Parlamentskorrespondenz Nr. 722 vom 24.07.2014

Höhere Energieeffizienz spart KonsumentInnen 2,3 Mrd. € bis 2020

Verfassungsmehrheit für Energieeffizienzpaket auch im Bundesrat

Wien (PK) – Manche BundesrätInnen sprachen von einem "Meilenstein der österreichischen Energiepolitik", andere warnten vor einem "bürokratischen Monster". Die Rede ist vom Energieeffizienzpaket des Bundes, das im Bundesrat von SPÖ, ÖVP, Grünen und dem Vertreter des Team Stronach unterstützt wurde, also auch in der Länderkammer die erforderliche Verfassungsmehrheit erhielt. Demgegenüber wiederholte die FPÖ ihre schon im Nationalrat vorgebrachte Kritik wegen Belastungen von Unternehmen und KonsumentInnen mit den Kosten einer überbordenden Verwaltung und brachte zudem Bedenken wegen Eingriffen in Länderkompetenzen vor. Der FPÖ-Antrag auf Einspruch des Bundesrates wurde in namentlicher Abstimmung bei 54 abgegebenen Stimmen mit 44 Nein- zu 10 Ja-Stimmen abgelehnt.

Zudem genehmigte der Bundesrat eine Novelle zum Wasserrechtsgesetz, um die Wassernutzungsrechte an Gemeindezusammenlegungen anzupassen.

Bis 2020: Jahresproduktion von 14 Donaukraftwerken einsparen    

Ziel des Energieeffizienzpakets ist es, den Energieverbrauch Österreichs bis 2020 von derzeit 1100 Petajoule auf 1050 Petajoule zu senken – diese Einsparung entspricht der Jahresproduktion von 14 Donaukraftwerken. Dafür müssen große Energielieferanten ihre Effizienz jährlich um 0,6% des durchschnittlichen Jahres-Energieverbrauchs verbessern und für ihre KundInnen Energieeffizienz-Ombudsstellen einrichten. Der Bundesimmobiliengesellschaft werden Einsparungen im Ausmaß von 125 Gigawattstunden vorgeschrieben. Abgesichert wird die Förderung hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungen und die Fernwärmeversorgung in Österreich. Das Energieeffizienzpaket verfolgt ausdrücklich auch soziale Ziele. Um dem Phänomen der Energiearmut entgegenzuwirken, sollen 40% der Effizienzmaßnahmen privaten Haushalten zugutekommen; Verbesserungen für einkommensschwache Haushalte werden bei der Bewertung der effizienzsteigernden Maßnahmen stärker gewichtet.

Die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedenken der FPÖ

Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) begrüßte Energieeffizienzmaßnahmen, lehnte aber Maßnahmen ab, die zur Belastung funktionierender Unternehmen und von deren Kunden führen. Statt auf bürokratische Belastungen und Verpflichtungen sollte man nach deutschem Vorbild auf Energieeffizienzfortschritte durch Anreize setzen, sagte Michalke. Belastet würden auch die Endverbraucher durch höhere Energiepreise und Steuern für die Erhaltung der überbordenden Bürokratie. Statt Kraftwärmekopplungen zu fördern, wo fossile Brennstoffe genützt werden, sollten Solarstromanlagen unterstützt werden. Aus Vorarlberger Sicht kritisierte die Rednerin zudem auch Eingriffe in Länderkompetenzen ohne Einvernehmen mit den Ländern.

ÖVP: Das Kraftwerk Energieeffizienz geht in Betrieb

Bundesrat Magnus Brunner (V/V) warf seiner Vorrednerin wahlkampfbedingten Populismus in Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Vorarlberg vor. Die Kritik Michalkes sei nicht mehr aktuell, weil der ursprüngliche Gesetzentwurf im Interesse der Wirtschaft wesentlich verbessert wurde, sagte Brunner. Das vorliegende Gesetz setze EU-Vorgaben um und entspreche der Kritik von Wirtschaft und Energieversorgern. Energieeffizienz sei die kostengünstigste Option, sie erlaube es, Importkosten zu senken, schaffe Arbeitsplätze und erhöhe die lokale Wertschöpfung. Dynamische Kompetenzdeckungsklauseln lehne auch er ab, sagte Brunner und wiederholte an dieser Stelle die Forderung nach einem Teileinspruchsrecht des Bundesrats, das im Rahmen einer Bundesratsreform ermöglicht werden sollte. Das Gesetz greife aber nicht in unzulässiger Weise in Länderkompetenzen ein, weder in der Raumordnung und auch nicht im Bauwesen. Das Gesetz stelle einen guten Kompromiss dar und sei als zukunftsweisender Schritt zu sehen.

SPÖ: In der Energiepolitik ist Ordnungspolitik notwendig

Bundesrat Josef Taucher (S/W) berichtete, dass allein in Wien die Leistung eines Donaukraftwerkes nur für die Standby-Funktionen von Elektrogeräten verbraucht wird, und appellierte auch an die Industrie, mit ihren Produkten zur Energieeffizienz beizutragen. ÖVP, SPÖ und Grüne seien in ihren Verhandlungen jeweils über ihren Schatten gesprungen und hätten ein zukunftsweisendes Gesetz geschaffen, das es erlauben wird, die EU-2020-Ziele bei Energie- verbrauch, Energieeffizienz und Anteil an erneuerbaren Energieträgern zu erreichen. Ohne Verpflichtungen gehe es laut Bundesrat Taucher bei der Energieeinsparung nicht, hier sei Ordnungspolitik gefragt. Dazu gehören Ersatzzahlungen bei Nichterreichung von vorgegebenen Zielen und der Einsatz der Gelder für das Energiesparen. Das Gesetz verfolge auch soziale Ziele und bekämpfe das neue Phänomen der Energiearmut mit einer Verbesserung der Energieeffizienz. Positiv sah der Redner auch die geplanten Energieombudsstellen. Es gilt, die Energiekosten zu senken, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen und Bewusstsein für den Wert des kostbaren Gutes Energie zu erzeugen, betonte er.

Grüne sehen langjährige Forderungen erfüllt

Bundesrätin Heidelinde Reiter (G/S) sah wichtige und langjährige Forderungen ihrer Fraktion mit diesem Gesetz realisiert und wichtige Weichen in die Zukunft gestellt. Man kann den Wohlstand auch bei Halbierung des Energieverbrauchs verdoppeln, zeigte sich die Rednerin überzeugt und erinnerte an diesbezügliche Expertisen des Club of Rome, denen nun endlich praktisch und durch ein Gesetz entsprochen werde. Mit der Erhöhung der Energieeffizienz wird das billigste Kraftwerk in Betrieb genommen, das zur Verfügung steht, schloss die Rednerin pointiert.

Rupprechter: Höhere Energieeffizienz spart 2,3 Mrd. € bis 2020 

Umweltminister Andrä Rupprechter sprach von einem wichtigen Schritt zur Erreichung der 20:20:20-Ziele, die dem Endverbraucher Einsparungen von 2,3 Mrd. € bringen werden. Die Krise in der Ukraine zeige einmal mehr auf, wie wichtig es sei, die Energieeffizienz zu steigern, um unabhängiger von Energie-Importen zu werden. Der Umweltminister ging auf die Herausnahme von Ölheizungen aus Energieeffizienzmaßnahmen ein, erläuterte die Einrichtung von Energieeffizienzmanagementsystemen in großen Unternehmen und die Sanierungsverpflichtung für die BIG sowie die Absicherung der Fernwärmeversorgung und der Förderung der Kraftwärmekopplung. Eine höhere Energieeffizienz diene der Erhaltung der Schöpfung und liege im Interesse unserer Kinder, hielt der Umweltminister fest. "Die grüne Kraft des Umweltsektors ist der Motor für Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze", zeigte sich Rupprechter überzeugt und zerstreute Bedenken wegen Eingriffen in Länderkompetenzen.  

Ein Ersparungsziel von 14 Donaukraftwerken sei ambitioniert, sagte zum Schluss Bundesrat Franz Perhab (V/St). Das Gesetz enthalte auch schwer verkraftbare Anforderungen an die Wirtschaft, gab der Redner zu bedenken, bekannte sich aber dennoch zu dem erzielten Kompromiss, der Ausnahmen für kleine Betriebe enthalte und bürokratische Belastungen vermeide. Nicht nachvollziehbar sei die Anforderung, gemeinsam mit den Kunden Energieeinsparungen zu erzielen, weil das bedeute, einem Konsumenten vorzuschreiben, weniger Energie zu verbrauchen. Da aber auch Deutschland mit seinem Anreizsystem alleine nicht mehr durchkomme, seien weitergehende Maßnahmen notwendig, berichtete Bundesrat Perhab.

Gemeindezusammenlegungen: Anpassung im Wasserrechtsgesetz notwendig

Mit Mehrheit passierte die Länderkammer auch eine Änderung des Wasserbenutzungsrechtes. Damit reagiert man auf mögliche Probleme bei Gemeindezusammenlegungen, nachdem das Wasserrechtsgesetz keine Übertragung von Benutzungsrechten vorsieht, die nicht mit dem Eigentum an der Liegenschaft oder Betriebsanlage verbunden sind.

Mit der Änderung können Wasserbenutzungsrechte im Rahmen einer gemeinderechtlich vorgesehenen Gesamtrechtsnachfolge nunmehr übertragen werden.

Kritik kam von Bundesrätin Heidelinde Reiter (G/S). Denn für Gemeindefusionierungen gebe es wirklich gute Gründe, es könne aber auch ziemlich daneben gehen, etwa wenn die Bevölkerung nicht ausreichend eingebunden werde, meinte sie. Dafür würden sich in der Steiermark einige Beispiele finden. Die Grünen sind der Überzeugung, dass so eine emotionale und weitreichende Entscheidung nur partizipativ getroffen werden könne. Mit diesem Gesetz würden Fakten und Druckmittel geschaffen, deswegen sei es wenig dazu geeignet, einen guten Start in eine verheißungsvolle Zukunft bei den Gemeindezusammenlegungen zu schaffen. In diese Argumentation reihte sich auch Gerd Krusche (F/St), der sich im Namen seiner Fraktion gegen "diese Zwangsfusionierungen" aussprach. Das Parlament müsse für die Steiermark nicht als Feuerwehr, sondern als Wasserrettung ausrücken, sagte er, räumte aber auch ein, dass viele Fusionen auch freiwillig passierten. Krusche sprach sich überdies ebenfalls für mehr Bürgerbeteiligung etwa - in Form einer Befragung - bei Gemeindezusammenlegungen aus, denn nur so könne man solche Strukturreformen friktionsfrei umsetzen.

Eduard Köck (V/N) konstatierte hingegen, dass es sich bei der Änderung des Wasserbenutzungsrechts um eine Schließung einer Lücke handle, zu der es bei den angesprochenen Strukturreformen gekommen wäre. Diese sei notwendig, um Verunsicherungen bei den Betreibern, den Gemeinden und letztendlich auch bei den BürgerInnen aus den Weg zu räumen. Gemeindezusammenlegungen würden nie friktionsfrei umgesetzt werden können, warf er ein, denn bei solchen Reformen gebe es immer Nebengeräusche. Richard Wilhelm (S/St) unterstrich die Wichtigkeit des Antrags, denn nur so sei gewährleistet, dass die Wasserversorgung für die steirische Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Wasser gesichert sei.

Die vorgesehene Neuregelung gehe zurück auf die Initiative des Nationalrats, in der Begleitmaßnahmen und Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Wassernutzungsrechten in fusionierten Gemeinden geschaffen werden soll, erläuterte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Aus seiner Sicht erfülle die Novellierung die sachliche Rechtfertigung und schaffe Klarheit in der Rechtsnachfolge in einem unbürokratischen Modus. Aus diesem Grund unterstütze er die Novellierung ausdrücklich, so Rupprechter. (Fortsetzung Bundesrat) fru/keg


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