Gebärdensprache im Sozialausschuss auf Ablehnung gestoßen ist. Die verfassungsrechtliche Verankerung der Gebärdensprache bringe im Alltag nichts, wenn es dazu keine entsprechenden ausführenden Gesetze gebe, betonte sie. Nach Meinung von ÖVP-Behindertensprecher Huainigg hätte die Einrichtung eines zusätzlichen Arbeitskreises zur Gebärdensprache jedoch keinen Sinn, er wies darauf hin, dass es bereits zwei Arbeitskreise – einen im Bundeskanzleramt zum Thema Medien und einen im Sozialministerium zum Nationalen Aktionsplan Behinderte Menschen – gebe. Generell forderte Huainigg die Verankerung der Menschenwürde in der Verfassung.

ÖVP-Abgeordnete Aubauer machte darauf aufmerksam, dass weder die Besuchergalerie noch die Ministerbank noch das Präsidium im Parlament derzeit barrierefrei zugänglich seien. Sie begrüßte daher den bevorstehenden Umbau des Hohen Hauses, der auch Barrierefreiheit bringen soll.

FPÖ und Team Stronach fordern Einführung der Pflegelehre

Seitens der FPÖ bekräftigten Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein und ihr Fraktionskollege Rupert Doppler die Forderung ihrer Partei nach Einführung einer Pflegelehre und wurden dabei auch von Team-Stronach-Abgeordneter Waltraud Dietrich unterstützt. Der Sozialstaat stehe angesichts der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen und steuere auf einen Pflegenotstand zu, warnte Dietrich. Sie erachtet es in diesem Sinn für notwendig, neue Wege anzudenken und neue Pfade zu beschreiten. Neben einer Ausweitung des Angebots an flexibel gestalteter Tagesbetreuung und neuen Formen des betreuten Wohnens gehört ihr zufolge dazu auch die Einführung der Pflegelehre. Zur Untermauerung ihrer Forderung brachte Dietrich einen Entschließungsantrag ein, der darauf abzielt, die Pflegelehre als Pilotprojekt einzuführen. Er blieb bei der Abstimmung aber in der Minderheit.

Den immer wieder vorgebrachten Einwand, dass es für 15-Jährige zu früh sei, in den Pflegeberuf einzusteigen, wollten Belakowitsch-Jenewein und Doppler nicht gelten lassen. Man könnte die Ausbildung im ersten Lehrjahr auf Theorie beschränken und genau festlegen, welche Tätigkeiten in welchem Lehrjahr durchgeführt werden dürften, regten sie an. Es gebe viele junge Menschen, die sich für den Pflegeberuf interessieren, ist Doppler überzeugt. Die beiden FPÖ-Abgeordneten wiesen zudem auf den massiven Mangel an Pflegekräften in Österreich hin.

ÖVP-Abgeordneter August Wöginger hält allerdings nichts von einer Pflegelehre. Es sei nicht sinnvoll, dass 15-Jährige schwer Kranke betreuen, sagte er. Im Pflegebereich werde mit Menschen und nicht mit Gegenständen gearbeitet, es brauche daher eine Altersgrenze.

Ablehnend äußerte sich Wöginger auch zum Antrag der Grünen betreffend Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit und Pflegekarenz. Die notwendige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber funktioniere, hielt er fest. Wichtiger wäre es für ihn, die Bevölkerung besser über die vorhandenen Möglichkeiten zu informieren. Überdies wies Wöginger darauf hin, dass es bei der Familienhospizkarenz einen Rechtsanspruch gibt.

Zuvor hatte Grün-Abgeordnete Judith Schwentner nochmals für die Anträge ihrer Fraktion geworben. Viele pflegebedürftige Menschen würden zu Gänze oder zum Teil von Angehörigen gepflegt, skizzierte sie. Sie bräuchten eine bessere Unterstützung, wie einen Rechtsanspruch auf Ersatzpflege.

Hundstorfer: Pflegekarenz wird gut angenommen, Pflegeteilzeit nicht

Sozialminister Rudolf Hundstorfer meinte, es sei nicht Jux und Tollerei, dass es für Pflegeberufe eine untere Altersgrenze von 17 Jahren gibt. Für ihn ist die zentrale Frage, was könne man tun, um die Verweildauer in Pflegeberufen zu erhöhen. Hier müsse man ansetzen. Hundstorfer präsentierte auch aktuelle Zahlen und berichtete unter anderem, dass es derzeit 45.318 aktive PersonenbetreuerInnen im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung gebe, dazu kommen 15.000 derzeit ruhende Gewerbeberechtigungen. Rund 200.000 Pflegebedürftige werden nur von Angehörigen betreut. Hundstorfer zufolge wird die Pflegekarenz gut angenommen, bei der Pflegeteilzeit gibt es wenig Nachfrage.

In Richtung Abgeordnetem Loacker hielt der Minister fest, bei der Kontaktdatenbank spiele der Datenschutz eine wesentliche Rolle. Bei Abfragen würden die gleichen Dokumentationsregelungen gelten wie im Innenressort für Abfragen aus polizeilichen Datenbanken.

Kontingent an Schlechtwettertagen für BaurabeiterInnen wird erhöht

Mit Mehrheit verabschiedete der Nationalrat ein Gesetzespaket, das diverse Neuerungen für BauarbeiterInnen bringt, die in die Zuständigkeit der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) fallen. Unter anderem werden mit der Novelle die Bestimmungen über das im vergangenen Jahr eingeführte Überbrückungsgeld für arbeitslose ältere BauarbeiterInnen präzisiert und das Kontingent an Schlechtwettertagen – bei gleichzeitiger Streichung von Ausnahmen – erhöht. Auch die neuen Bestimmungen über den Verbrauch bzw. Verfall von Urlaub werden nochmals adaptiert und sollen bereits ab Mitte dieses Jahres gelten.

Die im Sozialausschuss mittels Abänderungsantrag in das Gesetzespaket eingebaute Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wurde auch im Nationalrat besonders von Seiten der Grünen heftig kritisiert. SPÖ und ÖVP sprachen von einer vorläufigen Gesetzesreparatur, über den Sommer werde aber nach einer vernünftigen Lösung gesucht. Die vorläufige Gesetzesreparatur stellt sicher, dass es in Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs für Lehrlinge, ältere ArbeitnehmerInnen und selbstversicherte Selbständige zu keinen Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld kommt.

Es geht um die Frage, inwieweit Zeiten des Präsenzdienstes, des Zivildienstes, des Wochengeldbezugs und des Krankengeldbezugs weiter bei der Berechnung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld berücksichtigt werden.

Abgelehnt wurden Entschließungsanträge der FPÖ, die unter anderem auf weitere gesetzliche Maßnahmen gegen   Lohn- und Sozialdumping, eine sektorale Beschränkung des Arbeitsmarktzugangs für EU-BürgerInnen und   mehr Transparenz bei AMS-Kursen  abzielen. Zudem fordern die Freiheitlichen, effektiver gegen   Scheinanmeldungen von ArbeiterInnen  bei der Sozialversicherung vorzugehen. Auch ein Entschließungsantrag  des Team Stronach, in dem Abgeordnete Waltraud Dietrich ein neues Modell für den sozialen Wohnbau vorschlägt, blieb in der Minderheit.

Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) erinnerte, dass die FPÖ bei der Änderung des BUAG im vergangenen Jahr die einzige Fraktion gewesen sei, die vor einer massiven Verschlechterung für diese Gruppe von ArbeitnehmerInnen gewarnt hätte. Ein Jahr später gebe ihnen die Geschichte nun Recht. Eine massive Verschlechterung sei die nochmalige Verschärfung im Zusammenhang mit dem Verfallszeitraum des Urlaubsanspruchs, bemängelte sie. Es entstehe überdies der Eindruck, dass damit die Statistiken über Arbeitslosenzahlen geschönt werden sollen. Gerade die Situation am Arbeitsmarkt in der Baubranche sei alarmierend. Die Anträge der FPÖ richten sich hingegen überwiegend gegen diese Entwicklungen wie Sozial-Dumping. Belakowitsch-Jenewein forderte überdies auf, Maßnahmen gegen Scheinfirmen zu setzen und ihren diesbezüglichen Antrag zu unterstützen. Dem entgegnete Josef Muchitsch (S), dass die FPÖ im EU-Unterausschuss gegen eine Plattform zur Bekämpfung von Scheinselbstständigkeit gestimmt hätte. Die europaweite Erforschung dieser Netze wäre der richtige Weg gewesen, weil es sich hierbei um kein nationales, sondern um ein internationales Problem handle. Es sei aber gerade unter der Regierungsbeteiligung der FPÖ möglich gewesen, Firmen ohne jegliche Qualitäts- oder Kriterienansprüche zu gründen. Deswegen sei es wichtig, die Gewerbenovelle nach Qualitätskriterien zu überarbeiten. Muchitsch verteidigte die Novellierung des BUAG und sah darin eine Verbesserung für ArbeitnehmerInnen.

Im neuen BUAG gehe es um Verbesserungen und Klarstellungen, die durchaus unterstützenswert sind, machte Birgit Schatz (G) geltend, vermisste aber Verbesserungen und Nachjustierungen auch in anderen eher frauendominierten Branchen wie dem Tourismus- oder Pflegebereich. Es genüge nicht, den SozialpartnerInnen das Feld zu überlassen. Kritisch sprach Schatz den Abänderungsantrag zum Arbeitslosenversicherungsgesetz an. Statt die laut Verfassungsgerichtshof diskriminierten Gruppen miteinzubeziehen, streiche die Regierung andere aus der Regelung heraus, bemängelte sie. "Das ist kein sauberes Vorgehen", stellte die Grünen-Mandatarin fest. Statt eine gute Regelung für alle zu finden, mache man nun eine "Husch-Pfusch-Sache", sagte Schatz und forderte die Regierung auf, dies zu bereinigen. "Gelinde gesagt, die ganze Sache ist echt ein Witz", kritisierte auch ihre Fraktionskollegin Judith Schwentner. Die eingebaute Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes würde massiv und gravierend die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verändern, nicht nur für Kindergeldbezieherinnen, sondern auch für Wochengeld- und Krankengeldbezieherinnen sowie Präsenz- und Zivildiener. Zudem passiere dies über das "Hintertürl" und sei demokratiepolitisch bedenklich. Man hätte noch sechs Monate Zeit, um das Gesetz zu reparieren und eine Gleichstellung um Sinne aller Betroffenen zu ermöglichen. Nun werde eine Gruppe herausgenommen und alle anderen schlechter gestellt, kritisierte sie. Aus diesem Grund brachte Schwentner im Namen der Grünen einen Entschließungsantrag ein, in dem sie eine Neufassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes fordern. Dabei soll sichergestellt werden, dass keine der Personengruppen, die von der im Juni 2014 geltenden Regelung begünstigt sind, Ansprüche hinsichtlich der Dauer des Arbeitslosengeldesbezugs verliert. Der Antrag fand im Plenum keine Mehrheit.


Gabriel Obernosterer (V) versicherte in Richtung Grünen, dass man zu einer Lösung kommen werde, die dementsprechend arbeiterverträglich ist. Sinn der Novellierung des BUAG sei es, dass man BauarbeiterInnen länger in der Beschäftigung halten könne, so der Mandatar. Zudem stellte Obernosterer in Hinblick auf die Kritik der Opposition die Sozialpartner außer Streit. Überdies sei es das Anliegen aller, Lohn- und Sozialdumping einzudämmen. Man werde sich bemühen, eine Lösung über den Sommer zu finden, stellte auch August Wöginger (V) im Zusammenhang mit dem Arbeitslosenversicherungsgesetz in Aussicht. Nicht verstehen könne er die Panikmache von Seiten der Grünen. Schließlich habe man bis 1.1.2015 Zeit, das Gesetz zu reparieren. Auch Sabine Oberhauser (S) stellte klar, dass es keinen diesbezüglichen Auftrag vom VfGH gegeben habe. Es komme auch nicht zu einer Schlechterstellung von bestimmten Gruppen, da bis zum 1.1.2015 ohnehin nichts passiere. Auch Oberhauser zeigte sich überzeugt, bis dahin eine Lösung gefunden zu haben.

"Wir vom Team Stronach verwehren uns, nur Handaufzeiger zu sein, wir wollen mitgestalten", machte Waltraud Dietrich (T) geltend. Es sei zu wenig, fertige Gesetze zur Abstimmung auf den Tisch gelegt zu bekommen. Das Thema der Scheinanmeldungen sei ein schwieriges, vor allem in einer Phase, wo es mehr als 354.000 Arbeitslose in Österreich gebe. Gerade wenn es um die Verwendung von Steuermitteln geht, habe die Politik die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass bei öffentlichen Bauten österreichische Firmen zum Zug kommen.  Aus diesem Grund mache der diesbezügliche FPÖ-Antrag auch dahingehend Sinn, dass nicht der Billigst- sondern Bestbieter genommen wird.  

Die Gesetzesnovelle habe durchaus positive Seiten, schickte Gerald Loacker (N)  voraus, das Gesamtziel, das verfolgt werde, könnten die NEOS aber nicht unterstützen. Es sei ein Systembruch, der genau dem entgegenläuft, was SPÖ und ÖVP stets predigen würden. Loacker bemängelte, im Sozialausschuss sei als Grund für die notwendige Beschlussfassung geltend gemacht worden, dass sich die Sozialpartner geeinigt hätten. Das Ergebnis der Novelle sei eine Reklame für vorzeitigen Ruhestandsantritt sowie eine Desavouierung des Parlaments, der das Hohe Haus so nicht zustimmen dürfe.

In Wahrheit sei Feuer am Dach in Österreich, mahnte Peter Wurm (F). Wenn die Arbeitslosigkeit weiterhin so ansteige, habe Österreich im Winter eine halbe Million Arbeitslose, sagte er in Richtung Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Die Baubranche sei wie ein Fieberthermometer der Wirtschaft, die Probleme würden sich dann über die ganze Wirtschaft ausbreiten, prognostizierte Wurm und ortete massiven Handlungsbedarf. Die FPÖ fordert deswegen ein Bestbieter- anstatt Billigstbieterprinzip, den Schutz der österreichischen Bauunternehmer und Bauarbeiter sowie eine sektorale Zugangsbeschränkung im Baubereich.   

Natürlich habe man nicht geschlafen und weggeschaut, sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Was den Insolvenzentgeltfonds (IEF) betrifft, werde im Insolvenzverfahren geprüft, ob Leistungen ausbezahlt wurden, aber nicht deren Höhe, berichtete er in Richtung Belakowitsch-Jenewein (F). Die Grundsatzfrage im IEF sei, ob überhaupt etwas bezahlt wurde oder nicht. Natürlich habe man im IEF auch eine Sondereinheit, wo geprüft werde. Nicht umsonst würden im Schnitt ein paar 1000 Abweisungsbescheide erstellt. Auf jeden Fall werde sehr viel und umfangreich geprüft, versicherte er. Auch die Zahl der Anträge habe sich im Vergleich zu früher verringert, Grund dafür ist die generalpräventive Wirkung. Zum Thema AMS sagte der Minister, dass es natürlich "Sand im Getriebe" gebe. Bei 300.000 Menschen pro Jahr in Schulungsmaßnahmen existiere da und dort Unzufriedenheit, das Ziel sei aber, diese Zahl zu verringern, sagte Hundstorfer.

"Jeder Arbeitslose ist einer zu viel" betonte Rupert Doppler (F) und machte auf die hohen Arbeitslosenzahlen aufmerksam. Es nütze nichts, stets zu betonten, dass Österreich die zweitniedrigste Arbeitslosenquote innerhalb der Europäischen Union habe. Es muss alles unternommen werden, um diese Arbeitslosenzahlen zu senken, forderte er. Dazu seien verschiedene Schulungsmodelle und keine Scheinkurse beim AMS notwendig, zeigte er sich überzeugt. Es darf in Zukunft nicht am Bedarf der Betroffenen vorbeigeschult werden, so Doppler.

FPÖ und Grüne fordern faire Bezahlung von Praktika

Sowohl die FPÖ als auch die Grünen haben einen Vorstoß zur fairen Bezahlung von Ferialjobs und Praktika unternommen. Die FPÖ schlägt ein Mindestentlohnungmodell vor, das sich am Ausgleichszulagenrichtsatz orientiert und FerialpraktikantInnen zumindest 570 € netto monatlich garantieren soll. Die Grünen drängen auf einen klaren gesetzlichen Rahmen für Praktika inklusive einer strikten zeitlichen Begrenzung und wollen gänzlich unbezahlte Volontariate verbieten.

Auch wenn die RednerInnen grundsätzlich Handlungsbedarf sahen, fanden die drei Initiativen jedoch keine Mehrheit. Sie wurden lediglich von FPÖ und Grünen unterstützt. Michael Hammer (V) warnte vor einem Schnellschuss, sah sich aber mit den Abgeordneten aller anderen Fraktionen eines Sinnes, wenn er sich für klare Regelungen und eine differenzierte Definition der unterschiedlichsten Formen von Praktika aussprach. Praktika dürften kein Ersatz für reguläre betriebliche Tätigkeit sein, stellte er fest, Hürden und überbordende Bürokratien aufzubauen, sei aber der falsche Weg, um hochwertige Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Vielmehr brauche es entsprechende Anreize für Unternehmen. Dem stimmte auch Waltraud Dietrich (T) zu, die die Tatsache anprangerte, dass UniversitätsabsolventInnen große Schwierigkeiten haben, einen Praktikumsplatz zu finden. Wie Gerald Loacker (N) schloss sie sich aber der Warnung Hammers vor neuen Hürden an. Man dürfe das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sagte sie.

UniversitätsabsolventInnen müssten oft bis zu fünf Jahre unentgeltlich oder in prekären Verhältnissen arbeiten, obwohl das ABGB sowie Kollektivverträge explizit eine entsprechende Entlohnung vorsehen, prangerte Johann Hechtl (S) die gegenwärtige Situation an. Er halte es daher für notwendig, schwarzen Schafen bei den Unternehmen Einhalt zu gebieten.  

Hechtl wies zudem darauf hin, dass Sozialminister Hundstorfer in einer äußerst interessante Enquete zum Thema Praktika zugesichert habe, initiativ zu werden. Außerdem sei die Plattform "Generation Praktika" eingerichtet worden, bei der sich Betroffene anonym melden können. Sein Klubkollege Markus Vogl erinnerte daran, dass es für Pflichtpraktika gute Regelungen in Kollektivverträgen gibt und auch die Ferialarbeit kollektivvertraglich abgesichert sei. Vorbildliche Bestimmungen gebe es im öffentlichen Dienst, betonte Vogl, der von der Abschaffung des Volontariats nichts hält. In diesem Falle verlöre man die Kontrolle wer, wo, wie lange ein solches Volontariat macht, warnte er. Auch Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) sprach sich gegen die Abschaffung des Volontariats aus, da es die Möglichkeit geben müsse, in einen Beruf hineinschnuppern zu können.

Wenig Regelungsbedarf sah Gerald Loacker von den NEOS, da ihm zufolge oft fälschlich von einem Praktikum gesprochen wird, das kein Praktikum ist. Es komme darauf an, ob die Schule bzw. die Universität ein Praktikum vorschreibt, sagte er. Ist dies nicht der Fall, liege kein Praktikum vor, für diese Tätigkeiten gelten der arbeitsrechtliche Schutz und die Kollektivverträge. Pflichtpraktika würden wiederum die Sozialpartner regeln. Nach dem Studium gebe es kein Praktikum, daher seien solche Arbeitsverhältnisse arbeitsrechtlich entsprechend zu entlohnen, konstatierte er gleichlautend mit Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F).

Den schwarzen Schafen müsse man selbstverständlich zu Leibe rücken, bekräftigte Loacker, überzogene gesetzliche Bestimmungen würden das Angebot an Praktikumsplätzen stark reduzieren, zeigte er sich überzeugt. Der NEOS-Politiker begrüßte in diesem Zusammenhang das von der ÖH initiierte Gütesiegel Praktikum.

Gegenüber diesen Warnungen vor neuen Gesetzen verteidigte Birgit Schatz von den Grünen ihre Anträge. Kollektivvertragliche Regelungen gebe es nur für Schülerinnen in Berufsbildenden höheren Schulen, gab sie zu bedenken, sie könne nicht nachvollziehen, warum PraktikantInnen ein arbeitsrechtlicher Schutz verwehrt wird. Schatz erwartet sich aufgrund der Ankündigung des Sozialministers für Herbst eine Regierungsvorlage, mit der das Problem endlich angegangen wird und die eine Definition enthält, was unter einem Praktikum und was unter einem Dienstverhältnis zu verstehen ist. (Fortsetzung Nationalrat) gs/keg/jan