Parlamentskorrespondenz Nr. 1248 vom 18.12.2014

Zustimmung im Bundesrat für Neuorganisation des Strafvollzugs

Weitere Themen: Gerichtsgebühren, Rechnungslegung, Urheberrecht, Wohnrecht, Chemikaliengesetz

Wien (PK) – Die Errichtung der Generaldirektion für den Strafvollzug war nur einer von mehreren Gesetzesbeschlüssen aus dem Justizbereich, die heute den Bundesrat passierten. Grünes Licht gab die Länderkammer auch für Änderungen im Strafgesetzbuch, die in Umsetzung des so genannten Römischen Statuts eine wirkungsvollere Ahndung von Kriegsverbrechen ermöglichen, sowie für ein Bundesgesetz zur engeren justiziellen Zusammenarbeit der EU-Staaten in Strafsachen. Genehmigt wurden auch eine Gerichtsgebühren-Novelle mit Erleichterungen für Minderjährige in Familienrechtssachen, ein Bundesgesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts, eine Urhebergesetz-Novelle zur online-Verbreitung verwaister Werke durch Museen und Bibliotheken sowie ein Bundesgesetz zur Regelung der Organisation der Bezirksgerichte in Graz. Eine breite Mehrheit ergab sich auch für die Wohnrechtsnovelle 2015, die nunmehr eine Verpflichtung des Vermieters zur Reparatur von defekten Heizthermen festschreibt. Schließlich verabschiedete der Bundesrat einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien betreffen Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft.

Strengere Bestimmungen beim Kauf von Chemikalien durch Private

Zunächst befasste sich der Bundesrat aber mit Änderungen im Chemikaliengesetz. Ziel der mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen genehmigten Bestimmungen ist es vor allem, den Erwerb bestimmter Substanzen, die als Ausgangsbasis für Sprengstoffe dienen können, durch Privatpersonen zu erschweren.

Sowohl Richard Wilhelm (S/T) als auch Werner Herbert (F/N) sahen in den Gesetzesänderungen eine wichtige Maßnahme zur Terrorbekämpfung, was auch Nicole Schreyer (G/T) bestätigte. Die Grüne-Bundesrätin wandte jedoch ein, gerade aus diesem Grund sollte die Umsetzung im Innenministerium, und nicht im Landwirtschaftsministerium angesiedelt werden. Die ohnehin schon überlasteten Chemikalien-InspektorenInnen der Länder verfügten nicht über die entsprechende Ausbildung und seien mit der Materie überfordert, argumentierte sie.

Landwirtschaftsminister Andrä Ruprechter versicherte hingegen, in seinem Ressort sei ausreichend fachliche Expertise vorhanden. Sicherheitspolizeiliche Befugnisse würden aber selbstverständlich bei den Sicherheitsbehörden verbleiben.

Ein erster Schritt zur Reform des Strafvollzugs

Als ersten Schritt, den österreichischen Strafvollzug lückenlos qualitativ zu verbessern, wertete Justizminister Wolfgang Brandstetter das einstimmig angenommene Strafvollzugsreorganisationsgesetz, durch das nun eine Generaldirektion für den Strafvollzug als zentrale Einheit für Organisation und Kontrolle des Strafvollzugs eingerichtet wird.

Für die SPÖ attestierte Christian Füller (S/St) dem Justizminister entschlossenes Vorgehen als Reaktion auf die jüngst aufgetretenen Missstände im Strafvollzug und betonte, Ziel der angekündigten Reform müsse es nun sein, mittelfristig flächendeckend gleichwertige Qualität in den Strafvollzugsanstalten herzustellen. Von einem guten organisatorischen Schritt im Lichte der Vorfälle von Stein sprach auch FPÖ-Bundesrat Werner Herbert (F/N), der seine Hoffnung ausdrückte, dass die neue Generaldirektion ihre Sache besser machen werde als die bisherige Vollzugsdirektion.

Christian Füller begrüßte im Rahmen der Debatte ausdrückliche auch die Änderungen im Strafgesetzbuch, die in Umsetzung des so genannten Römischen Statuts die Ahndung von Kriegsverbrechen eine bessere Ahndung von Kriegsverbrechen ermöglichen sollen. Als Verbesserung für die Opfer unterstützte er zudem ein Bundesgesetz, mit dem die justizielle Zusammenarbeit der EU-Staaten auf dem Gebiet des Gewaltschutzes intensiviert werden soll. Beide Materien erhielten einhellige Zustimmung.

Gebührenerleichterungen in familienrechtlichen Verfahren

Für Minderjährige wird es in Zukunft Erleichterungen bei den Gebühren in Pflegschaftsverfahren und familienrechtlichen Verfahren geben. Eine entsprechende Gerichtsgebühren-Novelle wurde in der Debatte übereinstimmend mit Lob bedacht. Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei diese Novelle, meinten Klaus Fürlinger (V/O) und Brigitte Bierbauer-Hartinger (S/St). Nun müssen aber weitere Erleichterungen folgen, zumal man in Österreich mit den Gerichtsgebühren bereits am oberen Ende des Möglichen liegt, forderten sie im Einklang mit Marco Schreuder (G/W). Der Grünen-Bundesrat wies zudem auf den Umstand hin, dass die Gerichtsgebühren in Österreich 108 % der Kosten decken. Man habe das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht, stand auch für Justizminister Brandstetter fest, der noch Potential für weitere Verbesserungen zugunsten der Schwachen sah.  

Konsens über Vereinfachungen im Bilanzrecht

Übersichtlicher und insgesamt moderner soll das Bilanzwesen als Folge eines einstimmig genehmigten Rechnungslegungs-Änderungsgesetzes werden, das in der Debatte den Zuspruch von Andreas Pum (V/N) und Ilse Fetik (S/W) erhielt, die sich vor allem Erleichterungen für KMU und Kleinstunternehmen als Folge der Vollharmonisierung sowie mehr Transparenz und bessere internationale Vergleichbarkeit erwarteten. Auch Reinhard Pisec (F/W) bewertete die Änderungen grundsätzliche positiv, merkte aber kritisch an, man hätte die Schwellenwerte noch viel stärker anheben müssen. Auch sollten Familienunternehmen mit einer geringen Beschäftigtenzahl nicht in die Wirtschaftsprüfungspflicht fallen.

Von einem Gesetz für die Kleinen sprach Justizminister Wolfgang Brandstetter. 115.000 Kleinstunternehmen werden davon profitieren, die Entlastungen werden insgesamt 10 Mio. Euro ausmachen, rechnete er vor.

Werke unbekannter Rechteinhaber können leichter im Internet veröffentlich werden

Der Bundesrat genehmigte mehrheitlich eine Urhebergesetz-Novelle zur online-Verbreitung verwaister Werke. Sie soll Bibliotheken, Museen und Archiven ermöglichen, einen größeren Bestand ihrer Werke und Exponate im Internet zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinn bringt die Vorlage Vereinfachungen bei der Klärung der Rechte an Werken, deren Rechteinhaber unbekannt oder nicht auffindbar sind.

Die Kritik der FPÖ formulierte Hans-Jörg Jenewein (F/W). Das Anliegen an sich sei zu begrüßen, aber im Gesetz werde jedoch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine zu starker Vorzug bei der Werknutzung eingeräumt.

Für die Novelle sprachen sich die Bundesräte Edgar Mayer (V/V), Ilse Fetik (S/W) und Marco Schreuder (G/W) aus. Die Bundesräte sahen eine wichtige Regelung, um der Öffentlichkeit Kulturgut zugänglich zu machen. Mayer sagte, es werde entsprechend einer EU-Richtlinie die rechtliche Situation verwaister Werke und deren Nutzung EU-weit geklärt. Die Rechteinhaber müssen mit entsprechendem Nachdruck gesucht und eine Datenbank der Rechteinhaber geschaffen werden. Fetik hielt fest, es handle sich nur um eine kleine Anpassung im Urheberrecht, die großen Schritte sollen 2015 erfolgen. Schreuder sagte, seine Fraktion stimme dem Gesetz zu, obwohl sie gewisse Probleme mit einigen Bestimmungen der EU-Richtlinie sehe. Eine große Urheberrechtsreform, die dem digitalen Zeitalter entspricht, stehe allerdings noch aus.

Justizminister Wolfgang Brandstetter sagte, mit der Umsetzung der Richtlinie werde eine Frist gewahrt. Zur Kritik von Bundesrat Jenewein hielt er fest, die Bestimmung, wonach öffentliche Einrichtungen, darunter auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, die verwaisten Werke der Öffentlichkeit zugänglich machen sollen, sei in der Richtlinie enthalten.

Ohne Debatte passierte den Bundesrat ein Bundesgesetz zur Regelung der Organisation der Bezirksgerichte in Graz mit Stimmeneinhelligkeit. Damit werden Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen in das für derartige Maßnahmen vorgesehene Gesetz aus dem Jahr 1972 über den Übergang der Zivil- und Strafsachen und die Änderung der Zuständigkeit bei der Auflassung von Bezirksgerichten transferiert. Als Folge davon wird in Ermangelung verbleibender selbstständiger Regelungsinhalte das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz aufgehoben.

Zuständigkeit für Heizthermen in Mietwohnungen wird geregelt

Einhellige Zustimmung fand die Wohnrechtsnovelle 2015, die festschreibt, dass für Wohnungszubehör keine eigene Grundbucheintragung notwendig ist. Sie schreibt nunmehr auch eine Verpflichtung des Vermieters zur Reparatur von defekten Heizthermen fest.

Klaus Fürlinger (V/O) sagte, er sei nicht sehr glücklich über die Form, in der die Gesetzesreparatur zustande gekommen ist. Immerhin werde in einem kleinen Bereich Rechtsfrieden geschaffen. Der Beitrag zum leistbaren Wohnen sei eher gering zu veranschlagen, meinte er.

Daniela Gruber-Pruner (S/W) thematisierte ebenfalls das Thema der Mietkosten. Das Wohnrecht sei durch verschiedene Novellen sehr unübersichtlich und komplex geworden. Die Novelle sah Gruber-Pruner als eine Vorarbeit zu einer großen Mietrechtsreform, die allen Rechtssicherheit bringt, wie die SPÖ sie bereits seit längerem fordere. Diese soll Transparenz in der Frage von Miethöhen bringen.

Marco Schreuder (G/W) sah es als interessanten Aspekt, dass die Regelung rückwirkend gilt. Die überfällige Neuordnung des Mietrechts, werde damit allerdings nicht geschaffen. Diese sei auch in Hinblick auf den starken Zuzug in Ballungsräume ein Thema von steigender Dringlichkeit.

Justizminister Wolfgang Brandstetter korrigierte Bundesrat Schreuder, dass es keine Rückwirkung geben werde. Ein neues Wohnrecht brauche einen politischen Grundkonsens, der noch nicht bestehe. Aus Sicht seines Ressorts ist eine Novellierung des Wohnrechts schon aus juristischen und technischen Gründen nötig. Es sei ein Projekt, das ihm ein großes Anliegen sei. Die Umsetzung sei noch nicht gelungen, er werde in dieser Frage nicht aufgeben, versprach er.

Eine Frage der Wohnbauförderung betrifft ein Entschließungsantrag, der von Bundesrat Dietmar Schmittner (F/S) eingebracht wurde. Der Antrag will Erleichterungen der strengen Bestimmungen in der Frage der Zurechnung von Kellerabteilen zur Wohnnutzfläche bei geförderten Wohnbauten schaffen. Hausbesitzer, die in dieser Frage bereits Gerichtsgebühren zahlen mussten, sollen diese rückerstattet werden, lautet eine weitere Forderung. Die Entschließung fand jedoch keine Zustimmung.

Bundesrat Gerhard Dörfler (F/K) thematisierte die starken Belastungen für Häuselbauer. Wenn es um tatsächlichen Wohnraum gehe, verstehe er, dass Gebühren anfallen, aber auch eine einfache Kellernutzung als zusätzlichen Wohnraum zu werten, sei überzogen.

Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O) meinte, man könne über Gebühren sicher diskutieren. Hier gehe es um die Einhaltung von Regeln in der Frage von zusätzlichem Wohnraum. Es gehe in der Frage, die eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, der Kriterien festgelegt habe, was eine Nutzung von Wohnraum sei, die der Gesetzgeber nicht wieder aufheben könne.

Stefan Schennach (S/W) sagte, es sei zu wenig, aufgrund eines Zeitungsberichts einen überzogenen Entschließungsantrag zu stellen. Das Thema betreffe sicher nicht alle Häuselbauer, sondern nur Einzelfälle. Es gebe sehr klare Regelungen, wie ein Keller genutzt werden dürfe, diese seien einzuhalten.

Bundesrat Mario Schreuder (G/W) äußerte Verständnis für den Antrag. Wenn es in Salzburg tatsächlich ein Problem mit der Definition von Wohnraum geben sollte, wäre der Antrag im Salzburger Landtag zu stellen.

Bundesrat für Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft

Schließlich verabschiedete der Bundesrat mit Mehrheit einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien betreffend Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft und den Schutz persönlicher Daten.

Werner Herbert (F/N) sagte, es gehe zwar vordergründig nur um eine Europäische Staatsanwaltschaft, die Förderbetrug verfolgen zu können. Es werde aber bereits an eine Ausweitung der Kompetenzen darüber hinaus gedacht. Eine solche europäische "Superstaatsanwaltschaft" lehne er ab, da damit nationale Hoheitsrechte im Bereich der Gerichtsbarkeit beeinträchtigt würden. Er habe auch aufgrund bisheriger Erfahrungen Zweifel an der Befähigung der EU-Behörden, Datenschutzagenden wahrzunehmen.

Christian Füller (S/St) unterstützte den Entschließungsantrag, in dem es um die Bekämpfung von Förderbetrug gehe. Gerade Österreich als Nettozahler müsse daran Interesse habe. Es werde keine weitere große Behörde geschaffen. Ein weiteres Anliegen sei der erhöhte Datenschutz. Die Bedenken seines Vorredners hielt er für unbegründet.

Sie begrüße die Forderungen des Antrags, sagte Nicole Schreyer (G/T). Eine EU-Staatsanwaltschaft sei sicherlich notwendig, um grenzüberschreitende Betrugs- und Korruptionsfälle besser verfolgen zu können.

Justizminister Wolfgang Brandstetter stellte fest, die von Bundesrat Werner geäußerten Befürchtungen seien gänzlich unbegründet. Das Ziel sei eine effizientere Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität. Die nationalen Staatsanwaltschaften würden keinesfalls beeinträchtigt.

Einstimmig und ohne Debatte passierte die Länderkammer die Novelle zum Gehaltsgesetz sowie zum Vertragsbedienstetengesetz. Die Gesetzesänderung war notwendig geworden, nachdem der EuGH die Bestimmungen über die Gehaltsvorrückung im öffentlichen Dienst als altersdiskriminierend befunden hat. Nun sucht die Regierung nach einer EU-konformen und gleichzeitig praktikablen Lösung. Bis eine solche vorliegt, wird die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen, die sich aus dem EuGH-Urteil ergeben, ausgesetzt. Damit können betroffene öffentliche Bedienstete zunächst einmal zuwarten, ohne finanzielle Nachteile befürchten zu müssen.

Grünes Licht gab es auch für eine Änderung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes. Damit wird die österreichische Tourismuswerbung von Verwaltungsaufwand entlastet. Werbeeinschaltungen in ausländischen Medien müssen demnach nicht mehr gemeldet werden, wenn sie sich ausschließlich an ein ausländisches Zielpublikum richten. Damit erspart sich die Österreich-Werbung nicht nur viel Geld an Bürokratiekosten, es wird auch ein erheblicher Nachteil gegenüber ausländischen Mitbewerbern beseitigt. (Fortsetzung Bundesrat) hof/sox


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