Parlamentskorrespondenz Nr. 833 vom 24.09.2014

Abgeordnete wollen Kampf gegen Gewalt an Frauen vorantreiben

Einstimmige Aufforderung an die Bundesregierung

Wien (PK) – Die Bundesregierung soll sich in Zukunft noch stärker gegen Gewalt an Frauen einsetzen. Dafür hat sich der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung einstimmig ausgesprochen. Demnach soll der Kampf gegen Gewalt an Frauen auf nationaler und internationaler Ebene durch entsprechende Maßnahmen und Projekte intensiviert und die österreichische Expertise im Rahmen eines prioritären Projekts des italienischen Ratsvorsitzes in den Erfahrungs- und Meinungsaustausch eingebracht werden. Wesentlich sahen die Abgeordneten außerdem die Sensibilisierung und Prävention in diesem Bereich. Ein Entschließungsantrag der FPÖ, der insbesondere bei sexueller Gewalt neben Frauen auch Kinder, Jugendliche, Männer und beeinträchtigte Menschen berücksichtigt, wurde ebenso einstimmig vom Nationalrat angenommen.

Die Gewalt an Frauen sei trotz aller bisher gesetzter Maßnahmen noch immer ein Problem in den Mitgliedsstaaten der EU, machte Elisabeth Pfurtscheller für die ÖVP geltend. Laut einer Studie der EU-Grundrechteagentur haben 33 % der Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren, eine von 20 Frauen ist seit ihrem 15. Lebensjahr vergewaltigt worden, erläuterte sie. Mehr als die Hälfte der befragten Frauen in dieser Studie, nämlich 55 %, haben irgendeine Form der sexuellen Belästigung erlebt, gab sie zudem zu bedenken und warf ein, dass für diese Gewalttaten in der EU kein Platz sei. Österreich sei zwar keine Insel der Seligen, es nehme jedoch, nicht zuletzt aufgrund des im August von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Aktionsplans zum Schutz der Frauen vor Gewalt, eine Vorreiterrolle ein. Man wolle mit dem Antrag ein prioritäres Projekt der italienischen EU-Ratspräsidentschaft unterstützen und mit österreichischer Expertise auf diesem Gebiet mithelfen, hielt Pfurtscheller fest.

Auch ihr Fraktionskollege Nikolaus Berlakovich verwies auf die von Österreich bisher gesetzten Maßnahmen in diesem Bereich, das Problem sei aber nach wie vor enorm, lenkte er ein. Es handle sich hierbei um kein österreichisches, sondern um ein europäisches und internationales Problem, gegen das man geeint und supranational auftreten müsse. Österreich könne durch seine Expertise auf europäischer Ebene im Zuge der italienischen EU-Ratspräsidentschaft wichtige Impulse setzen. Es gelte, durch alle Gesellschaftsschichten hinweg gegen Gewalt an Frauen aufzutreten. "Wegschauen ist Teil des Problems", konstatierte Berlakovich im Sinne der Sensibilisierung.

Die wichtige Rolle der Sensibilisierung und Präventionsarbeit auf diesem Gebiet betonten auch die Sozialdemokraten. Wesentlich dafür sah Franz Kirchgatterer den nationalen Aktionsplan zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Dieser Kampf sei in allen Ländern der Europäischen Union eine oft unterschätzte und dringende Aufgabe, sagte er und verwies auf die wertvolle Arbeit der heimischen Hilfseinrichtungen im ganzen Bundesgebiet, die den Gewaltopfern Hilfe, Schutz und Sicherheit geben würden. Sein Fraktionskollege Harry Buchmayr thematisierte ebenso die wichtige Arbeit der Gewaltschutzzentren in Österreich und verwies auf die Notwendigkeit dieser Einrichtungen. Das würden etwa die ständigen Auslastungen der Frauenhäuser beweisen, zeigte er auf.

Dass die Familie auch oft eine Keimzelle für Gewalt ist, merkte Nurten Yilmaz (S) an. Österreich habe sich seit den 1990er Jahren zum Gewaltschutz von Frauen und Kindern bekannt und seither diesbezügliche Maßnahme kontinuierlich ausgebaut. Äußerst positiv bewertete die Mandatarin demnach das Zustandekommen des nationalen Aktionsplans, hier habe man interministeriell ein gutes Maßnahmenpaket geschnürt, sagte sie. Darauf, dass Gewalt gegen Frauen viele Gesichter hat, machte Andrea Gessl-Ranftl (S) aufmerksam. Es sei wichtig, diese vielen Facetten anzusprechen, die von der finanziellen Abhängigkeit über die Ungleichheit in der Arbeitswelt bis hin zur häuslichen Gewalt gehen würden. Dabei verwies sie wie auch ihre Fraktionskollegin Yilmaz darauf, dass der gefährlichste Ort für Frauen oft die eigenen vier Wände seien. Im Namen der SPÖ setzte sich auch Ulrike Königsberger-Ludwig für die Prävention in diesem Bereich ein. Es sei wichtig, in Schulen starke Mädchen und Buben zu erziehen und sie zu lehren, dass es andere Konfliktlösungen als die der Gewalt gibt. Wesentlich sei aber auch die Täterarbeit, warf sie ein.

Die FPÖ unterstützte den zur Diskussion stehenden Antrag zwar grundsätzlich, Carmen Gartelgruber und Gernot Darmann führten im Namen ihrer Fraktion aber aus, dass die Initiative zu kurz greife. Wenn es um den Kampf gegen Gewalt geht, müsse dieser neben den Frauen auch auf Jugendliche, Kinder, Männer und beeinträchtigte Menschen ausgeweitet werden. Die FPÖ brachte demgemäß einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein. Denn jeder Art von Gewalt sei vehement entgegenzutreten, sagte Gartelgruber und sprach sich auch für eine erhöhte Sensibilisierung ein. Sie wolle aber nicht unerwähnt lassen, dass in Österreich auch traditionelle Gewalt mancher Kulturen Einzug gehalten hätten. Es sei nicht zu tolerieren, dass es in Österreich immer noch Zwangsverheiratung, Beschneidungen und Ehrenmorde gebe. Man brauche keine Statistiken, die das Problem der Gewalt an Frauen belegen, als mitfühlender Mensch würde man dem ohnehin gewahr werden, sagte Darmann. Er hätte sich eine eigene Initiative der Bundesregierung auf europäischer Ebene gewünscht, führte der Mandatar aus und appellierte, die Initiative um den Kampf gegen Gewalt nicht so eng formuliert zu sehen. Es gelte die österreichische Expertise in andere europäische Länder hinauszutragen.

Die Notwendigkeit internationaler Bemühungen für eine stärkere Zusammenarbeit gegen Gewalt an Frauen mit Hilfe österreichischer Expertise betonten ebenso die Grünen. Alev Korun verwies in diesem Zusammenhang auf die, wie die Mandatarin ausführte, ganz dramatischen Fälle von Gruppenvergewaltigungen in Indien oder die vor ein paar Monaten stattgefundene Entführung von 200 Mädchen der terroristischen Gruppe Boko Haram. Nicht unerwähnt ließ Korun aber auch das "grausige" Phänomen der Frauenverschleppungen durch die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Vergewaltigung werde hier ganz bewusst als Kriegswaffe eingesetzt, rief sie ins Bewusstsein. In einer emotionalen Rede thematisierte auch Aygül Berivan Aslan (G) die Entführungen, Versklavungen und Vergewaltigungen von vermehrt kurdisch stämmigen Frauen und Mädchen durch die IS. Eingehend rief sie den Österreichischen Außenminister, die Europäische Union, und die Vereinten Nationen dazu auf, diese Zerstörung der Menschenwürde und diese Brutalität zu stoppen. "Hier zu schweigen wäre ein politischer Skandal", sagte sie.

In der Debatte bemängelte Korun außerdem die Vertagungspraxis von Oppositionsanträgen im Menschenrechtsausschuss, wie auch Nikolaus Scherak von den NEOS. Der Mandatar verwies auf massive Grundrechtsprobleme etwa bei der Auslagerung von öffentlichen Sicherheitsaufgaben an Private im Schubhaftzentrum Vordernberg und  räumte ein, nicht müde zu werden, immer wieder über vertagte Anträge wie diesen zu sprechen. Was das Thema Gewalt an Frauen betrifft, sei es wichtig, ein klares Zeichen zu setzen und die Regierung aufzufordern, die österreichische Expertise international einzusetzen.

Auch Christoph Hagen sprach sich im Namen des Team Stronach klar gegen Gewalt an Frauen aus. Aber auch seiner Fraktion gehe der Antrag etwas zu kurz, dieser sei eher allgemein gehalten, merkte Hagen an und stand auch dafür ein, etwa auch Kinder und Männer miteinzubeziehen. In den Köpfen müsse ein Umdenken erreicht werden, forderte Hagen zudem im Sinne einer Sensibilisierung der Gesellschaft bei diesem Thema. (Fortsetzung Nationalrat) keg