Parlamentskorrespondenz Nr. 598 vom 03.06.2015

Bundesrat: ORF-Gebühren weiterhin umstritten

Länderkammer fordert einmal mehr regelmäßige ORF-Übertragung der Plenarsitzungen

Wien (PK) - Ob der Österreichische Rundfunk (ORF) seinen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag ordnungsgemäß erfüllt, darüber waren die BundesrätInnen bei ihrer heutigen Sitzung geteilter Meinung. Seitens der FPÖ wurde bei der Plenardebatte über den ORF-Jahresbericht 2014 vor allem angeprangert, der ORF erwirtschafte mit den Gebühren der SeherInnen Mittel für eigene Produktionen, von denen zumindest eine aber zunächst nur online abrufbar sei – den FernsehnutzerInnen also vorenthalten bleibe. Von der ÖVP gab es Kritik an einigen Aspekten der Programmgestaltung, vor allem wurde befürchtet, der Auftrag zur Förderung österreichischer Filmproduktionen werde nicht hinreichend wahrgenommen.

Die SPÖ widersprach vehement, der ORF trage allen Aufträgen gemäß ORF-Gesetz vollständig Rechnung, überdies sei 2014 nicht nur hinsichtlich der Programmgestaltung sondern auch wirtschaftlich äußerst erfolgreich gewesen, wie die positive Bilanz zeige.

Einig waren sich die Koalitionsparteien, der ORF solle sämtliche Sitzungen des Bundesrats übertragen. Der Anmerkung von Grünen-Mandatar Marco Schreuder (G/W), die Länderkammer laufe mit derartigen Forderungen Gefahr wehleidig zu wirken, hielt Harald Himmer (V/W) entgegen, die Präsidiale des Bundesrats habe sich einstimmig für regelmäßige Sitzungsübertragungen ausgesprochen. In seiner Funktion als Medienminister bezog Josef Ostermayer klar Position für eine rechtskonforme Behandlung dieser Frage: "Die Entscheidung, was der ORF sendet, ist eine Entscheidung, die von den ORF-Institutionen Geschäftsführung, Stiftungsrat und Publikumsrat zu treffen ist". Politische Einflussnahme in diesem Bereich käme einem rechtswidrigen Verhalten gleich, verdeutlichte er  – immerhin stehe es den BundesrätInnen frei, über die Regulierungsbehörde KommAustria wegen mangelhafter Beachtung des Bundesrats auf den ORF-Fernsehkanälen vorzugehen.

Ungeachtet ihrer lebhaften Auseinandersetzung nahmen die MandatarInnen den ORF-Bericht mit breiter Mehrheit zur Kenntnis.

ORF-Entwicklung zielt auch auf On Demand-Markt ab

Dem Jahresbericht zufolge hat der ORF 2014 zum fünften Mal in Folge positiv bilanziert. Konkret konnte die Konzernmutter ORF laut Bericht ein – vorläufiges – positives Geschäftsergebnis von 2,9 Mio. € erzielen. Ana Blatnik nahm dies zum Anlass, die Reichweite des ORF hervorzuheben: Zwar sei der Marktanteil der ORF-Fernsehprogramme gegenüber 2013 leicht gesunken, nämlich von 33,9% auf 33,4 % , doch erreichten ORF eins und ORF 2 gemeinsam mit im Schnitt 3,554 Mio. SeherInnen pro Tag beinahe die Hälfte des österreichischen Fernsehpublikums.

Überdies habe der ORF habe auch im vergangenen Jahr alle Programmaufträge erfüllt, wollte Blatnik die FPÖ-Kritik nicht gelten lassen. Geboten worden sei einmal mehr ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle ZuseherInnen, mit viel Augenmerkt auf die Förderung der österreichischen Identität bei der Programmgestaltung – nicht zuletzt durch die Berücksichtigung österreichischer bzw. europäischer Produktionen. Die Angebote auf ORF-Kanälen für autochthone Volksgruppen seien ebenfalls vielfältig ausgestaltet, zeigte sich die Kärntner Slowenin zufrieden. Hans-Jörg Jenewein (F/W) hatte zuvor moniert, der ORF nutze seine bevorzugte Marktposition mit "Zwangsgebühren" nicht im Sinne aller ZuseherInnen. Konkret stieß er sich an von Gebühren mitfinanzierten Produktionen, die über die Kooperation mit der Online-Videothek Flimmit ausschließlich im Internet abrufbar seien, ehe sie im Fernsehen ausgestrahlt werden. Ungeachtet dessen räumte er grundsätzlich ein, man dürfe die wachsende Bedeutung des Online-Filmmarkts nicht übersehen. Eduard Köck (V/N) richtete den Fokus ebenfalls auf die Gebührennutzung des ORF und wünschte sich mehr Mitteleinsatz zur Unterstützung des heimischen Filmgewerbes. Weiters wies er darauf hin, dass die öffentlichen Sender Deutschlands nach ihrem positiven Jahresabschluss - anders als ihr österreichisches Pendant, wie der ÖVP-Politiker bedauernd vermerkte - die Gebühren gesenkt hätten.

Öffentlich-rechtliches Fernsehen im digitalen Zeitalter ist Marco Schreuder (G/W) ein besonderes Anliegen, wie er mit dem Hinweis auf Veränderungen im NutzerInnenverhalten festhielt. Kooperationen mit On Demand-Anbietern seien daher wichtig. Abgesehen davon trat er für die Beibehaltung der Förderungen österreichischer Produktionen und generell des Konzepts öffentlich-rechtlichen Fernsehens ein – nicht zuletzt, um Inklusionsinitiativen in der Programmgestaltung weiter voranzutreiben, was sich bei Privatkanälen schwerer umsetzen lasse. (Fortsetzung Bundesrat) rei


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