Parlamentskorrespondenz Nr. 537 vom 21.05.2015

Nationalrat: Plastik hat in der Umwelt nichts verloren

Rupprechter für europäische und globale Maßnahmen gegen Mikroplastik in Gewässern

Wien (PK)  – 40 Tonnen Plastikteilchen verlassen Österreich laut Umweltbundesamt jährlich  in der  Donau. Da ein Drittel der im heimischen Abschnitt des Stromes gemessenen Verschmutzung aus Deutschland stammt und die Plastikfracht der Donau östlich von Hainburg bis zur Mündung ins Schwarze Meer weiter zunimmt, verlangen Experten europäische Maßnahmen gegen Plastikeinträge in Gewässer. Die Mehrheit des Nationalratsplenums folgte dem Rat der Wissenschaftler und beauftragte den Umweltminister mit einer von ÖVP und SPÖ beantragten und einstimmig verabschiedeten Entschließung,  in der EU verstärkt auf die Gefahren der Verschmutzung von Flüssen und Meeren mit Plastik hinzuweisen, Vorkommen und Quellen von Mikroplastik zu identifizieren, Messmethoden und Datenlage zu  vereinheitlichen, Maßnahmen gegen die Verschmutzung zu ergreifen und sich gegen die Verwendung von Mikroplastik in Kosmetikprodukten auszusprechen. Dazu brachte Johann Höfinger (V) einen ÖVP-SPÖ-NEOS-Team-Stronach-Entschließungsantrag  auf Eliminierung von Verschmutzungen von Gewässern und Meeren durch primäres und sekundäres Mikroplastik und auf die Erarbeitung einer Definition von Mikroplastik ein, der ebenfalls einstimmig verabschiedet wurde. Ausdrücklich sprach sich der Nationalrat auch für europäische Maßnahmen gegen Mikroplastikpartikel in Kosmetika aus.

Ein Antrag der Grünen auf Festsetzung eines Grenzwerts für Kunststoffteilchen in betrieblichen Abwässern wurde hingegen mit dem Argument abgelehnt, es gehe nicht um Begrenzung, sondern um Verhinderung von Plastik-Einleitungen in Gewässer. Keine Mehrheit fand auch ein weiterer Entschließungsantrag der Grünen, der auf ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetika und auf Vorkehrungen gegen die Verschmutzung von Gewässern mit Kunststofffasern gerichtet war, die aus Kleidungsstücken ausgewaschen werden.

Keine Plastikpartikel in der Zahnpasta   

Diesen Antrag brachte in der Debatte Christiane Brunner (G) ein, die eine Annäherungen zwischen den Fraktionen beim Thema Umweltverschmutzung  durch Mikroplastik registrierte, Regierung und Koalitionsparteien aber wegen deren Unwillens kritisierte,  gesetzliche Regelungen gegen Mikroplastik in der Umwelt zu treffen.  Johann Höfinger (V)  lobte hingegen Umweltminister Rupprechter, der rasch mit einem freiwilligen Maßnahmenkatalog reagiert habe, als im Vorjahr die Belastung der Donau mit Mikroplastik bekannt wurde. Höfinger sprach sich gegen Grenzwerte bei Mikroplastik aus, weil es ihm darum gehe, Mikroplastikeinträge in die Umwelt generell zu vermeiden.

Ulrike Weigerstorfer (T) warnte vor dem Zerfall von Plastikmüll in der Umwelt, weil dabei Weichmacher frei werden, die in die Nahrungskette gelangen,  hormonähnliche Wirkungen auslösten und Gesundheitsschäden bis hin zu Krebs nach sich ziehen können.  Solche Weichmacher seien bereits in Nahrungsmitteln und im menschlichen Blut nachzuweisen, sagte die Abgeordnete, verlangte verstärkte Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet  und die Wahrnehmung einer Vorreiterrolle Österreichs beim Kampf gegen die Verschmutzung der Umwelt mit Plastik.

"Wege aus der Plastikgesellschaft" will auch Hannes Weningers  (S) finden, der sich für bewusstseinsschaffende Maßnahmen und grenzüberschreitende Lösungen stark machte und darauf hinwies, dass auch Österreich und Europa einen beachtlichen Anteil an der Verschmutzung der Weltmeere mit Mikroplastik haben. Dem Lob für die raschen Reaktionen des Umweltministers auf das Bekanntwerden von Plastikverunreinigungen in der Donau lobte ausdrücklich auch Michael Pock von den NEOS. Auch er sah Handlungsbedarf bei der Entwicklung von Ersatzmaterialien zu Plastik, bei der Vermeidung von Littering und bei der Umsetzung der EU-Plastiksackerl-Richtlinie.

Fische fressen Plastik, Menschen essen Fische  

"Mikroplastik gehört nicht in die Umwelt und nicht in die Gewässer", sagte Umweltminister Andrä Rupprechter. Die Forschung beim Thema Mikroplastik in der Umwelt stehe erst am Anfang, Österreich und das Umweltbundesamt seien aber Vorreiter, beispielsweise bei der Entwicklung komplexer Messmethoden. Bisherige Messergebnisse zeigten, dass Österreich über vorbildliche Abfallreinigungssysteme und eine ausgezeichnete Abfallwirtschaft verfüge. Problemlösungen seien nur auf europäischer Ebene zu finden, sagte Rupprechter,  er engagiere sich daher für EU-Regelungen, teilte der Umweltminister mit. Rupprechter tritt für ein Mikroplastikverbot in Kosmetika ein. Österreichischen Erzeuger haben eine freiwilligen Ausstieg angekündigt, erfuhren die Abgeordneten. Beim Kampf gegen Littering und gegen die Verschmutzung der Umwelt mit Plastik setze er auf Bewusstseinsbildung und auf freiwillige Regelungen, nicht aber auf Zwangsmaßnahmen, sagte Rupprechter. Sein diesbezügliches Zehnpunkteprogramm fand ausdrückliches Lob bei Georg Strasser (V), weil es auf die Eigenverantwortung der Menschen statt auf Bürokratie und Reglementierung ausgerichtet sei.

"Fische fressen Plastik, Menschen essen Fische" – so knapp brachte Karin Greiner (S) die Bedeutung des Mikroplastikproblems in Gewässern für die Menschen auf den Punkt und erweiterte die Betrachtung auf Zigarettenkippen, die bereits ein Drittel der Abfallbelastung an Stränden ausmachten. International akkordierte Tests, mehr Forschung und eine Vorreiterrolle Österreichs verlangte Greiner beim Thema Kampf dem Plastikmüll.

Für den Schutz vor Blei im Trinkwasser sind die Gemeinden zuständig  

In der Debatte über einen – bei der Abstimmung  mehrheitlich abgelehnten - Antrag des Teams Stronach,  in Ballungsräumen Maßnahmen gegen Blei im Trinkwasser zu setzen, erinnerte Klaus Uwe Feichtinger (S) an ein höchstgerichtliches Erkenntnis, dass es für zumutbar bezeichnete, Wasser eine Minute laufen zu lassen, um einen erhöhten Bleigehalt im Wasser zu reduzieren. Sollte die Senkung des EU-Grenzwerts von 25 auf 10 Mikrogramm zu Problemen führen, können Mieter den Rechtsweg beschreiten, informierte Feichtinger.  Gegen diese Auffassung wandte sich ausdrückliche Ulrike Weigerstorfer (T), die KonsumentInnen vor Gesundheitsgefahren durch Blei im Trinkwasser schützen will. Michael Pock (N) erinnerte an einen Antrag seiner Fraktion zum Thema "Blei im Trinkwasser" und schlug vor, Mieter verpflichtend über Bleileitungen in ihren Häusern und Wohnungen zu informieren.  Umweltminister Andrä Rupprechter erinnerte an dieser Stelle daran, dass in Wien seit 2007 keine Trinkwasseranschlussleitungen aus Blei mehr bestehen und der Austausch von Bleileitungen in der Siedlungswasserwirtschaft kontinuierlich weiter gehe.  Georg Willi (G) verlangte demgegenüber ein Programm für den Ersatz alter Trinkwasserleitungen aus Blei - das wäre ein Beitrag nicht nur für eine bessere Qualität des Trinkwassers, sondern auch für Investitionen und Green Jobs.  Bernhard Schmid (F) hingegen sah die Verantwortung für die Einhaltung des Grenzwerts von 0,01 mg Blei pro Liter Trinkwasser bei den Gemeinden liegen.

Über Aus für Förderung von Kohlekraftwerke berät der Finanzausschuss     

Da die Stromerzeugung aus Kohle Umwelt und Klima belastet und die  Gesundheit der Menschen mit Quecksilberemissionen gefährdet, verlangten die NEOS die Abschaffung von Subventionen für die Kohleverstromung. Diese Initiative soll auf einstimmige Empfehlung des Umweltausschusses, der das Nationalratsplenum einhellig folgte, dem Finanzausschuss zugewiesen werden. Michael Pock (N) hielt es für unumgänglich, die Subvention von derzeit 70 Mio. € pro Jahr für eine Form der Stromerzeugung, die volkswirtschaftliche Schäden von jährlich 192 Mio. € verursache, auf null zu senken. Dies würde auch die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energieträger verbessern und es erlauben, die Ökostromförderung zu reduzieren.  

Beim Thema Förderung der Kohleverstromung sah Umweltminister Andrä Rupprechter den Finanzminister als zuständig an, wandte sich aus Sicht der Umwelt aber entschieden dagegen, die Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern zu fördern. Mit Stolz berichtete Rupprechter, der Einsatz fossiler Energieträger bei der Stromerzeugung in Österreich entwickle sich  zuletzt rückläufig. Das Ziel, den Einsatz erneuerbarer Energieträger bei der Stromproduktion auf 100 % zu steigern unterstrich auch Ruth Becher (S) und wies auf  die Abschaltung von Kohlekraftwerken der Verbundgesellschaft hin.  Kohlekraftwerke dienten in Österreich nur noch als Sicherheitsreserve. Kritik übte Becher und Umweltminister Rupprechter an dieser Stelle an Deutschland, das zuletzt verstärkt auf die Verstromung billiger Steinkohle setze.

Humusaufbau trägt zum Klimaschutz bei – Minister hält bestehende Förderungen für ausreichend

Das Verlangen auf Förderung der Bauern beim Humusaufbau in österreichischen Böden fand keine Mehrheit, obwohl die FPÖ ihren diesbezüglichen Antrag mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit untermauerte, CO2 im Boden zu binden und so dem Klimawandel entgegenzuwirken. Der Humusaufbau in Österreich nehme zu und werde unter anderem durch das von der EU genehmigte Programm für die ländliche Entwicklung gefördert, argumentierten der Umweltminister und RednerInnen der Regierungsparteien,  zusätzliche Förderungen seien daher nicht notwendig.

Rupert Doppler (F) hingegen wies auf den engen Zusammenhang zwischen Bodennutzung und Klimawandel und auf die Bedeutung der Böden als CO2-Speicher hin, wobei er auch darauf aufmerksam machte, dass die Fruchtbarkeit der Ackerböden mit den Humusgehalt steige. In den österreichischen Böden sei 4-6mal mehr CO2 gespeichert als Österreich pro Jahr emitiere. Das Klima werde man mit Humusaufbau alleine aber nicht retten können, merkte Norbert Sieber (V) an, ein verantwortungsbewusster Umgang mit den Böden sei jedoch wichtig, daher fördere das Programm zur ländlichen Entwicklung und das Österreichische Programm für eine Umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) mit einer Fülle von Maßnahmen Humusaufbau und Bodengesundheit. Der Antrag der Freiheitlichen sei richtig. Ihr Anliegen sei aber bereits überholt, sagte Sieber.

Die mehrheitliche Ablehnung des FPÖ-Antrags bedauerte hingegen Wolfgang Pirklhuber (G), der einen europäischen Eiweißplan sowie Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und einen Bio-Aktionsplan bis 2020 einmahnte, um zu verhindern, dass immer mehr BäuerInnen den biologischen Landbau aufgeben, in dem der Humusaufbau eine zentrale Rolle spiele. Auch Ulrike Weigerstorfer (T) unterstützte den freiheitlichen Antrag auf Förderung des Humusaufbaus, weil er einen kostengünstigen Beitrag zum Klimaschutz ermögliche.

Umweltminister Andrä Rupprechter informierte die Abgeordneten darüber, dass das ÖPUL viele Maßnahmen enthalte, die darauf gerichtet sind, den Humusgehalt des Bodens zu stärken. Die Bemühungen haben sich in den letzten 15 Jahren positiv auf den Humusgehalt der österreichischen Böden ausgewirkt und die Bodenerosion vermindert. Erwin Preiner (S) stimmte zu und listete seinerseits die Maßnahmen für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung in der Gemeinschaftlichen Agrarpolitik, in der Agrarmarktordnung, in der Entwicklung des ländlichen Raums und im ÖPUL auf. (Fortsetzung Nationalrat) fru