Parlamentskorrespondenz Nr. 393 vom 23.04.2015

Grüne gegen Kostenbeiträge bei Spitalsaufenthalt von Kindern

Erste Lesungen im Nationalrat

Wien (PK) – Zum Abschluss der heutigen Nationalratssitzung unterzogen die Abgeordneten drei Anträge der Grünen einer Ersten Lesung. Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek und ihre FraktionskollegInnen fordern eine Abschaffung der Kostenbeiträge bei einem Krankenhausaufenthalt von Kindern und bundeseinheitliche Standards für die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Zudem treten sie für eine ersatzlose Streichung jener Bestimmung im ORF-Gesetz ein, die den Landeshauptleuten ein Anhörungsrecht bei der Bestellung der ORF-LandesdirektorInnen einräumt. Alle drei Anträge wurden den zuständigen Ausschüssen zugewiesen.

Die Forderung, im Falle des Krankenhausaufenthaltes eines Kindes, auf die Einhebung von Kostenbeiträgen zu verzichten, begründen die Grünen damit, dass Eltern im Falle einer Spitalsbehandlung ihres Kindes ohnehin psychisch enorm belastet seien. Man solle ihnen nicht auch noch finanzielle Bürden aufhalsen, argumentiert Abgeordnete Judith Schwentner. Sie drängt darauf, spätestens im Zuge des nächsten Finanzausgleichs eine Lösung zu finden.

Darauf hofft auch SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch. Sozialminister Rudolf Hundstorfer habe bereits in der Vergangenheit versucht, eine Einigung mit den Ländern zu erzielen, diese seien aufgrund des Einnahmenentfalls aber nicht bereit gewesen, einer Regelung zuzustimmen, erklärte er.

Für eine Abschaffung des Selbstbehalts sprachen sich auch Rupert Doppler (F) und Bernd Schönegger (V) aus. Es stelle sich allerdings die Frage der Finanzierung, machte Schönegger geltend. Man könne nicht einfach Mittel aus dem System ziehen, die dort benötigt würden. Schönegger regte an, die Arbeiterkammerumlage zu senken, um den erwarteten Einnahmenentfall in der Höhe von 15 Mio. € zu kompensieren. Diese steige durch die Steuerreform ohnehin um diesen Betrag.

Der Antrag wurde von Nationalratspräsidentin Doris Bures dem Sozialausschuss zugewiesen.

Bedarfsorientierte Mindestsicherung: Grüne fordern Bundesrahmengesetz

Dem Verfassungsausschuss zugewiesen wurde ein Antrag der Grünen, der auf bundeseinheitliche Standards bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung abzielt. Nach Meinung von Abgeordneter Judith Schwentner (G) ist der Versuch, einheitliche Leistungen über eine Bund-Länder-Vereinbarung zu erreichen, gescheitert, da etliche Bundesländer nach wie vor säumig seien. Sie spricht sich daher für ein Bundesrahmengesetz aus und fordert parallel dazu kompetenzrechtliche Klarstellungen in der Verfassung. Der Umfang der sozialen Absicherung einer bedürftigen Person dürfe nicht von der Postleitzahl abhängen, mahnte sie.

Für Schwentner ist es unbestritten, dass der Bund verpflichtet ist, für bundeseinheitliche Standards bei der Mindestsicherung zu sorgen, weil das "Armenwesen" unter Artikel 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Grundsatzgesetzgebung durch den Bund, Ausführungsgesetze und Vollziehung durch die Länder – fällt. Zur Klarstellung will sie den entsprechenden Kompetenztatbestand jedoch präzisieren und künftig ausdrücklich auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung verweisen.

SPÖ-Abgeordneter Peter Wittmann räumte ein, dass die derzeitige Regelung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht befriedigend sei. Manchmal sei die Kunst der Politik aber die Politik des Machbaren, stellte er fest. Der Abschluss der Bund-Länder-Vereinbarung sei die einzige Möglichkeit gewesen, überhaupt zu einer bundesweiten Regelung zu kommen. Für sinnvoll hielt Wittmann eine generelle Modernisierung der Artikel 11 und 12 der Bundesverfassung.

Für die ÖVP verteidigte Manfred Hofinger die Bund-Länder-Vereinbarung zur bedarfsorientierten Mindestsicherung. Er fürchtet Doppelgleisigkeiten, würde man eine andere Vorgehensweise wählen. Nach Meinung von Hofinger spricht aber nichts dagegen, den Begriff "Armenwesen" in der Verfassung zu ändern.

Grüne beantragen Änderung des ORF-Gesetzes

Auch der Gesetzesantrag zur Änderung des ORF-Gesetzes wurde zur Vorberatung an den Verfassungsausschuss weitergeleitet. Dass den Landeshauptleuten bei der Bestellung des ORF-Landesdirektors bzw. der ORF-Landesdirektorin in ihrem Bundesland ein Anhörungsrecht zukommt, ist nach Meinung von Glawischnig-Piesczek und ihrer FraktionskollegInnen weder zeitgemäß noch mit der parteipolitischen Unabhängigkeit des ORF vereinbar. Zudem komme es in der Praxis immer wieder zu Junktimierungen bei der Wahl des ORF-Direktoriums.

Bekräftigt wurde die Forderung der Grünen heute von Dieter Brosz. Es sei im Jahr 2015 an der Zeit, diesen Anachronismus abzuschaffen, betonte er.

Unterstützung erhielt Brosz allerdings nur von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Alm. Alm hat kein Verständnis dafür, dass im Bereich der ORF-LandesdirektorInnen-Bestellung ein direkter politischer Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Sender gesetzlich festgeschrieben ist. Er forderte überdies weitere Schritte zur Entpolitisierung des ORF.

SPÖ und ÖVP sehen dem gegenüber keine Notwendigkeit, das ORF-Gesetz zu ändern. Der Antrag sei überzogen, die Begründung überzeuge sie nicht, sagte Abgeordnete Beatrix Karl (V). Schließlich handle es  sich nur um ein Stellungnahmerecht und nicht um ein Mitspracherecht. Abgeordneter Josef Cap (S) hob hervor, dass der ORF erfolgreich sei und funktioniere.

Seitens der FPÖ äußerte Abgeordneter Philipp Schrangl Verständnis dafür, dass PolitikerInnen als VertreterInnen des Volks in die Bestellung der ORF-LandesdirektorInnen eingebunden sind. Er bezweifelt überdies, dass der Antrag etwas bewirken würde. Dieser würde keine Probleme beim ORF lösen, ist er überzeugt.

Eine weitere (69.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) gs