Parlamentskorrespondenz Nr. 890 vom 09.10.2014

Rechnungshof empfiehlt mehr Effizienz im öffentlichen Nahverkehr

Alois Stöger zu Science-Parks: Staat muss Innovationen unterstützen

Wien (PK) – In Kärnten zahlten die Fahrgäste im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr 2012 durchschnittlich 0,95 € pro Fahrt und trugen damit 12% der Gesamtkosten von 122 Mio. €. Während das Verkehrsangebot in Kärnten um 6 % und die Fahrgastzahlen um 9 % zurückgingen, stieg das Verkehrsaufkommen in Salzburg um 5 % und die Fahrgastzahlen um 4 %. Dort zahlten die Fahrgäste 1,31 € pro Fahrt und übernahmen 33 % der 180 Mio. € an Kosten des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs. Zur Finanzierung des öffentlichen Personennah– und Regionalverkehrs tragen viele Systempartner bei, es mangle an einer Übersicht der eingesetzten öffentlichen Mittel. Überdies fehle ein Monitoring und damit eine effiziente und wirkungsorientierte Steuerung des Mitteleinsatzes. Dies erfuhren die Mitglieder des Rechnungshofausschusses aus einem RH-Bericht zum Vergleich von Leistungen und Finanzierung der Verkehrsverbünde in Kärnten und Salzburg (III-93 d.B.). Die Prüfer empfahlen dem Verkehrsminister eine Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs mit dem EU–Recht, eine Überprüfung von Effektivität und Effizienz der Bestellerförderung und die Einrichtung eines einheitlichen Erfassungs– und Meldesystems für Finanzierungs– und Leistungsdaten im öffentlichen Nahverkehr.

Für den innovativ gestalteten Bericht mit aussagekräftigen Graphiken bedankte sich Ausschussobfrau Gabriela Moser beim Rechnungshofpräsidenten ausdrücklich im Namen aller Mitglieder des Ausschusses. Die Debatte eröffnete Abgeordneter Josef Schellhorn (N) mit der Feststellung: "Salzburg erstickt im Verkehr". Der Redner kritisierte das Salzburger Nahverkehrskonzept im Detail, forderte, den Nahverkehr in Salzburg zu forcieren und dies in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen zu berücksichtigen. Prinzipiell plädierte Schellhorn dafür, die Verkehrs- und Raumplanung zu integrieren, das Nahpersonen- und Regionalverkehrsgesetz mit dem EU-Recht zu harmonisieren, die Effizienz der Bestellerförderung zu überprüfen und ein einheitliches Erfassungs- und Meldesystem in der Nahverkehrsförderung einzuführen. - Abgeordneter Gerhard Deimek (F) interessierte sich insbesondere für die Ursachen der Unterschiede zwischen Kärnten und Salzburg, wobei er auf die unterschiedlichen Mobilitätskonzepte der beiden Länder und die Einrichtung eines Schnellbahnnetzes um Klagenfurt hinwies.

Die große Bedeutung des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum

"Salzburg schneidet im Nah- und Regionalverkehr deutlich besser ab als Kärnten", registrierte Abgeordneter Johann Singer (V), der eine Lanze für den öffentlichen Personennahverkehr brach und auf die Notwendigkeit hinwies, bei der Steigerung der Mobilität im ländlichen Raum neue Wege zu gehen. Für sinnvoll hielt Singer auch eine Prüfung des Personennah- und Regionalverkehrs in anderen Bundesländern. Für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs machte sich ausdrücklich auch Abgeordneter Erwin Preiner (S) stark. Auch er betonte, wie wichtig es sei, Arbeitsplätze in ländlichen Regionen durch die Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel zu sichern. Preiner fügte hinzu, dass Priorität für den öffentlichen Verkehr auch aus Gründen des Klimaschutzes unerlässlich sei, begrüßte die Einstellung des SchülerInnenselbstbehalts zur Entlastung der Familien und erklärte das relativ schlechte Abschneiden Salzburgs auch mit dem Rückgang der SchülerInnenzahl, der Einnahmenausfälle im Nahverkehr zur Folge habe. - "Der öffentliche Verkehr ist Teil der öffentlichen Infrastruktur", sagte Abgeordneter Erwin Angerer (F) und unterstrich die Bedeutung öffentlicher Verkehrsleistungen als Instrument gegen die Abwanderung der Menschen aus dem ländlichen Raum.

Ineffiziente Finanzierungsströme

"Die extrem komplexen Finanzierungsströme im öffentlichen Personenverkehr sind ineffizient", stellte Abgeordneter Georg Willi (G) fest. Zum Vergleich Salzburg – Kärnten merkte der Abgeordnete an, dass Kärnten ein Schnellbahnsystem erfolgreich eingeführt habe, was die Kosten in diesem Bundesland erhöht habe. Salzburg wiederum plane sehr stark, wobei das Spannungsfeld zwischen Stadt und ländlichem Raum zu beachten sei, weil im ländlichen Raum hohe Kosten durch eine geringere Zahl von Fahrgästen entstehe. Willi drängte auf bessere Anreize für den SchülerInnenverkehr und auf Integration der Stadt Klagenfurt in einen Verkehrsverbund. – Abgeordnete Martina Schenk (T) drängte auf Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes und problematisierte die im Bericht angeführten hohen Beratungskosten.

Die unterschiedlichen Ergebnisse des öffentlichen Nahverkehrs in Kärnten und in Salzburg gab Abgeordnetem Philip Kucher (S) Gelegenheit zur Kritik am ehemaligen Kärntner Verkehrslandesrat Dörfler. Beim Vergleich der beiden Länder sei aber auch die unterschiedliche Netzdichte und Faktoren wie der in Salzburg funktionierende Ganzjahrestourismus zu beachten, sagte Kucher.

Alois Stöger: Ein Plädoyer für den öffentlichen Verkehr

Die Unterschiede zwischen den beiden Bundesländern zu beachten empfahl auch Verkehrsminister Alois Stöger. Für ihn war erfreulich zu sehen, dass in Salzburg, wo mehr in den öffentlichen Verkehr investiert werde, das Verkehrsangebot von den Menschen zugleich auch stärker angenommen werde. "Wir wollen mehr öffentliche Mobilität haben", sagte der Ressortleiter und kündigte an, die Ergebnisse der Mobilitätserhebung 2014 im kommenden Jahr zu veröffentlichen. Skeptisch zeigte sich Stöger gegenüber dem Vorschlag, eine einzige Finanzierungsquelle für den Nahverkehr zu schaffen. Es gelte unterschiedliche Bedürfnisse zu berücksichtigen. Zudem erinnerte Stöger daran, wie wichtig es sei, dass Gemeinden den öffentlichen Verkehr mit dem Bau von Parkplätzen und Fahrradabstellplätzen unterstützten. Stöger bekannte sich aber dazu, den Verkehr zielgerichteter zu organisieren und die Transparenz bei der Finanzierung zu verbessern.

In seinen weiteren Ausführungen informierte der Verkehrsminister die Abgeordneten über eine Arbeitsgruppe, die gemeinsam mit den Bundesländern Mindeststandards für den öffentlichen Verkehr vorbereite, bestätigte Einnahmenausfälle in Kärnten wegen geringer SchülerInnenzahlen und hielt fest, dass komplexe Systeme nicht notwendigerweise ineffizient sein müssen. An dieser Stelle bekannte sich Stöger zugleich zu mehr Transparenz. Ausbauen will der Minister den Taktfahrplan, wobei die Herausforderung darin bestehe, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen. Auch Stöger sieht den öffentlichen Verkehr als Teil der Infrastruktur und als Instrument gegen die Abwanderung aus den Regionen. Eine Novellierung des Öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrsgesetz soll noch in diesem Jahr im Nationalrat behandelt werden können, sagte der Verkehrsminister Ausschussobfrau Gabriela Moser zu.

Josef Moser: Bund muss die Leistungen steuern können, für die er Milliarden bezahlt  

Rechnungshofpräsident Josef Moser unterstrich die Notwendigkeit, die Wirkung eingesetzter öffentlicher Mittel überprüfen zu können, vor allem dann, wenn es sich um Milliardenbeträge handle. Weder in Kärnten noch in Salzburg bestanden Wirkungsziele in den Landesbudgets, es gebe keine messbaren Indikatoren, keine Fristen für die Zielerreichung und keine Basis für die Erfolgsmessung. Spezielle Mobilitätsbedürfnisse von Frauen werden nicht berücksichtigt, merkte Moser an.

Die enorme Komplexität der Verkehrsverbünde resultiere aus der Vielzahl an Aufgabenträgern und Systempartnern und den sowohl gesetzlichen als auch vertraglichen Grundlagen des Systems in Finanzierung, Organisation und Leistungserbringung. Moser hielt es für notwendig, die gesetzlichen Grundlagen an EU-Normen anzupassen, davon erwarte er sich eine Beseitigung von Missständen. Auch sollten sich Bund und Länder beim Thema öffentlicher Nahverkehr auf Mindeststandards einigen. Bislang wurden weder Ziele festgelegt noch Rahmenbedingungen definiert. Der Rechnungshofpräsident kündigte ein Nachfrageverfahren und einen Follow-up-Bericht zum Thema Nahverkehr an. 2015 will Moser auch den Verkehrsverbund Ostregion prüfen. Die Prüfung anderer Bundesländer wäre zweckmäßig, dafür stünden ihm aber nicht genügend Ressourcen zur Verfügung, sagte der RH-Präsident.

Als Ursachen für die stärkere Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in Salzburg nannte Moser das größere Angebot, die höhere Tourismusintensität, grenzüberschreitende Kooperationen, die Bevorrangung des öffentlichen Nahverkehrs, Eventkooperationen und raumplanerische Maßnahmen

Kritischer Rechnungshofbericht zum Science Park Graz

Die Science Park Graz GmbH begleitet seit seiner Gründung im Jahr 2002 als Gründerzentrum für akademische Spin–offs oder Start–ups High–tech–Entwicklungen bis zur Marktreife. Programm und Motto des Parks heißt "Academia plus Business". Mangels Daten ist aber nicht feststellbar, ob es dem Science Park gelungen sei, High–tech–Gründungen in der Steiermark zu forcieren, schreibt der Rechnungshof in seinem Bericht (III-95 d.B.). Der Science Park Graz erwirtschaftete kaum eigene Erträge und hänge nach wie vor stark von Fördermitteln des Bundes und des Landes ab. Klar verfehlt wurde das Ziel, die Science Park Graz GmbH zehn Jahre nach Gründung ohne öffentliche Förderungen zu führen, erfuhren die Abgeordneten. Einsparungspotenziale orteten die Prüfer in der Verwaltung des Parks. Empfehlungen des Rechnungshofs lauten auf Senkung der Kosten für den Projektbeirat, Compliance–Richtlinien, eine Definition für "High–tech–Gründungen" und die Vorgabe operativer Ziele samt Indikatoren für die Zielerreichung von AplusB–Zentren ("Academia plus Business") sowie insbesondere die Beseitigung der Doppelgleisigkeit zwischen Projektbeirat und Aufsichtsrat.

High-Tech-Innovation braucht auch Mut für riskante Projekte

Technologieminister Alois Stöger sprach sich für die Förderungen von Innnovationen und Projekten aus. Er empfahl zudem, auch das "Scheitern" als Erfolg zu sehen, weil man daraus lernen könne, vor allem bei Versuchen, Forschungsergebnisse zur Marktreife zu bringen. Diese Grundhaltung sei entscheidend. Abgeordnetem Andreas Hanger (V), der die Programme zur Innovationsförderung begrüßte und Kapital, Raum und Zeit als entscheidende Faktoren bei Neugründungen nannte, stimmte der Minister zu und sprach sich dafür aus, Erfolg nicht an der Zahl von Arbeitsplätzen zu messen. Die Fähigkeit, neue Technologien zu implementieren stünde im Vordergrund. Es sei wichtig, die Vorschläge des Rechnungshofs aufzunehmen, jedoch müsse man auch das eine oder andere Programm scheitern lassen. Er habe Vertrauen in junge Techniker.

Kritik an Doppelstrukturen im Science Park Graz

Von Seiten der NEOS stellte Abgeordneter Josef Schellhorn fest, mit den Projekten würden neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch zu hohen Kosten. Die Mittelverwendung 2007 bis 2013 verlaufe nicht nach Plan. Abgeordnete Gabriela Moser (G) konstatierte, das Ergebnis der Prüfung sei "mehr als ernüchternd". Es lägen "fürchterliche" Doppelstrukturen sowie Mängel an Transparenz und Effektivität vor, auch fehle eine einheitliche Definition von "High Tech-Innovationen". Der Mitteleinsatz schneide "miserabel" ab, so Moser.

Abgeordnete erfahren, wie ein Science Park arbeitet und finanziert wird   

Der Geschäftsführer der Science Park Graz GmbH, Emmerich Wutschek, erklärte den Abgeordneten die gestiegenen Verwaltungskosten mit der Verrechnung von In-kind-Leistungen, bei denen keine Auszahlungen anfielen. Internationale Experten erhielten für einen Teil ihrer Leistungen nur Reisekosten vergütet. Bei den Cash-wirksamen Ausgaben habe seine Gesellschaft den Finanzierungsrahmen nie überschritten. Zu der kritisierten Doppelstruktur führte Wutschek aus, er habe die Empfehlungen des Rechnungshofs genau geprüft. Während der Aufsichtsrat ökonomische Verantwortung trage, sei der Projektbeirat für die fachliche Prüfung der Projekte zuständig. Diese Struktur befürwortete ausdrücklich auch Bundesminister Alois Stöger. Abgeordnetem Wolfgang Zanger (F), der sich dafür einsetzte, innovative Betriebe in der Obersteiermark anzusiedeln, teilte Wutschek mit, die meisten Betrieb seien wegen der Nähe zu den drei Universitäten im Raum Graz angesiedelt. Der Branchenmix umfasse Elektronik, Life Science, Umwelt und industrielle Verfahren. Abgeordnete Martina Schenk (T) erfragte vom Science Park Graz-Geschäftsführer, dass die GmbM derzeit sechs MitarbeiterInnen, davon zwei in Vollzeit, beschäftige.

             

Andreas Wildberger (Österreichische Forschungsgesellschft, FFG) bestätigte die Darstellung Wutscheks hinsichtlich Verrechnung von In—kind-Leistungen und regte an, die Präinkubationsphase und die Nachbetreuung bei Gründungsprojekten zu verstärken. Wildberger erläuterte Bewertungsprobleme bei der Beurteilung von High-Tech-Gründungen und erinnerte daran, dass beim Start von AplusB-Programmen keinerlei Wirkungsziele und Indikatoren zur Verfügung standen - diese können erst aus den Monitoringdaten gewonnen werden.

Junge Menschen brauchen Chancen bei innovativen Gründungen

In einer zweiten Verhandlungsrunde stellte Erwin Angerer seitens der FPÖ fest, er hoffe, die Förderungen versickerten nicht nur in den Strukturen. Abgeordneter Elmar Mayer (S) entgegnete, man müsse bei der Gründung von High-tech-Unternehmen bereit sein, Risiken einzugehen. Es sei wichtig, jungen Leuten eine Chance zu geben. Nicht einverstanden zeigte sich Mayer mit dem Rechnungshof-Vergleich zwischen dem Science Park Graz und dem Science Park Linz, wobei er pointiert davor warnte, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Grün-Abgeordneter Georg Willi hielt es nicht für eine öffentliche Aufgabe, Risikokapital zu vergeben, sondern plädierte dafür, in die Grundlagenforschung zu investieren und bei High-Tech-Gründungen das Zusammenwirken von Forschern, Unternehmern und privaten Investoren zu unterstützen.

Stöger: Innovationspolitik ist eine staatliche Aufgabe

Demgegenüber betonte Technologieminister Alois Stöger die Rolle des Staates bei Investitionen in technologische Innovationen und nannte als Beispiele den Eisenbahnbau und die moderne Telekommunikation. "Wir sollten Innovationspolitik als staatliche Aufgabe sehen", so der Minister. "AplusB-Zentren sind positive Programme zur Unterstützung von Innovationen", sie bringen AkademikerInnen in die Betriebe. Die vom Rechnungshof kritisierte Doppelstruktur Projektbeirat/Aufsichtsrat sei gerechtfertigt, er würde diese ebenso wieder einrichten, bekräftigte Stöger.

RH-Präsident Moser untermauert seine Kritik

Rechnungshofpräsident Josef Moser zeigte kein Verständnis dafür, dass der Staat viel Geld bezahlt, ihm aber keine Definitionen und Indikatoren zur Bewertung der erbrachten Leistungen zur Verfügung stehen und das Datenmaterial für die Kontrolle nicht aussagekräftig sei. Der Rechnungshof habe bei seiner Prüfung Indikatoren aus anderen Bundesländern herangezogen und unterstrich seine Ansicht, es sollte möglich sein, die acht High-Tech-Gründerzentren in Österreich miteinander zu vergleichen. Von bloßen Schätzungen müsse man wegkommen, sagte der Rechnungshofpräsident. Der Aufsichtsrat eines Gründerzentrums sollte mit entsprechenden fachlichen Kompetenzen ausgestattet werden, um die Doppelstruktur Projektbeirat- Aufsichtsrat zu beseitigen. RH-Moser blieb auch bei seiner von Abgeordneter Martina Schenk (T) unterstützten Kritik an einem zunehmendem Personalstand trotz abnehmender Zahl der Projekte. Zudem plädierte Moser für eine Rückwärtsintegration der Gründerzentren in die Verwertungseinrichtungen der Universitäten. "Die Gründerzentren sind sinnvoll", schloss Rechnungshofpräsident Josef Moser, "der Staat sollte aber deren Wirkung im Auge haben und dafür Sorge tragen, dass ihr Geld bei den GründerInnen ankommt". (Schluss) fru/gro