Parlamentskorrespondenz Nr. 947 vom 22.10.2014

Rechnungshofpräsident Moser mahnt mehr Finanzkontrolle ein

Nationalrat: RH-Prüfberichte zu Bundestheatern, Beteiligungen, Öffentlichem Verkehr, Bildungseinrichtungen der Parteien

Wien (PK) - Die Finanzgebarung der Bundestheater stand heute im Zentrum der Nationalratsdebatte über Prüfungen des Rechnungshofs (RH). Kern der Kritik im dazu behandelten Rechnungshofbericht ist, Bundestheater-Holding und Kulturressort hätten ihre Controllingverantwortung nicht wahrgenommen. Mangelhafte Aufsicht bei Beteiligungen der Gebietskörperschaften, des Mitteleinsatzes im öffentlichen Personennahverkehr und die Förderungen von Bildungseinrichtungen der Parteien waren weitere Themen, die das Plenum mit Rechnungshofpräsidenten Josef Moser diskutierte. Alle vier verhandelten RH-Prüfberichte nahmen die Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis.

Bundestheater: Rechnungshof zeigt Handlungsbedarf auf

Die Bundestheater–Holding GmbH habe ihre strategische Führungsrolle in vielerlei Hinsicht nur unzureichend erfüllt, stellt der Rechnungshof fest (III-91 d.B.). Das betreffe den Umgang der Holding mit den Finanzen des Konzerns und die Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben gegenüber den Tochtergesellschaften. Auch habe sie auf die sich deutlich abzeichnende negative Entwicklung der finanziellen Lage nicht entsprechend reagiert. Die Kritik richtet sich auch an das Kulturressort. Es sei nicht entsprechend aktiv geworden, um Mängel abzustellen, merkt der Rechnungshof an.

Eindeutigen Handlungsbedarf bei der Neuausrichtung der Bundestheaterstruktur sahen Hermann Gahr (V), Johann Hell (S) und Elmar Mayer (S), da die zuständigen Kontrollinstanzen Holding und Ministerium nicht ihren Aufgaben nachgekommen seien. Gahr appellierte dabei für eine gesetzlich festgeschriebene Controlling-Regelung. Die SPÖ-Mandatare sprachen wiederum dem amtierenden Kulturminister Josef Ostermayer ihr vollstes Vertrauen aus, die Empfehlungen des Rechnungshofs nun zügig umzusetzen und für lückenlose Aufklärung der Vorgänge rund um den Burgtheater-Finanzskandal zu sorgen.

Als Hauptverursacher des nicht zufriedenstellenden Informationsaustauschs zwischen Bundestheater-Holding und Ministerium im geprüften Zeitraum beschrieb Elisabeth Hakel (S) den damals zuständigen Sektionschef im Kulturessort. Das wertet indes Beate Meinl-Reisinger (N) als politische Taktik, um von der eigentlichen Problematik abzulenken. Tatsächlich bestehe bei den Bundestheatern und ihrer Dachgesellschaft ein strukturelles Defizit, anders sei nicht zu erklären, dass trotz des Wissens um die angespannte Liquiditätssituation der Bühnen nicht reagiert wurde.

Zur Aufdeckung aller Machenschaften brauche es einen eigenen Unterausschuss zur Bundestheater-Affäre, meinten Wendelin Mölzer (F) und Wolfgang Zinggl (G). Dort seien die Hintergründe zu klären, vor denen es etwa zu Vertragsverlängerungen ohne Ausschreibung und dem generellen Kontrollversagen gekommen ist. Beide erwähnten auch die bis dato nicht komplett veröffentlichte Effizienzanalyse der Bundestheater von 2011, die um teures Geld beauftragt worden sei, ohne Aufschlüsse über nachhaltige Einsparmöglichkeiten zu geben.

Die Rechnungshofprüfungen zu den Pädagogischen Hochschulen (PH), die im selben Bericht wie die Untersuchungen zur Bundestheater-Holding aufscheinen, thematisierten Martina Schenk (T) und Matthias Strolz (N). Sie vermerkten anhand der RH-Ergebnisse Doppelgleisigkeiten, sowohl auf politischer wie auf Ausbildungsebene. Schenk führte außerdem das mangelnde Interesse von Männern am Lehrberuf kritisch ins Treffen.

Die Parallelzuständigkeiten von Bildungsministerium einerseits und Wissenschaftsministerium andererseits für die PH und die unterschiedlichen Ausbildungsplätze für PädagogInnen hätten eine unzeitgemäße Inhomogenität in der Bildungslandschaft zur Folge, erläuterte Strolz. Sein Entschließungsantrag auf einheitliche wissenschaftliche, didaktische und pädagogische Bildung mit Praxisbezug für alle PädagogInnen Österreichs fand jedoch keine Mehrheit im Plenum. Ruth Becher (S) brach daraufhin eine Lanze für die Pädagogischen Hochschulen, bei denen sich auf Grund der Verdichtung der Standorte letztlich mehr Kosteneffizienz ergeben habe.

Die Erhebungen zum Schulungszentrum Fohnsdorf griff schließlich Wolfgang Zanger (F) aus dem Sammelbericht des Rechnungshofs auf, wobei er monierte, diese Bildungseinrichtung sei vorrangig als parteipolitische Versorgungsanstalt zu werten.

Wunsch nach mehr Transparenz bei ausgegliederten Einheiten und Beteiligungen

Verbesserungspotenzial ortet der Rechnungshof bei der Systematik der Steuerung ausgegliederter Einheiten und Beteiligungen auf Bundes-, Länder– und Gemeindeebene. Konkret geprüft wurden dabei das damalige Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK), die Länder Burgenland und Salzburg, die Stadtgemeinde Kufstein und die Marktgemeinde Rankweil (III-20 d.B.) Der Rechnungshof hält in diesem Zusammenhang fest, dass es an klaren Richtlinien gefehlt habe, die eine einheitliche, effiziente und transparente Aufgabenwahrnehmung durch das Beteiligungsmanagement gewährleisten.

Die beiden SPÖ-Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl (S) und Karin Greiner (S) thematisierten die vom Rechnungshof monierte niedrige Frauenquote in den Aufsichtsorganen der Beteiligungen. Auf diese Thematik müsse immer wieder aufmerksam gemacht werden, sagte Gessl-Ranftl und trat dafür ein, das Bewusstsein für ein Mehr an Frauen in Aufsichtsgremien zu stärken. Nicht nur Frauen würden profitieren, sondern auch Unternehmen und die Wirtschaft. Die Empfehlungen des Rechnungshofs seien ein guter Anlass dafür, die Quote der Frauen in den Aufsichtsräten nach oben hin anzupassen, zeigte sich auch ihre Fraktionskollegin Greiner überzeugt. Ferner verwies die Mandatarin darauf, dass auf Bundesebene die vom Rechnungshof ausgesprochenen Empfehlungen bereits umgesetzt wurden. Sie sei zuversichtlich, dass dies in naher Zukunft auch auf Länder- und Gemeindeebene erfolgen werde.

Dieser Bericht mache deutlich, dass es Optimierungs- und Handlungsbedarf bei Ausgliederungen gebe, sagte Hermann Gahr (V). Insgesamt sei er ein klarer Auftrag, bei allen Auslagerungen und Beteiligungen kontinuierlich im Sinne der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu prüfen. 

Ausgliederungen und Beteiligungen seien geradezu prädestiniert dafür, grafisch dargestellt zu werden. Dies würde zeigen, wie verflochten die Wirkungsbereiche einzelner Ministerien und auch die einzelner Länder seien, führte Gabriela Moser (G) aus. Die Folge sei, dass sich die Verantwortung durch Ausgliederungen auf mannigfacher Form ausfächern würde. Oft seien etwa auch die Richtlinien von Aufgaben nicht geklärt, bemängelte sie und plädierte dafür, die vom Rechnungshof aufgezeigten Missstände abzustellen.

Der Bericht berge eine gewisse Brisanz in sich, meinte Rainer Hable (N) und stellte fest, dass besonders bei Personalangelegenheiten immer wieder Merkwürdigkeiten auftauchen würden. "Das zieht sich wie ein roter Faden durch", sagte der Mandatar und ortete Freunderlwirtschaft in manchen Bereichen. Kritik übte er an der fehlenden Umsetzung von Rechnungshofberichten und forderte die Regierungsfraktionen auf, diesen nachzukommen. Seiner Fraktion sei auf jeden Fall daran gelegen, mehr Transparenz in Ausgliederungen und Beteiligungen zu bekommen.     

Finanzierung im Öffentlicher Verkehr laut Rechnungshof unübersichtlich

An einer Prüfung der Verkehrsverbünde in Kärnten und Salzburg macht der Rechnungshof seine Kritik an der Finanzierung des öffentlichen Personennah– und Regionalverkehrs fest (III-93 d.B.): Zu viele Systempartner seien hier involviert, es mangle an einer Übersicht bzw. am Monitoring der eingesetzten öffentlichen Mittel. Als Konsequenz sei eine effiziente und wirkungsorientierte Steuerung des Mitteleinsatzes schwer möglich, fand beispielsweise auch Michael Pock (N), der eine ganzheitliche Verkehrsplanung in Österreich einforderte, vor allem hinsichtlich der Finanzierung. Martina Schenk (T) plädierte überdies für eine Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen des Personennahverkehrs mit dem EU-Recht.

Erwin Preiner (S), Johann Singer (V), Philip Kucher (S) und Manfred Hofinger (V) konzentrierten sich vorrangig auf die Ergebnisse des Vergleichs von Kärntner und Salzburger Verkehrssystemen bezüglich Fahrgastzahlen und Fahrplankilometer. Ihre Schlussfolgerung war, im Prüfzeitraum 2008 bis 2012 steige Salzburg hier mit einer besseren Bewirtschaftung aus. Die Freiheitlichen Rupert Doppler und Erwin Angerer warnten allerdings davor, Kärnten wegen vormals sinkender Fahrgastzahlen ins schlechte Licht zu rücken, immerhin sei die dramatische Abwanderung dafür als Ursache zu werten. Generell bestand Konsens unter allen Rednern, der öffentliche Verkehr bilde die Grundlage für das Leben im ländlichen Raum. Denn, wie Hofinger betonte, ohne Nahverkehrsanbindung werde der Landflucht Tür und Tor geöffnet.

Georg Willi (G) führte aus, welche Faktoren für einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr entscheidend sind: gute Rahmenbedingungen und ein ausreichendes Angebot sowie attraktive Tickets. Da dem Rechnungshofbericht zufolge die Öffi-NutzerInnen hauptsächlich Jugendliche sind, bestehe eine große Chance für den öffentlichen Verkehr im Land, befand er.

Eine gänzlich andere Thematik brachte Beate Meinl-Reisinger (N) zur Sprache, nämlich die RH-Prüfung zur sogenannten Familien- und Berufsmanagement Gmbh. Diese Einrichtung diene offenbar der parteipolitischen Postenbesetzung, konstatierte sie, und sei ehestmöglich wieder in das zuständige Ministerium einzugliedern.

Politische Bildungseinrichtungen: Publizistikförderungsgesetz soll geändert werden

Klarstellungen und Änderungen hinsichtlich der Förderung parteipolitischer Bildungseinrichtungen empfiehlt der Rechnungshof überdies, da das Publizistikförderungsgesetz und die Richtlinien des zuständigen Beirats im Bundeskanzleramt den Vereinen großen Interpretations– und Handlungsspielraum bieten. Von 2007 bis 2011 erhielten Bildungseinrichtungen der Parteien Förderungsmittel für die staatsbürgerliche Bildungsarbeit in der Höhe von 56,63 Mio. €, geht aus dem entsprechenden Prüfbericht hervor (III-55 d.B.). Renner-Institut (SPÖ), Politische Akademie (ÖVP), FPÖ–Bildungsinstitut, Grüne Bildungswerkstatt und Zukunftsakademie Österreich (BZÖ) setzten im Jahr 2011 zwischen 75 % und 87 % der Förderungsmittel für Bildungsaktivitäten ein, wobei der Personalaufwand bei vier der fünf geförderten Bildungseinrichtungen mehr als die Hälfte der Förderungsmittel ausmachte.

Elmar Mayer (S) merkte an, dass die Parteiakademien eine der besten geprüften Einheiten seien. Zudem sei es erfreulich, dass die verschiedenen Akademien im Allgemeinen gute Arbeit leisten würden.

Was den Beirat Bundeskanzleramt betrifft, sei es an der Zeit, diesen aufzuwerten, meinte er. Der Mandatar sprach sich überdies dafür aus, das Publizistikförderungsgesetz zu ändern.

Andreas Ottenschläger (V) betonte, dass viele Anregungen vom Rechnungshof umgesetzt würden und bekannte sich zur staatsbürgerlichen Bildungsarbeit, die auch wichtig für eine gut funktionierende Demokratie sei. Es gehe letztendlich auch darum, die Qualität der politischen Bildungsarbeit zu steigern. Die Verbesserungsvorschläge gelte es ernst zu nehmen, um das System auf eine noch bessere Basis zu stellen.

Gabriela Moser (G) kritisierte die missbräuchliche Verwendung von Mitteln in parteipolitischen Bildungseinrichtungen im Zusammenhang mit günstigen Darlehen oder die Erstellung von Comic-Heften für Wahlkämpfe. Ihr Vorschlag sei, die finanzielle Abwicklung und auch die Kontrolle der politischen Bildungsarbeit auf neue gesetzliche Beine zu stellen. Es sei anerkennenswert, dass bereits ein Konsens darüber bestehe, das Publizistikförderungsgesetz zu ändern und die Richtlinien für den Beirat zu verbessern. 

Josef Lettenbichler (V) betonte, dass Bildungseinrichtungen jeglicher Parteien eine sehr wertvolle und wichtige Aufgabe erledigen würden. Diese seien verantwortlich für die politische Bildung und vertiefende Wissensvermittlung. Der Rechnungshof stelle nicht deren Aufgabe in Frage, sondern die teilweise missbräuchliche Verwendung von Mitteln, betonte er. Auffallend sei, dass sich durch die Empfehlungen konkret abzeichne, welche Einrichtungen und Parteien sich eher an Gesetze und Vorgaben gehalten haben und welche nicht.

Wolfgang Zanger (F) führte aus, dass die Freiheitliche Akademie die einzige Bildungseinrichtung mit sehr wenig Personalaufwand sei. Was den von Abgeordneter Moser angesprochenen Comic betrifft, sei er angesichts einer immer breiter werdenden Politikverdrossenheit froh und stolz darauf, dass es die FPÖ-Akademie geschafft habe, wieder vermehrt Interesse an der Politik in Österreich zu schaffen.

Moser: Viele Potentiale für Strukturreformen

Die heutige Tagesordnung zeige, dass der Rechnungshof sehr aktiv sei und sich mit einer umfassenden Anzahl von Themen befasse, erläuterte Rechnungshofpräsident Josef Moser. 29 von 33 abgegebenen Empfehlungen, die im Rahmen der Überprüfungen, die heute auf der Tagesordnung stehen, ausgesprochen wurden, seien umgesetzt worden, beziehungsweise würden sich in Umsetzung befinden, so Moser. Betrachtet man die Prüfungen, so werde deutlich, wo im Hinblick auf einen effizienteren Mitteleinsatz und eine effizientere Steuerung Reformbedarf besteht. Darüber hinaus könne man herauslesen, wie die Verteilung der Mittel zwischen den Gebietskörperschaften besser wahrzunehmen wäre.

Da die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Gesundheitswesen am Beispiel des AKH Wien weder im Ausschuss noch im Plenum diskutiert wurde, wies Moser darauf hin, dass Ineffizienzen und Doppelgleisigkeiten im Gesundheitssystem zu massiven Beeinträchtigungen in der Aufgabenwahrnehmung führen. Das Problem bestehe darin, dass die Entscheidungs- und Finanzierungsverantwortung an und für sich getrennt seien, die Aufgabenwahrnehmung aber miteinander verwoben. Will man die anerkannte Stellung des AKH auch in Zukunft im Sinne der PatientInnen sichern, sei es notwendig, eine Regelung der künftigen Finanzierung des AKH auf eine möglichst hohe Übereinstimmung der Aufgaben, Ausgaben und Finanzierungsverantwortung hinzuführen, sagte Moser. Der Rechnungshof begrüße daher, dass Maßnahmen in diese Richtung gesetzt worden sind. Er selbst wollte mit seinen Ausführungen darlegen, dass es gerade im Gesundheitsbereich Potentiale gebe, um die Aufgabenerfüllung im Sinne der PatientInnen zielgerichteter und gleichzeitig auch günstiger durchzuführen, sowie aufzeigen, was der Rechnungshof mit Strukturreformen meint, so Moser.

In einer weiteren Sitzung des Nationalrats erfolgten in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) rei/keg