Parlamentskorrespondenz Nr. 210 vom 11.03.2015

Rupprechter will Auslaufen der Milchquote mit Maßnahmen begleiten

Themen Milch und AMA Gegenstand lebhafter Debatten im Landwirtschaftsausschuss

Wien (PK) - Das bevorstehende Auslaufen der Milchquotenregelung sorgte heute im Landwirtschaftsausschuss für lebhafte und teils kontroversiell geführte Debatten. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter kündigte im Rahmen einer aktuellen Aussprache ein Sechs-Punkte-Maßnahmenpaket an, um negative Auswirkungen für die heimischen Milchbauern abzufedern. Schwerpunkte sind dabei vor allem Förderungen für Betriebe in benachteiligten Gebieten sowie die Forcierung von Qualität und Export. Die Opposition hingegen fürchtete um die Existenz der Milchbauern, beurteilte das Programm als unzureichend und sprach von "Realitätsverlust" des Ministers.

Aktuelle Entwicklungen in der Agrarpolitik der Europäischen Union wiederum waren Inhalt der EU-Jahresvorschau 2015, die die Abgeordneten mehrheitlich zur Kenntnis nahmen. Anstoß für eine Diskussion über die Agrarmarkt Austria (AMA) bot der ebenfalls mehrheitlich genehmigte erste Tätigkeitsbericht der AMA-Marketing an das Parlament, der auch noch im Plenum behandelt werden wird. Zu diesem Thema lagen auch Anträge der Opposition vor. So forderten die NEOS eine rechtliche Klarstellung bezüglich der Weitergabe von Daten durch die AMA an die Behörden, die Grünen wiederum drängten auf Verankerung der gentechnikfreien Produktion als Leitlinie im AMA-Gesetz. Diese Initiativen wurden allerdings vertagt.

Zur Debatte standen aber auch eine Reihe von weiteren Anträgen der Oppositionsparteien, die bei der Abstimmung ebenfalls vertagt wurden. Der Bogen spannte sich dabei von der Forderung der Freiheitlichen nach mehr Transparenz bei den Agrarförderungen über die Vorstellungen der Grünen hinsichtlich einer ökologisch ausgerichteten Umsetzung der GAP-Reform bis hin zum Vorstoß des Teams Stronach auf klare Herkunftskennzeichnung von Fleisch und Fleischprodukten.

Aus für Milchquotenregelung fordert Österreichs Agrarpolitik

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter bedauerte das Auslaufen der Milchquote, gab aber zu bedenken, Österreich müsse zur Kenntnis nehmen, dass es weder im Europäischen Rat noch im Europäischen Parlament eine Mehrheit für die Verlängerung der Regelung gibt. Dass die Quote nun mit 1. April 2015 wegfällt, wusste man in Österreich seit 2003, die Betriebe haben sich also darauf einstellen können, betonte er. Darüber hinaus sei die Perspektive des Auslaufens der Quotenregelung bereits bei der Umsetzung der GAP-Reform in Österreich berücksichtigt worden.

Das Thema Milch werde der Arbeitsschwerpunkt schlechthin für das laufende Jahr sein, versicherte Rupprechter und kündigte ein Sechs-Punkte-Maßnahmenpaket an, um das Ende der Quotenregelung zu begleiten und die Auswirkungen für die Milchbetriebe abzufedern. So sollen Milchbauern in benachteiligten Gebieten aktive Unterstützung erhalten, dies auch durch die Länder. Geplant sind weiters der Ausbau der Investitionsförderung für die Modernisierung der Milchbetriebe sowie die Förderung der Professionalisierung der Verarbeitung und Vermarktung im Bereich der kleinen und mittleren Betriebe. Darüber hinaus setzt Rupprechter auf die Umsetzung der Qualitätsstrategie mit einer speziellen Orientierung auf Bio- und Heumilch sowie auf eine Exportoffensive im Qualitätssegment. Positive Impulse erwartet sich der Ressortchef schließlich auch durch die Bereitstellung zusätzlicher Förderinstrumente im Wege der Europäischen Investitionsbank.

Heftige Kritik erntete Rupprechters Paket bei der Opposition. "Alte Hüte" seien dies, meinte etwa Leopold Steinbichler vom Team Stronach. Er könne nicht viel Neues erkennen, zahlreiche Elemente seien ohnehin schon im Programm für die ländliche Entwicklung enthalten, pflichtete ihm FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach bei. Beide Abgeordnete warnten ebenso wie Wolfgang Pirklhuber (G) vor existenzbedrohenden Auswirkungen für Österreichs Milchbetriebe und vermissten klare Antworten an die Bauern. Anstatt eine Strategie in Richtung Bio zu betreiben und auf das Konzept "Alpenmilch" zu setzen, liefere Rupprechter die heimischen Milchbetriebe einem ruinösen Wettbewerb mit Großkonzernen aus, kritisierte der Landwirtschaftssprecher der Grünen. Pirklhubers Fraktionskollege Georg Willi warf dem Minister Realitätsverlust vor und stellte fest, die Zukunft liege in der regionalen Vermarktung, Rupprechter träume aber von TTIP. Die Kritik am Transatlantischen Handelsabkommen einte alle Oppositionsparteien ebenso wie der Vorwurf an die Landwirtschaftskammern, die Bauern nicht rechtzeitig auf das Auslaufen der Quote vorbereitet zu haben. Mit Befremden reagierte etwa NEOS-Landwirtschaftssprecher Josef Schellhorn auf den Umstand, dass die Landwirtschaftskammern dem Vorschlag des Rechnungshofs, Landwirtschaft und Tourismus zwecks besserer Ankurbelung des Absatzes zu koordinieren, nicht gefolgt sind.

ÖVP-Abgeordneter Franz Eßl wies die Vorwürfe zurück und stellte klar, die Bauern hätten vom Auslaufen der Milchquote gewusst, sie seien von den Kammern auch entsprechend beraten worden. Im Übrigen bestehe kein Grund zur Panikmache, bemerkte er. Was wir jetzt brauchen, ist eine Stärkung der Verarbeitungsbetriebe, die Milch zu hochwertigen Produkten veredeln. Die Politik sah Eßl in diesem Zusammenhang dazu aufgerufen, entsprechende Kontakte für die Vermarktung zu öffnen. Die von Pirklhuber eingemahnte Bio-Strategie interpretierte der ÖVP-Mandatar mit dem Motto "Mit dem Markt wachsen". Eine Chance für den Absatz heimischer Qualitätsprodukte sah er auch in einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Gastronomie.

Namens der SPÖ drückte Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner seine Besorgnis angesichts eines allfälligen Preisverfalls nach dem Auslaufen der Milchquote aus und forderte spezielle Unterstützungsmaßnahmen für die kleinen bäuerlichen Betriebe im Milchbereich.     

Digitalisierung von Landschaftselementen: Schwere Bedenken der Grünen

Im weiteren Verlauf der Aussprache kritisierte Grünen-Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber heftig die österreichische Umsetzung der EU-Verordnung zur Digitalisierung von Landschaftselementen, zu deren Erhaltung LandwirtInnen sich im Zuge von Fördermaßnahmen verpflichten. Er befürchtete eine Überbürokratisierung, das Vorgehen sei nicht transparent und es werde nicht offengelegt, wie die AMA bei Kontrollen vorgehen werde. Bundesminister Rupprechter bot den Abgeordneten dazu ein Fachgespräch mit AMA-Fachleuten an. Dieses Angebot wurde von Ausschussvorsitzendem Jakob Auer begrüßt. Die Aussprache sollte bis Ende April stattfinden, da Förderanträge bis 15. Mai einzureichen sind.

Bericht über EU-Vorhaben im Bereich Land- und Forstwirtschaft 2015

Der Bericht des Landwirtschaftsministers über EU-Vorhaben des Jahres 2015 bot den Abgeordneten Gelegenheit für eine Reihe von Detailfragen. Minister Rupprechter unterstrich dabei unter anderem gegenüber Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G), dass sein Ressort in den Ländern, aber auch auf EU-Ebene die Bemühungen in der Rinderzucht unterstütze, beim Zuchtziel auf Lebensleistung anstatt auf kurzfristige Hochleistung abzustellen. Für die Schulmilchaktion werden 2015/16 Mittel in der Höhe von 2,3 Mio. € aus EU-Mitteln zur Verfügung gestellt, erfuhren die Abgeordneten Gusenbauer-Jäger (S) und Georg Willi (G). Das Schulmilch- und Schulfruchtprogramm sollen künftig zusammengeführt werden, was er für sinnvoll erachte.

Zur EU-Waldstrategie, für die sich die Abgeordneten Eßl (V) und Preiner (S) interessierten, hielt Rupprechter fest, derzeit stehe die Umsetzung der Europäischen Waldkonvention an, wobei es noch offene Punkte gebe. Einige Staaten zeigten Widerstände in der Frage der Rechtsverbindlichkeit der Konvention. Er erwarte sich eine Lösung der Fragen von dem bevorstehenden Treffen in Madrid. Wesentlich für den Erfolg der Konvention werde die Beteiligung Russlands sein. Im Übrigen hoffe er im Interesse der Landwirtschaft auf ein baldiges Ende der Russland-Sanktionen, Voraussetzung werde aber sein, dass sich positive außenpolitische Entwicklungen zeigen, etwa in der Einhaltung des Minsker Abkommens zum Ukraine-Konflikt, sagte der Minister.

Der Bericht wurde mehrheitlich, ohne die Stimmen von Freiheitlichen und Team Stronach, zur Kenntnis genommen.

Lob und Tadel für die AMA

Der Bericht über die Tätigkeit der AMA-Marketing GesmbH über das Geschäftsjahr 2013 sei ein Service seines Ressorts an die Abgeordneten, stellte Landwirtschaftsminister Rupprechter fest. Da die AMA-Marketing nicht direkt seinem Ressort unterstehe, sei sie nicht vom parlamentarischen Interpellationsrecht umfasst. Insgesamt zeige der Bericht, dass die AMA eine Erfolgsgeschichte darstelle und ein wichtiger Eckpfeiler für die Sicherung der Qualität bei der Produktion von Lebensmitteln sei. Für die Beantwortung von Detailfragen verwies der Minister auf die Vertreter der AMA-Marketing, Geschäftsführer Michael Blass und Martin Greßl.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) meinte, eine genauere Aufschlüsselung der Mittel, die in die AMA fließen, sei notwendig.  Erwin Preiner (S) und NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn bemängelten die aus ihrer Sicht unzureichende Transparenz der Darstellung der Zahlungsströme im Bericht.

Für Maximilian Unterrainer (S), Leopold Steinbichler (T) und Harald Jannach (F) war nicht nachvollziehbar, dass Getreideproduzenten weitgehend von AMA-Beitragszahlungen ausgenommen sind, obwohl die AMA auch Backwaren und andere Getreideprodukte bewerbe. Steinbichler stimmte mit Abgeordnetem Pirklhuber darin überein, dass das AMA-Gütesiegel bzw. die Vergabe von Gütesiegeln insgesamt hinterfragt und weiterentwickelt werden müsse. Die Abgeordneten sahen zahlreiche unklare Fragen, was als österreichisches Qualitätsprodukt vermarktet werden darf, und warnten vor "Trittbrettfahrern". Manches im Bereich der Gütesiegel gehe in Richtung Täuschung der KonsumentInnen und sei geeignet, deren Vertrauen in die Marke AMA-Gütesiegel zu zerstören.

SPÖ-Abgeordneter Walter Schopf war weitgehend zufrieden mit dem Bericht. Es zeige sich, dass die Medienkooperationen der AMA ausgewogen gestaltet sind und es keine ungerechtfertigten Bevorzugungen gewisser Medien gibt. Allerdings vermisste Schopf im Bericht Aussagen über die Ergebnisse der umfangreichen Vor-Ort- und Produktkontrollen der AMA. Diese sollten in künftige Berichte einfließen, regte er an.

Zu Fragen der Kontrolle von AMA-Produkten versicherte Experte Michael Blass dem Ausschuss, die Aufsicht der Agrarmarkt Austria Marketing überprüfe regelmäßig, ob die Kennzeichnung von Waren mit dem Gütesiegel legitimiert ist. Das AMA-Gesetz sehe dafür klare Kriterien vor. Die Kontrollergebnisse wolle man zukünftig anonymisiert auf der Homepage der AMA veröffentlichen. Missbräuchliche Verwendungen des AMA-Gütesiegels werden Blass zufolge laufend verfolgt, auch gerichtlich, und zwar unabhängig von der Größe eines Handelsunternehmens; die Sanktionen reichten von Geldstrafen bis zum Entzug des Gütesiegels. Für Getreideerzeugnisse wie Brot sei generell kein AMA-Gütesigel vorgesehen, fügte der zweite AMA-Vertreter Greßl an, die Handwerkssiegel der Agrarmarkt Austria auf Backwaren finanzierten sich aus Lizenzgebühren. Insgesamt schaffe der AMA-Qualitätsnachweis einen finanziellen Mehrwert für Landwirte und Landwirtinnen, die gemäß der Produktvorschriften erzeugen.

Als eindeutiges Problem bezeichnete Blass in diesem Zusammenhang die Verwendung von vermeintlichen Qualitätskennzeichnungen, die KonsumentInnen einen regionalen Bezug vortäuschen; derartige "Rot-Weiß-Rot-Spielereien" sollten nach dem Lebensmittel-Sicherheits-Gesetz bzw. dem Unlauterer-Wettbewerbs-Gesetz geahndet werden.

Bezüglich der Medienkooperationen der AMA führte Blass aus, die mediale Verteilung von Informationskampagnen über landwirtschaftliche Fragen richte sich streng nach Sachkriterien wie Reichweite. Eine Medienagentur liefere dazu Ratschläge, immer mit dem Ziel, konsumentenrelevante Information flächendeckend zu liefern.

Der Bericht wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen zur Kenntnis genommen.

Anträge der Opposition zum Thema AMA vertagt

Zum Thema AMA steuerten die NEOS einen bei der Abstimmung letztlich vertagten Entschließungsantrag (790/A(E)) bei, in dem Agrarsprecher Josef Schellhorn eine rechtliche Klärung der Datenweitergabe der AMA an die Behörden anregt. Ebenfalls vertagt wurde eine Initiative des FPÖ-Landwirtschaftssprechers Harald Jannach auf jährliche Berichtspflicht für die AMA Marketing (194/A(E)). Namens der Grünen wiederum forderte Wolfgang Pirklhuber eine ausdrückliche Verankerung der gentechnikfreien Produktion im AMA-Gesetz, wurde mit seinem Vorstoß (51/A) aber in die Warteschleife verwiesen.

"Bitte warten" für weitere Oppositionsanträge

Harald Jannach (F) war für die Reduktion der seiner Einschätzung nach ungerechtfertigt langen Aufbewahrungspflichten von Unterlagen im Programm ÖPUL 2015 für Landwirte (746/A(E)) und für mehr Transparenz bei den Agrarförderungen (439/A(E)). Debattiert wurde auch der Antrag des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber betreffend eine ökologisch orientierte Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2014-2020 in Österreich (148/A(E)). Neuerlich behandelt wurden auch Anträge des Abgeordneten Leopold Steinbichler (T) betreffend "Herkunftskennzeichnung von Fleisch in verarbeiteten Lebensmitteln" (959/A(E)), zur Kennzeichnung von Fleisch mittels AT-Stempel (158/A(E)) und zur Schaffung eines Qualitätsgütesiegel-Gesetzes in Bezug auf Lebensmittel (645/A(E)). Harald Jannach (F) sprach sich für die Vereinheitlichung des Sachkundenachweises im Pflanzenschutzbereich aus (193/A(E)). Ein Antrag des Agrarsprechers der Grünen Wolfgang Pirklhuber wiederum bringt die Skepsis der Grünen gegenüber Agrotreibstoffen aus Lebens- oder Futtermitteln zum Ausdruck (87/A(E)). In einer weiteren Initiative untermauert Wolfgang Pirklhuber (G) einmal mehr die kritische Haltung seiner Fraktion zum Transatlantischen Handelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) (230/A(E)).

Die Anträge wurden jeweils mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. (Schluss) hof/sox/rei