Parlamentskorrespondenz Nr. 566 vom 27.05.2015

Sozialausschuss: Diskussion über Pensionen und Behindertenpolitik

Opposition rüttelt erneut an "Luxuspensionen"

Wien (PK) – Oppositionsanträge zum Themenkomplex Pension und Teuerung standen am Ende der heutigen Sitzung des Sozialausschusses. Zudem lagen den Abgeordneten Initiativen der FPÖ und der Grünen zur Unterstützung von behinderten Menschen vor. Ein Konsens konnte, zumindest vorläufig, nicht erzielt werden, die Anträge wurden entweder vertagt oder abgelehnt oder zur Vorberatung an einen anderen Ausschuss weitergeleitet. Geht es um die von der FPÖ erneut geforderte und auch von den anderen Oppositionsfraktionen unterstützte vollkommene Abschaffung von "Luxuspensionen und Pensionsprivilegien auf allen Ebenen", schließt Sozialminister Hundstorfer einen weiteren gesetzlichen Eingriff in Sonderpensionsrechte aus.

Basis für die Pensionsdebatte bildete unter anderem ein Antrag von FPÖ-Abgeordnetem Herbert Kickl, der auf die vollständige Abschaffung sämtlicher "Luxuspensionen" in Österreich abzielt (462/A(E)). Die bisherigen von der Politik gesetzten Schritte, konkret das im vorigen Jahr verabschiedete Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, gehen der FPÖ nicht weit genug. Dieser Beschluss sei ein erster Schritt gewesen, nun sollte man nicht in dieser Position verharren, argumentierte Werner Neubauer und sprach sich wie Gerald Loacker von den NEOS für eine vollständige Harmonisierung der Pensionssysteme in Österreich aus. Die Kürzungen bei den "Pensionsprivilegien" sollten aus seiner Sicht auch in gleichem Maß auf Kommunen und Länder übertragen werden. Auch Judith Schwentner von den Grünen forderte größere Schritte in Sachen Kürzungen von Pensionsprivilegien.

SPÖ und ÖVP verteidigten die vor gut zwölf Monaten mit Hilfe der Grünen und des Team Stronach beschlossenen Begrenzung von Sonderpensionen. Man habe sich dabei intensiv mit ExpertInnen und unter Einbindung aller Parlamentsfraktionen auseinandergesetzt, im beschlossenen Sonderpensionenbegrenzungsgesetz wurde bereits "alles ausgelotet", was verfassungsrechtlich möglich gewesen sei, so August Wöginger von der ÖVP. Sozialminister Hundstorfer habe alles innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen unternommen, und "dieses heiße Eisen", wie JohannHechtl (S) meinte, als Erster aufgegriffen.

Einen weiteren gesetzlichen Eingriff in Sonderpensionsrechte schloss Sozialminister Hundstorfer aus. Man sei beim Maximum angelangt, weitere Kürzungen würden Eingriffe in Eigentum bedeuten. Auch gegen ein Eingreifen auf das Pensionskassensystem verwahrte sich der Sozialminister.

NEOS: Entwurf für Teilpension ist "Etikettenschwindel"

Für die Einführung einer "echten Teilpension" machen sich die NEOS stark (1159/A(E)). Die von der Regierung in Begutachtung geschickte Teilpension ist laut Gerald Loacker "Etikettenschwindel", diese sei nämlich nichts anderes als eine andere Form von Altersteilzeit. Am Ende werde es dadurch zu mehr Kosten im Pensionssystem kommen, warnte er im Sozialausschuss. Loacker schlägt außerdem die Einführung einer Teilarbeitsfähigkeit vor, um ArbeitnehmerInnen im Fall von langwierigen Krankheiten die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeit in vermindertem Ausmaß wieder aufzunehmen (863/A(E)). Es gehe darum, Menschen lange im Arbeitsprozess zu halten, das vorgeschlagene Modell der NEOS würde Reintegration in den Arbeitsmarkt erleichtern und die Chancen, auch bei Krankheit den Arbeitsplatz zu halten, erhöhen, wie Loacker meinte.

Als "praxisfremd" bezeichnete Johann Hechtl von der SPÖ die Ausführungen Loackers, denn die beste Erholung bei einer Krankheit sei Ruhe, wie er meinte. Zudem seien die Krankenstandstage seit den 1990iger Jahren von 15 auf 13 Tage im Jahr zurückgegangen. Dem entgegnete Judith Schwentner von den Grünen, dass es viele Menschen in Krankheitssituationen gebe, die gerne freiwillig arbeiten gehen würden, um so möglichst normal am Alltagsleben teilhaben zu können. Voraussetzung für die Teilarbeitsfähigkeit sei der Wille des Betroffenen, auf jeden Fall aber müsse man mehr auf die Lebensrealität der Menschen eingehen, meinte sie. Grundsätzlich für eine Diskussion über die Teilarbeitsfähigkeit sprach sich auch August Wöginger (V) aus.

Zum Regierungsentwurf zur Teilpension sagte Hundstorfer, dass Menschen, die Anspruchsvoraussetzungen auf eine Korridorpension erfüllen, diese aber nicht in Anspruch nehmen, damit eine Möglichkeit haben, Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit bis zum Regelpensionsalter gefördert anzutreten.

Auch ein Antrag der FPÖ (553/A(E)) zur wirksamen Bekämpfung der Teuerung, den Werner Neubauer bereits im Juli 2014 eingebracht hatte, blieb in der Minderheit. Der Abgeordnete warf den Regierungsfraktionen, insbesondere aber der ÖVP aufgrund getätigter Versprechen, gegen die Teuerung anzukämpfen, Untätigkeit vor. Auch in der Steuerreform sei nichts zu finden, das den ständig steigenden Preisen etwa beim Wohnen entgegenwirke. So habe sich laut Statistik Austria der typische tägliche Einkauf gegenüber dem Vorjahr um 3,8 % verteuert, wie Neubauer sagte. Auch gegen die Preisdiskrepanz bei Lebensmitteln zwischen Österreich und Deutschland habe die Bundesregierung seit nunmehr zwei Jahren noch nichts unternommen.

"Die Steuerreform mit über 5 Mrd. € ist nicht nichts", entgegnete Wöginger (V). Das sei ein Kraftakt von Seiten der Bundesregierung, der für die BürgerInnen mehr Geld bedeute.

Bei der Abstimmung wurde der NEOS-Antrag zum Thema Teilarbeitsfähigkeit mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt, die beiden Anträge der FPÖ und der Antrag der NEOS auf "echte Teilpension" fanden keine Mehrheit.

Mit einem Antrag des Team Stronach, der auf ein transparentes Pensionsmonitoring im öffentlichen Dienst und gezielte Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters von BeamteInnen und Vertragsbediensteten abzielt (919/A(E)), wird sich der Verfassungsausschuss auseinandersetzen.

Mehr Unterstützung für behinderte Menschen: Anträge vorerst vertagt

Mit weiteren Anträgen machten sich die Oppositionsparteien für die Anliegen behinderter Menschen stark. So urgiert die FPÖ einen Rechtsanspruch von sprachbeeinträchtigten Menschen auf Übernahme der Kosten für notwendige Kommunikationshilfsmittel, um ihnen die Teilnahme am Berufs- und Gesellschaftsleben zu erleichtern (1132/A(E)). Viele der betroffenen Personen seien vollkommen leistungsfähig, könnten ohne entsprechende Hilfsmittel aber nur schwer am gesellschaftlichen Leben teilhaben, sagte Antragssteller Norbert Hofer. Es gebe zu viele verschiedene Stellen, bei denen man um Förderungen ansuchen könne, das führe zu Ungleichbehandlungen und Resignation.

Auf die Bedeutung der Förderung von Kommunikationshilfsmitteln machte Franz-Joseph Huainigg von der ÖVP aufmerksam. Besonders im privaten Bereich müsste etwas unternommen werden, wie er meinte. Ulrike Königsberger-Ludwig verwies auf eine bereits stattfindende Diskussion etwa auch mit den Sozialversicherungsträgern über eine zentrale Anlaufstelle. Grundsätzlich sei es wichtig, dass Menschen wissen, wo sie Hilfe bekommen, so Königsberger-Ludwig.

Sozialminister Hundstorfer stellte klar, dass im beruflichen Bereich die Kosten für notwendige Kommunikationsmittel oder die Adaptierung von Arbeitsplätzen bereits übernommen würden. Geht es um die "eigenen vier Wände", gebe es Handlungsbedarf. Deswegen versuche man nun einen "Konzentrationsversuch", der einem One-Stop-Shop-Prinzip folgen und in Oberösterreich eingerichtet werden könnte. Diese mögliche zentrale Anlaufstelle steht laut Sozialminister auf der Tagesordnung der nächsten LandessozialreferentInnensitzung am 11. Juni in Tirol.

Die FPÖ fordert außerdem eine jährliche automatische Inflationsanpassung des Pflegegelds und eine regelmäßige Valorisierung der Steuerfreibeträge für behinderte Personen (1092/A(E)). Dieses Thema sei ein "Dauerbrenner", sagte Hundstorfer, man orientierte sich auch in Zukunft am Pflegekonzept, das von der eigens eingesetzten Arbeitsgruppe 2012 entwickelt wurde.

In den Verhandlungen zum Finanzausgleich mit den Ländern wurde außerdem eine Arbeitsgruppe zum Thema Pflege eingerichtet, wie Hundstorfer sagte. Darin wird auch die Zukunft des Pflegefonds ein Thema sein.

Um eine Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes geht es den Grünen. Abgeordnete Helene Jarmer fordert insbesondere die Verankerung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs zur Durchsetzung von Barrierefreiheit und eine Erweiterung des Verbandsklagerechts (133/A(E)), wobei das neue Zieldatum für Jarmer der 31. Dezember 2015 ist. Überdies mahnt sie einen jährlichen Bericht von Sozialminister Hundstorfer über den Stand der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention ein (132/A(E)). Alle vier vorliegenden Anträge wurden vom Sozialausschuss vorerst vertagt. (Schluss Sozialausschuss) keg/gs


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