Parlamentskorrespondenz Nr. 132 vom 19.02.2015

ÖIAG wird zur ÖBIB

SPÖ-ÖVP-Mehrheit im Budgetausschuss für ÖIAG-Neuordnung

Wien (PK) – Die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) soll in eine Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB) umgewandelt werden. Auf dem Weg dorthin verabschiedete der Budgetausschuss heute mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit einen Gesetzentwurf der Regierung (458 d.B.) an das Nationalratsplenum, das voraussichtlich in der kommenden Woche definitive Entscheidungen treffen wird. "Die schlanke Lösung mit einer kostengünstigen Struktur", wie Finanzminister Hans Jörg Schelling die Umwandlung der ÖIAG zur ÖBIB im Budgetausschuss nannte, wird demnach künftig keinen Aufsichtsrat mehr haben, was Einsparungen von 245.000 € jährlich bringt. Die Aufsichtsräte in ÖBIB-Beteiligungsunternehmen müssen künftig durch ein Screening eines Nominierungskomitees, die Entscheidung liegt aber bei der Hauptversammlung des jeweiligen Beteiligungsunternehmens, wie Schelling der Kritik einer "Renaissance des Proporzes" und entsprechenden Befürchtungen der Opposition entgegnete. Das Gremium setzt sich SPÖ-seitig aus Staatssekretärin Sonja Steßl und VIG-Manager Günter Geyer zusammen, von der ÖVP werden Staatssekretär Harald Mahrer und Andritz-Chef Wolfgang Leitner entsandt.

Zudem wird die ÖBIB einen weisungsgebundenen Generalsekretär haben, Grundlagen für strategische ÖBIB-Entscheidungen wird dem Finanzminister ein personell aufgestocktes Beteiligungsmanagement im Finanzressort liefern.

Hinsichtlich des notwendigen Informationsflusses zur ÖBIB wurde mit einem ÖVP-SPÖ-Abänderungsantrag festgestellt, dass die Beteiligungsgesellschaften der Holding alle erforderlichen Informationen unter Einhaltung aktienrechtlicher und börsenrechtlicher Bestimmungen zur Verfügung stellen. Als strategische Ziele für die ÖBIB nennt der Gesetzentwurf Wertsteigerungen bei den Unternehmen und Standortverbesserungen. Immerhin ist die Republik an Unternehmen beteiligt, die mit insgesamt 66.000 MitarbeiterInnen einen Jahresumsatz von 49 Mrd. € erwirtschaften. Zusätzliche Synergieeffekte erwartet die Regierung von der Übertragung anderer Bundesbeteiligungen an die ÖBIB. Konkret wird die ÖBIB Anteile der Münze Österreich an den Casinos Austria übernehmen und kann künftig zusätzlich weitere Casino-Anteile erwerben. Für 2014 gebühren die Dividendenleistungen der Casinos aber noch der Münze Österreich, stellte der Ausschuss ausdrücklich fest. Die ÖBIB wird sich auch an anderen Unternehmen beteiligen können, wenn dies im Interesse des Wirtschaftsstandorts Österreich liegt.

Opposition befürchtet Wiederbelebung des Proporzes

Befürchtungen um die Wiederbelebung des Proporzes, nichtvorhandene Cool-Off-Phasen für Funktionäre der Sozialpartnerschaft sowie eine fehlende Strategie sind die wesentlichen Kritikpunkte der Opposition hinsichtlich der geplanten Umwandlung der ÖIAG in die ÖBIB. Außerdem vermissen sie Berichtspflichten gegenüber dem Parlament.

"Wir haben hier ein Konstrukt, das ich für gelinde gesagt nicht sehr glücklich in diesem Bereich halte", so die Bedenken der Grünen Wirtschaftssprecherin Ruperta Lichtenecker. Der selbsterneuernde Aufsichtsrat, wie es in der ÖIAG der Fall war, sei absurd gewesen, räumte sie ein, vermisste beim nunmehrigen Lösungsverschlag aber einige Punkte - etwa die Entwicklung einer Strategie mit festgelegten Zielen und Aufgaben, die Schaffung von klar strukturierten und transparenten Verfahren bei der Bestellung von Aufsichtsräten und Berichtspflichten gegenüber dem Parlament. Informationen sollten nicht nur im Finanzministerium, sondern auch im Parlament liegen, sagte sie. Kritisch sah Lichtenecker zudem, dass es für Funktionäre der Sozialpartnerschaft keine Cool-Off-Phasen gibt, außerdem sollte das Management im operativen Bereich möglichst frei agieren können. Zudem sei das Komitee für die Nominierung von Aufsichtsräten in Beteiligungsunternehmen nicht neutral, der alte Proporz könne wieder seine Urzustände feiern, meinte Lichtenecker.

Befürchtungen, die auch Bernhard Themessl von der FPÖ äußerte. Mit der ÖBIB werde ein Unternehmen ohne strategische Zielsetzung aufgestellt, es gehe allein darum, die Kontrolle des Parlaments zu umgehen und "rot-schwarze Gefolgsleute unterzubringen", so die Meinung Themessls.

Kathrin Nachbaur vom Team Stronach stellte grundsätzlich die Sinnhaftigkeit von staatlichen Beteiligungen an Unternehmen in Zweifel und wertete es als bedrohlich, wie durch die ÖBIB möglich, neue Unternehmen zu verstaatlichen. Die Republik sei in der Regel kein guter Eigentümer und schon gar kein guter Manager, warnte Nachbaur vor weiteren staatlichen Beteiligungen. Zudem habe sie, Nachbaur, die Befürchtung, dass "der Proporz durch politische Besetzungen Renaissance erlebt". Auch sie bekrittelte fehlende Cool-Off-Phasen für Funktionäre der Sozialpartnerschaft.

"Was ist das Ziel dieser neuen Struktur?", so die grundsätzliche Frage von Rainer Hable (N), der, wie andere SprecherInnen der Oppositionsparteien, eine entsprechende Strategie vermisste.

SPÖ und ÖVP: Regierung übernimmt Verantwortung

SPÖ und ÖVP sprachen sich klar dafür aus, die Holding wieder in den politischen Verantwortungsbereich zu legen. Als Eigentümer müsse man Verantwortung für die 66.000 Beschäftigten, aber auch SteuerzahlerInnen übernehmen, sagte etwa Markus Vogl (S). Außerdem würden die Aufsichtsräte von einem neuen, neutralen Komitee nominiert, entgegnete er den Vorwürfen auf mögliche politische Besetzungen. "Nichts ist schlimmer als ein sich selbst erneuernder Aufsichtsrat", so die Antwort Christoph Matznetters (S) auf die Kritik der Opposition. Es sei grundvernünftig, dass die Regierung mit der ÖBIB ihre Verantwortung wieder zu sich hole und ihr damit wieder nachkommen könne, meinten neben Matznetter auch sein Fraktionskollege Walter Schopf sowie Werner Groiß von der ÖVP.

Schelling setzt höchsten Wert auf Qualifikation bei Beteiligungsaufsichtsräten

Was die befürchtete Repolitisierung in Zusammenhang mit Aufsichtsratsbesetzungen betrifft, erklärte Finanzminister Schelling, dass die Beschlussfassung bei den Hauptversammlungen der entsprechenden Beteiligungsunternehmen liegt. Das Nominierungskomitee führt demnach nach strengen Kriterien des Österreichischen Corporate Governance Codex und unter Beiziehung etwa von Rechtsberatern Screenings durch, geeignete Personen würden dann der Hauptversammlung vorgeschlagen. Höchsten Wert werde hier auf Qualifikation und Spezialisierung gelegt, außerdem werde er sich beim Komitee dafür einsetzen, die Frauenquote in den Aufsichtsräten zu steigern, wie er Karin Greiner (S) versicherte.

Von Hable auf mögliche Zukäufe angesprochen, sagte Schelling, dass diese möglich seien. So könnten bestehende Beteiligungen aufgestockt oder neue Beteiligungen eingegangen werden.

Einen bereits diskutierten Industriefonds schloss der Minister aufgrund der nunmehr "schlanken Lösung mit einer kostengünstigen Struktur" in Sachen ÖIAG aus.

Außerdem gebe es bereits den Auftrag, eine Strategie zu entwickeln, auch für die bestehenden Syndikatsverträge. Zuerst müsse sich die Gesellschaft konsolidieren, dann sei es sinnvoll, in eine neue Strategie zu gehen. Erst nach dem Bundesratsbeschluss, wahrscheinlich am 12. März, könne die Gesellschaft in das Firmenbuch eingetragen werden und sei erst dann handlungsfähig.

Hinsichtlich Berichtspflichten gegenüber dem Parlament sagte Schelling, dass er als Finanzminister den Auftrag habe, den Bundeskanzler und die Bundesregierung zu informieren. Abgeordnete hätten wie bereits jetzt die Möglichkeit, parlamentarische Anfragen an ihn zu richten. (Fortsetzung Budgetausschuss) keg/fru

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen im Menüpunkt "Parlament aktiv/Budget-Analysen" auf www.parlament.gv.at .

Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Homepage des Finanzministeriums www.bmf.gv.at