Parlamentskorrespondenz Nr. 71 vom 29.01.2015

Neu im Sozialausschuss

Oppositionsanträge zu den Bereichen Arbeitsmarkt, Mindestsicherung und Sozialversicherung

Wien (PK) – Die Oppositionsparteien reagieren mit verschiedenen Anträgen auf die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich. So fordern die NEOS verstärkte Erwerbsanreize für BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, während die FPÖ zum wiederholten Mal auf sektorale Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt auch für EU-BürgerInnen drängt. Auch in der Frage der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger macht die FPÖ weiter Druck. Die NEOS schlagen die Einführung einer Teilarbeitsfähigkeit vor, die Grünen wollen bundeseinheitliche Vorgaben für die Mindestsicherung.

NEOS für mehr Erwerbsanreize für MindestsicherungsbezieherInnen…

Die NEOS machen darauf aufmerksam, dass BezieherInnen von Mindestsicherung oft wenig Anreiz haben, eine Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen, weil die Mindestsicherung aliquot zu ihrem selbst verdienten Einkommen sinkt, wenn bestimmte Freibeträge überschritten werden. Sie fordern daher dynamischere Einschleifregelungen in den entsprechenden Gesetzen der Bundesländer (864/A(E)). Würde die Mindestsicherung nicht in vollem Umfang des Erwerbseinkommens gekürzt, wäre sichergestellt, dass sich eine Erwerbstätigkeit neben dem Mindestsicherungsbezug in jedem Fall lohnt, macht Abgeordneter Gerald Loacker geltend und gibt zu bedenken, dass sich aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen oder Teilzeitarbeitsverhältnissen in weiterer Folge Vollzeitarbeitsverhältnisse entwickeln könnten.

…und Einführung einer Teilarbeitsfähigkeit

Ändern will Abgeordneter Loacker auch den Umstand, dass ArbeitnehmerInnen nach dem österreichischen Arbeitsrecht entweder krank oder gesund, arbeitsfähig oder nicht arbeitsfähig sein können. Das wird seiner Meinung nach den Lebensrealitäten nicht gerecht. Die NEOS schlagen daher vor, im Falle langfristiger Krankheiten ein Modell der Teilarbeitsfähigkeit einzuführen (863/A(E)). ArbeitnehmerInnen und Selbständige sollen in Absprache mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeit in vermindertem Ausmaß wieder aufzunehmen, wobei der Umfang der Tätigkeit gemeinsam festgelegt werden soll. Die Letztentscheidung soll beim Arzt bzw. der Ärztin verbleiben. Damit könnte man auch negative Folgen lang andauernder Krankenstände – etwa psychische Probleme, Probleme bei der späteren beruflichen Reintegration – vermeiden, ist Loacker überzeugt. Auch die Unternehmen würden profitieren.

Mindestsicherung: Grüne urgieren einheitliche Bundesvorgaben

Zur bedarfsorientierten Mindestsicherung haben auch die Grünen einen Antrag eingebracht (865/A). Ihnen geht es vor allem darum, endlich bundeseinheitliche Standards sicherzustellen, nachdem der Versuch, dieses Ziel über eine Bund-Länder-Vereinbarung zu erreichen, ihrer Meinung nach gescheitert ist. Während der Bund seine Verpflichtungen aus dem Vertrag erfülle, seien die Länder zum Nachteil der MindestsicherungsbezieherInnen fast durchwegs säumig, moniert Abgeordnete Judith Schwentner. Sie schlägt in diesem Sinn ein Bundesrahmengesetz vor, das ihrer Interpretation nach auch durch die Bundesverfassung geboten ist, da das "Armenwesen" kompetenzrechtlich unter Artikel 12 B-VG – Grundsatzgesetzgebung durch den Bund, Ausführungsgesetze und Vollziehung durch die Länder – fällt.

Zur rechtlichen Klarstellung regt Schwentner an, den Begriff Armenwesen in Artikel 12 B-VG durch die Wortfolge "Maßnahmen zur Überwindung und Verhinderung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie diese auslösende Problemlagen, soweit diese Maßnahmen nicht unter Art. 10 fallen, sowie bedarfsorientierte Mindestsicherung" zu ersetzen.

FPÖ beharrt auf ein einheitliches Sozialversicherungssystem,…

Die FPÖ hat bereits im November einen Entschließungsantrag eingebracht, der auf ein einheitliches Sozialversicherungssystem in Österreich abzielt. Nur durch eine Zusammenführung sämtlicher Beitragsleistungen, Finanzierungs- und Steuerungsfunktionen sei gewährleistet, dass es eine schlanke, effiziente und zeitgemäße Verwaltungsstruktur im Sinne der Sozialversicherten gebe, zeigten sich die Abgeordneten Herbert Kickl und Dagmar Belakowitsch-Jenewein schon damals überzeugt. Zudem wurde von ihnen auch eine direkte Kontrolle der Kontroll- und Verwaltungsorgane durch die Pflichtversicherten mittels Ur-Wahlen gefordert. Der Nationalrat hat den Entschließungsantrag auf Empfehlung des Sozialausschusses im Dezember abgelehnt, nun wurde er neuerlich eingebracht (878/A(E)).

Um ein Fundament für die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger zu schaffen, drängt die FPÖ Sozialminister Rudolf Hundstorfer überdies zur Durchführung einer Potentialanalyse (876/A(E)). Bis Juni dieses Jahres sollen den Freiheitlichen zufolge zunächst die Möglichkeiten einer nachhaltigen Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung bei Standorten, Personal und Verwaltung durch eine verstärkte Zusammenarbeit der 22 Sozialversicherungsträger analysiert und in weiterer Folge die Potentiale einer Zusammenlegung untersucht werden. Begründet werden die beiden Initiativen von der FPÖ damit, dass die Organisationsstruktur der Sozialversicherungsträger heute nicht mehr zeitgemäß sei.

…fordert Daten und Fakten zur Arbeitslosenversicherung ein…

Mit einem weiteren Entschließungsantrag fordert die FPÖ von Sozialminister Hundstorfer einen detaillierten Bericht darüber ein, wie sich die Beiträge und Leistungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung in den Jahren 2008 bis 2014 entwickelt haben (877/A(E)). Dabei soll Abgeordnetem Herbert Kickl zufolge nicht nur genau aufgelistet werden, wie viele ArbeitnehmerInnen gemäß der im Jahr 2008 eingeführten Einkommensstaffelung lediglich 0%, 1% oder 2% Arbeitslosenversicherungsbeitrag zahlen mussten und wieviel Arbeitslosengeld an die betreffenden Niedriglohngruppen zurückgeflossen ist. Er urgiert auch eine entsprechende Aufschlüsselung nach den Kategorien österreichische Staatsbürger, EU-Bürger und Drittstaatsangehörige.

…und verlangt neuerlich Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt

Schließlich verlangt die FPÖ neuerlich ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich (881/A(E)). Um den steigenden Arbeitslosenzahlen entgegenzuwirken, drängen Abgeordneter Kickl und seine FraktionskollegInnen darauf, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht nur für Drittstaatsangehörige, sondern auch für EU-BürgerInnen zu beschränken. Als Kriterien sollen dabei insbesondere das Ausbildungsniveau, die bisherige Berufstätigkeit, die angestrebte Berufstätigkeit und die branchenspezifische Lage am Arbeitsmarkt herangezogen werden. Insbesondere sollten im Zuge des Maßnahmenpakets auch die negativen Auswirkungen der EU-Ostöffnung für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden, heißt es im vorgelegten Entschließungsantrag. (Schluss) gs