Parlamentskorrespondenz Nr. 19 vom 14.01.2015

EU will Inflation in Europa einheitlicher und präziser berechnen

EU-Ausschuss des Bundesrats gegen überbordende Delegierung von Rechtsakten an die Kommission

Wien (PK) – Zu den Voraussetzungen einer wirkungsvollen Geldpolitik in Europa zählt eine möglichst präzise Berechnung der durchschnittlichen Inflationsrate aller Euroländer. EU-Kommission und Europäische Zentralbank wollen daher die Berechnung der Messgrößen für die Berechnung der Inflation in der EU weiterentwickeln und die geltende EU-Verordnung für den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) auch in technischer Hinsicht modernisieren. Der EU-Ausschuss des Bundesrats nahm heute den Kommissionsentwurf für eine neugefasste Verordnung für den Rechtsrahmen zur Berechnung der durchschnittlichen Inflationsrate in Verhandlung und hörte dazu Experten des zuständigen Wirtschaftsressorts, der Statistik Austria sowie der Wirtschaftskammer Österreich und der Arbeiterkammer.

Außer Streit stand in der lebhaften Debatte die Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung sowie von Modernisierungen bei der Ermittlung des Verbraucherpreisindex. Problematisch sahen aber sowohl ExpertInnen als auch BundesrätInnen die zahlreichen delegierten Rechtsakte, die auch dieser Verordnungsentwurf enthält, sowie die Absicht der Kommission, auf eine Abschätzung der Folgen der geplanten Verordnung zu verzichten. Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums sagte zu, sich bei den Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe im kommenden Februar für eine Folgenabschätzung und für eine Abschwächung der delegierten Rechtsakte einzusetzen. Dieses Bemühen sollte der Bundesrat eventuell mit einer Mitteilung nach Brüssel unterstützen, die der EU-Ausschuss bis zu seiner nächsten Sitzung am 4.2.2015 ausarbeiten könnte, schlug Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V) dazu vor.

Im Mittelpunkt der Diskussion standen Fragen zur Erhebung, Übermittlung und Auswertung von Scannerkassen-Daten und deren Nutzung für eine präzisere Berechnung der Inflationsrate durch Berücksichtigung von Rabatten bei Lebensmitteln sowie Drogerie- und Haushaltsprodukten. Dabei machte die Expertin der Wirtschaftskammer – bei aller Aufgeschlossenheit für technische Neuerungen, wie sie sagte - auf Probleme mit dem Schutz sensibler Unternehmensdaten aufmerksam, während Bundesrat Marco Schreuder (G/W) angesichts der vielen Kundenkarten auch auf die Frage der Sicherheit personenbezogener Daten hinwies.

Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums unterstrich den Bedarf an einer weiteren Harmonisierung bei der Ermittlung der Inflation in Europa und an der Berücksichtigung des technischen Fortschritts in der gegenständlichen EU-Verordnung. Er informierte über ein geplantes Methodik-Handbuch zur Qualitätssicherung bei der Inflationsberechnung und über weitere Fortschritte bei der Nutzung der elektronischen Datenermittlung und –verarbeitung. Der Verordnungsentwurf sei sachlich gerechtfertigt und werde vom Ressort daher generell befürwortet. Kritik übt das Wirtschaftsministerium aber an weitreichenden delegierten Rechtsakten, wie sie auch in dieser Verordnung für die Durchführung vorgesehen sind. Dieser Kritik schlossen sich auch die Vertreterin der Wirtschaftskammer sowie Sprecher aller Fraktionen an.

Laut Statistik Austria erfasse die derzeit praktizierte Stichprobenmethode Rabatte im Lebensmittel-, Drogerie- und Haushaltsbereich nicht ausreichend. In anderen EU-Ländern gehen die Uhren diesbezüglich schneller, erfuhren die BundesrätInnen. Eine Übermittlung von Scannerkassen-Daten an die EU sei nicht vorgesehen,  wohl aber eine Auskunftspflicht über die Ergebnisse ihrer Auswertung. Probleme bei der Erhebung und Verarbeitung von Scannerkassen-Daten unterschätze auch die Arbeiterkammer nicht, räumte deren Vertreter ein, der aber die Notwendigkeit betonte, die Qualität der Erhebungen und der Ergebnisse zu erhöhen.

Die Frage, in welche Richtung eine Berücksichtigung von Scannerkassen-Daten die derzeit relativ hohe österreichische Inflationsquote verändern würde, könne man nach derzeitigem Wissen nicht beantworten, teilte der Experte der Statistik Austria Bundesrat Walter Temmel (V/B) mit. Bundesrat Gerd Krusche (F/St) erfuhr vom Vertreter der Statistik Austria, dass von einer Einbeziehung der Scannerkassen-Daten wesentlich mehr Genauigkeit bei der Berechnung der Inflationsrate zu erwarten sei. Er erwarte keine zusätzlichen Personalkosten durch eine Erhebung der Scannerkassen-Daten, wohl aber Investitionskosten für die dafür nötigen neuen Server.

Während Bundesrat Stefan Schennach (S/W) angesichts der überbordenden delegierten Rechtsakte und des Fehlens einer Folgenabschätzung zunächst vorgeschlagen hatte, bis zur nächsten Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrats am 4.2.2015 eine Stellungnahme ins Auge zu fassen, meinte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) in seiner Zusammenfassung der Debatte, es reiche aus, eventuell eine Mitteilung nach Brüssel vorzubereiten. (Fortsetzung EU-Ausschuss Bundesrat) fru


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