Parlamentskorrespondenz Nr. 716 vom 24.07.2014

Hypo-Sondergesetz passiert den Bundesrat

Heftiger Schlagabtausch zwischen Regierungsparteien und Opposition

Wien (PK) – Das erste einer Reihe von Gesetzesbeschlüssen, die heute den Bundesrat passierten, war das Sondergesetz zum Abbau der maroden Hypo Alpe Adria-Bank. Dieses Gesetz, gegen das die Länderkammer mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit keinen Einspruch erhob, wird noch in diesem Sommer in Kraft treten. Somit wird die 2009 verstaatlichte Bank zu einer Abbaugesellschaft ohne Bankkonzession dereguliert, die ihr Vermögen unter Schonung der SteuerzahlerInnen optimal verwerten soll. Der vorgesehene 100%-Schuldenschnitt für Nachranggläubiger auf Basis einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 sorgte - wie schon im Nationalrat - für heftige Diskussionen zwischen Regierung und KoalitionsvertreterInnen einerseits und SprecherInnen der Opposition andererseits. Der gesetzliche Eingriff in mit Landeshaftungen garantiertes Eigentum verunsichere die Finanzmärkte und schade Republik und Wirtschaftsstandort, lautete die Kritik der Opposition. Der bessere Weg, auch für die SteuerzahlerInnen, wäre ein geordnetes Insolvenzverfahren – außerdem würde das Abbaugesetz einer verfassungs- und europarechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Demgegenüber wiesen Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl und BundesrätInnen von SPÖ und ÖVP darauf hin, dass eine Insolvenz der Hypo auch eine Insolvenz des Landes Kärnten und nicht abschätzbare Risiken für Österreich mit sich bringen würde. Der Konkurs einer mit Landeshaftungen besicherten staatlichen Bank würde das Vertrauen der Finanzmärkte sowie die Reputation heimischer Banken und des Wirtschaftsstandorts insgesamt beeinträchtigen und die Finanzierung der Republik verteuern.

Nach einer lebhaften Debatte lehnte der Bundesrat zunächst einen Antrag der FPÖ auf Einspruch gegen das Hypo-Sondergesetz in namentlicher Abstimmung bei 58 abgegebenen Stimmen mit 45 Nein- gegen 13 Ja-Stimmen ab. Auch der Beschluss, keinen Einspruch gegen das Hypo-Sondergesetz zu fassen, fiel mit der Mehrheit der Regierungsparteien.

FPÖ betont ihr Interesse an der Aufklärung des Falles Hypo  

Mit Kritik an einem verfassungs- und EU-widrigen Enteignungsgesetz, das eine Klagswelle gegen Österreich auslösen werde, eröffnete die Wiener FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth die Debatte und untermauerte ihre Befürchtungen mit Zitaten namhafter Experten. Landeshaftungen drohten in Zukunft nicht mehr ernst genommen zu werden, die Bonität von Ländern und Republik Österreich sei gefährdet. Statt Spekulanten würden hunderttausende ÖsterreicherInnen - als SteuerzahlerInnen und Versicherungskunden - zur Kasse gebeten, zumal große heimische Versicherungen zu den Nachranggläubigern bei der Hypo-Alpe-Adria zählen. Eine Insolvenz der Hypo wäre wesentlich billiger gekommen, rechnete die Bundesrätin vor, "und Kärnten wäre deswegen nicht von der Landkarte verschwunden". Es sei völlig unverständlich, warum sich Finanzminister Spindelegger, dessen Abwesenheit bei der Sitzung Mühlwerth heftig kritisierte, für die teuerste Lösung beim Hypo-Abbau entschieden hat. Ebenso unverständlich sei der Widerstand der Regierungsparteien gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, obwohl SPÖ und ÖVP nicht müde würden zu sagen, FPÖ und BZÖ seien für das Hypo-Desaster verantwortlich. "Wir sind an der Aufklärung des Falles Hypo-Alpe-Adria sehr interessiert", sagte Bundesrätin Mühlwerth und beantragte einen Einspruch gegen das Hypo-Sondergesetz, den sie mit den Bedenken zahlreicher Verfassungsjuristen gegen die geplanten Eingriffe in das Eigentumsrecht begründete.

ÖVP lobt den Mut der Regierung beim Schutz der SteuerzahlerInnen

Den Mut der Bundesregierung, mit dem Hypo-Sondergesetz die österreichischen Steuerzahlerinnen zu schützen, lobte Bundesrat Christian Poglitsch (V/K). Der Redner erinnerte an die Verantwortung der FPÖ und Jörg Haiders für dieses Bankdesaster und hielt es für unverständlich, eine Insolvenz, also eine Vorgangsweise vorzuschlagen, die zu einem Konkurs des Bundeslandes Kärnten geführt hätte. Poglitsch skizzierte den Weg der Hypo in den Untergang und erinnerte dabei an die Fehler beim Verkauf der Bank an die Bayern-LB. Die Notverstaatlichung sei unerlässlich gewesen, um Kärnten vor den Folgen der Insolvenz und der sofort schlagend gewordenen Haftungen zu schützen. Das vorliegende Gesetz entspreche den ursprünglichen Forderungen der Opposition nach Einrichtung einer Bad-Bank und nach einer geordneten Abwicklung. Die nunmehrige Kritik der Opposition sei daher unverständlich. Die aktuell guten Ratings für die Republik zeigten, dass der von der Regierung eingeschlagene Weg einer einmaligen Sondermaßnahme im Fall Hypo-Alpe-Adria richtig sei, merkte Bundesrat Poglitsch abschließend an.

Grüne: Das Hypo-Gesetz rettet Investoren, nicht Kärnten

Auf Seiten der Grünen wandte sich Bundesrat Marco Schreuder (G/W) der Frage zu, wie mit Pleitebanken umzugehen sei. Der Redner erinnerte an die Ansage: "Wir zahlen nicht für eure Krise", die nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 laut wurde. "Nach wie vor leiden wir nicht unter einer Wirtschaftskrise, sondern unter einer Krise der Finanzindustrie", stellte Schreuder fest. Das vorliegende Sondergesetz rette nicht Kärnten, wie behauptet werde, sondern die Investoren, während bei einer Insolvenz die Gläubiger zur Kasse gebeten würden. Die zentrale Frage seien die Landeshaftungen, räumte Schreuder ein und problematisierte die hohen Haftungen anderer Bundesländer. In diesem Zusammenhang wiederholte er die Forderung nach einem Insolvenzrecht für Bundesländer. "Die Steuerzahler würden ihre Solidarität lieber für KindergartenpädagogInnen, Krankenschwestern und LehrerInnen unter Beweis stellen als bei der Verlustabdeckung für Bankgläubiger", formulierte Schreuder pointiert. Die von der Regierung vorgeschlagene Lösung sei falsch, weil sie eine Flut an Klagen auslösen werde, wenn das Sondergesetz vor dem Verfassungsgerichtshof überhaupt halten werde. Die Gefahr, dass die SteuerzahlerInnen total einzuspringen haben, sei groß, warnte Schreuder.

SPÖ: FPÖ trägt die Verantwortung für das Hypo-Desaster  

Den Blick auf die Ursachen des Hypo-Desasters richtet Bundesrat Stefan Schennach (S/W) und bezeichnete es als Chuzpe von Seiten der FPÖ, die Verantwortung für den größten Finanzskandal der Republik abzuleugnen. Der Mandatar erinnerte an die Misswirtschaft zu Zeiten der FPÖ-Verantwortung für Kärnten – "Jörg Haider hat eine Landesbank als Privatbank für seine wahnsinnigen Projekte missbraucht". Er und die FPÖ seien für den Untergang der Hypo verantwortlich, sagte der Bundesrat, sprach von Größenwahn und listete die FPÖ-Flops auf: Wörthersee-Stadion, Seebühne, Magna-Werk-Klagenfurt, Seenkauf, Tibet-Zentrum Hüttenberg, eine marode Fluglinie, der Retortenclub FC-Kärnten und ein Formel 1-Abenteuer.

In der Debatte um das Hypo-Sondergesetz wies Schennach die Kritik am Schuldenschnitt für nachrangige Anleihen zurück und erinnerte daran, dass eine Hypo-Insolvenz im Jahr 2009 eine mitteleuropäische Krise angeheizt hätte - die Verstaatlichung der Bank sei damals aus Gründen der Stabilität notwendig gewesen, nunmehr gehe es darum, die Bank unter größtmöglicher Schonung der SteuerzahlerInnen abzuwickeln.

Team Stronach: Insolvenzrecht für Banken, Bund, Länder und Gemeinden  

Die Spekulationen im Umfeld der Hypo-Alpe-Adria seien wesentlich auch auf die Haftungen des Landes zurückzuführen, führte Bundesrat Gerald Zelina (T/N) in seiner Analyse des Falles Hypo-Alpe-Adria aus und zog daraus den Schluss: Österreich braucht ein Insolvenzrecht für Banken und Gebietskörperschaften. Eigentümer und Investoren von Banken, die zu hohe Risiken eingehen, müssen wissen, dass sie ihr Geld verlieren können. Bund, Länder und Gemeinden müssen wissen, dass sie ihre Souveränität verlieren können, wenn sie zu hohe Haftungen und Schulden übernehmen. Ein Bankeninsolvenzrecht habe kleine Sparer und Steuerzahler zu schützen und Aktionäre, Gläubiger und Investoren zur Sanierung insolventer Banken heranziehen. Das vorliegende Hypo-Sondergesetz erlaube keine geordnete Insolvenz der Hypo, es bevorzuge einzelne Gläubiger auf Kosten anderer Gläubiger und sei daher rechtlich nicht haltbar, kritisierte Bundesrat Zelina.  

Steßl: Das Hypo-Gesetz hält Schaden von Kärnten und Österreich fern 

Die von der Bundesregierung ausgearbeitete Lösung für den Abbau  der Hypo-Alpe-Adria unter Heranziehung der Nachranggläubiger erläuterte den BundesrätInnen Staatssekretärin Sonja Steßl. Keine Chance sah Steßl für eine geordnete Insolvenz der Bank, weil dies bedeutet hätte, "das Schicksal Kärntens einem Masseverwalter zu überantworten". Die Staatssekretärin erinnerte an die Arbeit der Task-Force und betonte, dass die Abwicklung der Hypo-Alpe-Adria nicht nur betriebswirtschaftliche, sondern auch volkswirtschaftliche Probleme aufwerfe. "Es gilt Schaden vom Land Kärnten und von der Republik Österreich fernzuhalten". Auch Steßl erinnerte an die weit überdimensionierten Haftungsübernahmen, die Kärnten eingegangen sei und an die Kosten von 5,5 Mrd. €, die die Hypo der Republik verursacht habe. Der Eingriff in Gläubigerrechte sei verhältnismäßig, liege im öffentlichen Interesse und werde es erlauben, 1,7 Mrd. € an Schulden der Bank zu Gunsten des Steuerzahlers zu löschen. Rechtlich basiere das Sondergesetz auf einer bereits angewendeten EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001. Mit Bayern wird ein Vergleich ausgehandelt und die Gläubiger werden rechtlich nicht schlechter gestellt als in einem Konkursfall. In diesem Zusammenhang unterstrich Sonja Steßl die Bedeutung der europäischen Bankenunion und der gemeinsamen europäischen Finanzmarktaufsicht. "Es gilt die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen, in Europa und in Österreich", schloss die Staatssekretärin.

Fronten bleiben verhärtet

In der weiteren Debatte befasste sich Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O) mit den historischen Ursachen des Hypo-Desasters und erinnerte an eine Intervention des Kärntner Landeshauptmannes Dörfler, der den damaligen Finanzminister Pröll im Jahr 2009 gebeten habe, die Hypo seitens des Bundes zu übernehmen. Die Bank sei wegen ihrer verfehlten Expansionspolitik längst keine Landesbank mehr gewesen, sondern ein maßgebliches Institut in Zentral- und Osteuropa. Die Verstaatlichung sei auch aus Sicht des Steuerzahlers richtig erfolgt, weil es dabei um österreichische Interessen gegangen sei. Die Folgen einer Insolvenz der Bank wären unabschätzbar und nicht verantwortbar, sagte Fürlinger. Für falsch hält es der Redner, dass der Erlös von 500 Mio. €, den Kärnten beim Verkauf der Hypo erhielt, nicht im Sondergesetz berücksichtigt wurde. Der FPÖ stehe es gut an, zuzugeben, dass die SteuerzahlerInnen für ihr Versagen zahlen müssen.

Bundesrat Gerhard Dörfler (F/K) wies die Behauptung zurück, er hätte Finanzminister Pröll um Verstaatlichung der Hypo gebeten und erinnerte an die Verantwortung der ÖVP beim Verkauf der Hypo-Alpe-Adria. Haftungen für Landes-Hypos hätten Länder schon vor der Zeit Jörg Haiders übernommen, erinnerte Dörfler und machte für den "Swap-Betriebsunfall der Hypo" einen SPÖ-Landesrat verantwortlich. Beim – von Dörfler positiv bewerteten - Verkauf der Hypo habe es Partnerschaften der FPÖ mit Rot und Schwarz gegeben. Für dringend aufklärungsbedürftig hielt Dörfler die Rolle Franz Pinkls bei der Verstaatlichung, jenes Vorstandsvorsitzenden, der die Bank übernehmen konnte, obwohl er zuvor die Volksbanken und die Kommunalkredit in den Graben gefahren habe. Auch der ehemalige Kärntner Landeshauptmann plädierte für einen Untersuchungsausschuss. "Wo sind die Protokolle über die Gespräche im Vorfeld der Notverstaatlichung der Hypo-Alpe-Adria?", fragte Dörfler und gab den Eindruck wieder, Bayern habe gepokert und Österreich sei völlig unvorbereitet gewesen. Daher stehe der Republik kein Cent aus dem Kärntner Zukunftsfonds zu, denn der größte Finanzskandal sei die Verstaatlichung der Bank im Dezember 2009. Dörfler meldete auch Zweifel an der Behauptung an, die Landeshaftungen wären im Insolvenzfall sogleich schlagend geworden. Tatsächlich sei der Brand, den Haider und Martinz mit dem Verkauf gelöscht haben, erst durch die Notverstaatlichung wieder aufgeflammt - die Haftungskaskade hätte zunächst die Eigentümer der Bank und dann Bayern betroffen und erst zuletzt Kärnten. Der Untersuchungsausschuss werde interessante Erkenntnisse über die Entscheidungen Erwin Prölls und Andreas Schieders bringen und die Rolle der Bank mit dem Giebelkreuz beleuchten, zeigte sich Dörfler überzeugt.

Die FPÖ halte offenbar Angriff für die beste Verteidigung, um die Verantwortung zu löschen, die sie im Fall Hypo-Alpe-Adria zu tragen habe, lautete die Reaktion von Bundesrat Günther Novak (S/K) auf die Ausführungen seines Vorredners. "Die FPÖ hat diese Bank als ihre Handkasse betrachtet und sollte im Büßergewand durch Kärnten gehen", sagte der Bundesrat, der die Behauptung zurückwies, SPÖ, ÖVP und Grüne hätten für die Hypo-Haftungen gestimmt. Diese Parteien haben lediglich für den Abbau der Hypo-Haftungen votiert, sagte Novak. Dank gebühre der Bundesregierung und dem Nationalrat. Über den Zukunftsfonds werden der Landeshauptmann und der Finanzminister zu verhandeln haben.

Letzter Debattenredner war Hans-Jörg Jenewein (F/W), der das Zusammenkommen der Hypo-Wandelanleihe zur Zeit der FPÖ-SPÖ-Koalition in Kärnten schilderte, das Umfeld sowie die Interessenten an diesem Geschäft beleuchtete und dabei Vermutungen über Großinvestoren und mögliche Parteienfinanzierung aussprach. Versuche, diesen Skandal der FPÖ anzulasten, wies der Redner entschieden zurück, räumte aber ein, dass auch seine Partei mit diesem Fall zu tun habe. Jörg Haider habe diese Bank vor der Finanzkrise verkauft und damit 800 Mio. € für Kärnten lukriert. Es sei Josef Pröll gewesen, der diese Bank ohne Not zurückgekauft habe - jeder könne sich seinen Reim auf diese Entwicklung machen, schloss Jenewein. (Fortsetzung Bundesrat) fru


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