Parlamentskorrespondenz Nr. 649 vom 16.06.2015

Katainen wirbt für Investitionen und Vertiefung des Binnenmarkts

Vizepräsident der Europäischen Kommission diskutiert mit österreichischen Abgeordneten über Juncker-Plan

Wien (PK) – Ohne eine Forcierung seiner Investitionen wird Europa im internationalen Wettbewerb weiter zurückfallen. Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerb zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission (EK) Jyrki Katainen warnte heute in einem Meinungsaustausch mit österreichischen Abgeordneten vor den Auswirkungen der bestehenden Wachstumslücke zwischen der Union und ihren Mitbewerbern in Amerika und Asien und sah im sogenannten Juncker-Plan ein wirksames Instrument der Gegensteuerung. Von österreichischer Seite wurde der EU-Vertreter vor allem mit Bedenken bezüglich der Auswirkungen der Sparpolitik auf die Arbeitslosigkeit, aber auch mit Kritik am europäischen Regelungskorsett konfrontiert. Den Plan des Kommissionspräsidenten bezeichneten die heimischen Mandatare überwiegend als "interessant".

Als eines der wesentlichen Elemente des Plans nannte Katainen die Einrichtung eines Risikofonds für europäische strategische Projekte und erklärte, die dafür dotierten 21 Mrd. € werden es der Europäischen Investitionsbank (EIB) ermöglichen, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren in Projekte mit einem Volumen von 60 Mrd. € zu investieren. Konkret könnte dies u.a. über eine nationale Investitionsplattform umgesetzt werden – einen Weg, den etwa die Niederlande gewählt haben. Wichtig ist für Katainen dabei, dass es gelingt, private Gelder für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren. Große Bedeutung maß der EK-Vizepräsident auch dem geplanten Projektportal bei, auf das öffentliche und private Projektbetreiber ihre Investitionen stellen können.

Neben einer forcierten Investitionspolitik sei aber auch die Vertiefung und Erweiterung des europäischen Binnenmarkts unabdingbar, gab Katainen zu bedenken, wobei er großen Handlungsbedarf vor allem im digitalen Bereich, beim Datenschutz und beim Schutz des geistigen Eigentums ortete. Von einer Harmonisierung des Energiemarkts wiederum erwartet sich Katainen Impulse in Richtung Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz. Spielraum gibt es nach Meinung des EK-Vizepräsidenten aber auch noch bei der Weiterentwicklung des europäischen Kapitalmarkts.

SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer, der das Gespräch leitete, drückte seine Skepsis gegenüber einer reinen Wettbewerbslogik aus und meinte grundsätzlich, die Union sollte ihr Augenmerk stärker auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und auf die Etablierung eines gerechteren Steuersystems lenken. Sein Fraktionskollege Christoph Matznetter nannte den Plan einen ersten kleinen Schritt, zumal es vorrangig darum gehe, die EU wieder auf den Wachstumspfad zu bringen. Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann forderte unter Hinweis auf das derzeit niedrige Zinsniveau mehr öffentliche Investitionen und übte heftige Kritik an der Sparpolitik.

Der Juncker-Plan sei interessant, lautete das Urteil von ÖVP-Abgeordnetem Nikolaus Berlakovich, das auch Hermann Schultes (V) teilte. Auf dem Energiesektor sollten jedenfalls Energieeffizienz und die Entwicklung erneuerbarer Energien im Vordergrund stehen, betonte der ehemalige Umweltminister und bekräftigte Katainen gegenüber das österreichische Nein zur Atomenergie. Österreich habe kein Interesse an einer Öffnung des europäischen Energiemarkts, wenn es dann gleichzeitig Atomenergie fördern muss, brachte Hermann Schultes die heimische Position auf den Punkt. Der ÖVP-Agrarpolitiker bekannte sich überdies zur Unterstützung der Investitionsfähigkeit der Wirtschaft, warnte in diesem Zusammenhang aber vor Behinderungen der Unternehmen durch überbordende Regulierungen seitens der Union. Werner Groiß von der Volkspartei brachte seinerseits die klein- und mittelständische Wirtschaft zur Sprache und rief zur Stärkung der Eigenkapitalsbasis der KMU auf. (Schluss) hof

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