Parlamentskorrespondenz Nr. 897 vom 09.10.2014

Wirtschaftsausschuss unterstützt raschen Bürokratieabbau

Mitterlehner kündigt vermehrte Anstrengungen der Regierung zur Verbesserung des Investitionsklimas an

Wien (PK) – Die Bundesregierung reagiere mit zahlreichen Maßnahmen auf die derzeitige Abschwächung der Konjunktur, sagte Minister Reinhold Mitterlehner im heutigen Wirtschaftsausschuss. Der Wirtschaftsminister führte eine Reihe von Maßnahmen an, mit denen die Investitionstätigkeit angeregt und der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt werden soll. Die Mitglieder des Ausschusses waren sich einig, dass eine Entlastung der Unternehmen von bürokratischen Hürden unbedingt notwendig ist. Einstimmig angenommen wurde deshalb ein von den Koalitionsparteien eingebrachter Antrag zu einem raschen Bürokratie-Abbau.

Mehrheitlich vertagt wurde hingegen ein Antrag der FPÖ zu diesem Thema. Außerdem drängt die FPÖ auf die Beseitigung von nicht mehr zeitgemäßen Entlassungstatbeständen aus der Gewerbeordnung. Die Grünen wollen die Spekulation mit geförderten Wohnungen eindämmen. Die NEOS sprechen sich für einen ökologischen Umbau der Energieversorgung und eine EURATOM-Reform sowie für mehr Transparenz im Förderwesen aus. Das Team Stronach verlangt ein Reformkomitee zur Gesetzesmodernisierung und einen "Wirtschaftsstandortcheck". Auch diese Anträge der Opposition wurden mehrheitlich vertagt. Auf der Tagesordnung befanden sich zudem zwei Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Staaten der Karibik sowie mit Cote d'Ivoire, die den Ausschuss einstimmig passierten.

Mitterlehner: Regierung reagiert auf verschlechterte Konjunkturprognosen

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner stellte fest, aktuelle Prognosen gingen davon aus, dass Österreich heuer ein Wirtschaftswachstum von nur 0,7 % statt 1,7 % verzeichnen wird. Die Ursachen seien vielfältig, wie etwa geopolitische Krisen. Jedenfalls sei die Investitionsneigung in Folge deutlich zurückgegangen. Auch in der Produktivität sei Österreich zurückgefallen. Für heuer sah Mitterlehner den Budgetvollzug als gesichert an, im kommenden Jahr könnte es aber Probleme geben, meinte er. Als positiv vermerkte der Wirtschaftsminister eine erstaunlich robuste Entwicklung des Sommertourismus und dass der Konsum derzeit stabil bleibe. Jedenfalls müssten alle Kräfte angestrengt werden, um die geplanten Reformvorhaben umzusetzen, betonte Mitterlehner.

Die Bundesregierung reagiere auf die Entwicklungen, indem sie eine Reihe von Maßnahmen zur Konjunkturbelebung in die Wege leite. Zur Belebung der Investitionstätigkeit setze sie auf die Ausschöpfung des Fördervolumens, das etwa in Form von Zuschüssen und Haftungsübernahmen zur Verfügung steht. Das BIG-Sonderbauprogramm in Form von Renovierungs- und Sanierungsarbeiten wurde vorgezogen. Durch ein Sonderprogramm zur Exportförderung helfe man Unternehmen, die Verluste im Russlandgeschäft durch Erschließung alternativer Märkte zu kompensieren. Die Bundesregierung arbeite auch zügig an Gesetzesnovellen, die Unternehmen von Bürokratie entlasten sollen, und an der Ermöglichung neuer Finanzierungsmöglichkeiten, wie etwa Crowdfunding. Die Jungunternehmerförderung wurde auf fünf Jahre ausgeweitet.

Neben vielen punktuellen Maßnahmen setze man auch auf übergeordnete Strategien, sagte Mitterlehner. Er nannte dabei die Leitbetriebsstrategie für Industriebetriebe und kleine und mittlere Unternehmen (KMU). In der Exportförderung verfolge man das Ziel, statt auf den Export von Investmentgüter verstärkt auf Dienstleistungen und Green Technologies zu setzen. Damit wolle man auch neuen Märkte erschließen, wie den afrikanischen, der bisher weitgehend ein "weißer Fleck auf der Landkarte" sei, sagte der Wirtschaftsminister.

Vor allem von Seiten der Abgeordneten der Opposition kamen zahlreiche kritische Anmerkungen. Ruperta Lichtenecker (G) meinte, es gebe eine eindeutige Kreditklemme für KMU. Österreich falle seit Jahren bei Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zurück, sagte die Abgeordnete. Sie thematisierte unter anderem auch die Forschungsstrategie und Forschungsfinanzierung. Der One-Stop-Shop für Unternehmen und Gewerbegründungen müsse rasch umgesetzt werden, war sie mit NEOS-Abgeordnetem Josef Schellhorn einig. Schellhorn fügte hinzu, dass er zwar den guten Willen der Regierung in vielen Bereichen sehe, es aber an der Umsetzung mangle. Die Steuer- und Abgabenquote müsse gesenkt werden.

Für Kathrin Nachbaur (T) stand der Bürokratieabbau an erster Stelle. Finanzierungsprobleme für Unternehmen führte sie auf die starke Abhängigkeit von den Banken und den schwach entwickelten Kapitalmarkt zurück. Axel Kassegger (F) wies auf die hohe Belastung des Faktors Arbeit hin und kritisierte ebenfalls die überschießende Bürokratie, mit denen Unternehmen zu kämpfen hätten. Auch für Brigitte Jank (V) war der bürokratische Aufwand für Unternehmen ein wichtiges Thema. Viele Betriebe würden darüber klagen, dass er sich negativ auf ihre Kosten- und Personalstruktur sowie auf ihre Investitionstätigkeit auswirke, sagte sie.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) verwies auf die Notwendigkeit einer Dämpfung der Energiepreise und meinte, Europa müsse darauf achten, dass die Strategie der Re-Industrialisierung der USA nicht zur De-Industrialisierung Europas führe. Eine Reform der Gewerbeordnung müsse darauf achten, dass man nicht alten Berufen den Boden entziehe, meinte er.

Wirtschaftsminister Mitterlehner hielt fest, dass es beim One-Stop-Shop für Unternehmen Fortschritte gebe und bis Jahresende ein Ergebnis vorliegen werde. Zur Forschungsfinanzierung sei er im Gespräch mit dem Finanzminister über eine Verbesserung des Stiftungsrechts. Die Abgabenquote sei sicherlich ein grundlegendes Problem, er sei aber "vorsichtig optimistisch", dass die Bundesregierung hier bald konkrete Vorschläge zu ihrer Senkung präsentieren werde könne. Was alternative Finanzierungsmodelle betreffe, so kämen Bedenken vor allem von Seiten der Arbeiterkammer, die den Anlegerschutz betone. Er sehe in dieser Frage die positiven Aspekte überwiegen, sagte der Minister.

Von den Abgeordneten Josef Schellhorn (N), Hermann Schultes (V) und Kathrin Nachbaur (T) auf die Reform der ÖIAG angesprochen sagte Mitterlehner, es sei grundsätzlich zu überlegen, welche strategischen Bereiche ein Staat in seiner Hand behalten und wie er seine Eigentümerinteressen zur Geltung bringen solle. Das sei nicht mit einer Repolitisierung von Unternehmen gleichzusetzen, betonte Mitterlehner. Er wolle jedenfalls noch bis Ende des Jahres eine Lösung für die künftige Struktur der ÖIAG präsentieren.

Gasversorgung für den kommenden Winter ist gesichert

In der Aussprache wurde auch die Versorgungslage Österreichs mit Erdgas thematisiert. Als Auskunftsperson war dazu das Vorstandsmitglied der E-Control Martin Graf in den Wirtschaftsausschuss eingeladen. Graf erläuterte, dass man aus früheren Krisen gelernt, die Speicherkapazitäten erhöht und die Infrastruktur für den Erdgasimport ausgebaut habe. Der Speicherstand liege derzeit bei über 90 Prozent, die Versorgung sei gesichert. Österreich sei auch weniger vom Import von russischem Erdgas abhängig als andere Länder. Man beziehe 56 % des Gases aus Russland, 10 % aus Deutschland, 14 % aus Norwegen und 20 % stammten aus dem Inland. Davon werden 75 % von der Industrie und die restlichen 25 % von den Haushalten verbraucht. Für die Haushalte gebe es eine Versorgungsgarantie, für den kommenden Winter bestehe also kein Anlass zur Sorge. Die E-Control beobachte angesichts der weiterhin angespannten Lage zwischen der Ukraine und Russland jedoch sehr genau, wie sich die Gaslieferungen entwickeln.

Auf die Frage der Abgeordneten Josef Lettenbichler (V) und Wolfgang Katzian (S), wie man die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern könne, sagte Graf, es gebe die Möglichkeit, durch verstärkte Importe aus Norwegen und der Schwarzmeerregion Ausfälle zu kompensieren. In Zukunft werde auch mehr aus der Kaspischen Region kommen. Importe aus den USA, die auf Flüssiggas setzen, sieht Graf nur als mittelfristige Option. Da dafür erst die notwendige Infrastruktur geschaffen werden müsse, können diese frühestens ab 2020 relevant werden.

Gemeinsamer Antrag von ÖVP und SPÖ zur Entbürokratisierung

Klein- und Mittelbetriebe wollen eine rasche Umsetzung der im Regierungsprogramm enthaltenen Bestimmungen zur Entbürokratisierung, stellen die Abgeordneten Peter Haubner (V) und Christoph Matznetter (S) fest. Sie fordern im Sinne von Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand per Entschließungsantrag (666/A(E)) die Regierung zum konsequenten Bürokratieabbau auf. Auf Seite der Opposition drückten die Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G), Josef Schellhorn (N), die FPÖ-Abgeordneten Bernhard Themessl und Axel Kassegger sowie die Vertreterin des Team Stronach Kathrin Nachbaur ihr Befremden darüber aus, dass die Koalition sich faktisch selbst auffordere, ihre eigenen Vorhaben umzusetzen. Da die Anliegen grundsätzlich richtig seien, werde man dem Antrag jedoch zustimmen. Die Entschließung wurde damit vom Wirtschaftsausschuss einstimmig verabschiedet.

Diskutiert wurde auch ein ähnlicher Entschließungsantrag der Freiheitlichen Abgeordneten Bernhard Themessl und Axel Kassegger, die ein Bündel an Maßnahmen im Sinne der Reduktion von Bürokratie und Schaffung von mehr Freiheit für Unternehmer verwirklicht sehen wollen (646/A(E)). Dieser Antrag wurde von SPÖ und ÖVP vertagt.

Wirtschaftsabkommen mit Karibik-Staaten und Cote d'Ivoire

Einstimmig passierten den Ausschuss zwei Wirtschaftsabkommen. Hier ging es einerseits um eine Wirtschaftspartnerschaft zwischen der EU und den Staaten der Karibik-Region (CARIFORUM), (186 d.B.). Das Abkommen schafft eine WTO-konforme Basis für den Handel zwischen den Vertragspartnern. Es soll die nachhaltige Entwicklung durch wirtschaftliche Zusammenarbeit und regionale Integration fördern und die Partnerländer stärker in die Weltwirtschaft einbinden.

Ebenso soll die ökonomische Zusammenarbeit mit Cote d'Ivoire auf der einen Seite und der EU und ihren Mitgliedstaaten auf der anderen Seite (261 d.B.) auf WTO-konforme Vertragsbasis gestellt werden. Dabei handelt es sich vorerst um einen Übergangsvertrag zu einem angestrebten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, das den bevorzugten Zugang des afrikanischen Landes zum EU-Markt sowie Unterstützung im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sichert.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) wies darauf hin, dass es sich um Mischabkommen der EU handle, die neben wirtschaftlichen auch politische Aspekte enthalten. Es sei daher wichtig, dass in die Ratifizierungen solcher Abkommen auch die nationalen Parlamente eingebunden sind.

Grüne: Spekulation mit Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen eindämmen

Maßnahmen gegen die Spekulation mit Wohnungen, die mit öffentlichen Geldern als Mietkaufobjekte errichtet wurden, forderte die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser (605/A(E)). Josef Schellhorn (N) sah keinen Grund, den Kauf von Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen einzuschränken, denn diese würden damit ja weitere Bauvorhaben finanzieren. Moser erläuterte dazu, dass die Grünen sich nicht gegen Wohnungseigentum aussprechen, doch müsse verhindert werden, dass günstige Wohnungen vom Markt verschwinden und mit ihnen private Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit erzielt werden. Christoph Matznetter (S) meinte, er hege durchaus Sympathie für den Antrag, die Regierung habe das Problem bereits erkannt und erwäge Maßnahmen. Brigtte Jank (V) meinte hingegen, der Antrag überzeuge sie nicht, da damit ein ungerechtfertigter Unterschied zwischen Eigentümern hergestellt würde. Es gebe bereits klare und hinreichende Regelungen für den Eigentumserwerb geförderter Wohnungen, meinte sie. Der Antrag wurde schließlich mit Mehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.

NEOS drängen auf ökologischen Umbau der Energieversorgung, EURATOM-Reform und mehr Transparenz im Förderwesen

Ein ökonomisch und ökologischer Umbau der Energieversorgungssysteme sowie eine Reform des EURATOM-Vertrags sind die beiden Stoßrichtungen eines Entschließungsantrags (353/A(E)) der NEOS, dessen Behandlung vom Ausschuss wieder aufgenommen wurde. Staatssekretär Harald Mahrer bekräftigte, dass die Anti-Atomhaltung der Bundesregierung unverändert sei. Der Antrag wurde ebenso mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt wie eine weiterer Antrag der NEOS auf mehr Transparenz und Effizienz im Förderwesen (624/A(E)). NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn kritisierte, es fehle der politische Wille, die Transparenzdatenbank vollständig umzusetzen. Alle Förderstellen sollten daher gesetzlich zur Eintragung in die Transparenzdatenbank verpflichtet werden, forderte er. Cornelia Ecker (S) stellte fest, dass hier eher ein Problem der Landesförderstellen und nicht des Bundes bestehe. Staatssekretär Harald Mahrer argumentierte, die großen Fördervolumina, die man in der Öffentlichkeit Österreich oft kritisch vorwerfe, seien nur zum geringsten Teil auf direkte Wirtschaftsförderungen zurückzuführen. Diese machten derzeit gerade einmal 202 Mio. € jährlich aus. Schellhorn meinte, umso notwendiger sei es, hier Transparenz zu schaffen und das Bild zurechtzurücken.

FPÖ für Streichung von veralteten Kündigungsgründen aus der Gewerbeordnung

Auf die Beseitigung von benachteiligenden, diskriminierenden bzw. teilweise schlicht veralteten Entlassungstatbeständen aus der Gewerbeordnung, die teilweise bis ins Jahr 1859 zurückreichen, drängt FPÖ-Abgeordneter Bernhard Themessl in einem Entschließungsantrag (374/A(E)). Abgeordneter Andreas Hanger (V) wies darauf hin, dass das Thema in die Zuständigkeit des Sozialausschusses falle und es übliche Praxis sei, in solchen Fragen die Sozialpartner einzubinden. Der Antrag wurde mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt.

Team Stronach verlangt Gipfel zu "Wirtschaftsstandortcheck

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Team Stronach-Abgeordnete Kathrin Nachbaur will einen Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft, Arbeitnehmer- und Interessenvertretern und schlägt dazu die Einberufung eines Wirtschaftsstandortgipfels vor (513/A(E)). Laut Nachbaur sollte so vor allem die Gesprächskultur zwischen Politik und Wirtschaft bei der Erörterung von Standortproblemen belebt werden. Abgeordneter Hubert Kuzdas (S) merkte an, dass es nicht an Gelegenheit mangle, bei denen die Wirtschaft der Bundesregierung gegenüber ihre Anliegen zu Gehör bringen könne. Auch Staatssekretär Mahrer unterstrich, dass das Ressort und der Minister ständigen Kontakt mit der Wirtschaft hielten. Der Antrag wurde ebenfalls mehrheitlich vertagt. (Schluss Wirtschaftsausschuss) sox


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